Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 40 - 41 / 02.10.2006
mpi

Behinderte entscheiden selbst

Begleitpersonen
Arbeit und Soziales. Schwerbehinderte sollen nach dem Willen aller Fraktionen öffentliche Verkehrsmittel auch ohne Begleitpersonen unentgeltlich nutzen dürfen. Dazu wird eine missverständliche Formulierung im Schwerbehindertenausweis geändert, die bislang dazu führte, dass Behinderten häufig der Zugang zu Verkehrsmitteln verweigert wird, wenn sie keine Begleitperson dabei haben.

Festschreiben will die Koalition die Änderung in einem Gesetzentwurf (16/1936), in dem es eigentlich um etwas ganz anderes geht: nämlich die Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung. Möglich wird die Verwebung der unterschiedlichen Sachverhalte durch das so genannte Omnibusverfahren, wonach in einen Entwurf (dem "Omnibus") mit Änderungsanträgen weitere Punkte ("Passagiere") hinzugefügt werden. Die Fraktion Die Linke protestierte am 27. September im Ausschuss für Arbeit und Soziales vehement gegen das Verfahren. Mit den Stimmen von Union und SPD wurden die Änderungen jedoch in den Gesetzentwurf implementiert. Da die Opposition weitere Änderungswünsche der Koalition ablehnte, stimmte sie dem Antrag der Koalition nicht zu, obwohl sie die Erleichterungen für Schwerbehinderte unterstützt. Im Omnibusverfahren sollen etwa auch das Dachdeckerhandwerk in das neue Saison-Kurzarbeitergeld einbezogen sowie die Aufbewahrungsfrist für Unterlagen aus DDR-Zeit zur Klärung von Rentenanwartschaften verlängert werden.

Nach dem Vorstoß der Koalition in Sachen Schwerbehindertenausweis erhielt ein inhaltlich gleichlautender Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (16/949) keine Mehrheit. Auch die FDP-Fraktion scheiterte mit ihrem Antrag (16/853), der für Schwerbehinderte Parkerleichterungen vorsieht. Die SPD-Fraktion verwies darauf, dass diese Frage in erster Linie Ländersache sei.

Der Ausschuss stimmte ferner mit den Stimmen der Koalition für einen Entschließungsantrag zu einer Unterrichtung durch die Bundesregierung (16/1100). Danach muss die Regierung künftig nur noch einmal pro Legislaturperiode über die Beschäftigung Schwerbehinderter im öffentlichen Dienst des Bundes informieren, und zwar im Rahmen des Berichtes über die Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe. Die Opposition lehnte die Neuerung mit der Begründung ab, dass die bisher bestehende einjährige Berichtspflicht für einen gewissen Druck sorge, eine hohe Beschäftigungsquote Schwerbehinderter zu gewährleisten. Aus der Unterrichtung geht hervor, dass die Quote wie schon im Jahr 2003 auch im Jahr 2004 bei 7,1 Prozent lag.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.