Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 34 - 35 / 21.08.2006
Sabine Quenot

Stichwort: Die Geschichte des Datenschutzes

Der Begriff "Datenschutz" wird Ende der 60er- Jahre geprägt, als die Verwaltungen der Bundesrepublik Rechenzentren einrichteten, um Daten elektronisch zu verarbeiteten. Als das Datenvolumen immer größer wurde, begann eine Diskussion über den Schutz der Privatsphäre. Die Befürchtung, der Staat könnte eine heimliche Informationsmacht über seine Bürger erlangen, führte zu der Überzeugung, dass die Informationsverarbeitung von Amts wegen begrenzt werden müsse.

Daraufhin verabschiedete am 7. Oktober 1970 das Bundesland Hessen das erste Datenschutzgesetz der Welt. Dieses sah vor, elektronisch verarbeitete Daten vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen, die mit der Datenverarbeitung Beschäftigten zur Verschwiegenheit verpflichten zu können sowie das Recht, dass Betroffene künftig unrichtige Daten berichtigen lassen konnten. Vorbildcharakter erlangte vor allem die Einrichtung eines unabhängigen Datenschutzbeauftragten.

Der Bund brauchte noch mehr als sechs Jahre intensiver Vorbereitung. Das Bundesdatenschutzgesetz von 1977 regelt erstmals den Schutz personenbezogener Daten. Losgelöst von besonderen Geheimhaltungserfodernissen stand der Schutz der Persönlichkeit und der Anspruch des Bürgers auf "Nichteinmischung" anderer Personen oder Stellen im Mittelpunkt. Die private, geschäftsmäßige Datenverarbeitung war gestattet, wenn sie im Geschäftsinteresse lag und die schutzwürdigen Belange der Betroffenen gegenüber den berechtigten Interessen des Unternehmens nicht überwogen.

Seit dieser Zeit, genauer seit dem13. Februar 1978, gibt es auch einen Bundesbeauftragten für Datenschutz. Er wird von der Bundesregierung vorgeschlagen und vom Bundestag für fünf Jahre gewählt. Erster Amtsinhaber war Hans Peter Bull.

Mit dem so genannten Volkszählungsurteil vom 15. Dezember 1983 wurde dann sogar ein Grundrecht auf Datenschutz etabliert und die geplante Volkszählung teilweise für verfassungswidrig erklärt. Das aus Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes abgeleitete "Recht auf informationelle Selbstbestimmung", werde verletzt, wenn die Bürger nicht grundsätzlich selbst über die Verwendung ihrer Daten bestimmen können, befanden damals die Karlsruher Richter.

Als Folge dieses Urteils wurden die Datenschutzgesetze der Länder und des Bundes novelliert und Datenschutzregelungen für die einzelnen Bereiche der staatlichen Tätigkeit geschaffen. Seit dem Bundesdatenschutzgesetz von 1990 dürfen personenbezogene Daten durch staatliche Stellen ohne Einwilligung der Betroffenen nur dann verwendet werden, wenn dies ausdrücklich durch ein Gesetz erlaubt wird. Außerdem haben die Bürger ein Recht darauf zu erfahren, welche Daten die staatlichen Stellen über sie verarbeiten.

Die neuen Bundesländer verabschiedeten in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung eigene Datenschutzgesetze. Das Recht, zu wissen, wer welche Daten zur eigenen Person verarbeitet, wurde durch den im Stasi-Unterlagen-Gesetz normierten Anspruch auf Einsicht in die "eigene" Stasi-Akte erstmals sogar auf einen aufgelösten Geheimdienst erstreckt.

Elf Jahre nach der letzten Novelle traten am 23. Mai 2001 die Änderungen des Bundesdatenschutzgesetzes in Kraft, die die europäische Datenschutzrichtlinie in deutsches Recht umsetzte. Kern der Richtlinie ist es, die Vorschriften für den öffentlichen und den privaten Bereich weitgehend zu vereinheitlichen. Sie macht den besonderen Schutz von sensitiven Daten zur Regel und stärkt die Rechte der betroffenen Person. Manche der deutschen Datenschutzvorschriften sind in die europäische Datenschutzrichtlinie eingeflossen - das hohe Rechtsgut Datenschutz ist ein Exportmodell.

Der 11. September 2001 hinterließ weltweit tiefe Spuren bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Die Rasterfahndung wurde als Fahndungsmittel wiederentdeckt, der biometrische Reisepass 2005 eingeführt. Datenschützer sprechen von einem "Datenschutz-Desaster".

Im Informationszeitalter gewinnt daher das Prinzip der Datenvermeidung und der Selbstdatenschutz, also die Informations- und Einflussmöglichkeiten des Einzelnen, an Bedeutung.

Die Autorin arbeitet als freie Journalistin in Berlin.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.