Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 40 - 41 / 02.10.2006
vom

Rückendeckung für Sanio

Korruptionsaffäre bei der Finanzaufsichtsbehörde
Finanzen. Grüne und FDP haben der Bundesregierung schwere Versäumnisse im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorgeworfen. In einer Aktuellen Stunde hielten sie dem Bundesfinanzministerium (BMF) am 28. September im Bundestag vor, es habe seine Rechts- und Fachaufsicht über die Behörde unzureichend wahrgenommen. Die Koalitionsfraktionen stärkten dagegen dem Präsidenten der BaFin, Jochen Sanio, den Rücken.

Im April dieses Jahres sind Unregelmäßigkeiten bei der Beschaffung von Informationstechnik in der Bafin festgestellt worden. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft. Der Verwaltungsrat der BaFin hat Sanio am 26. September daher noch keine Entlastung ausgesprochen. Die Entscheidung darüber soll erst nach Abschluss der Ermittlungen voraussichtlich im November fallen.

Otto Bernhardt (CDU/CSU) betonte, es liege nichts vor, was einer Entlastung im Wege stehen würde. Da aber noch fünf Verfahren liefen, könnten neue Aspekte hinzukommen. Auch Nina Hauer (SPD) sprach dem Behördenchef das Vertrauen aus. Bernhardt und Hauer gehören selbst dem Verwaltungsrat der BaFin an. Der Finanzausschuss des Bundestages hatte sich am 20. und 27. September nichtöffentlich mit den Vorgängen befasst.

Dass die Bündnisgrünen dennoch eine Aktuelle Stunde im Plenum beantragt hatten, stieß bei den Koalitionsfraktionen und auch bei der Parlamentarischen Staatssekretärin im BMF, Barbara Hendricks (SPD), auf Unwillen. Sie hätten eine ausführliche Unterrichtung der Abgeordneten in nichtöffentlicher Ausschusssitzung bevorzugt.

Traditionell ist der Finanzausschuss eher zurückhaltend, wenn es darum geht, die Öffentlichkeit über interne Beratungen zu unterrichten, die den Finanzmarkt betreffen. Unbedachte Äußerungen können rasch "börsenwirksam" werden. In diesem Fall ging es darum, die international hoch angesehene BaFin durch eine öffentliche Debatte nicht zu beschädigen.

Sowohl Volker Wissing (FDP) als auch Gerhard Schick von den Grünen unterstrichen daher, dass es ihnen keineswegs darum gehe, die fachliche Prüfttätigkeit der Aufsichtsbehörde zu attackieren. Vielmehr nahmen sie die Rolle des BMF und damit der Bundesregierung aufs Korn. Wissing drehte den Spieß um und warf dem BMF vor, mit seinem Krisenmanagement werde es dem Finanzplatz nicht gerecht. Schick sagte, die Aktuelle Stunde hätte vermieden werden können, wenn die Regierung den Finanzausschuss umfassend informiert hätte.

Staatssekretärin Hendricks hielt Grünen und FDP entgegen, sie würden "wider besseres Wissen" behaupten, die Versetzung von Beamten im BMF habe mit dem BaFin-Fall zu tun. Die beiden seien mit dieser Sache überhaupt nicht befasst gewesen. Nach Aussage von Leo Dautzenberg (CDU/CSU) soll ein Haushaltskontroll- und Prüfungsausschuss künftig bei der BaFin dazu beitragen, dass Fehlentwicklungen besser vorgebeugt werden kann.

Axel Troost (Die Linke) richtete den Blick auf eine Diskussion, ob Teile der Finanzausicht nicht besser der Bundesbank zugeordnet werden sollten Da die Bundesbank eine "undemokratische Behörde" sei, sollte die Aufsicht seiner Meinung nach bei der vom Parlament kontrollierbaren BaFin verbleiben.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.