Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 39 / 25.09.2006
vom

Grüne kritisieren Telekom-Privileg

Telekommunikationsdienste
Wirtschaft und Technologie. Die Bundesregierung will "neue Märkte" auf dem Telekommunikationssektor nur dann von der Bundesnetzagentur regulieren lassen, wenn andernfalls die Entwicklung eines "nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes" langfristig behindert wird. Dies geht aus ihrem Gesetzentwurf zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften (16/2581) hervor, den der Bundestag am 21. September zusammen mit einem Antrag der Bündnisgrünen (16/2625) zur Beratung an den Wirtschaftsausschuss überwiesen hat.

Eine zu frühe Regulierung könnte die Wettbewerbsbedingungen auf einem neu entstehenden Markt unverhältnismäßig beeinflussen und damit Investitionen in Innovationen verhindern, heißt es zur Begründung. Neue Märkte sollten nicht einer "unangemessenen Regulierung" unterworfen werden.

Ferner will die Regierung die Rechte und Pflichten der Anbieter von Telekommunikationsdiensten und ihrer Kunden festschreiben. Darüber hinaus sollen die Vorgaben der EU-Richtlinie über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten, der so genannten Universaldienstrichtlinie, weiter konkretisiert werden. Spezielle Regelungen des Verbraucherschutzes, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Missbrauchs von 0190er- und 0900er-Mehrwertdiensterufnummern will die Regierung "optimieren". Geplant ist ferner, Infrastrukturinvestitionen und Innovationen auf neuen Märkten zu fördern und andere Gesetze, die einen Bezug zum Telekommunikationsrecht haben wie etwa das Artikel-10-Gesetz, zu ändern.

Im Einzelnen ist vorgesehen, dass auch für Online-Verbindungen Einzelverbindungsnachweise verlangt werden können. Lediglich bei den so genannten Prepaid-Karten, die vom Betrag her begrenzt sind, soll es wie bisher keinen Anspruch darauf geben. Für die Kunden soll der "Standardnachweis" kostenlos sein. Die Bundesnetzagentur soll ermächtigt werden, die Form eines solchen Einzelverbindungsnachweises vorzugeben. Die Regulierungsbehörde soll auch die Möglichkeit erhalten, die Unternehmen zum Angebot eines Telekommunikationsdienstes zu verpflichten, der vorausbezahlt werden kann.

Für die Kunden soll damit das Risiko einer überhöhten Rechnung verringert werden. Die Anbieter sollen diesen Anspruch des Kunden durch Prepaid-Produkte im Mobilfunk und Calling-Karten im Festnetz erfüllen können. Dabei würde es ausreichen, wenn die Unternehmen jeweils ein Produkt mit Vorauszahlung anbieten. Die Kunden sollen vom Anbieter einen Hinweis darauf verlangen können, wenn der Rechnungsbetrag aus Kurzwahl-Abonnementdiensten wie Premium-SMS oder MMS 20 Euro monatlich übersteigt. Der Hinweis könne dabei aus einer so genannten Warn-SMS bestehen.

Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme 25 Anmerkungen zu dem Gesetzentwurf gemacht. Den Änderungsvorschlägen hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung teilweise zugestimmt.

Mehr Wettbewerb

Die Bündnisgrünen treten in ihrem Antrag für mehr Wettbewerb und Verbraucherschutz auf dem Telekommunikationsmarkt ein. Die Bundesregierung wolle die Deutsche Telekom beim neuen Hochgeschwindigkeitsnetz von der Regulierung durch die Bundesnetzagentur freistellen, sodass das Unternehmen als Monopolist in einem neuen Markt auftreten könnte. Die Telekom wäre nicht gezwungen, Wettbewerbern Zugang zur neuen Infrastruktur zu gewähren.

Auch die EU-Kommission habe bereits mehrfach eine Öffnung des Hochgeschwindigkeitsnetzes für die Mitbewerber verlangt und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung angekündigt. Dagegen wolle die Bundesregierung die Telekom als "nationalen Champion" fördern. Das Unternehmen solle auf dem Heimatmarkt Monopolvorteile nutzen können, um sich so international besser aufstellen zu können. Dies halten die Grünen für "wirtschaftspolitisch falsch". Darüber hinaus kritisieren sie, dass es die Regierung versäumt habe, einen Rechtsrahmen für kostenorientierte Preise im Mobilfunk vorzulegen und Transparenz herzustellen.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.