Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 38 / 18.09.2006
Bernard Bode

Bundeswehr soll in Afghanistan bleiben

Der Bundestag berät an diesem Donnerstag darüber, ob der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan um ein Jahr bis zum 13. Oktober 2007 verlängert wird. Dazu hat die Bundesregierung - nach einem Kabinettsbeschluss in der vorigen Woche - dem Parlament einen Antrag (16/2573) vorgelegt. Die Verlängerung wird voraussichtlich in der kommenden Woche beschlossen. Zuvor haben aber noch die Ausschüsse das Wort. Seit fast fünf Jahren sind die deutschen Streitkräfte mit 2.900 Soldatinnen und Soldaten am Hindukusch im Einsatz. Innerhalb der NATO-geführten Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) sollen sie in Afghanistan den Frieden sichern und den Wiederaufbau unterstützen. Die Kosten dafür beziffert die Bundesregierung in diesem Haushaltsjahr auf rund 460 Millionen Euro. 2007 wird mit Ausgaben von rund 359 Millionen Euro gerechnet. In ihrem Antrag geht die Regierung darauf ein, dass die jetzt nur im Norden des Landes stationierten deutschen Truppen auch in andere Landesteile verlagert werden können. Ende Juli hatte die ISAF auch die Verantwortung für den südlichen Teil Afghanistans übernommen. Als letzter Schritt soll die Ostregion einbezogen werden. Peter Struck, früher Bundesverteidigungsminister, heute SPD-Fraktionsvorsitzender, hatte dazu Ende September vergangenen Jahres im Parlament angemerkt, dass deutsche Soldaten "zeitlich und im Umfang begrenzt" auch in anderen Regionen des Landes eingesetzt werden könnten, wenn es "unabweisbar" sei, um den ISAF-Gesamtauftrag zu erfüllen. Die NATO hatte vergangene Woche ihre Mitgliedstaaten um weitere Soldaten für Afghanistans Süden gebeten. Deutschland zeigt sich jedoch zurückhaltend. Die Bundesregierung hält - mit Blick auf den Bundestagsbeschluss von 2005 - eine Änderung des Mandats nicht für erforderlich. Sie verspricht in ihrem Antrag, das Parlament sofort zu informieren, wenn Truppen aus dem jetzigen Schwerpunktgebiet im Norden verlagert werden. Sie macht auch deutlich, dass die ISAF-Sicherheitsoperationen klar von der Terrorismusbekämpfung getrennt sind. Unterdessen hat sich die Tageszeitung "Die Welt" auf ein ihr vorliegendes Regierungspapier berufen, wonach Berlin die Entwicklung in Afghanistan sehr viel pessimistischer sieht als zu Beginn der Mission. Die Regierung wolle aber an ihrer Politik der Stabilisierung festhalten. In dem Antrag selbst ist davon die Rede, die Entwicklung der Sicherheitslage, vor allem im Süden und Osten des Landes, gebe seit Ende vergangenen Jahres Grund zur Sorge - trotz der Fortschritte beim Wiederaufbau. Die militante Opposition versuche, verlorenes Terrain zurückzugewinnen. Für die Bundesregierung bleibt die "instabile Sicherheitslage" die größte Herausforderung für die afghanische Regierung und die internationale Gemeinschaft. Sorge bereitet auch der stark zunehmende Opiumanbau in Afghanistan: So seien in diesem Jahr bislang 6.100 Tonnen geerntet worden. Das ist mehr als doppelt so viel wie 2005. Die Einnahmen aus dem Opiumanbau werden auf fast 3 Milliarden US-Dollar geschätzt. Nicht umsonst gehört der Kampf gegen den Drogenhandel daher zu den Top-Prioritäten der Regierung in Kabul, aber auch der ISAF-Partner. Während allgemein mit einer Mehrheit im Bundestag für die Einsatzverlängerung in Afghanistan gerechnet wird, haben sich Vertreter der Opposition eindeutig dagegen ausgesprochen. Die Verteidigungsexpertin der FDP-Fraktion, Birgit Homburger, kritisierte, dass Kabinettsbeschlüsse zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr offenbar zur Routine würden. Das werde der veränderten Sicherheitslage in Afghanistan aber nicht gerecht. Der Sprecher für internationale Beziehungen der Linksfraktion, Wolfgang Gehrcke, meinte, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das Völkerrecht wirklich achten wolle, dann müsse sie die Bundeswehr aus Afghanistan zurückziehen. Der dortige Einsatz sei völkerrechtswidrig.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.