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15. Wahlperiode
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   * * * * * * * * V O R A B - V E R Ö F F E N T L I C H U N G * * * * * * * *

   * * * * * DER NACH § 117 GOBT AUTORISIERTEN FASSUNG * * * * *

   * * * * * * * VOR DER ENDGÜLTIGEN DRUCKLEGUNG * * * * * * * * * *

   35. Sitzung

   Berlin, Donnerstag, den 20. März 2003

   Beginn: 9.00 Uhr

Präsident Wolfgang Thierse:

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.

   Meine Damen und Herren, heute Nacht hat der Krieg im Irak begonnen. Die Bemühungen, den Konflikt friedlich zu lösen und den Diktator zu entwaffnen, haben den Krieg nicht verhindern können. Wir sind uns einig in der Sorge über die möglichen, die wahrscheinlichen Opfer. Wir hoffen gemeinsam, dass es nicht zum Einsatz von Massenvernichtungswaffen kommt und dass das verbrecherische Regime des Diktators Saddam Hussein schnell beendet werden kann. Wir sind uns der Verantwortung auch Deutschlands für eine geordnete, friedliche, demokratische Zukunft im Nahen Osten bewusst.

   Die Fraktionen des Hauses haben sich darauf geeinigt, angesichts der aktuellen Ereignisse die Tagesordnung zu verändern und jetzt mit einer Runde von Stellungnahmen der Fraktionen zu beginnen. Danach wird das Plenum unterbrochen, um Fraktionssitzungen zu ermöglichen. Die Plenardebatte wird dann um 10.15 Uhr fortgesetzt.

   Ich erteile zunächst dem Kollegen Franz Müntefering, SPD-Fraktion, das Wort.

Franz Müntefering (SPD):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Irak beginnt der Krieg. Wir denken an die Menschen vor Ort, die unmittelbar betroffen sind. Wir hoffen, dass die Opfer an Menschenleben und die Zerstörungen so gering wie möglich bleiben, und wissen doch: Es wird diese Opfer geben, viel zu viele.

   Die Bemühungen um eine friedliche Lösung hatten keinen Erfolg. Trotzdem: Sie waren richtig und sie bleiben richtig. Wo es eine Chance gibt, Krieg zu verhindern, Not und Elend zu verhindern, ist es nötig, diese Chance zu suchen, sie zu nutzen und zu versuchen, im Interesse der Menschen eine friedliche Lösung durchzusetzen.

   Das bleibt auch für die Zukunft so. Die Lehre aus dem, was wir in diesen Tagen und Stunden erleben, muss auch sein, dass die Bemühungen im Rahmen der Völkergemeinschaft weitergehen müssen, Wege zu finden, wie die Menschheit in Zukunft mit der Frage des Gewaltmonopols umgeht, und gemeinsam Wege zu finden, um Gewalt vorzubeugen, Gewalt zu verhindern und Kriegen vorzubeugen.

   Die Menschen in Deutschland haben Angst, die Älteren aus eigener Erfahrung und Betroffenheit, die Jüngeren, weil sie erleben, dass sich in diesen Tagen in der Welt der Stärkste durchsetzt und nicht das Recht, weil es eine Erfahrung ist, die für die Menschen gefährlich ist, dass es keine Regeln gibt, nach denen in einer solchen Situation Frieden gesucht und Krieg verhindert wird.

   Wir müssen in Deutschland in diesen Tagen und Wochen darauf achten, dass wir mithelfen, mit den Sorgen und der Angst, die die Menschen haben, so rational wie möglich umzugehen, und dazu beitragen, dass alle Entwicklungen in Richtung einer antiamerikanischen Haltung, einer antiislamischen Haltung und von Dingen, die im Zusammenhang mit Israel diskutiert werden könnten, sowie alle extremen Regungen in unserem Land unter Kontrolle gehalten werden. Wir müssen den Menschen helfen, dass sie solchen Tendenzen nicht verfallen.

   Wir wollen, dass die UNO ihre Funktion behält. Wir wollen auch in Zukunft in Freundschaft mit dem amerikanischen Volk und mit all denen, bei denen wir zurzeit nicht in Übereinstimmung mit dem Handeln ihrer Regierungen sind, leben. Wir wollen in diesen Wochen die Unterschiede, die es in der Beurteilung der jetzigen Situation gibt - das sind Unterschiede, die es auch hier im Parlament gibt -, nach den Regeln der Demokratie austragen. Wir wollen miteinander über das diskutieren, was uns eint, und über das, was uns unterscheidet, weil es auch in einer solch schwierigen Situation aus unserer Sicht darauf ankommt, dass man die Dinge nicht verdrängt, sondern sie offen anspricht und deshalb eine Debatte führt, die ehrlich und offen ist.

   Wir sind - auch nach den Informationen, die wir von der Bundesregierung und den zuständigen Stellen bekommen haben - sicher, dass im Lande selbst alles Erforderliche und erdenklich Mögliche getan wird, damit die Menschen hier in Sicherheit sind. Dieses Bemühen gilt natürlich auch für die Einrichtungen der Amerikaner, der Briten und anderer Nationen. Wir sind sicher, dass wir, wenn wir in diesen Tagen und Wochen so offen, aber auch so fair wie möglich miteinander diese Dinge behandeln, ein gutes Zeichen ins Land geben können für die Menschen, die sicher in besonderer Weise auf uns schauen, um zu sehen, wie man seitens der politischen Parteien und seitens des Deutschen Bundestages mit einer solchen Situation umgeht.

   Wir alle hoffen, dass die Opfer in diesem Krieg so gering wie möglich sein werden. Aber wir wissen eben auch: Es wird viele Opfer geben. Ganz besonders an sie denken wir natürlich in dieser Stunde und an diesem Tag.

   Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegin Angela Merkel, CDU/CSU-Fraktion.

Dr. Angela Merkel (CDU/CSU):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir alle sind zutiefst besorgt und betroffen und wir verstehen die Sorgen und Ängste der Menschen in unserem Lande. Wir alle haben gehofft, dass wir diesen Krieg nicht erleben müssen. CDU und CSU bedauern sehr, dass es nicht gelungen ist, die Entwaffnung des Irak mit friedlichen Mitteln zu erreichen. Denn wir dürfen nie vergessen: Krieg ist immer eine Niederlage von Diplomatie und Politik.

   In dieser Stunde sind unsere ersten Gedanken bei dem leidgeprüften Volk im Irak. Es ist eine Tragödie für die betroffenen Menschen, die bereits seit vielen Jahren die menschenverachtende Herrschaft und die Kriege Saddam Husseins ertragen müssen, dass sie nun nochmals wegen dieses Diktators einen Krieg zu erleiden haben. Wir hoffen deshalb, dass der Krieg mit möglichst wenigen - unschuldigen - Opfern in möglichst kurzer Zeit zum Abschluss gebracht wird.

   Unsere Gedanken sind auch bei den Soldatinnen und Soldaten, die in einen schwierigen und gefährlichen Einsatz gehen.

   CDU und CSU stimmen den von der Bundesregierung zugesagten Unterstützungsleistungen für die Vereinigten Staaten von Amerika und zum Schutz der Türkei und Israels zu. Mit Blick auf die Zukunft setzen wir alles daran, dass sich die Kraft und die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union, des transatlantischen Bündnisses und der Vereinten Nationen durch Geschlossenheit und Einigkeit neu entfalten können. Innerhalb dieser Institutionen und Gemeinschaften sind wir nicht zuletzt mit den Vereinigten Staaten von Amerika durch gemeinsame Werte verbunden. Deshalb stehen wir an ihrer Seite.

   So schwer es im Augenblick vorstellbar sein mag, so sehr hoffen wir doch, dass es nach diesem Krieg zu mehr Frieden und Sicherheit in der Region kommen kann.

   Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegin Katrin Göring-Eckardt, Bündnis 90/Die Grünen.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle Bemühungen, einen Krieg zu verhindern, waren nicht erfolgreich. Das ist die bittere Erkenntnis der vergangenen Nacht.

   Es hat Alternativen zu diesem Krieg gegeben und wir bedauern, dass diese Alternativen nicht erfolgreich genutzt worden sind. Wir sind in Gedanken bei den Menschen im Irak, die Opfer dieses Krieges sein werden, aber auch bei den britischen und amerikanischen Soldatinnen und Soldaten und ihren Angehörigen.

   Jetzt, nachdem der Krieg begonnen hat, können wir nur hoffen, dass sich unsere schlimmen Befürchtungen nicht bestätigen und dass die Zahl der Opfer möglichst gering ausfallen wird. Wir müssen alles dafür tun, dass es nicht zu mehr religiösem Fundamentalismus oder zu Hass auf die westliche Welt kommt.

   Die weltweite Friedensbewegung, aber auch die klaren und entschiedenen Worte des Papstes haben dazu beigetragen und einen großen Anteil daran. Dazu gehören auch die Bemühungen von Gerhard Schröder, Joschka Fischer und vielen anderen Europäern. Für ihr Engagement will ich ihnen hier noch einmal ausdrücklich danken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

   Viele Menschen in unserem Land haben sich gegen diesen Krieg engagiert und werden sich auch weiter dagegen engagieren. Sie sind auf die Straße gegangen. Sie haben demonstriert und sie haben gebetet.

   In diesen Tagen sind es besonders die Kinder und Jugendlichen, die sich Sorgen um die Zukunft machen. Wir müssen mit ihnen sprechen und ihnen Halt geben. Wir müssen mit ihnen über unsere Werte Frieden, Demokratie und Menschenrechte reden und darüber, wie diese Werte durchsetzbar sind, immer zuerst und solange wie irgend möglich mit friedlichen Mitteln.

   In den kommenden Wochen brauchen vor allem die Menschen in der Region unsere Hilfe und Unterstützung - humanitär, aber auch, was die Flüchtlinge angeht. Unsere Verantwortung bleibt es, dafür zu sorgen und unseren Beitrag dazu zu leisten, dass sich friedliche Perspektiven für den Nahen Osten eröffnen und offen bleiben. Auch dafür bedarf es eines starken Europa wie auch der Zusammenarbeit zwischen einem starken Europa und den starken USA. Ohne diese Zusammenarbeit wird es nicht gehen.

   Unsere Gedanken sind in diesen Tagen auch bei der Bevölkerung der USA, die in diesen Stunden Angst und Sorge empfinden wie wir. Die Freundschaft unserer Völker steht nicht infrage.

   Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile dem Kollegen Wolfgang Gerhardt, FDP-Fraktion, das Wort.

Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor wenigen Stunden hat ein Krieg begonnen. Unsere Gedanken sind bei dem irakischen Volk, das jahrelang das Terrorregime Saddam Husseins ertragen musste und jetzt trotz eines Krieges hoffentlich vor weiterem schweren Leiden bewahrt werden kann.

   Unsere Sorge gilt aber auch den Soldatinnen und Soldaten, die sich nun im Einsatz befinden. Wir denken an sie und ihre Familien. Dem Schutz und der Sicherheit der in dieser Krisenregion stationierten deutschen Bundeswehrsoldaten muss unsere Aufmerksamkeit gelten. Sie müssen auch im Vordergrund unserer politischen Bemühungen stehen. Wir müssen alles tun, um ihre Sicherheit zu erhöhen. Wir werden nichts unterlassen, um die Bundeswehrsoldaten zu schützen. Unsere Aufmerksamkeit gilt aber auch den Menschen, die in Deutschland leben, ihren Ängsten, ihren Sorgen und der Sicherheit, die sie brauchen.

   Der irakische Diktator Saddam Hussein ist - darüber will ich keine Unklarheit aufkommen lassen - die Ursache für die nun eingetretene Situation. Saddam Hussein ist nach Überzeugung der Freien Demokraten Täter und nicht Opfer.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Er hat gegen 17 Resolutionen der Vereinten Nationen verstoßen. Er hat das Völkerrecht vielfach gebrochen. Er hat in der Vergangenheit Giftgas gegen die eigenen Landsleute eingesetzt. Er hat sein Land mit großem Terror überzogen. Hätte er rechtzeitig eingelenkt, hätte ein Krieg vermieden werden können. Auch das gehört zu dem, was gesagt werden muss.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

   Wir alle, auch die FDP, haben die Empfindungen des amerikanischen Volkes nach den Anschlägen am 11. September 2001 geteilt. Wir haben verstanden, was unsere amerikanischen Freunde berührt hat. Ein militärischer Konflikt aber ohne Beschlussfassung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und ohne Ausschöpfung weiterer Möglichkeiten der Inspektion, wie ihn die amerikanische Regierung begonnen hat, kann trotz der geschilderten Umstände nicht die Billigung der FDP finden.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es bleibt jedoch bei der transatlantischen Bindung, die für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik unverzichtbar ist, und bei der Freundschaft mit dem amerikanischen Volk. Auch dies gehört zu dem, was in dieser Situation gesagt werden muss.

   Dass jetzt eine gefährliche Situation eingetreten ist, liegt auch an den gescheiterten transatlantischen diplomatischen Bemühungen und an der mangelnden europäischen Einigung. Wenn wir Konsequenzen aus der jetzt eingetretenen Lage ziehen wollen, dann müssen unsere gemeinsamen Anstrengungen weiteren Fortschritten in der Europäischen Union, dem Aufbau einer eigenen europäischen Sicherheits- und Verteidigungskapazität, gelten. Nie mehr darf eine solche Situation eintreten, ohne dass zuallererst eine europäische Einigung versucht wird.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   Wir wollen deshalb gemeinsame Anstrengungen unternehmen und auch alle Anstrengungen, die andere unternehmen, unterstützen, die darauf abzielen, die Europäische Union zu einer stärkeren Initiative zu machen.

   Ich sage in diesen Minuten: Die Vereinten Nationen, insbesondere der Sicherheitsrat dieser Weltgemeinschaft, sind und bleiben trotz allem, was jetzt eingetreten ist, der Ort für gemeinsame internationale Konfliktlösungen.

   Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Wolfgang Thierse:

Die Sitzung wird nun bis circa 10.15 Uhr unterbrochen. Der Wiederbeginn der Sitzung wird rechtzeitig durch Klingelzeichen angekündigt.

(Unterbrechung von 9.18 bis 10.16 Uhr)

Präsident Wolfgang Thierse:

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

   Wir setzen die Haushaltsberatungen - Tagesordnungspunkt I - fort:

Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003
(Haushaltsgesetz 2003)

- Drucksachen 15/150, 15/402 -

(Erste Beratung 14. Sitzung)

   Ich rufe dazu den Tagesordnungspunkt I. 18 auf:

Einzelplan 09
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit

- Drucksachen 15/559, 15/572 -

Berichterstattung
Abgeordnete Volker Kröning
Kurt J. Rossmanith
Hans-Joachim Fuchtel
Anja Hajduk
Dr. Günter Rexrodt

   Zum Einzelplan 09 liegen zwei Änderungsanträge der Fraktion der CDU/CSU, vier Änderungsanträge der Fraktion der FDP und drei Änderungsanträge der Abgeordneten Gesine Lötzsch und Petra Pau vor. Über einen Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU werden wir später namentlich abstimmen.

   Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

   Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen Hans-Joachim Fuchtel das Wort.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will ich zunächst erklären, dass wir die heutige Haushaltsdebatte angesichts des Krieges natürlich möglichst moderat führen möchten. Gleichzeitig möchte ich feststellen, dass die heutige Haushaltslage nichts mit dem Krieg im Irak zu tun hat. Das gilt auch für die künftige Haushaltslage.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Das muss man hier festhalten, weil in den letzten Wochen ständig Stimmen zu hören waren, die bereits im Vorfeld dieses Krieges darum bemüht waren, alles, was hier schief gelaufen ist, mit internationalen Geschehnissen zu begründen.

   Vor dem Hintergrund der Rede des Kanzlers am vergangenen Freitag möchte ich Sie von Rot-Grün fragen: Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie dabei sind, bereits den dritten für Wirtschaft oder Finanzen zuständigen Superminister zu verschleißen? Der erste ist bekanntlich auf Kosten der Steuerzahler geflohen, der zweite hat sich im Schuldengebirge verirrt und der dritte wird scheitern, wenn Sie nicht dazu beitragen, dass in diesem Lande endlich Wesentliches geschieht. An der Mitarbeit der Union fehlt es dabei nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

An der Union wird es nicht scheitern.

Der Minister Clement hat wenigstens seine Brille gewechselt, seit er nicht mehr Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen ist.

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Wie flach wollen Sie noch werden? - Weiterer Zuruf von der SPD: Reden Sie doch mal zum Thema!)

- Sie können mir Fragen stellen. Ich habe mir für Sie heute Morgen extra Zeit genommen.

(Zuruf von der SPD: Nein, nein, dann würden wir deine Redezeit verländern!)

   Ich habe mir das noch einmal ein bisschen angeschaut. Am 18. Mai 1998 wurde im Deutschlandfunk die Frage gestellt: Ist es eigentlich mit dem innovativen Anspruch einer neuen SPD-geführten Bundesregierung zu vereinbaren, dass der erste Schritt die Rücknahme jetzt umgesetzter Reformen ist? - Darauf antwortete Clement um 11.05 Uhr im Deutschlandfunk: Ja, selbstverständlich. - Das meine ich, wenn ich sage: konzeptions- und orientierungslos.

   In der „Welt“ vom gleichen Tag wurde er wie folgt zitiert: Den Weg des sozialen Kahlschlags werde seine Partei nicht mitgehen.

   Vier Jahre hat dieser Superminister als Ministerpräsident den Weg in die wirtschaftliche Abstiegszone begleitet. Haben Sie deshalb Verständnis dafür, meine Damen und Herren, dass wir den Ankündigungen dieses Superministers etwas kritisch gegenüberstehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Konzeptionslosigkeit habe ich gerade nachgewiesen. Nun zur Erfolglosigkeit. Wir erinnern uns noch an einen Schnellschuss kurz vor der Bundestagswahl. „Vermittlungsagentur und Vermittlungsgutschein“ hieß das Thema. Eine Nachfrage beim Arbeitsamt Nagold von letzter Woche hat ergeben: In einem Dreivierteljahr wurden ganze acht Vermittlungsgutscheine abgerechnet. - Es ist ein Flop erster Klasse, der da stattgefunden hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Ich-AG war das nächste Zauberwort. Eine Nachfrage beim Arbeitsamt Nagold von letzter Woche hat ergeben: Zwei Ich-AGs wurden auf den Weg gebracht.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Super!)

   Meine Damen und Herren, bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir mehr Eile anmahnen. Deutschland kann es sich nicht erlauben, in diesem Schneckengang voranzugehen. Wir brauchen mehr Schwung. Wir brauchen mehr Verwirklichung. Wie unser Kollege Friedrich Merz gesagt hat: Wir brauchen nicht 100 Baustellen; wir brauchen endlich Richtfeste auf diesen Baustellen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

   Als die Partei Konrad Adenauers wissen wir sehr wohl, dass man niemanden hindern soll, jeden Tag klüger zu werden. Von daher wünschen wir uns natürlich sehr, dass Sie auf das einschwenken, was von der Union und von der FDP konzeptionell vorgedacht wurde.

   Eines ist klar: Die geistige Führerschaft in Fragen der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik in diesem Land liegt bei CDU/CSU und FDP.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Dr. Rainer Wend [SPD]: Als Geisterfahrer vielleicht! - Weitere Zurufe von der SPD)

- Ihre Zwischenrufe sind so wenig qualifiziert wie Ihre inhaltlichen Aussagen.

(Zuruf von der SPD: Wie Ihre Rede! - Ludwig Stiegler [SPD]: Im Vergleich zu Ihrer Rede nobelpreiswürdig!)

Spätestens seit dieser Kanzlerrede, seitdem in allen Kommentaren stand, dass alles das, was in diesem Land jetzt so mühsam hervorgebracht wird, eigentlich schon 1998 als richtig erkannt worden war, sollten Sie ruhig sein und uns nicht weiter beschimpfen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dirk Niebel [FDP])

   Rot-Grün muss endlich lernen: Die Zeiten, in denen man einen zweiten Arbeitsmarkt fast grenzenlos finanzieren konnte, sind vorbei. Künftig muss jeder seinen Beitrag leisten und Leistungen müssen sich auf die wirklich Schwachen konzentrieren. Das werden wir mittragen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dirk Niebel [FDP])

   Der größte Posten im Haushalt des Ministers für Wirtschaft und Arbeit ist die Arbeitslosenhilfe mit immerhin 12,3 Milliarden Euro. Wenn der größte Posten im Haushalt eines Wirtschaftsministers die Arbeitslosenhilfe ist - das muss man sich einmal überlegen! -, dann zeigt das, wie verfehlt diese Politik in Deutschland in den letzten Jahren gestaltet wurde.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Die CDU/CSU sieht es als zentrale Aufgabe an, die Beschäftigungsschwelle zu senken. In Deutschland entstehen Arbeitsplätze erst ab einem Wachstum von 2 Prozent. Das kann so nicht bleiben. In anderen Ländern entstehen sie bereits bei einem Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent. Wenn Deutschland wieder ein führendes Wirtschaftsland werden soll, dann muss es gelingen, die Beschäftigungsschwelle auf einen Wert von unter 1 Prozent Wachstum zu drücken. Erst dann können wir wieder positive Entwicklungen erwarten.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Das bedeutet, dass nichts an einer Deregulierung des Arbeitsmarktes vorbeiführt. Sie muss kommen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)

Mithilfe des Bundesrates - alleine hätten Sie das nicht geschafft - wurde bei den geringfügig Beschäftigten und in einigen anderen Sektoren ein erster Schritt getan. Jetzt muss es den Betrieben leichter gemacht werden, Leute einzustellen. Die Flucht in die Überstunden ist geradezu Ausdruck einer Überregulierung des Arbeitsmarktes und muss beseitigt werden.

   Die Union als Partei der Arbeitnehmer

(Beifall bei der CDU/CSU - Lachen bei der SPD)

- irgendwo müssen die 50 Prozent der Stimmen in Niedersachsen und Hessen ja herkommen, meine Damen und Herren; das müssen Sie als Demokraten einfach akzeptieren -, als Partei der jungen Leute, der jungen Leistungsträger, die noch ihr ganzes Arbeitsleben vor sich haben, will die soziale Marktwirtschaft mit der Reform des Arbeitsrechts so modernisieren, dass sie den Herausforderungen der Globalisierung gewachsen ist.

   Die Union hat Konzepte. Wir wollen den Kündigungsschutz und andere Rahmenbedingungen verändern, und zwar schnell, damit es Arbeit für mehr Menschen gibt.

   Weisen Sie für Ihre Konzepte im Deutschen Bundestag Ihre eigenständige Mehrheit nach. Dann werden wir im Bundesrat dafür sorgen, dass solche Konzepte durchgehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das alles hat für den Haushalt zentrale Bedeutung. Deswegen ist es ein großer Schwerpunkt unserer Politik.

   Ich möchte als weiteren Punkt noch die Gemeinschaftsaufgabe „Aufbau-Ost“ ansprechen. Wir sehen, dass Sie den Osten aus dem Auge verlieren. Wir Haushälter haben hinnehmen müssen, dass Sie hier eine Kürzung von 60 Millionen Euro vollziehen, dass Sie seit 1998 auf die Hälfte heruntergekürzt haben. Herr Clement, glauben Sie eigentlich, die Aufgabe im Osten sei schon erledigt? Hier geht es darum, Bildung und Forschung zu fördern. Deswegen müssen wir die entsprechenden Aufgaben möglichst hoch dotieren, damit Impulse entstehen können.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Ich möchte Sie herzlich bitten, dazu nachher in Ihren Ausführungen konkret Stellung zu nehmen. Das wird von dieser Bundesregierung seit Beginn dieser Legislaturperiode viel zu wenig getan. Wir leben in einem Land der Wiedervereinigung. Deswegen verlangen wir von dieser Bundesregierung, dass das, was unter unserer Regierung begonnen wurde, die Verwirklichung der Einheit und die Schaffung gleicher Lebensverhältnisse,

(Zuruf von der SPD: Verdoppelung der Verschuldung!)

von der jetzigen Regierung entsprechend fortgesetzt wird. Wir verlangen eine richtige Prioritätensetzung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Präsident Wolfgang Thierse:

Kollege Fuchtel, Sie müssen bitte zum Ende kommen.

Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU):

Mein Kollege Rossmanith wird zur Wirtschaftspolitik noch Stellung nehmen. Ich jedenfalls möchte mich, Herr Minister Clement, für die persönliche, sachliche Zusammenarbeit bei der Erstellung des Haushalts bedanken.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Ludwig Stiegler [SPD]: Die sind so falsch wie die Nattern!)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegen Volker Kröning, SPD-Fraktion.

Volker Kröning (SPD):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Haushalt des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit spiegelt die Schlüsselrolle dieses Ressorts für Erneuerung und Zusammenhalt unserer Gesellschaft wider, folgt also der Leitidee der SPD und auch der Überschrift des Jahreswirtschaftsberichts 2003: „Reformen gemeinsam voranbringen“, oder, um es im Klartext zu sagen: Wir müssen unser Land von der Geißel der Dauer- und Massenarbeitslosigkeit befreien. In Zeiten des Krieges möchte ich es so ausdrücken: Wir müssen den Frieden gewinnen.

   Der Einzelplan 09 hat ein Ausgabenvolumen von 18,5 Milliarden Euro. Doch zu dem Geschäftsbereich des Ministeriums gehört auch die Bundesanstalt für Arbeit, die tief greifend umgebaut wird. Mit der von der Regierungskoalition und der Unionsmehrheit im Bundesrat eingeleiteten Reform des Arbeitsmarktes soll die Bundesanstalt gegenüber dem Ist-Ergebnis des letzten Jahres von 56,5 Milliarden Euro in diesem Jahr mit 3,4 Milliarden Euro weniger auskommen, das heißt auch ohne einen Bundeszuschuss. Ich stelle fest: Keine Fraktion - nur die Kolleginnen von der PDS - hat den Antrag gestellt, einen Bundeszuschuss wieder einzustellen.

   Doch die Entwicklung der Konjunktur und des Arbeitsmarktes stellt die Finanzen der Bundesanstalt für Arbeit unter äußersten Druck. Wegen der Ungleichzeitigkeit von Einnahmen- und Ausgabenentwicklung fehlen zurzeit rund 1,5 Milliarden Euro. Doch da die Liquiditätshilfe nach § 364 SGB III von 5 auf 7 Milliarden Euro aufgestockt wird, ist die Liquidität der Anstalt auf absehbare Zeit gesichert. Es wird gar nichts nützen - das erwarte ich von der Debatte -, über Bundeszuschuss und Liquiditätshilfe zu reden, wenn die Effekte der Arbeitsmarktreform und die Impulse aus der Regierungserklärung vom 14. März 2003 vielleicht nicht ausreichen, um den Haushalt dieses Jahres durch die Fährnisse der weiteren weltwirtschaftlichen und weltpolitischen Entwicklung zu steuern. Wir werden das aber nicht zum Vorwand für Nichtstun nehmen, sondern bei der Realisierung der Entscheidungen, die der Bundeskanzler verkündet hat, vor allen Dingen auch bei der Umsetzung von Gesetzen, die wir beschlossen haben und - hoffentlich einmütig - noch beschließen werden, Druck machen.

   Lassen Sie uns festhalten: Arbeitsmarktreform ist praktizierte Hauhalts- und Wirtschaftspolitik. Sie soll nicht nur den Bundeshaushalt entlasten, sondern auch die Lohnnebenkosten begrenzen und reduzieren, die die Arbeitgeber und Arbeitnehmer mehr als alle Steuern belasten und deshalb das Wachstums- und Beschäftigungshindernis Nummer eins sind.

   Mit der Arbeitsmarktreform hat Minister Clement - das sage ich auf den Vorwurf, er sei ein Ankündigungsminister - ein Beispiel für den fortdauernden Willen zur Haushaltssanierung und zu einer nachhaltigen Reform der sozialen Sicherungssysteme gegeben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

   Auch zu der Auflösung der globalen Minderausgabe in Höhe von 1,3 Milliarden Euro, die im Regierungsentwurf enthalten war, hat das Ressort einen beachtlichen Anteil, nämlich 52,7 Millionen Euro, beigesteuert. Ich danke dem Ministerium dafür, wie kooperativ und lautlos die Beratungen erfolgt sind, ebenso dem Bundesfinanzministerium, das geholfen hat, und auch der Opposition, mit der eine sachliche Beratung möglich war.

   Trotz der Minderausgabe, die wir durchsetzen mussten, sind die Prioritäten des Regierungsentwurfes erhalten geblieben, nämlich die Aufgaben eines Doppelressorts für Arbeit und Wirtschaft. Ich bin stolz darauf, dass die Fusion des bisherigen Ministeriums für Wirtschaft und Technologie und des Ressortteils Arbeit des ehemaligen Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung beinahe abgeschlossen ist und dass das neue Ministerium in Hochform arbeitet. Es erbringt sogar, ebenso wie das neue Ministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, eine beträchtliche Fusionsrendite, die dem Gesamthaushalt zugute kommt.

   Was sind nun die Prioritäten des Einzelplans Wirtschaft und Arbeit? Ich nenne zehn Punkte.

   Erstens. 12,3 Milliarden Euro müssen 2003 für Arbeitslosenhilfe ausreichen, 2,5 Milliarden Euro weniger als 2002. Wenn wir über diese Zahlen streiten, möchte ich noch einmal daran erinnern, welche menschlichen Schicksale dahinter stehen und dass die Menschen für die Arbeitsmarktreform und mit der Arbeitsmarktreform insgesamt mitgenommen werden müssen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Zweitens. 2,68 Milliarden Euro fordert noch immer der Strukturwandel im Steinkohlebergbau, der ein Musterbeispiel für „Sicherheit im Wandel“ ist - gegen alles Gerede von einem Subventionsabbau nach dem Rasenmäherprinzip.

   Nimmt man beides zusammen, sind das rund drei Viertel des Budgets für Wirtschaft und Arbeit, allerdings mit abnehmender Tendenz. Die weiteren Schwerpunkte zeigen dagegen die Zukunftsorientierung des Ressorts - jeweils verglichen mit den Ist-Ergebnissen des Vorjahres - und zeigen, was trotz Einsparungen getan werden kann und auch getan werden soll.

   Ich nenne als dritten Punkt Forschung, Entwicklung und Innovation im Mittelstand. Von diesem Etat gehen deutliche Verbesserungen für die Indirekte Förderung der Forschungszusammenarbeit und von Unternehmensgründungen - 152 gegenüber 142 Millionen Euro -, für Innovative Netzwerke - 12,5 gegenüber 7,3 Millionen Euro - einschließlich des Netzwerkmanagements Ost - 6,0 gegenüber 1,3 Millionen Euro -, für IT-Anwendungen vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen - 14,7 gegenüber 11,6 Millionen Euro - und für die bewährte bundesweite Industrielle Gemeinschaftsforschung und -entwicklung - 97 gegenüber 90 Millionen Euro - aus, während die Forschungsförderung in den neuen Ländern mit rund 100 Millionen Euro auf gleicher Höhe wie im Vorjahr fortgeführt wird.

   Forschung, Entwicklung und Innovation drücken den Übergang von alter zu neuer Wirtschafts- und Arbeitspolitik aus und sind Teile der Industrie- und Wissensstrategie, die sich auf europäischer Ebene durchzusetzen beginnt, sozusagen von der Lissaboner Strategie bis zu dem bevorstehenden Brüsseler Gipfel, zu dem die Staats- und Regierungschefs Frankreichs, Deutschlands und des Vereinigten Königreichs einen wichtigen Anstoß gegeben haben.

   Viertens. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Förderung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen einschließlich der freien Berufe: 319,4 Millionen Euro gegenüber 248,4 Millionen Euro im Jahr 2002. Darunter finden sich Zinszuschüsse und Erstattungen im Rahmen des Eigenkapitalhilfeprogramms zur Förderung selbstständiger Existenzen: 153 Millionen Euro gegenüber 102 Millionen Euro, ferner die Beratung von Existenzgründern und bestehenden kleinen und mittleren Unternehmen sowie die Förderung der Innovationsfähigkeit solcher Unternehmen mit zusammen 41 Millionen Euro - das ist mehr als bisher -, die Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung, das so genannte Meister-BAföG: 45,4 Millionen Euro gegenüber 35,6 Millionen Euro, die Förderung der überbetrieblichen Bildung im Handwerk: 42 Millionen Euro gegenüber 41 Millionen Euro sowie überbetrieblicher Fortbildungseinrichtungen - ebenfalls schwerpunktmäßig im Handwerk -: 34 Millionen Euro gegenüber 24 Millionen Euro. Übrigens sind alle Titel mit hohen Verpflichtungsermächtigungen für die nächsten Jahre verbunden.

(Beifall bei der SPD)

   Offenbar verfängt auch - das möchte ich gerade zu diesem Teil der Arbeitspolitik, nämlich der Ausbildungspolitik sagen - die Anstrengung des Staates. Denn der Appell des Bundeskanzlers an die Wirtschaft, ihre Ausbildungsverpflichtungen zu erfüllen, scheint nach dem Treffen von Minister Clement mit den Verbänden in München Wirkung zu zeitigen. Dafür ist es auch höchste Zeit.

   Fünftens. Der dritte mittelstandspolitische Schwerpunkt von großer Bedeutung ist die Außenwirtschaft. Die Ausgaben wachsen von 89 Millionen Euro in 2002 auf 121 Millionen in 2003, darunter die Beteiligung des Bundes an Auslandsmessen, die alle Fraktionen einmütig von 33,5 Millionen Euro auf 35 Millionen Euro aufgestockt haben.

   Ein neuer Titel für Beratungshilfen in den GUS- und MOE-Staaten ist mit Barmitteln und mit einem Volumen an Verpflichtungsermächtigungen von insgesamt 5,5 Millionen Euro ausgestattet worden. Dem entspricht ein weiterer neuer Titel zur Förderung des Dialogs mit den Sozialpartnern aus den EU-Beitrittsländern mit 1,5 Millionen Euro in bar und 3,5 Millionen Euro an Verpflichtungsermächtigungen. Dies ist sicherlich ein wichtiger Beitrag nicht nur zum ökonomischen, sondern auch zum sozialen Zusammenwachsen Europas.

   Sehr interessant ist im Übrigen der Beitrag des Ressorts zur Entsorgung russischer Atom-U-Boote. In Zeiten, in denen wir über Proliferation reden, kann dieses Thema nicht ernst genug genommen werden. Den Beitrag hat der Bundeskanzler auf dem letzten G-8-Gipfel zugesagt. Für dieses Jahr werden 25 Millionen Euro an Barmitteln zur Verfügung gestellt und für die Folgejahre 275 Millionen Euro als Verpflichtungsermächtigungen. Zur Finanzierung des gesamten Betrages erwartet der Haushaltsausschuss noch ein Konzept der Regierung.

   Sechstens. Große innovations- und mittelstandspolitische Bedeutung haben auch die Energieforschung und die rationelle, sparsame Energieverwendung in zwei Titelgruppen mit insgesamt 164 Millionen Euro. Daneben sind 250 Millionen Euro zur Förderung erneuerbarer Energien aus dem Wirtschafts- in das Umweltressort umgeschichtet worden. Energie und Umwelt bleiben ein ressortübergreifender Schwerpunkt der Politik dieser Koalition. Das zeigt sich auch in diesem Ressort. Denn die Außenwirtschaft wird mit neuen 28,5 Millionen Euro für den Export erneuerbarer Energien unterstützt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Siebtens. Struktur- wie regionalpolitisch von Bedeutung bleiben die Förderung der Luftfahrtforschung und -technologie sowie die Hilfen für die Werftindustrie. Sie wachsen von 68 Millionen auf 76 Millionen Euro bzw. bleiben mit 95 Millionen Euro auf hohem Niveau erhalten, darunter die Wettbewerbshilfen in Höhe von 55,5 Millionen Euro.

   Im Hinblick auf das Auslaufen der Schiffbauhilfen im nächsten Jahr bleibt die Frage, wie es mittelfristig - auch auf europäischer Ebene - in der maritimen Wirtschaft weitergeht. Als Vertreter der Küstenregion begrüße ich es, dass der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung diesen Punkt gegenüber der EU betont hat. Ich hoffe, dass in dieser Hinsicht die bevorstehende 3. Maritime Konferenz in Lübeck ein Erfolg wird. Der Deutsche Bundestag muss dieses Thema im Auge behalten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Achtens. Ein Wort zur Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“: Sie wird mit 945 Millionen Euro fortgeführt, ebenso das Stilllegungs- und Rekultivierungsprojekt Wismut mit 236 Millionen Euro.

   In diesem Zusammenhang erwähne ich gerne, dass wir den Ansatz zur Förderung der Leistungssteigerung des Tourismus, wie der Bandwurmbegriff heißt, von 1,8 Millionen auf 3 Millionen Euro erhöht haben, um den vom Elbehochwasser geschädigten Regionen so schnell wie möglich zu helfen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Doch von Interesse ist auch das Verhältnis der Mittel, die im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe auf Ost und West entfallen. Dies sind in bar 809 Millionen zu 135 Millionen Euro, also ein Verhältnis von mehr als 5 : 1. Bei den Verpflichtungsermächtigungen sind es immerhin 700 Millionen zu 133 Millionen Euro. Man kann also nicht davon sprechen, dass der weitere Aufbau Ost vernachlässigt wird. Wir halten daran fest: Er muss mit einer Stärkung strukturschwacher Regionen im Westen verbunden bleiben. Denn Aufbau Ost kann nicht heißen: Abbau West.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Zum Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion, zu dem sie eine namentliche Abstimmung begehrt, sei gesagt, dass die ostdeutschen Länder im Vorjahr die Mittel der Gemeinschaftsaufgabe leider lediglich zu 95 Prozent genutzt haben. Thüringen und Berlin lagen sogar darunter.

   Ich möchte neuntens schließlich nicht vergessen, darauf hinzuweisen, dass in diesem Budget auch der nachgeordnete Bereich des Ministeriums, das Bundesarbeitsgericht, die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit, die technischen, außenwirtschaftlichen und wissenschaftlichen Bundesbehörden und die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, mit einer 3-prozentigen Kürzung seiner Verwaltungsausgaben zu einem Ausgleich beigetragen hat.

   Ich danke diesen Behörden für ihr Verständnis. Im Übrigen muss ich sagen: Wir sind auf dieses Verständnis angewiesen. Denn es bleibt in diesem Ressort eine globale Minderausgabe von 55 Millionen Euro zu erwirtschaften. Sie ist allerdings von 229 Millionen Euro auf diesen Betrag reduziert worden. Dies ist eine stolze Leistung, für die ich mich bei den Ministerien, die uns beraten, und bei den Kollegen Mitberichterstattern bedanke.

   Diese Leistung rechtfertigt übrigens die unter uns einmütig beschlossene Personalverstärkung beim Bundeskartellamt, dessen Arbeit maßgeblich zu Mehreinnahmen im Geschäftsbereich des Ressorts Wirtschaft und Arbeit beiträgt.

   Zum Schluss möchte ich erwähnen - das war streitig -, dass die Koalition 15 Millionen Euro für Kommunikation und Evaluation ihrer wirtschafts- und arbeitspolitischen Vorhaben beschlossen hat. Mit Blick auf das ebenso ambitionierte wie dringliche Programm der Regierung zur Reform des Arbeitsmarktes und des Arbeitsrechts über die Offensive für den Mittelstand bis zu den Anteilen des Ressorts am Masterplan Bürokratieabbau sind diese Mittel für ein ziel- und adressatengenaues Handeln unentbehrlich. Wir als Abgeordnete können diese Arbeit der Vermittlung von oben nach unten jenseits von Fraktionsdifferenzen nicht allein leisten. Ich betone: Es geht dabei nicht um die Öffentlichkeitsarbeit des Ministers, sondern um den Versuch, im Rahmen dieser Reformen alle Akteure in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zusammenzuführen. Ich denke zum Beispiel bei der Reform des Handwerksrechts oder auch des Vergaberechts an die Notwendigkeit - ich betone es noch einmal -, das Denken zu verändern und die Menschen zu gewinnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

   Ich begrüße in diesem Zusammenhang, dass sich der Minister in der Aussprache zu der Regierungserklärung am 14. März auch zu dem Vorschlag so genannter Innovationszonen geäußert hat. Es geht um Verfahrensvereinfachungen, nicht um einen Steinbruch an demokratisch legitimierten Gesetzen. Es geht um Initiativen der Länder, die auf konkrete, beispielhafte Projekte zielen und für die natürlich in Bundestag und Bundesrat Mehrheiten gefunden werden müssen. Sie sollen aber nicht - dies ist die Haltung unserer Fraktion und der Koalition - von einer Verfassungsänderung abhängig gemacht werden.

   Ich fasse zusammen: An Ideen und Initiativen mangelt es nicht, auch ist genügend Geld bereitgestellt. Was wir nun brauchen, ist eine Konzentration auf die Umsetzung politischer und gesetzgeberischer Entscheidungen. Was wir erwarten, ist gutes Regierungs- und Verwaltungshandeln. Dies werden wir vonseiten der Koalitionsfraktionen nach Kräften unterstützen.

   Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Wir erwarten auch eine gute Regierung!)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile dem Kollegen Rainer Brüderle, FDP-Fraktion, das Wort.

Rainer Brüderle (FDP):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sicherlich können diese Haushaltsberatungen nicht in der üblichen Routine durchgeführt werden. Unsere Gedanken und Empfindungen sind bei den Menschen in der Golfregion, bei den Soldatinnen und Soldaten und bei den Menschen in unserem Land, die Angst und Sorgen haben. Dies zu leugnen oder zu ignorieren wäre falsch. Aber gerade weil Fragen der inneren und äußeren Sicherheit einen anderen Stellenwert bekommen haben, ist es wichtig, das eigene Haus in Ordnung zu bringen und für innere Stabilität sowie Wachstums- und Beschäftigungschancen einzutreten und zu kämpfen. Unser außenpolitisches Gewicht, in der Diplomatie und in internationalen Verhandlungen unsere Vorstellungen und Empfindungen zum Tragen zu bringen, hängt immer auch von wirtschaftlichen Erfolgen, von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Landes ab.

(Beifall bei der FDP)

Hier gibt es einen inneren Zusammenhang; deshalb sind diese Fragen so drängend.

   Deutschland befindet sich in der längsten Stagnationsphase der letzten 50 Jahre. Wir haben rezessive Tendenzen; der Irak-Krieg wird dies nicht leichter machen. Es kommen neue Risiken hinzu: Wie wird sich das amerikanische Haushaltsdefizit auswirken? Wie werden die Finanzmärkte reagieren? Wie wird sich der Ölpreis entwickeln? Wie schnell wird man in Europa die Gelegenheit nutzen, die von vielen als lästig empfundenen Stabilitätskriterien aufzuweichen? Wie schnell wird man die Lage zum Vorwand nehmen, sich von den eigenen Hausaufgaben zu befreien und den weicheren Weg zu gehen, also lieber die Steuern und Abgaben zu erhöhen, statt die eigenen Dinge in Ordnung zu bringen?

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   Ich denke in diesem Zusammenhang an die Reaktionen dieser Bundesregierung nach dem 11. September 2001, nach den schrecklichen Anschlägen in Manhattan, die letztlich Ursache für die weitere Entwicklung gewesen sind. Damals haben Sie falsch reagiert: Sie haben die Verunsicherung und die Ängste verstärkt, indem Sie nicht Raum für wirtschaftliche Entwicklung und Dynamik gegeben, sondern Steuern - die Tabaksteuer, die Versicherungsteuer, die Ökosteuer - erhöht haben. Das waren die völlig falschen Signale.

(Beifall bei der FDP)

   Ich habe mir manche hämischen Kommentare aus Ihren Reihen anhören müssen, als ich damals ein Blitzprogramm gefordert habe, wie es die Amerikaner mit erheblichen steuerlichen Entlastungen - mit Steuerschecks als Abschlagszahlungen auf künftige steuerliche Entlastungen - aufgelegt haben, um so Vertrauen zu halten und neues Vertrauen zu gewinnen, die Verunsicherung in der Wirtschaft abzubremsen und ein weiteres Abgleiten zu verhindern. Wir stehen jetzt vor einer Situation des „double dip“, wie die Fachleute sagen, also vor einem Abgleiten in die Rezession. Wir haben dies knapp verhindern können. Wir haben keine Dynamik; ob wir 0,1 Prozent Wachstum haben oder nicht, ist eigentlich nicht entscheidend, wenn man die Genauigkeit der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung kennt. Deshalb ist es jetzt geradezu Pflicht - in der aktuellen Situation sogar doppelte Pflicht -, die Weichen für mehr Wachstum zu stellen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   Die Erwartungen an die Regierungserklärung von letztem Freitag, die durch lancierte Mitteilungen an die Presse von der Bundesregierung selbst geweckt wurden, wurden nicht erfüllt. Die Erklärung enthielt auch Maßnahmen, die sinnvoll sind, etwa die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und der Sozialhilfe. Machen Sie es, machen Sie es richtig! Vieles hat aber gefehlt. Wie Guido Westerwelle sagte, enthielt die Regierungserklärung eine Liste von Maßnahmen, aber kein konsistentes, in sich schlüssiges und von ordnungspolitischen Prinzipien getragenes Gesamtkonzept. Sie müssen die Grundachsen in der Wirtschaftspolitik anders ausrichten, Sie müssen Kräfte freisetzen und entfesseln, Sie müssen Barrieren wegräumen, damit das Wachstumspotenzial zur Wirkung gebracht wird.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   Sie helfen den Gemeinden nicht durch weitere Kredite; denn sie sind schon bis zur Halskrause verschuldet.

(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Richtig!)

Vielmehr brauchen sie Geld. Einnahmen bekommen sie aber nur, indem Sie Wachstum auslösen und Tempo machen, statt die Steuern und Abgaben zu erhöhen. Dies ist, wie gesagt, das falsche Signal.

   In einer solchen Situation muss man sich darauf besinnen, wie in der sozialen Marktwirtschaft Arbeitsplätze entstehen. Sie entstehen nicht durch Demonstrationen, durch Fähnchen, durch Winken, durch Selbstbelobigung, sondern dadurch, dass man Nachfrage auslöst, dass jemand etwas kaufen will bzw. eine Dienstleistung nachsucht. Um diese Produkte herzustellen oder diese Dienstleistung zu erbringen, werden andere Frauen und Männer benötigt. So entstehen Arbeitsplätze. Deshalb ist das, was Sie machen, falsch.

   Dabei nehme ich übrigens auch einige aus den Reihen der Union nicht aus. Ich war heute Morgen beunruhigt, als ich im Deutschlandfunk hörte, der Ministerpräsident des Saarlandes Müller und der Ministerpräsident Sachsen-Anhalts Böhmer reflektierten schon, man könne die Mehrwertsteuer doch erhöhen. Wiederholen Sie bitte nicht die Fehler, die nach dem 11. September gemacht wurden, indem Sie erneut Steuern erhöhen!

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie müssen Freiraum geben, Sie müssen Geld zurückgeben, Nachfragemöglichkeiten schaffen und sie nicht einengen, Sie dürfen sie nicht erneut durch Steuern belasten. Eine Erhöhung dieser Steuer um zwei Prozentpunkte bringt 15 Milliarden Euro.

(Ludwig Stiegler [SPD]: Das sagen Sie in die falsche Richtung!)

- Herr Müntefering ist noch nicht freigesprochen. Ich habe die beiden genannt, Müller und Böhmer,

(Franz Müntefering [SPD]: Böhmer auch nicht!)

aber Müntefering gehört eben auch zu denen, die das reflektieren. Dann sagen Sie doch heute definitiv, dass Sie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ausschließen.

(Ludwig Stiegler [SPD]: Das haben wir doch hier beschlossen!)

- Das glaubt Ihnen keiner. Sie haben auch gesagt, Sie würden Steuern senken, und haben es nicht gemacht. Sie haben Ihr Versprechen nicht eingehalten. Ihnen glaubt keiner mehr.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die Tatsache, dass Ihnen keiner mehr glaubt, ist doch ein Teil der Verunsicherung der deutschen Volkswirtschaft und damit des gesamtes Problems. Also Finger weg von weiteren steuerlichen Belastungen!

   Die notwendigen Maßnahmen sind relativ einfach; Sie können es beim Sachverständigenrat, aber auch im Hilfeschrei der Bundesbank nachlesen. Herr Welteke, Sozialdemokrat und damit unverdächtig, jetzt Helfershelfer der Opposition zu sein, reklamiert: Wenn Sie nicht nachhaltig verändern, kommen wir auf einen Wachstumspfad mit einer Obergrenze von 1 Prozent. Die Schwelle zur Rezession ist also deutlich niedriger angesetzt, verbunden mit hohen Gefahren für die weitere wirtschaftliche Entwicklung und die gesellschaftliche Stabilität.

   Sie müssen die Kraft haben, steuerlich zu entlasten. Sie müssen im Haushalt umschichten. Sie dürfen die jetzige Lage nicht zum Vorwand nehmen, wieder massiv in die Verschuldung einzusteigen. Die Worte des Bundeskanzlers, die Maastricht-Kriterien seien nicht statisch zu verstehen, sind doch schon das Menetekel. Das heißt, Sie wollen doch wieder mehr Schulden machen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   Die Ankündigung, die Gewerbesteuer zu erneuern, bedeutet, dass Sie sie auf die freien Berufe erweitern und dass Sie den Mittelstand komplett einbeziehen wollen. Das ist grottenfalsch. Wenn Sie davon sprechen, Bündnisse im Betrieb zu ermöglichen, aber nur mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien, dann ist das eine Totgeburt. Geben Sie doch den Betriebsräten, den Mitarbeitern in den Betrieben und den Unternehmensleitungen, den mittelständischen Betrieben die Chance, sich selbst besser aufstellen zu können. Wir sagen: Wenn 75 Prozent der Mitarbeiter andere Regelungen wollen, müssen sie das Recht dazu haben. Das ist mehr als eine verfassungsändernde Mehrheit. Geben Sie ihnen doch das Stück Freiheit, sich selbst helfen zu können.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie haben doch alles verschlimmert. Sie haben überreglementiert, den Kündigungsschutz und die Lohnfortzahlung verschärft. Sie sind genau in die falsche Richtung gegangen. Die Aufstellung ist das Problem. Vieles von dem, was jetzt draußen geschieht, können wir nicht beeinflussen, aber wir tragen die Verantwortung dafür, dass es sich bei uns stärker als anderswo niederschlägt, weil wir falsch aufgestellt sind. Daraus leitet sich unsere nationale Aufgabe ab. In dieser Stunde muss die Kraft bestehen, das Richtige zu tun: die ideologischen Schützengräbern zu verlassen, die Barrieren zu überwinden und die Marktwirtschaft wieder zum Tragen zu bringen. Nehmen Sie Belastungen zurück und schaffen Sie Freiräume! Warum erlauben Sie keine Experimentierklauseln, die es Kommunen oder Ländern ermöglichen, Gesetze zeitlich befristet außer Kraft zu setzen? Dadurch könnte endlich Bürokratie abgebaut werden.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herr Clement, es ist schön, dass wir einen Masterplan und einen Small-Business-Act haben. Die Begriffe sind zwar durchaus eindrucksvoll, aber am Schluss zählen nur die Ergebnisse. Sie müssen eine Kurskorrektur vornehmen, sich an die Erfolgskriterien der sozialen Marktwirtschaft erinnern, die soziale Marktwirtschaft erneuern und die Staatsquote auf ein erträgliches Maß senken. Ein Staatsanteil von 50 Prozent muss fehlleiten. Die Verkrustung der Gesellschaft ist per se eine Fehlleitung. Das zu große Abnehmen schafft keine Möglichkeiten. Sie müssen für Klarheit sorgen, weil Sie Vertrauen brauchen. Eine Marktwirtschaft, die auf Einzelentscheidungen beruht und in die kein Vertrauen gesetzt wird, kann nicht funktionieren. Deshalb müssen Sie umkehren.

(Beifall bei der FDP)

   Sie haben jetzt die Möglichkeit, der Öffentlichkeit klar zu machen, dass die Verflechtungen der gesellschaftlichen Institutionen geändert werden müssen. Es gibt Situationen - wir befinden uns in einer solchen -, in denen die Regeln von gestern - auch Ihre - nicht mehr gültig sein sollten. Haben Sie die Kraft, über den Tellerrand zu blicken! Lassen Sie uns unser Land gemeinsam neu ausrichten, damit wir das Haus wenigstens intern in Ordnung bringen! Dadurch gewinnen wir mehr Gewicht und ein höheres Wachstumstempo. Die Lösung aller Probleme ist Wachstum, weil dadurch Arbeitsplätze geschaffen werden. Ohne Wachstum wird es nicht gehen. Die grüne Ideologie, dass Wachstum schlecht sei - diesen Unsinn haben Sie in der Vergangenheit erzählt -, müssen Sie - -

Präsident Wolfgang Thierse:

Kollege Brüderle, Sie haben Ihre Redezeit und die Ihrer ganzen Fraktion schon deutlich überschritten.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Schade!)

Rainer Brüderle (FDP):

Herr Präsident, ich möchte den Satz beenden. Bei Ihrer Fraktion sind Sie manchmal großzügiger.

Präsident Wolfgang Thierse:

Entschuldigen Sie, Herr Kollege Brüderle, diese Unterstellung weise ich zurück.

Rainer Brüderle (FDP):

   Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wo der Brüderle Recht hat, hat er Recht!)

Präsident Wolfgang Thierse:

   Ich erteile das Wort der Kollegin Anja Hajduk, Bündnis 90/Die Grünen.

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der aktuellen Entwicklung im Irak werde auch ich meine Rede in dieser Debatte kürzer halten.

   Wir alle wissen, dass die Arbeit des neuen Wirtschafts- und Arbeitsministeriums eine ganz zentrale Bedeutung für den Erfolg der Regierung und für die Menschen in unserer Gesellschaft hat. Anfang dieses Jahres haben wir damit angefangen, den Haushalt intensiv zu beraten. Zu dieser Zeit wurde der Jahreswirtschaftsbericht vorgelegt, der ganz wesentliche Änderungen in den Prognosen enthielt, die klar machen - darüber haben wir oft gestritten -, dass die Entwicklung schwierig und krisenhaft ist. Im Jahreswirtschaftsbericht wird ein Wachstum von 1 Prozent angenommen; das entspricht einer Absenkung um eine halbes Prozent. Aktuelle Aussagen gehen davon aus, dass diese Quote vielleicht nicht erreicht werden kann. Prognosen sind zurzeit extrem unsicher.

   Kollege Fuchtel, ob und wie sich der Irakkrieg auswirken wird, kann keiner richtig einschätzen. Trotzdem - da gibt es zwischen uns keine Differenz - haben wir unsere Hausaufgaben zu machen. Wir werden aber nicht unsere Haushaltszahlen ändern; denn wie die Auswirkungen auf unsere Wirtschaft sein werden, hängt mit dem Verlauf des Krieges, mit den Auswirkungen auf die amerikanische Wirtschaft und dem Ölpreis zusammen, und das ist wirklich unsicher.

Wir müssen schauen, wo unsere Hauptprobleme liegen. Ein Hauptproblem - darüber gibt es nicht viel Streit - ist die zu hohe Arbeitslosigkeit. Die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen hat für uns Priorität. Angesichts der Entwicklung, die unsere Gesellschaft in den letzten Jahren und Jahrzehnten genommen hat, müssen wir erkennen, dass wir uns nicht einseitig um Wachstum kümmern und uns nur daran orientieren dürfen. Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass wir nur durch mehr Wachstum zu mehr Beschäftigung kommen, sondern müssen versuchen, unmittelbar mehr Beschäftigung zu schaffen. Das setzt dann vielleicht auch Wachstumsimpulse frei.

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Das eine bedingt doch das andere!)

Wir müssen erkennen, dass bei uns die Schwelle von 2 Prozent Wachstum, ab der Beschäftigung entsteht, zu hoch ist. Wir müssen auch mit weniger Wachstum mehr Beschäftigung erreichen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

   Ich möchte in diesem Zusammenhang auf eine Differenz eingehen, die bei diesem Thema zwischen Ihnen von der FDP, Herr Brüderle, und uns besteht. Wir wollen qualifiziertes Wachstum; das ist keine Frage. Aber wir müssen uns vorher darüber klar werden, wo wir die Prioritäten setzen und worauf wir unsere Aufmerksamkeit lenken. Ich bin davon überzeugt, dass die Belastung des Faktors Arbeit durch die Lohnnebenkosten viel zu hoch ist. Die Entwicklung, die wir in den letzten 30 Jahren bei den Sozialabgaben im Verhältnis zu den Steuern zu verzeichnen hatten, ist dramatisch. Deswegen muss die Politik im Rahmen ihrer Aufgaben, die sie wahrnehmen muss, insbesondere auf die Lohnnebenkosten abheben und dort Änderungen vornehmen.

(Dirk Niebel [FDP]: Das haben wir nicht bestritten! - Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Tun Sie das! - Gegenruf des Abg. Walter Schöler [SPD]: „In den letzten 30 Jahren“ hat sie gesagt!)

- Das tun wir auch.

   Im Bereich der Krankenversicherung haben Sie von der Opposition sich sogar bescheidenere Ziele gesetzt als wir. Wir haben uns vorgenommen, die Lohnnebenkosten in diesem Bereich um 1,5 Prozent zu senken. Mir ist noch nicht zu Ohren gekommen, dass Sie mehr erreichen wollen. Ich glaube, man sollte realistisch sein. Das sind wir. Wir wollen auf einen Beitragssatz von unter 13 Prozent kommen. Dafür haben wir Maßnahmen vorgeschlagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

   Zum Thema Rentenversicherung. Ich bin froh darüber, dass der Bundeskanzler gesagt hat, dass wir auch in diesem Bereich noch einmal Reformen angehen müssen. Die demographische Entwicklung muss stärker berücksichtigt werden.

(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Wer hat das denn abgeschafft? Das wart doch Ihr!)

Außerdem müssen wir die ökonomische Situation, nämlich die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, integrieren. Auch das werden wir angehen. Sonst kommen wir mit der Größenordnung, die wir anstreben, nicht aus.

   Ich komme nun auf das Kernthema im Bereich Wirtschaft und Arbeit zu sprechen, nämlich auf die Absenkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung. Darum geht es. Dazu haben wir Vorschläge gemacht. Durch eine Begrenzung des Arbeitslosengeldes haben wir einen Spielraum geschaffen, um auch dort die Lohnnebenkosten zu senken.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)

   Wenn wir erfolgreich sein wollen, dann ist es wichtig, dass hinsichtlich des Ziels, die Lohnnebenkosten zu senken, Einigkeit besteht. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir auch etwas bei der Bundesanstalt für Arbeit tun. Der erste Schritt muss sein, darauf hinzuwirken, dass die Bundesanstalt ohne Zuschuss auskommen muss. Darum möchte ich Sie bitten. Wir müssen das Steuer ergreifen, um zu mehr Vermittlung und einer Kostenbegrenzung zu kommen. Wenn wir darin d?accord sind, dann müssen wir bereit sein, uns dieses ehrgeizige Ziel zu setzen. Wir sind bereit, anzuerkennen, dass es ein Risiko bleibt, ob wir bei einer noch schlechteren wirtschaftlichen Entwicklung mit einem Nullzuschuss damit auskommen. Aber die Zielsetzung ist richtig.

   Ich möchte Sie von der Opposition um eine Sache bitten. Ich glaube, hier haben Sie auch eine Verpflichtung. Wir haben deutlich gemacht, dass wir bereit sind, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenzulegen; dies ist für einige mit einer Absenkung verbunden. Dazu haben wir konkrete Vorschläge gemacht. Diese werden wir auch umsetzen.

   Wenn wir bereit sind, beim Arbeitslosengeld etwas zu ändern, dürfen wir den Blick nicht davor verschließen, dass es auch in anderen Bereichen Verkrustungen gibt. Ich bin davon überzeugt, dass Flexibilität und soziale Sicherung nicht als Gegensätze aufgefasst werden dürfen. Das unterbindet Dynamik. Dadurch bekommen wir ein starres System. Aber dann darf es nicht sein - hier würde ich Sie gerne mit ins Boot nehmen -, dass in bestimmten Bereichen Starrheit und Verkrustung zu finden sind. Es hat mich erschreckt, wie Herr Seehofer und der Kollege von der FDP im Bereich des freien Versandhandels bei den Apotheken an solchen Strukturen festhalten wollen.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Frau Kollegin, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich komme sofort zum Schluss. - Machen Sie mit, auch in den Bereichen der Handwerksordnung und der Medikamentenvergabe Verkrustungen aufzubrechen. Wir werden in beide Richtungen denken; denn das brauchen wir. Sonst bekommen wir keine Dynamik und keine Entlastung auf dem Arbeitsmarkt. Wir brauchen mehr Arbeitsplätze. Das ist ein gemeinsames Anliegen. Das werden wir vorantreiben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Angesichts der Entwicklung, die unsere Gesellschaft in den letzten Jahren und Jahrzehnten genommen hat, müssen wir erkennen, dass wir uns nicht einseitig um Wachstum kümmern und uns nur daran orientieren dürfen. Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass wir nur durch mehr Wachstum zu mehr Beschäftigung kommen, sondern müssen versuchen, unmittelbar mehr Beschäftigung zu schaffen. Das setzt dann vielleicht auch Wachstumsimpulse frei.

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Das eine bedingt doch das andere!)

Wir müssen erkennen, dass bei uns die Schwelle von 2 Prozent Wachstum, ab der Beschäftigung entsteht, zu hoch ist. Wir müssen auch mit weniger Wachstum mehr Beschäftigung erreichen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

   Ich möchte in diesem Zusammenhang auf eine Differenz eingehen, die bei diesem Thema zwischen Ihnen von der FDP, Herr Brüderle, und uns besteht. Wir wollen qualifiziertes Wachstum; das ist keine Frage. Aber wir müssen uns vorher darüber klar werden, wo wir die Prioritäten setzen und worauf wir unsere Aufmerksamkeit lenken. Ich bin davon überzeugt, dass die Belastung des Faktors Arbeit durch die Lohnnebenkosten viel zu hoch ist. Die Entwicklung, die wir in den letzten 30 Jahren bei den Sozialabgaben im Verhältnis zu den Steuern zu verzeichnen hatten, ist dramatisch. Deswegen muss die Politik im Rahmen ihrer Aufgaben, die sie wahrnehmen muss, insbesondere auf die Lohnnebenkosten abheben und dort Änderungen vornehmen.

(Dirk Niebel [FDP]: Das haben wir nicht bestritten! - Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Tun Sie das! - Gegenruf des Abg. Walter Schöler [SPD]: „In den letzten 30 Jahren“ hat sie gesagt!)

- Das tun wir auch.

   Im Bereich der Krankenversicherung haben Sie von der Opposition sich sogar bescheidenere Ziele gesetzt als wir. Wir haben uns vorgenommen, die Lohnnebenkosten in diesem Bereich um 1,5 Prozent zu senken. Mir ist noch nicht zu Ohren gekommen, dass Sie mehr erreichen wollen. Ich glaube, man sollte realistisch sein. Das sind wir. Wir wollen auf einen Beitragssatz von unter 13 Prozent kommen. Dafür haben wir Maßnahmen vorgeschlagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

   Zum Thema Rentenversicherung. Ich bin froh darüber, dass der Bundeskanzler gesagt hat, dass wir auch in diesem Bereich noch einmal Reformen angehen müssen. Die demographische Entwicklung muss stärker berücksichtigt werden.

(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Wer hat das denn abgeschafft? Das wart doch Ihr!)

Außerdem müssen wir die ökonomische Situation, nämlich die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, integrieren. Auch das werden wir angehen. Sonst kommen wir mit der Größenordnung, die wir anstreben, nicht aus.

   Ich komme nun auf das Kernthema im Bereich Wirtschaft und Arbeit zu sprechen, nämlich auf die Absenkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung. Darum geht es. Dazu haben wir Vorschläge gemacht. Durch eine Begrenzung des Arbeitslosengeldes haben wir einen Spielraum geschaffen, um auch dort die Lohnnebenkosten zu senken.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)

   Wenn wir erfolgreich sein wollen, dann ist es wichtig, dass hinsichtlich des Ziels, die Lohnnebenkosten zu senken, Einigkeit besteht. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir auch etwas bei der Bundesanstalt für Arbeit tun. Der erste Schritt muss sein, darauf hinzuwirken, dass die Bundesanstalt ohne Zuschuss auskommen muss. Darum möchte ich Sie bitten. Wir müssen das Steuer ergreifen, um zu mehr Vermittlung und einer Kostenbegrenzung zu kommen. Wenn wir darin d?accord sind, dann müssen wir bereit sein, uns dieses ehrgeizige Ziel zu setzen. Wir sind bereit, anzuerkennen, dass es ein Risiko bleibt, ob wir bei einer noch schlechteren wirtschaftlichen Entwicklung mit einem Nullzuschuss damit auskommen. Aber die Zielsetzung ist richtig.

   Ich möchte Sie von der Opposition um eine Sache bitten. Ich glaube, hier haben Sie auch eine Verpflichtung. Wir haben deutlich gemacht, dass wir bereit sind, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenzulegen; dies ist für einige mit einer Absenkung verbunden. Dazu haben wir konkrete Vorschläge gemacht. Diese werden wir auch umsetzen.

   Wenn wir bereit sind, beim Arbeitslosengeld etwas zu ändern, dürfen wir den Blick nicht davor verschließen, dass es auch in anderen Bereichen Verkrustungen gibt. Ich bin davon überzeugt, dass Flexibilität und soziale Sicherung nicht als Gegensätze aufgefasst werden dürfen. Das unterbindet Dynamik. Dadurch bekommen wir ein starres System. Aber dann darf es nicht sein - hier würde ich Sie gerne mit ins Boot nehmen -, dass in bestimmten Bereichen Starrheit und Verkrustung zu finden sind. Es hat mich erschreckt, wie Herr Seehofer und der Kollege von der FDP im Bereich des freien Versandhandels bei den Apotheken an solchen Strukturen festhalten wollen.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Frau Kollegin, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich komme sofort zum Schluss. - Machen Sie mit, auch in den Bereichen der Handwerksordnung und der Medikamentenvergabe Verkrustungen aufzubrechen. Wir werden in beide Richtungen denken; denn das brauchen wir. Sonst bekommen wir keine Dynamik und keine Entlastung auf dem Arbeitsmarkt. Wir brauchen mehr Arbeitsplätze. Das ist ein gemeinsames Anliegen. Das werden wir vorantreiben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Nächster Redner ist der Kollege Kurt Rossmanith, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Wir haben heute bereits den Kollegen Kröning vernommen.

(Walter Schöler [SPD]: Gute Rede!)

Ich muss sagen: Er hat einige von der Beschlusslage her richtige Ausführungen gemacht. Nur, lieber Kollege Kröning, Sie haben es gehalten wie der Bundeskanzler vor exakt sechs Tagen: Sie haben sich mit Detailfragen befasst, die große Linie haben Sie aber schlicht und einfach ausgelassen.

(Ludwig Stiegler [SPD]: Die Intelligenten erkennen die große Linie!)

   Die Kernfrage, die bei uns in der Bundesrepublik Deutschland beantwortet werden muss, lautet: Wie können wir es schaffen, dass in diesem Land wieder ein entsprechendes Wirtschaftswachstum erreicht wird?

(Volker Kröning [SPD]: Deshalb hatten wir die Debatte am letzten Freitag!)

Genau das ist der Punkt. Diese Frage hat weder Bundeskanzler Schröder vor sechs Tagen noch Kollege Kröning heute beantwortet.

   Unsere Grundforderungen, die heute noch einmal dargestellt werden müssen, auch wenn sie in weiten Teilen des Landes bekannt sind, sind klar: Notwendig sind keine Steuererhöhungen, sondern Steuersenkungen.

(Walter Schöler [SPD]: Machen wir!)

Die Lohnzusatzkosten müssen gesenkt werden; Kollegin Hajduk hat bereits darauf hingewiesen.

(Walter Schöler [SPD]: Machen wir!)

Weshalb liegt die Beschäftigungsschwelle denn bei 2 Prozent Wachstum?

(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja eben!)

Frau Kollegin Hajduk, Sie müssen sich mit weiten Teilen Ihres Koalitionspartners auseinander setzen und dürfen nicht auf uns blicken. Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes ist eine ganz wesentliche Aufgabe, die wir nicht irgendwann in ferner Zukunft, sondern sehr rasch bewältigen müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Ein sehr wichtiger Punkt ist auch der Bürokratieabbau. Das gilt für den gesamten mittelständischen Bereich. Fragen Sie doch einmal nach; Sie haben ja gerade das Handwerk angesprochen. Ein Handwerksmeister ist fast ein Drittel seiner Zeit - wenn nicht noch mehr - damit beschäftigt, den gesamten bürokratischen Wust, der ihm Tag für Tag auferlegt wird - zusätzliche und neue Aktionen, Befragungen und Bewertungen -, abzuarbeiten.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Jawohl!)

Er kann seiner eigentlichen Arbeit und der Requirierung von Aufträgen kaum mehr nachkommen.

   Es hat keinen Wert, wenn hier gesagt wird: wir müssen, wir sollen und wir können. Nein, diese Regierung, die am 22. September 2002 eine Mehrheit erhalten hat - wenn auch nur mit 6 000 Stimmen -,

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: So knapp war das? Nur 6 000 Stimmen?)

ist aufgefordert, Gesetzesvorlagen in dieses Parlament einzubringen, damit hier Entscheidungen getroffen werden können. Mit großen Worten und Sonntagsreden ist es schlicht und einfach nicht getan.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Volker Kröning [SPD]: Das ist auch eine Rede von vorgestern!)

   Im vergangenen Jahr hatten wir ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent. Darauf sind Sie sogar noch stolz. Wissen Sie, wie hoch das Wirtschaftswachstum im vergangenen Jahr gewesen wäre, wenn wir die Weltwirtschaft - Bundeskanzler Schröder hat in seinen Reden immer wieder davon gesprochen, dass die Schuld bei der Weltwirtschaft und nicht in Deutschland liegt - nicht gehabt hätten? Das Wirtschaftswachstum hätte minus 1,4 Prozent betragen, weil der Export im vergangenen Jahr mit einem Plus von 1,6 Prozent zu Buche geschlagen hat. Das heißt, wir hätten im vergangenen Jahr ein Wirtschaftsminus und kein Wirtschaftswachstum gehabt.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sehr genau! Richtig!)

Das ist doch die Realität. Hören Sie bitte auf, die Verantwortung immer auf die Weltwirtschaft zu schieben! Geben Sie zu, dass Ihre Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik bislang völlig versagt hat! Geben Sie sich endlich einen Ruck und leiten Sie die notwendige Wende ein!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

   Ich sage es nicht gerne, aber das sind leider die Fakten: Jeden Tag gehen 100 deutsche Unternehmen Pleite.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das ist für die kein Problem! - Ernst Hinsken [CDU/CSU]: 130!)

- Es sind rund 130. Kollege Hinsken, ich bedanke mich für diese Korrektur.

   Es tut weh, zu hören, dass zusätzlich täglich 6 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Los der Arbeitslosigkeit auf sich nehmen müssen. Wer jetzt noch nicht begriffen hat, dass es nicht mehr fünf vor zwölf, sondern schon längst fünf nach zwölf ist, der sollte seine Sachen packen und erklären: Ich kann nicht mehr weitermachen; ich trete zurück. - Am besten wäre es, wenn die ganze Regierung zurücktreten würde. Dann hätten wir in der Zukunft wieder die Möglichkeit, eine vernünftige Politik zu gestalten.

(Beifall bei der CDU/CSU - Ludwig Stiegler [SPD]: Was für eine Geisteshaltung! Armes Deutschland!)

   Ich weiß, dass es wehtut, wenn man eigene Fehler vorgehalten bekommt. Bis heute haben große Teile - ich nehme nicht alle von der SPD in die Verantwortung - nicht begriffen, dass sie falsch gehandelt haben. Aber was machen Sie? Sie handeln konfus und verwickeln sich in Widersprüche. Die Bundesregierung hat zu Beginn dieses Jahres die Steuern erhöht und damit die Konjunktur weiter abgewürgt. Gleichzeitig aber will sie die Schulden erhöhen, um die Konjunktur mit einem Investitionsprogramm anzukurbeln. Am vergangenen Freitag im Bundesrat hat diese Bundesregierung auf der Kürzung der Eigenheimzulage bestanden. Gleichzeitig aber hat sie ein Kreditprogramm für die Bauwirtschaft angekündigt.

   Mit der Erhöhung der Gewerbesteuerumlage hat die Bundesregierung hat Kommunen in vier Jahren Einnahmen in Höhe von 10 Milliarden Euro weggenommen. Jetzt will sie ihnen zinsverbilligte Kredite anbieten. Den Kommunen steht das Wasser inzwischen nicht mehr bis zum Hals, sondern bis zur Unterlippe. Sie sind nicht mehr in der Lage, einen Kredit aufzunehmen. Sie brauchen Barmittel, um überhaupt etwas bewegen zu können. Die Situation der Kommunen spiegelt sich auch im Bundeshaushalt wider.

   Ich möchte mich bei den Berichterstattern Volker Kröning, Anja Hajduk, Dr. Günter Rexrodt und Hans-Joachim Fuchtel bedanken, die sich insbesondere beim Einzelplan 09 sehr bemüht haben, den einen oder anderen Schwerpunkt zu setzen. Ich bin allen Kolleginnen und Kollegen dafür dankbar, dass die Mittel für die Auslandsmessen - dies wurde von allen getragen - gegenüber dem Regierungsentwurf um 1,5 Millionen Euro erhöht werden konnten.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist gut so!)

Das ist ein ganz wichtiger Aspekt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Allein mit dieser Maßnahme werden über 200 mittelständische Unternehmen in die Lage versetzt, sich im Ausland auf Messen zu präsentieren und damit Wirtschaftskraft für Deutschland zu mobilisieren.

   Zu den Wettbewerbshilfen für Schiffswerften. Wir alle bedauern, lieber Kollege Kröning, dass es mit Südkorea zu keiner Einigung gekommen ist. Südkorea besteht trotz vorheriger Zusagen darauf, die eigene Schiffbauindustrie weiterhin zu unterstützen. Deshalb haben wir auch aufgrund der Klammheit der Länderhaushalte einen entsprechenden Antrag eingebracht. Ich möchte in diesem Zusammenhang Schleswig-Holstein erwähnen. Die Ministerpräsidentin Heide Simonis, SPD, hat deutlich gemacht, dass Schleswig-Holstein seinen Anteil von zwei Dritteln an dieser Hilfe nicht mehr erbringen kann. Daher fordern wir in unserem Antrag die Bundesregierung auf, den Anteil des Bundes an dieser Hilfe auf 50 Prozent zu erhöhen.

   Zur Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ möchte ich gerne noch ein paar Worte sagen. Lieber Kollege Kröning, Sie müssen doch wissen, warum die Mittel im vergangenen Jahr nicht komplett abfließen konnten. Wesentliche Gründe dafür waren die Kosten für die Fluthilfe und die schwierige wirtschaftliche Lage in den neuen Bundesländern. Hier wollen wir etwas verändern, damit diese Mittel in Zukunft besser abfließen können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Ich will noch die Deutsche Zentrale für Tourismus nennen, weil sie sich durch die Umstrukturierung als wichtiges Instrument erwiesen hat. Sie wäre es wert gewesen, dass ihr mehr Mittel zugewiesen worden wären. Ich sage das als jemand, der selbst aus einer wunderschönen Urlaubsregion, dem Allgäu, kommt. Ich sehe aber auch, dass die Tourismuswirtschaft dort in Schwierigkeiten geraten ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege Rossmanith, Ihre Redezeit ist überschritten.

Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU):

Dies bedauere ich sehr, verehrte Frau Präsidentin. - Die Luft- und Raumfahrt wäre noch ein ganz wichtiges Thema gewesen.

   Mein Schlusssatz: Geben Sie sich endlich den Ruck, von dem schon lange gesprochen wird.

(Ludwig Stiegler [SPD]: Setzen, sechs!)

Gehen Sie mit uns gemeinsam an die Reformen in der Wirtschaft und im Arbeitsmarkt heran.

(Ludwig Stiegler [SPD]: Geh mit Gott, aber geh!)

Dann werden wir wieder nach vorne kommen.

(Ludwig Stiegler [SPD]: Habe die Ehre! Servus!)

Wenn Sie dies nicht wollen, dann soll Ihre Regierung abtreten.

   Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Der nächste Redner ist der Kollege Klaus Brandner, SPD-Fraktion.

Klaus Brandner (SPD):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Der Kollege Fuchtel begann seine Rede mit den Worten, dass er angesichts des Kriegsausbruchs im Irak eine moderate Rede halten wolle.

(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Die Rede war sehr sachlich! - Zuruf von der FDP: War es auch!)

Wir haben aber gesehen, dass er Moderatheit vorgetäuscht und sogleich wieder geholzt hat. Herr Fuchtel, ich sage es ganz offen: Sie haben in der Tat wieder einmal Ihrem Namen alle Ehre gemacht. Sie haben rumgefuchtelt.

(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Sie können es besser machen!)

- Ich werde es besser machen, Frau Kollegin.

   Sie haben in der Tat von den Problemen, in denen Sie als Partei, in diesem Fall auch als vermeintlich christlich-soziale und christlich-demokratische Partei stecken, abgelenkt.

(Widerspruch bei der CDU/CSU)

Sie haben sich aus meiner Sicht nicht zwischen dem katholischen Papst und dem Präsidenten Bush in der entscheidenden Frage, vor der wir zurzeit stehen, entscheiden können.

(Ludwig Stiegler [SPD]: Mit dem Papst für den Frieden und mit Bush für den Krieg!)

Auch das ist ein Punkt, meine Damen und Herren, den Sie zur Kenntnis nehmen sollten.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der FDP: Sie müssen sich auch zwischen Zwickel und Schröder entscheiden!)

   Die Haushaltsdebatte ist die Stunde der Wahrheit und Klarheit. Deshalb will ich auch kein Blatt vor den Mund nehmen und die ungünstige Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage nicht bestreiten. Maximal 1 Prozent Wirtschaftswachstum ist aus unserer Sicht zu wenig. Die Arbeitslosigkeit steigt momentan aus konjunkturellen Gründen, wie wir wissen; strukturelle Gründe kommen noch hinzu. Wir werden die Probleme nur lösen können, wenn wir die Strukturreformen zügig auf den Weg bringen und zum Erfolg führen.

(Beifall des Abg. Hubertus Heil [SPD] - Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Ein einsamer Klatscher!)

   Deutschland ist zwar zum Glück längst nicht so schlecht, wie man es nach dem Miesmachergerede der Opposition glauben könnte, wir sind aber auch nicht so gut, dass wir das Potenzial, das wir tatsächlich haben, voll ausschöpfen. Wir brauchen mehr Innovationen und einen Schub für Strukturreformen, auch wenn die Umbruchphase für viele Beteiligte schwierig sein wird. Das ist die Herausforderung, vor der wir stehen und der wir uns stellen werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Dabei stehen wir mit unseren Problemen keineswegs allein. Die Arbeitslosenquote - laut EU-Statistik beträgt sie 8,6 Prozent - liegt im europäischen Mittelfeld. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit war zuletzt in einigen europäischen Ländern noch höher. Das muss deutlich gesagt werden. Auch in den USA liegt die Arbeitslosenquote bei immerhin 5,7 Prozent. Die Nennung dieser Zahlen soll nicht - um es deutlich zu sagen - die Flucht aus der Verantwortung vorbereiten, sondern ein Hinweis sein, dass wir - ich meine uns alle - keine Patentlösung an der Hand haben. Die Opposition, die das verspricht, insbesondere die CDU/CSU heute wieder, ist bisher nicht in der Lage gewesen, ein klares Konzept vorzulegen.

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Sie sind doch in der Regierung!)

Bisher haben wir nur Wolkiges gehört. Zumindest ist das Konzept, das Sie vorschlagen, unseriös, aus meiner Sicht einfallslos und ratlos.

Das gilt auch für das Erscheinungsbild, das Sie nach der Kanzlerrede am letzten Freitag in der Öffentlichkeit abgegeben haben. Seehofer greift Stoiber an, um es deutlich zu sagen. Er sagt, nichts sei in der Rentenpolitik, der Arbeitsmarktpolitik und der Krankenversicherungspolitik abgestimmt. Da ist eine Riesendifferenz in der Öffentlichkeit deutlich geworden. Wulff aus Niedersachsen sagt: Stoiber vertritt nicht die CDU. Stoiber war der gemeinsame Kanzlerkandidat, aber er muss offenbar einen anderen Weg gehen. Der saarländische Ministerpräsident Müller sagt, was Stoiber sage, sei bundesweit nicht übertragbar. Da frage ich: Gibt es einen bayerischen Sonderweg, meine Damen und Herren? Merz will den Gewerkschaften den Garaus machen und Sie, lieber Kollege Laumann, wollen die Rente nach 45 Versicherungsjahren ohne Abschlag. Merz dagegen will das Rentenalter auf 70 Jahre anheben. Wenn man das tut, werden Ihre Vorschläge vielleicht finanzierbar sein, ansonsten bleiben sie Luftnummern, um es deutlich zu sagen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Ludwig Stiegler [SPD]: Laumann schweigt und leidet! - Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Sie wollen den Menschen nach 45 Arbeitsjahren die Rente kürzen!)

   Die Opposition präsentiert sich wie ein Hühnerhof: Viele Hennen gackern, die Hähne gackern noch lauter und die Obermutter Merkel hat viel zu tun, sie zusammenzuhalten. Eine Alternative sind Sie nicht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Wir haben wenigsten eine Mutter!)

   Wir stellen uns der Verantwortung, wir sitzen nicht alles aus. Die Wachstums- und Vertrauenskrise wird durch unsere Politik überwunden werden müssen. Wir wissen auch, dass die schlechte Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage voll auf den Haushalt durchschlägt. Deshalb will ich deutlich sagen: Wir haben zu beklagen, dass im Haushalt Wirtschaft und Arbeit die Arbeitslosigkeit mit etwa 80 Milliarden Euro Kosten zu Buche schlägt. Dieser Posten ist viel zu hoch. Es muss uns gelingen, aus Arbeitslosen wieder Steuer- und Beitragszahler zu machen. Dafür brauchen wir eine nachhaltige Strategie

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wo ist die?)

und dafür brauchen wir auch die Zurückführung der Staatsverschuldung.

   Der Haushalt Wirtschaft und Arbeit muss wie alle anderen Haushalte auch seinen Beitrag dazu leisten. Deshalb sagen wir ganz deutlich und reden es nicht schön: Alle, Arbeitslose und die Träger der arbeitsmarktpolitischen Leistungen, können von Einsparungen nicht ausgenommen werden. Alle müssen dazu ihren Beitrag leisten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD - Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Konkret! - Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Der Beifall war aber mager! - Gegenruf des Abg. Hubertus Heil [SPD]: Sie hätten ja mitmachen können!)

   Der Bundeskanzler hat im Übrigen am Freitag in seiner Rede die Richtung aufgezeigt. Um harte Einschnitte kommen wir nicht herum. Sie sind allerdings kein Selbstzweck, sondern notwendig, um den Arbeitsmarkt beweglicher zu machen, die Arbeitskosten zu senken und Luft in den öffentlichen Haushalten zu gewinnen.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege Brandner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Fuchtel?

Klaus Brandner (SPD):

Bitte.

(Zuruf von der SPD: Der fuchtelt doch nur wieder rum!)

Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU):

Herr Kollege, Sie haben wie in Ihren übelsten Oppositionszeiten zu einem Rundumschlag ausgeholt. Ist Ihnen bekannt, dass Sie unsere Mitwirkung spätestens im Bundesrat brauchen? Können Sie sich vor diesem Hintergrund vielleicht zu einer konzeptionellen und sachlichen Zusammenarbeit bereit finden und sich konstruktiv zu dem äußern, was wir in die Debatte eingebracht haben? Dazu haben Sie bisher nämlich nichts gesagt. Das können wir von Ihnen erwarten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Klaus Brandner (SPD):

Herr Fuchtel, ich habe sehr wohl vermerkt, dass uns Herr Rossmanith aus Ihrer Fraktion in seiner Rede vorgeworfen hat, wir würden uns nur mit Details befassen und nicht an die Kernfragen herangehen. Ich meine, wir befassen uns mit beidem. Natürlich nehmen wir die Kernfragen auf, aber wir müssen uns auch mit den Details befassen. Ich hoffe, dass Sie dabei nicht wegtauchen.

(Beifall bei der SPD)

   Herr Fuchtel, bleiben Sie bitte stehen.

(Ludwig Stiegler [SPD]: So lange kann der nicht stehen! - Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Sie haben gesagt: „wegtauchen“!)

- Ich hoffe, dass Sie als Fraktion nicht wegtauchen. Ich habe sehr genau beobachtet, dass der Kollege Hinsken offensiv Beifall gespendet hat, als es um den bürokratischen Wust von Maßnahmen ging.

(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Es war richtig, dass er da geklatscht hat!)

Ich hoffe, er hilft offensiv, wenn wir die Handwerksordnung modernisieren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann könnten wir dazu kommen, dass die Ich-AGs zu einer Gründungswelle in unserem Land führen und wir zumindest auf diesem Gebiet keine Hemmschwelle mehr haben, Wachstum in den Bereichen zu fördern, in denen wir dringend Veränderungen brauchen. Sie sind dazu aufgefordert, dieses Problem offensiv mit anzufassen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Dazu sind Sie doch gar nicht gewillt!)

   Wir werden handeln, wir werden bis zur Osterpause einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Kernelemente zur Entbürokratisierung, zum Kündigungsschutz, zur Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes und zur Modernisierung des Handwerksrechts beinhaltet. Dann werden wir sehen, inwiefern Sie - Kollege Fuchtel, Sie haben es gerade eingefordert - wirklich bereit sind, die notwendigen Veränderungen konstruktiv aufzugreifen. Wir freuen uns darauf.

(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Das werden wir sehen!)

   Wir sind nicht ideologisch verbohrt, sondern wir wollen mit Ihnen gemeinsam den Weg gehen, aber Sie müssen ihn dann auch mitgehen. Sie dürfen dann keine Klientelpolitik betreiben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Wir zeigen zurzeit, dass wir mit offenen Augen und Händen an die Arbeit herangehen, um die notwendigen Veränderungen in unserem Land zu organisieren.

(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Erst denken, dann handeln!)

Sie sind gefordert. Wir werden sehen, wie beweglich Sie sind.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

   Der Kanzler - ich habe es bereits gesagt - hat in seiner Rede die Richtung vorgegeben. Die Kommunen werden mit einem Infrastrukturprogramm entlastet. Sie werden finanzielle Spielräume erhalten,

(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Neue Schulden für die Kommunen!)

um die notwendigen Investitionen anzugehen. Das ist ein wichtiger Schritt. Durch die Strukturreformen - ich denke dabei an die Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe - wird es zu Effizienzsteigerungen kommen.

(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Auch das macht ihr noch falsch!)

Das ist arbeitsmarktpolitisch sinnvoll und wird zu einer Nettoentlastung der Kommunen führen. Dabei sollten Sie nicht zur Verunsicherung beitragen. Denn all die Maßnahmeträger, die derzeit in den Kommunen tätig sind, um arbeitslose Sozialhilfeempfänger in Arbeit zu vermitteln und sie zu fördern,

(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Besser als das Arbeitsamt!)

werden wir auch dann brauchen. Es ist deshalb wichtig, ihnen jetzt ein Signal zu geben. Sie können mithelfen, zu verhindern, dass jetzt Strukturen zerbrechen, die anschließend für eine Arbeitsmarktpolitik, die dem Prinzip des Förderns und Forderns gerecht wird, wiederhergestellt werden müssten.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

   Den Bundeshaushalt ohne einen Bundeszuschuss an die Bundesanstalt für Arbeit zu verabschieden ist eine ehrgeizige Maßnahme.

(Dirk Niebel [FDP]: Sehr gewagt!)

- Sie bezeichnen das als sehr gewagt. Ich bin gespannt, wie Sie den Prozess unterstützen wollen, in dem wir mutig darangehen, die Strukturen effizienter zu gestalten. Was ich heute erlebe, ist, dass gerade Sie von der FDP und der CDU/CSU die Finger eher in die Wunde legen, indem Sie in Bezug auf die Umstellungen bei den Trägern und den Maßnahmen, die nicht immer reibungslos verlaufen, der Bundesregierung die Schuld in die Schuhe schieben. Damit zeigen Sie aber, dass Sie nicht der Motor der Reform sind. Vielmehr picken Sie sich mit der Politik, die Sie betreiben, die Rosinen heraus: Wenn Sie sich sonnen können, sind Sie dabei; wenn es schwierig wird, tauchen Sie weg. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Ludwig Stiegler [SPD]: So ist das bei denen: Tarnen, täuschen und verpissen! - Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das stimmt nicht! Das nehmen Sie sofort zurück!)

   Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ist eine wichtige Aufgabe, der wir eine hohe Priorität beimessen.

(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Die war bei uns nicht so hoch wie bei Ihnen!)

Ich muss in diesem Zusammenhang aber auch Kritik an den Arbeitsämtern äußern, die die Fördermaßnahmen teilweise nicht bewilligt oder zu stark gekürzt haben. Wir wollen nicht zulassen, dass Träger zusammenzubrechen drohen. Die Meldungen, die wir hören, sind nicht immer befriedigend. Deshalb hat es eine Reihe von Gesprächen gegeben, die dazu beitragen sollen, dass die Maßnahmen auch zukünftig in sinnvoller Weise zur Verfügung gestellt werden.

   Lassen Sie mich zum Schluss anmerken: Vor allem die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit hat für uns eindeutig Priorität. Sie ist und bleibt ein Markenzeichen dieser Regierung. Fördermaßnahmen dürfen jetzt nicht einfach wegbrechen. Gerade auch benachteiligte Jugendliche können sich auf die Sozialdemokraten und die Grünen in diesem Lande verlassen. Wir als Koalition werden diese jungen Menschen nicht im Abseits stehen lassen.

(Beifall bei der SPD)

   Die Bundesanstalt für Arbeit - das möchte ich betonen - darf nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Sparen heißt nicht, die arbeitsmarktpolitischen Ziele über den Haufen zu werfen. Helfen Sie mit, dass die notwendigen Reformen zügig umgesetzt werden können!

   Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen Niebel das Wort.

Dirk Niebel (FDP):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege Brandner, Sie haben eben ausgeführt, die FDP-Fraktion sei nicht bereit, Strukturveränderungen und Effizienzsteigerungen bei der Bundesanstalt mitzutragen.

(Hans-Werner Bertl [SPD]: Recht hat er!)

Das ist falsch. Die FDP-Bundestagsfraktion hat schon lange vor Ihnen - ehe Sie das durch den Bundeskanzler aufgegriffen haben - in diesem Hause Strukturveränderungen bei der Bundesanstalt für Arbeit beantragt und eine bessere Effizienzkontrolle der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gefordert.

   Nichtsdestotrotz ist insbesondere aus den Ihnen zugeneigten Gewerkschaftskreisen das Lamento über die Einsparung außerordentlich groß; denn Herr Gerster spart 600 Millionen Euro in der Arbeitsförderung ein. Das ist übrigens im Verwaltungsrat mit den Stimmen der Gewerkschaftsvertreter so beschlossen worden. Der Haushalt der Bundesanstalt beinhaltet immer noch 21,5 Milliarden Euro für aktive Arbeitsmarktpolitik.

   Vor diesem Hintergrund und angesichts der knappen Kassen ist es notwendig, dass die Mittel der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler sinnvoll eingesetzt werden. Deswegen ist der Vorschlag von Herrn Gerster, nur noch Maßnahmen mit einer Verbleibsquote von 70 Prozent zu fördern, effektiv, aber nicht wirklich mutig. Das wäre er nur, wenn er sich auf die Eingliederungsquote beziehen würde, die 2001 bundesweit 44,2 Prozent betragen hat. Dabei handelt es sich um diejenigen, die entgegen der Verbleibsquote nach sechs Monaten nicht nur nicht wieder arbeitslos gemeldet sind, sondern auch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen haben. Zieht man davon die Folgeförderung ab, so wird man finden, dass die Eingliederungsquote 2001 nur bei sage und schreibe 35 Prozent gelegen hat. Das ist keine Erfolgsbilanz, sondern Verschwendung.

Deswegen muss die Selbstverwaltung, die über diese Mittel mit entscheidet, umgebaut werden. Die FDP-Bundestagsfraktion hat schon im vergangenen Jahr in diesem Hause beantragt, die drittelparitätische Selbstverwaltung aus Gewerkschaftsfunktionären, Arbeitgeberfunktionären und denjenigen, die ihre öffentlichen Hände am liebsten in die Taschen der Bürger stecken, abzuschaffen und Leistungsgewährung und Arbeitsmarktpolitik wieder zu trennen. Das würde zu einer Redemokratisierung der Arbeitsmarktpolitik führen, weil wir dann hier über die Verteilung der Mittel und ihre effiziente Verwendung diskutieren könnten. Das hätte allerdings auch zur Folge, dass insbesondere die großen Bildungsträger noch mehr klagen würden. Wir alle wissen, dass zu diesen neben dem Bildungswerk der Wirtschaft unter anderem das BFW des DGB und die DAA zu zählen sind, die heute zu Verdi gehört. Verdi wird von dem Grünen Bsirske geführt. Das ist der Funktionär - Sie erinnern sich bestimmt -, der sich als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Lufthansa selbst bestreikt hat. Hinterher waren es dann wieder die anderen, die daran schuld sind, dass es so viele Arbeitslose gibt.

   Vielen Dank.

(Volker Kröning [SPD]: Offenbar eine Nervensäge! Kein Applaus!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege Brandner, Sie können antworten.

Klaus Brandner (SPD):

Kollege Niebel, zu der Effizienz Ihres Redeschwalls möchte ich nichts sagen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Ich möchte Ihnen zur Kenntnis geben, dass ich es sehr begrüße, wenn Sie Aktivitäten der Bundesregierung und der sie tragenden Fraktionen unterstützen, die darauf abzielen, die Effizienz der Vermittlungstätigkeit zu verbessern. Ich möchte das Hohe Haus daran erinnern, dass wir vor zwei Jahren das Job-AQTIV-Gesetz verabschiedet haben,

(Zurufe von der FDP: Ein Flop!)

das ein ganz entscheidender Reformschritt im Hinblick auf die Effizienzüberprüfung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente ist, und dass Sie meines Wissens gegen dieses Gesetz gestimmt haben. Damals sind die Grundlagen dafür gelegt worden, arbeitsmarktpolitische Maßnahmen durch wissenschaftliche Begleitung zu evaluieren und so die Effizienzsicherung flächendeckend darzustellen.

   Ihre Aktivitäten gegen die Gewerkschaften in diesem Land - das sagt ja einiges über Sie aus - sind ja inzwischen hinlänglich bekannt. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur auf Folgendes hinweisen: Ich bekam dieser Tage eine Mitteilung auf den Tisch, in der es unter der Überschrift „Volkswirtschaften funktionieren besser mit einem koordinierten Arbeitsmarkt“ heißt:

Wer einer Gewerkschaft angehört, verdient mehr, arbeitet kürzer, wird besser ausgebildet und bleibt durchschnittlich länger an einem Arbeitsplatz als nicht organisierte Beschäftigte.

Das ist nicht einer Pressemitteilung der IG Metall oder des Deutschen Gewerkschaftsbundes zu entnehmen, sondern das ist das Ergebnis einer neuen Weltbankstudie über die Bedeutung von Gewerkschaften und Kollektivverhandlungen in der Weltwirtschaft. Darin heißt es weiter:

Gesamtwirtschaftlich betrachtet führt ein hoher gewerkschaftlicher Organisationsgrad zu geringen Einkommensunterschieden und unter Umständen zu einer höheren Leistungskraft (in Form von niedrigen Arbeitslosen- und Inflationsraten, höherer Produktivität und schnelleren Ausgleichsmaßnahmen nach wirtschaftlichen Erschütterungen).

   Insofern wird deutlich, welchen Beitrag Gewerkschaften zur Stabilität und zur sozialen Sicherheit in der Welt und auch in Deutschland leisten. Weiter heißt es in dieser Studie - lassen Sie mich diesen Punkt noch hinzufügen -:

In Ländern mit einem hohen Maß an Koordinierung durch Kollektivverhandlungen ist die Arbeitslosigkeit häufiger als in anderen niedriger und leichter abbaubar, Einkommensunterschiede sind geringer, Streiks seltener und kürzer. Insbesondere die Koordinierung zwischen Unternehmern scheint zu einer niedrigen Arbeitslosenrate beizutragen. Im Gegensatz dazu sind eine geteilte Gewerkschaftsbewegung und eine Vielzahl gewerkschaftlicher Dachverbände häufig gleichzeitig mit einer hohen Inflations- und Arbeitslosenrate zu finden.

   Insofern sind die Spaltungsaktivitäten und die Schlechtmacherei, die Sie gegenüber den deutschen Gewerkschaften betreiben, kontraproduktiv, schaden diesem Land und nützen in der Tat nicht der Volkswirtschaft. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Ludwig Stiegler [SPD]: Stumpfsinnige alte Reaktionäre Weimarer Tradition!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dagmar Wöhrl, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dagmar Wöhrl (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber Kollege Brandner, mich verwundert, dass Sie das Job-AQTIV-Gesetz als Erfolg verkauft haben; denn es ist, glaube ich, der größte Flop der von Ihnen jemals auf den Weg gebrachten Gesetze.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Vergleichbar mit diesem Flop ist auch der uns vorliegende Haushaltsentwurf: Er ist unseriös und enthält Risiken in Milliardenhöhe. Sie gehen beispielsweise noch immer von einer Arbeitslosenzahl von 4,14 Millionen aus, obwohl die Arbeitslosenzahl schon bei 4,7 Millionen liegt. Hinzu kommen laut IAB noch 700 000 Menschen in Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen sowie 1,8 Millionen Menschen, die offiziell nicht arbeitslos gemeldet sind und die auf eigene Faust einen Job suchen. Das ist eine „Reserve“ von insgesamt 2,5 Millionen. Man kann also sagen: Nullwahrscheinlichkeit, dass es zu einem Nullzuschuss zur Bundesanstalt für Arbeit kommt!

   Wenn man bedenkt, dass schon Ende Februar die Ausgaben der Bundesanstalt für Arbeit ihre Einnahmen um 1,5 Milliarden Euro - ich betone: 1,5 Milliarden - überstiegen haben und dass am Ende des Jahres mit einem Defizit von 8 Milliarden Euro zu rechnen ist - davon gehen jedenfalls die Experten aus; das ist noch mehr als letztes Jahr; damals lag das Defizit bei 5,6 Milliarden Euro -, dann können Sie uns doch nicht weismachen, dass Sie noch immer daran glauben, mit einem Nullzuschuss auszukommen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Volker Kröning [SPD]: Sie haben gar kein Interesse, das zu ändern!)

   Lieber Herr Minister, ich möchte Ihnen einen guten Rat geben - ich weiß, dass Sie von mir wahrscheinlich keinen Ratschlag annehmen -:

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das weiß ich nicht!)

Unterlassen Sie bitte diese permanente Ankündigungsrhetorik ausgerichtete, von der wir hier dauernd berieselt werden, und handeln Sie endlich!

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Es ist klar, dass die Maßnahmen, die Sie hier immer wieder verkünden, nicht dazu beitragen werden, dass es auf dem Binnenmarkt zu mehr Wachstum kommt. Die von Ihnen vorgeschlagene Neuregelung des Kündigungsschutzes ist eine nebulöse Angelegenheit. Diese Neuregelung bewirkt, dass Abfindungen teurer werden und die - schon jetzt vorhandene - Rechtsunsicherheit in Unternehmen größer wird. Außerdem hat der Kanzler letzten Freitag einen Appell an die Tarifvertragsparteien gerichtet, betriebliche Bündnisse zu schließen. Ein Appell reicht aber nicht mehr aus. Das haben wir doch schon in der Vergangenheit gesehen.

   Auch wir wissen: Dieses Gelände ist vermint und die Tarifparteien müssen zusammengebracht werden. Wer in der momentanen Krisensituation aber den Spielraum für betriebliche Lösungen und die Flexibilisierung des Tarifvertragsrechts ablehnt, der hat die dramatische Lage, in der sich unsere Wirtschaft befindet, wirklich noch nicht erkannt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

   Es geht doch nicht darum, Arbeitnehmer zu entrechten. Es geht darum, für die Zukunft Jobs abzusichern. Deswegen müssen die betrieblichen Bündnisse auch gesetzlich festgeschrieben werden - ein einfacher Appell reicht nicht aus -, und zwar ohne Tarifvorbehalt.

   Herr Kollege Brandner, Sie haben vorhin die großen Hoffnungen angesprochen, die mit einem Kreditprogramm für die Kommunen verbunden sind. Dieses Programm ist doch wieder nur ein Feigenblatt. Über 70 Prozent aller Kommunen haben mittlerweile keinen ausgeglichenen Haushalt mehr.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie sind pleite! - Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Und Sie bieten ihnen Kredite! Kommunale Kredite sind sowieso billig! Das ist doch die Wahrheit!)

Die Gewerbesteuereinnahmen sind weggebrochen und die Gewerbesteuerumlage hat sich erhöht. Dazu kommen die Ökosteuer und die Grundsicherung, die Sie eingeführt haben. All das belastet die Kommunen. Das haben Sie, die Mitglieder dieser Bundesregierung, zu verantworten.

   Wir alle hier wissen doch, was wir von Kredit- und Konjunkturprogrammen zu halten haben. Es sind Strohfeuer, also Feuer, die so schnell erlöschen, wie sie aufgeflammt sind. Die Kommunen können aufgrund ihrer Haushaltslage - die meisten sind doch schon jetzt verschuldet - überhaupt keine Kredite mehr aufnehmen. Auch das wissen Sie. Die Kommunen können Kredite nicht kofinanzieren. Außerdem würden sie für die Aufnahme von Krediten keine Genehmigung von der kommunalen Aufsicht bekommen.

   Führen Sie lieber die Gewerbesteuerumlage zurück und tätigen Sie mehr Investitionen zum Wohle der Kommunen! Dadurch würde man in diesem Bereich viel mehr bewirken als durch den Weg, den Sie mittlerweile eingeschlagen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Volker Kröning [SPD]: Sagen Sie doch mal was Originelles!)

   Liebe Kollegen von der Regierung, ich gestehe ein: Sie haben hier auch einige richtige Schritte angekündigt. Doch es geht nicht darum, hier einzelne Treffer zu landen. Man könnte sagen: Auch ein blindes Huhn findet einmal ein Korn. Unser eigentliches Drama ist, dass Sie immer wieder isolierte Einzelmaßnahmen und hektische Notoperationen verkünden, aber keine durchdachte Therapie anbieten, die zu irgendeinem Erfolg führen könnte.

(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Flickschusterei!)

   Es gelingt Ihnen nicht, ein Gesamtbild zu schaffen. Sie haben in den letzten Jahren schon oft bewiesen, dass Sie keine Visionen haben.

   Ich unterstelle uns allen hier, dass wir Werte bewahren wollen. Somit ist es wichtig, die Strukturreformen in Angriff zu nehmen. Ich glaube, die Menschen haben noch nie so viel Bereitschaft wie momentan gezeigt, Reformen zu akzeptieren, auch wenn sie von ihnen selbst betroffen sind. Die Menschen sind aber verunsichert; sie sehen keine Zukunftsperspektiven mehr. Somit sind sie nicht bereit, zu investieren und zu konsumieren.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Leider wahr!)

Eines muss klar sein: Ein Staat kann nur dann dauerhaft sozial sein, wenn seine Wirtschaft wächst. Wer war denn im letzten Jahr unser Wachstumsträger? Das war - es wurde schon vorhin angesprochen - der Export. Wir wissen, dass es in diesem Jahr beim Export bei weitem nicht so rosig sein wird und dass wir den Titel „Exportvizeweltmeister“ für die Zukunft nicht in Erbpacht haben.

   Ein Unternehmer kann nur dann ein sozialer Arbeitgeber sein, wenn er profitabel arbeitet und nicht am Rande des Ruins balanciert. Auch das müssen wir in Zukunft noch klar aussprechen dürfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Deswegen müssen wir auch wieder der Wertschaffung Vorrang geben und von der Umverteilungspolitik, die Sie auf den Weg gebracht haben, wegkommen.

   Wir haben in unserem Land immens viele kreative Menschen. An vielen tausend zentralen Stellen- ob das die Dönerbude an der Ecke oder ein großer Hightechkonzern ist- muss es wieder lukrativ sein, mit Engagement zu produzieren, Arbeitsplätze zu schaffen und neue Produkte zu entwickeln.

   Es stellt sich schon die Frage, warum in Deutschland die Zahl der Unternehmensgründungen seit 1997 auf die Hälfte zurückgegangen ist. Im Zeitraum von Januar bis November 1997 gab es noch 66 000 Unternehmensgründungen. Im gleichen Zeitraum des letzten Jahres gab es nur noch knapp 33 000 Unternehmensgründungen. Wenn man davon ausgeht, dass jede erfolgreiche Neugründung drei bis vier Arbeitsplätze schafft, dann kommt man zu dem Ergebnis: Es fehlen uns allein dadurch über 100 000 Arbeitsplätze.

   Man muss sich auch fragen: Warum ist das Gründungsklima bei uns nicht gerade sonnig? Weil die Belastungen, die auf die jungen Menschen zukommen, wenn sie sich selbstständig gemacht haben, abschrecken und weil das Vertrauen der Menschen in die Gestaltungskraft der Regierung, also darauf, dass sich etwas ändert, sehr, sehr niedrig ist. Auch deswegen ist es notwendig, dass die Sozialbeiträge gesenkt werden. Sicherlich müssen Sozialbeiträge und Steuern sein, aber es ist auch notwendig, dass trotz der Abgabenbelastung Freiräume bleiben, Freiräume dafür, dass ein Familienvater mit seiner Familie noch in Urlaub fahren kann und dass ein Unternehmer auch zukünftig noch Gewinn machen kann.

   Wir müssen es auch schaffen, von unserem Gängelstaat wegzukommen. Denken Sie nur daran, was der Kanzler am Freitag letzter Woche wieder angedroht hat! Er hat wieder von der Ausbildungsplatzabgabe gesprochen. Das ist eine neue bürokratische Gängelung.

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Nur Bürokratie! Etwas anderes fällt diesem Kanzler nicht ein!)

Sicherlich ist die Lehrstellensituation katastrophal- das wissen wir alle in diesem Saal-, aber eine Ausbildungsplatzabgabe ist der falsche Weg. Wir wissen doch, dass sich die Unternehmen dann freikaufen würden. Sie ist kein Rezept für mehr Lehrstellen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist eine Idee, die inzwischen wirklich an Altersschwäche leidet und auch einen planwirtschaftlichen Geburtsfehler hat. Ich hoffe, dass Sie das irgendwann erkennen.

   Sie müssen auch fragen: Warum bilden die Unternehmen, die kleinen und mittleren Betriebe, weniger aus?

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Weil so viele Pleite gegangen sind!)

Der Grund dafür ist doch nicht die mangelnde Begeisterung für die Ausbildung. Ein Mittelständler weiß, dass er für die Zukunft Nachwuchs braucht. Der Grund ist die finanzielle Schwäche. Jede Ausbildung ist mit Kosten verbunden. Dank Ihrer Politik, meine Damen und Herren von Rot-Grün, leben sehr viele kleine und mittlere Betriebe inzwischen von der Substanz.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Fast ein Drittel macht keinen Gewinn mehr und über die Hälfte der Mittelständler mit einem Umsatz von unter 5 Millionen Euro hat kein Eigenkapital. Man muss den Würgegriff lockern und darf nicht dauernd die Steuerpeitsche schwingen.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Frau Kollegin Wöhrl, ich muss auch Sie an die Redezeit erinnern.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Schade!)

Dagmar Wöhrl (CDU/CSU):

Neue Arbeitsplätze entstehen nicht durch Regelungswut, sondern nur durch Wirtschaftswachstum. Wir müssen die Wahrheit sagen: Gefordert sind mehr Arbeit, mehr Leistung, mehr Eigenverantwortung. Für den Aufschwung muss sich jeder aufschwingen, auch Sie von der Regierung.

   Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Nächster Redner ist der Kollege Fritz Kuhn, Bündnis 90/Die Grünen.

Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich die Zahl der Arbeitslosen im Land anschaut und wenn man die Risiken, die durch den Krieg im Irak dazukommen mögen, bedenkt, dann ist jetzt eines ganz klar: Es ist die Stunde, in der alle zusammen versuchen müssen, die Reformen, die in Deutschland anstehen, auch umzusetzen. Es hat überhaupt keinen Sinn, wenn die einen ein paar Vorschläge machen und die anderen sie niedermachen, wenn man das taktische Spiel fortsetzt nach dem Muster:

Wenn man gegen die Vorschläge der Regierung redet, wird es der Opposition schon irgendwie nützen.

   Ich glaube, dass die Situation zu ernst ist, um dieses Ritual, das von einigen begonnen worden ist, fortzusetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Bringen Sie doch Vorschläge in das Parlament ein!)

   Wenn Sie einmal - das gilt auch für den Kollegen aus dem Allgäu, aus Kaufbeuren - in das „Handelsblatt“ von gestern schauen, dann können Sie sehr genau feststellen, was eigentlich los ist. Lothar Späth wird dort zitiert mit den Worten: „Im Grunde hat der Kanzler etwas ganz Vernünftiges getan“. Lothar Späth war übrigens Ihr Kandidat für das Ministerium Wirtschaft und Arbeit.

(Dirk Niebel [FDP]: Unserer nicht!)

Dann haben wir den Konjunkturindikator vom ZEW Mannheim. Dort heißt es: „Kanzler-Rede hellt die Stimmung auf“. So lauten die positiven Äußerungen aus vielen Bereichen der Wirtschaft.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das deutet auf ein Gesamtkonzept hin, das etwas bewirken kann.

   Dann kommt mit dem Kollegen Koch aus Hessen, der Kanzlerkandidat werden will, die Politik ins Spiel. Überschrift: „Gerhard Schröder hat seine letzte Chance verpasst“.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Da hat er Recht!)

Das heißt, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Sachverstand spricht von einem positiven Gesamtkonzept,

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: „Positives Gesamtkonzept“ hat keiner gesagt!)

durch das etwas bewegt werden kann, während es von dort, wo die Ideologie, wo Machtpolitik und Parteipolitik der Union vorherrschen, heißt: Alles Mist, alles nichts gewesen!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

   Deswegen sage ich Ihnen klipp und klar: Wenn Sie sich einmal das Gesamtkonzept ansehen

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Verheerend!)

- hören Sie zu! -, erkennen Sie eine stimmige Gesamtbotschaft in Bezug auf die Frage, wie neue Investitionen in Deutschland entstehen können: Erstens. Wir senken die Sozialbeiträge durch einschneidende Reformen, die weh tun.

(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Ab in die Sozialhilfe! Das ist Ihr Konzept!)

Dadurch werden mehr Investitionen in Arbeit ermöglicht. Das haben Sie doch selber immer gesagt! Sie haben jetzt ein taktisches Problem, weil plötzlich Dinge umgesetzt werden, die auch kluge Leute von Ihnen in der Vergangenheit gefordert haben.

(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Ihr Bezug zur Arbeitswelt ist, dass Sie gar keine Ahnung mehr haben!)

Nun müssen Sie springen, Herr Laumann, wie Sie es auch beim Hartz-Konzept getan haben; dort ist es Ihnen ja gut gelungen.

   Zweiter Punkt. Wir machen eine verlässliche Steuerpolitik, die die Steuersätze senkt. Wir haben mit einem Eingangssteuersatz von 25,9 Prozent begonnen, der das Ergebnis Ihrer Politik war. 2005 werden wir bei 15 Prozent sein.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege Kuhn - -

Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Lassen Sie mich diesen Gedanken noch beenden, Frau Präsidentin. - Beim Spitzensteuersatz haben wir mit 53 Prozent begonnen; im Jahr 2005 werden wir bei 42 Prozent sein. Auch dies ist eine Bedingung für Investitionen der Unternehmen in Arbeit und die der Leute in den Konsum.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Dagegen können Sie nichts haben. Das müssen Sie mittragen.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Gestatten Sie nun eine Zwischenfrage des Kollegen Rossmanith?

Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ja, bitte.

(Uwe Göllner [SPD]: Koch sagt die Wahrheit!)

Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU):

Herr Kollege Kuhn, ich möchte Sie nur fragen, wann wir mit den von Ihnen jetzt angekündigten Maßnahmen in Form eines Gesetzentwurfes der Bundesregierung und der sie tragenden Fraktionen in diesem Hause rechnen können.

Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Das ist doch sowohl vom Wirtschaftsminister als auch vom Kanzler angekündigt worden. Wir werden diese Vorschläge bis zum Sommer umsetzen. Dann wird darüber diskutiert. Dabei kommt es auf Sie an.

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Sie sind die Regierung!)

Es ist ganz klar gemacht worden, dass Sie den Maßnahmen, die wir für Investitionen in Arbeit brauchen, im Bundestag zustimmen müssen. Ich finde, jetzt ist wirklich Schluss mit lustig, jetzt muss gehandelt werden.

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Eine Opposition, die den Standort weiter mobbt, hat überhaupt keinen Sinn. Packen Sie das Thema an und sorgen Sie mit dafür, dass die Arbeitslosigkeit abgebaut werden kann!

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Der dritte Punkt ist die Haushaltskonsolidierung. Es ist doch völlig klar, dass wir, was den strukturellen Teil der Defizite angeht, an der Haushaltskonsolidierung festhalten. Von den 3,7 Prozent Neuverschuldung im Jahr 2002 haben 2,9 Prozent strukturelle Ursachen. Deswegen brauchen wir Reformen bei den Strukturen. Der Rest hat konjunkturelle Ursachen. Deswegen müssen wir natürlich auch konjunkturell reagieren, um die Krise nicht zu verschleppen. Das ist die Konzeption unseres Pakets und daran werden wir festhalten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

   Dann kommt die neue Arbeitsmarktpolitik. Im Rahmen des Hartz-Konzeptes haben wir schon einiges zusammen machen können. Jetzt kommt es darauf an, dass wir das Arbeitslosengeld II und die SGB-III-Reform vernünftig umsetzen. Da habe ich eine Bitte an den Bundeswirtschaftsminister. Ich glaube, dass es gegenwärtig eine ganze Reihe von sinnvollen Beschäftigungsinitiativen durch Kommunen und freie Träger gibt, die fortgesetzt werden müssen. Es wäre falsch, sie jetzt zu beerdigen. Man muss jetzt dort einsteigen. Nicht alle Menschen in Deutschland werden über PSAs und über die Jobcenter direkt in Leiharbeit vermittelt werden können.

Es gibt Menschen, die da große Schwierigkeiten haben, die aber bisher erfolgreich in solchen Projekten gearbeitet haben. Ich will klar für meine Fraktion sagen: Dies muss fortgesetzt werden. In der ganzen Neukonstruktion des Arbeitslosengelds II kommt es darauf an, dass wir Wege und Mittel finden, diese Menschen weiter zu beschäftigen - nicht weil wir einen extensiven, riesigen zweiten Arbeitsmarkt wollen, sondern weil es Menschen gibt, die die Brücke in den ersten Arbeitsmarkt nicht so schnell finden. Deswegen stehen wir dafür, dass diese Menschen geschützt werden. Ich bin optimistisch, dass es uns gelingt, Wege dafür zu finden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

   Ich möchte zum Schluss einen Appell - der mir sehr ernst ist - an alle Seiten des Hauses richten: Bei dem Gesamtpaket, das wir jetzt umsetzen müssen und das für viele Menschen schmerzhaft ist, muss das Spiel der gegenseitigen Schuldzuweisungen - ihr seid schuld, weil sich die Gewerkschaften nicht bewegen, und andersherum - aufhören. Es ist doch klar, dass Maßnahmen wie die Kürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes - da haben Sie ja selber Probleme, Merkel und Stoiber sind da unterschiedlicher Auffassung - für sich genommen schmerzhaft sind und wehtun. Aber weil es ein Gesamtkonzept gibt, das die Solidarität der Beschäftigten mit den 4,7 Millionen Arbeitslosen möglich macht - -

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege Kuhn, schauen Sie bitte einmal auf die Uhr.

Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ja, gut. Ich bin gerade bei meinen Schlussbemerkungen. Sie haben mich jetzt wirklich abgestoppt; das ist Ihnen gut gelungen.

   Deswegen können wir verlangen, dass alle an diesem Gesamtkonzept partizipieren. Das heißt für Ihre Seite: Es geht nicht, dass man fröhlich und zünftig mit der Ärzte- und Pharmalobby gegen die Gewerkschaften arbeitet.

(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Jetzt reicht?s aber!)

So kann man kein Gesamtkonzept durchsetzen.

   Ich fordere uns alle auf, die Arbeitslosen in den Vordergrund zu rücken und das vorgeschlagene Gesamtpaket umzusetzen. Das hilft und schafft neue Arbeitsplätze in Deutschland.

   Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Nächster Redner in der Debatte ist der Kollege Karl-Josef Laumann, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Karl-Josef Laumann (CDU/CSU):

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Man kann die heutige Debatte über den Haushalt Arbeit und Wirtschaft so zusammenfassen: Der Haushalt ist genauso katastrophal wie die Arbeitsmarktzahlen in Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich wette mit Ihnen, Herr Bundesminister, um eine gute Kiste Rolinck-Bier aus dem Münsterland, dass Sie den Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit dieses Jahr nicht ohne Bundeszuschuss durchhalten, was bedeutet, dass Sie an einer ganz entscheidenden Stelle einen unsoliden Haushalt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Als Sie Minister wurden, hatten wir in diesem Land 4 Millionen Arbeitslose. Heute, da wir diese Debatte führen, haben wir 4,7 Millionen Arbeitslose.

(Ludwig Stiegler [SPD]: Den Rekord halten immer noch Sie!)

Das macht deutlich, was passiert ist. Wir hatten im November 2002 470 000 jugendliche Arbeitslose; heute reden wir über 580 000.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Wir haben eine dramatische Situation bei den Lehrstellen. Das Vermittlungsjahr ist jetzt schon längst abgeschlossen und die Zahlen liegen uns vor: Im letzten Jahr haben in Deutschland von 711 000 Menschen, die sich bei den Arbeitsämtern um eine Lehrstelle beworben haben, nur 342 000 eine Lehrstelle im normalen dualen Ausbildungssystem bekommen - das heißt, nur 48 Prozent. Allein 30 000 Menschen sind in überbetrieblichen Maßnahmen beschäftigt. 135 000 Menschen nehmen irgendwelche schulischen Angebote wahr - oft auch junge Leute, die den theoretischen Unterricht eigentlich schon längst satt haben.

   Deswegen, finde ich, sollten wir ganz schnell ein paar Zeichen für mehr Ausbildung in Deutschland beschließen, die uns im Übrigen alle kein Geld kosten. Was hindert uns eigentlich, zu sagen: Wir nehmen die Lehrlinge aus der Berechnung von allen Schwellen, die es im Betriebsverfassungsgesetz und in anderen Gesetzen gibt, heraus, weil sie in einem Ausbildungsverhältnis und nicht in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt sind?

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das würde uns keine Mark kosten und würde auch niemandem wehtun, wäre aber ein Zeichen.

   Wir müssen die Ausbildungsbetriebe und die Ausbildungsberechtigungen erweitern; wir müssen es aber mit Sinn und Verstand machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir müssen dafür sorgen, dass wir den Berufsschulunterricht, Herr Bundesminister, auf die wichtigen Fächer konzentrieren, die man braucht, um den Facharbeiterbrief oder Gesellenbrief zu bestehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das heißt, wir sollten den Unterricht an der Berufsschule auf Fachkunde, Fachrechnen und Fachzeichnen konzentrieren und Fächer wie Sport und Religion herausnehmen. So können wir außerdem die betrieblichen Ausbildungszeiten steigern. Der Lehrling ist nicht wie zu meiner Zeit 14, sondern heute in der Regel 18 Jahre alt. Keinem Studenten an der Uni schreiben wir einen Zwangssportunterricht vor, wohl aber den Lehrlingen, obwohl sie heute fast gleichaltrig sind.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Ich glaube, wir müssen mit den beiden Tarifvertragsparteien vernünftig über Ausbildungsvergütungen sprechen; denn das hat auch etwas mit Lehrstellen zu tun. Die IG Metall in Nordrhein-Westfalen, die im Tarifvertrag die Übernahme für mindestens ein Jahr nach der Lehre durchgesetzt hatte, hat jetzt gesagt: Macht betriebliche Bündnisse für Ausbildung! Dann können wir von der Übernahmegarantie absehen; Hauptsache, es gibt mehr Lehrstellen. - So die IG Metall Nordrhein-Westfalen. Die Bereitschaft für betriebliche Bündnisse für Ausbildung ist also vorhanden. Wir sollten sie nutzen und über weitere Fragen miteinander sprechen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Herr Bundesminister, es wird wohl Ihr Geheimnis bleiben, warum Sie in dieser Situation die Geringverdienergrenze von 325 Euro unbedingt auf 400 Euro erhöhen mussten. Damit sind wir jetzt in der Situation - bei einer Grenze von 325 Euro spielte es keine Rolle, weil die Lehrlingsvergütungen alle darüber lagen; jetzt haben wir aber gerade in den neuen Ländern den Fall, dass sie in diesem Korridor liegen -, dass die Kosten für einen Ausbildungsplatz beispielsweise eines Bäckerlehrlings in Dresden monatlich um 70 Euro höher liegen. Ich möchte einmal wissen, wer aus der politischen Führung diese Vorschrift aus Ihrem Hause unterschrieben hat. Jedenfalls ist diese Vorschrift zurzeit, um es ganz deutlich zu sagen, ziemlich gaga.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Am letzten Freitag hat der Bundeskanzler Vorschläge gemacht. Ich möchte Sie wirklich bitten, dass wir über ein paar Vorschläge und deren Auswirkungen reden. Ich bin auch namens meiner Fraktion sehr gerne bereit, dafür zu sorgen, dass die Einsparvolumen, die durch bestimmte Vorschläge erzielt werden sollen, auch wirklich erreicht werden. Aber wir müssen darüber reden, dass Sie es sich bei der Änderung der Struktur des Arbeitslosengeldes zu einfach machen. Es kann nicht sein, dass derjenige, der mit 14 Jahren angefangen hat, zu arbeiten, und der mit 54 Jahren arbeitslos wird - er hat also 40 Jahre lang eingezahlt -, nur zwölf Monate Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, genauso lange wie der 24-Jährige, der 24 Monate eingezahlt hat.

   Dabei wissen wir doch genau, dass wir für diesen Menschen keinen Arbeitsplatz haben. Wir drücken ihn in die Sozialhilfe. Daneben haben Sie noch vor einem halben Jahr beschlossen, dass er nur 13 000 Euro Vermögen in der Arbeitslosenhilfe behalten darf. Ich sage Ihnen: Wenn Sie diese Regelung nicht ändern und wir hier nicht zu einer anderen Struktur des Arbeitslosengeldes kommen, wenn Sie nicht bereit sind, eher am Anfang des Berufslebens zu kürzen, wo das Problem Sozialhilfe nicht auftritt, und wenn Sie dieses Ding gegen die Älteren durchziehen, dann verspreche ich Ihnen: Ich jage Sie durch Ihre Wahlkreise und von Podiumsdiskussion zu Podiumsdiskussion;

(Beifall bei der CDU/CSU)

denn das, was Sie vorhaben, ist nicht nur unsozial, sondern schlicht und ergreifend unanständig.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

   Ich sage noch einmal: Ich bin bereit, darüber zu reden, wie wir das Einsparvolumen erreichen können. Aber man kann es auch durch eine andere Struktur schaffen. Es so platt zu machen, wie Sie es am Freitag vorgeschlagen haben, geht nicht. Das hat mit Versicherung und Beitragsbezogenheit nichts mehr zu tun. Dieser Vorschlag ist unmoralisch.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege Laumann, gestatten Sie eine Zwischenfrage Ihres Kollegen Schauerte?

Karl-Josef Laumann (CDU/CSU):

Ja, gerne.

(Ludwig Stiegler [SPD]: Sie sollten das dem Stoiber sagen!)

- Das regeln wir unter uns.

Hartmut Schauerte (CDU/CSU):

Herr Kollege Laumann, angesichts der dramatischen Arbeitslosigkeit möchte ich eine Frage stellen, die mir wichtig ist und die leider viel zu wenig diskutiert wird. Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen den rapide steigenden Energiepreisen, die ein wichtiger Standortfaktor sind, und der Zunahme der Arbeitslosigkeit in diesem Land? Oder haben diese beiden Dinge nichts miteinander zu tun?

(Volker Kröning [SPD]: Wodurch steigen denn die Energiepreise?)

Karl-Josef Laumann (CDU/CSU):

Ich glaube schon, dass die Debatte über die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge und der Lohnnebenkosten in Deutschland um eine Debatte über die Höhe der Energiepreise ergänzt werden muss. Denn die Energiepreise haben auch mit der Schaffung von Arbeit zu tun.

Wenn in Deutschland aufgrund der Ökosteuern der Betrieb einer Aluminiumhütte bzw. einer Chlorfabrik nicht mehr möglich ist, weil dort die Stromkosten 36 bis 40 Prozent der Produktionskosten ausmachen, dann ist es viel wichtiger, auf diesem Gebiet Maßnahmen zu ergreifen, als bei den Lohnnebenkosten. Wir müssen uns entscheiden, ob wir in Deutschland solche energieintensiven Bereiche überhaupt noch haben wollen oder nicht.

   Herr Kollege Schauerte, da es so ist, dass Einsparungen in Höhe von 7,5 Milliarden Euro, die sich seit 1998 durch die Liberalisierung der Strommärkte ergeben haben, mittlerweile durch staatliche Belastungen in Höhe von rund 10 Milliarden Euro, die im Rahmen der Erhöhung der Ökosteuer, des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und der Kräfte-Wärme-Koppelung angefallen sind, mehr als aufgebraucht worden sind, sollte sich die Koalition fragen, wie weit sie es mit der Bezuschussung bestimmter Energiearten über den Strompreis treiben will. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Mehrbelastungen bei Heizung, Auto und Strom machen für einen privaten Haushalt 400 Euro pro Jahr aus. Dieses Geld steht für den privaten Konsum nicht mehr zur Verfügung.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Deswegen besteht nach meiner Meinung in Deutschland ein Zusammenhang zwischen dem Umfang der Beschäftigung und der Höhe der Energiekosten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

   Zum Schluss möchte ich noch auf den Kollegen Brandner eingehen. Der Kollege Brandner hat heute Morgen in dieser Debatte gesagt, wir hätten uns gegen den Papst und für den amerikanischen Präsidenten entschieden. Dem Kollegen Brandner möchte ich eines sagen: Das Verhältnis, das der einzelne Mensch in Deutschland zum Papst hat, ist sehr persönlich, sehr religiös. Sie sollten solche Vergleiche unterlassen.

(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!)

Denn auch wir sagen nicht: Sie haben sich beim Schutz des ungeborenen Lebens bewusst gegen den Papst entschieden. Eine solch platte Debatte führen wir nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wie nicht feststeht, über welchen Weg wir den Schutz ungeborener Kinder erreichen, genauso wenig steht fest, über welchen Weg man auf dieser Erde für Frieden, Freiheit und Menschenwürde sorgen kann. Deswegen sollten Sie, Herr Kollege Brandner, mit solchen Vergleichen sehr vorsichtig sein.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Gute Rede!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Nächster Redner ist der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit:

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! An diesem sehr schwierigen Tag und angesichts einer ungewöhnlichen Haushaltsdebatte möchte ich innerhalb von neun Minuten einige Bemerkungen zu dem machen, was die Wirtschafts- und Haushaltspolitik angeht. Dies kann natürlich nur in Stichworten erfolgen.

   Erstens. Ihnen geht es wahrscheinlich so wie mir: Ich werde in diesen Tagen oft gefragt, was dieser Krieg für die Weltwirtschaft und damit für die deutsche Wirtschaft bedeutet. Meine Antwort darauf ist, dass zurzeit wahrscheinlich unser aller Gedanken vor allem bei den Menschen in der Region, in der diese kriegerische Auseinandersetzung stattfindet, sind. Ansonsten kann ich nur auf das hinweisen, was bereits im Jahreswirtschaftsbericht dargestellt worden ist. Da lautet es: Die wirtschaftlichen Folgen eines Krieges sind - wie auch andere Folgen, die wichtiger, schwieriger und belastender sind - unkalkulierbar. Wichtig ist, dass die Staaten, die Volkswirtschaften auf alle Eventualitäten vorbereitet sind. Deshalb ist es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Internationale Energie-Agentur sowohl weltweit als auch im Hinblick auf uns sagt - auch ich kann das feststellen -, dass beispielsweise die Ölversorgung gesichert ist und keinerlei Anlass zu Unruhe besteht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

   Natürlich müssen die Verantwortlichen darauf vorbereitet sein, dass eine solche kriegerische Entwicklung tiefer gehende Wirkungen auf die Weltwirtschaft haben und die Abschwächungstendenzen, die es zurzeit in der Weltwirtschaft gibt, insgesamt verstärken kann. Es ist mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass im europäischen Stabilitätspakt für diesen Fall, für solche außergewöhnlichen Situationen, Reaktionsmöglichkeiten vorgesehen sind. Es kommt darauf an, diese Reaktionsmöglichkeiten, insbesondere in Europa und im Rahmen der G-8-Staaten, im Rahmen des Stabilitätspaktes so koordiniert wie möglich zu nutzen. Wir sollten uns vor Augen führen, dass solche Reaktionsmöglichkeiten selbstverständlich möglich sind, ohne dass deshalb das Vertrauen in den Stabilitätspakt und damit in die europäische Währungspolitik gefährdet würde.

   Die zweite Bemerkung: Ich bedanke mich sehr herzlich bei den Berichterstattern zum Haushalt, bei Kollegin Hajduk sowie den Kollegen Kröning, Rossmanith, Fuchtel und Rexrodt. Die Beratung, die wir geführt haben, habe ich als gelegentlich hart, aber fair empfunden. Daher frage ich mich, warum wir nicht die Fähigkeit aufbringen, diese Fairness auch in einer solchen Debatte, zumal an einem so schwierigen Tag, zu dokumentieren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Wer war denn unfair?)

   Die dritte Bemerkung: Der Haushalt des Wirtschafts- und Arbeitsministeriums umfasst 18,5 Milliarden Euro; davon sind 12,3 Milliarden Euro für die Arbeitslosenhilfe reserviert. Dies zeigt wie auch andere Daten, dass wir uns in einer überaus schwierigen Arbeitsmarktsituation befinden und alle Kräfte darauf konzentrieren müssen, die Arbeitsmarktlage zu verbessern.

   Die vierte Bemerkung: Der Bundeskanzler hat am 14. März die Leitlinie der Bundesregierung und die konkreten Vorhaben dargestellt. Wir haben dies unter dem Stichwort Agenda 2010 in ganz konkreten Reformschritten diskutiert; angesichts der Bedingungen, unter denen wir heute diese Debatte führen, muss dies nicht wiederholt werden. Daher weise ich nur darauf hin, worum es geht: Wenn wir über eine Verbesserung der Situation am Arbeitsmarkt sprechen, dann sprechen wir vor allen Dingen darüber, dass wir mehr öffentliche und private Investitionen brauchen, dass die Investitionsfähigkeit der Städte und Gemeinden wiederhergestellt werden muss und dass die private Investitionskraft gesteigert werden muss.

   In diesem Zusammenhang - darüber muss man sich im Klaren sein - reden wir über Steuern, Abgaben und Tarifpolitik. Auf allen drei Feldern brauchen wir Tendenzen nach unten und nicht nach oben. Deshalb sind Beiträge zu Steuererhöhungsdiskussionen, wie sie beispielsweise Herr Kollege Müller aus dem Saarland jetzt geliefert hat, in der gegenwärtigen Situation Gift.

(Rainer Brüderle [FDP]: Sehr richtig!)

Die Lage in unserem Land ist unsicher genug; da sind solche Beiträge alles andere als hilfreich.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Der Bundeskanzler hat deutlich gemacht, worum es geht; ich wiederhole es anhand von drei Stichworten.

   Erstens. Wir müssen die allgemeinen Rahmenbedingungen für Investitionen verbessern. Dies bedeutet weitere Steuersenkungen und ein Festhalten an den nächsten Steuerreformrunden in den Jahren 2004 und 2005. Dies betrifft auch die so genannten Lohnnebenkosten, die wir mit den Reformen im Renten-, Gesundheits- und nicht zuletzt im Arbeitsmarktbereich ebenfalls absenken werden. Hinsichtlich des Arbeitsmarktes verweise ich auf die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Fast alle dazu notwendigen Gesetzentwürfe werden Sie vor der Sommerpause vorgelegt bekommen. Wir werden Sie bitten, sie so rechtzeitig zu beraten, dass sie am 1. Januar 2004 in Kraft treten können. Frau Kollegin Wöhrl, das hat nichts mit Ankündigungen zu tun, sondern mit parlamentarischem Handeln. Aber zu jedem Handeln gehört, dass man darüber zumindest ein Wort austauschen darf. Das tun wir hiermit.

   Insbesondere am Arbeitsmarkt stehen wir vor der tiefstgreifenden Veränderung, die in der Geschichte der Bundesregierung auf diesem Feld jemals vorgenommen worden ist. In der Arbeitsmarktpolitik - das sage ich jetzt schlagwortartig - werden wir damit ernst machen müssen, dass es nicht unsere Aufgabe ist, Arbeitslosigkeit zu finanzieren, sondern dass es darum geht, die Vermittlung in Arbeit zu fördern. Dazu werden wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fördern und fordern müssen.

   Zweitens. Wir müssen Kräfte freisetzen, Spielräume eröffnen und den Zutritt zum Arbeitsmarkt so leicht wie möglich machen. Das betrifft die Reformen, die der Bundeskanzler angekündigt hat: Reformen des Arbeitsrechtes und beim Kündigungsschutz. Das betrifft die Reform des Handwerksrechtes, Herr Kollege Hinsken, und das betrifft Reformen im berufsständischen Bereich, wo wir uns fragen müssen, welche Regulierungen in Deutschland abgebaut werden können. Das betrifft auch den Bürokratieabbau und reicht von der Arbeitsstättenverordnung bis hin zu den Verpflichtungen, Statistiken zu liefern. Dies alles sind Kosten und Arbeitsbelastungen für die Unternehmen, die wir überwinden müssen, soweit es irgend geht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Drittens. Einen Bereich, der am wichtigsten ist, aber am wenigsten erwähnt wird, überschreibe ich mit „Stärken stärken und dadurch die Zukunft sichern“. Dies betrifft Bildung und Ausbildung und bedeutet Investitionen in Forschung und Entwicklung.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich setze darauf, Herr Kollege Laumann, dass die Reformen, die seit PISA unabweisbar und für jeden unübersehbar notwendig sind, in den Ländern, die beispielsweise für die Berufsschulen Verantwortung tragen, auf den Weg gebracht werden.

   Ich bitte von hier aus - dies ist heute mein wichtigstes Anliegen - alle Unternehmer, alle Vorstände, alle Manager, alle Gewerkschafter, alle Tarifpartner, alle Betriebsräte, alle Personalräte, die Wissenschaftler und die in der Verwaltung Tätigen, die dafür Verantwortung tragen: Tun Sie mehr für die Ausbildung in Deutschland!

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Wir dürfen nicht zulassen, dass der gegenwärtige Trend des Abbaus von Ausbildungsplätzen anhält. Wir müssen unser Ziel erreichen, dass jeder junge Mann und jede junge Frau in Deutschland, die eine berufliche Ausbildung wahrnehmen wollen und können, dazu auch einen Ausbildungsplatz erhalten. Lassen Sie uns für dieses Ziel zusammenarbeiten!

   Ich bin sehr froh darüber, dass das Signal, das der Bundeskanzler gegeben hat, offensichtlich verstanden worden ist. In München konnte ich Gespräche mit den vier großen Wirtschaftsverbänden Deutschlands führen. Sie werden eine, wie dies heutzutage heißt, Task Force einrichten und gemeinsam mit der Bundesregierung sowie allen anderen, die sich daran beteiligen können - dazu möchte ich auffordern und darum möchte ich Sie bitten -, das Nötige tun, damit wir die drohende Misere am Ausbildungsmarkt in diesem Jahr verhindern können.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Trotz der Probleme, die der Haushalt bereitet, müssen wir - auch das geht sowohl an die Adresse der Wirtschaft wie an unsere eigene Adresse und an die Adresse aller Verantwortlichen in den Ländern - alles tun, um mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung zu mobilisieren. Wir brauchen hier eine wesentlich größere Anstrengung, wenn wir das Ziel erreichen wollen, Deutschland bzw. Europa wieder zur innovativ stärksten Wachstumsregion der Welt zu machen.

   Meine Damen und Herren, ich weise noch auf zwei andere Probleme hin. Erstens geht es mir um Probleme, die wir zurzeit mit der Finanzierung des Mittelstandes, der kleinen und mittleren Unternehmen haben, und zwar sowohl wegen der konjunkturellen Lage als auch wegen der strukturellen Veränderungen der deutschen Kreditwirtschaft. Wenn soeben eine Umfrage des „Handelsblattes“ ergeben hat, dass jeder vierte Manager sagt, er habe kein Kreditangebot seiner Bank bekommen, und wenn 72 Prozent der Manager in Deutschland sagen, dies behindere einen wirtschaftlichen Aufschwung, dann sind die Signale klar. Meine Bitte an die Banken lautet, ihre Aufgabe besser wahrzunehmen, den Mittelstand ausreichend mit Krediten zu versorgen und ihm Eigenkapital zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch hinsichtlich einer Kooperation in diesen Sektoren muss alles getan werden, um hier besser zu werden. Mit der neuen öffentlich-rechtlichen Mittelstandsbank werden wir alles tun, um die Banken dabei zu unterstützen; die Verbriefungsaktion - eine ganz ungewöhnliche Aktion - für die Kredite der Hausbanken ist ein Signal dafür.

   Zweitens wollen wir uns um die innovativen jungen Technologieunternehmen kümmern, die im Zuge der Entwicklung um die New Economy in Bedrängnis geraten sind. Die Beteiligungskapitalzufuhr ist fast versiegt. Wir werden deshalb versuchen, ein positives Signal für eine Trendumkehr zu setzen. Mit innovativen Produkten, Verfahren und Dienstleistungen entstehen neue Arbeitsplätze. Deshalb ist die Arbeit meines Hauses schwerpunktmäßig auf die Unterstützung des innovativen Mittelstandes, auf die Verbreiterung von Informations- und Kommunikationstechnologien sowie auf die Bereiche der Energie- und der Luftfahrtforschung gerichtet. Wir haben dazu im Haushalt rund 1 Milliarde Euro vorgesehen, allein für kleine und mittlere Unternehmen circa eine halbe Milliarde Euro, davon - weil Sie sich auf Ostdeutschland bezogen haben, Herr Kollege - etwa die Hälfte für die ostdeutschen Unternehmen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Wir haben eine ganze Menge weiterer Punkte angepackt, zum Beispiel das Ladenschlussgesetz und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Hier leiten wir Reformschritte ein; Sonderaktionen des Handels zum Beispiel werden in größerem Rahmen erlaubt sein. Der Bundeskanzler, der französische Präsident und der britische Premierminister werden eine neue industriepolitische Initiative auf europäischer Ebene einleiten, die nichts anderes zum Ziel hat, als die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen zu sichern, die Märkte zu öffnen, neue bürokratische Auflagen für die Industrie zu verhindern und eine bessere Vermarktung von Forschungsergebnissen zu erzielen.

   Frau Präsidentin, ich bitte um Vergebung, dass ich meine Redezeit schon überschritten habe; ich komme zum Schluss meiner Ausführungen. Meine Damen und Herren, wir haben uns viel vorgenommen. Jetzt kommt es darauf an, diese Maßnahmen nicht kaputtzureden, sondern sie auch tatsächlich umzusetzen. Das ist meine dringende Bitte an uns. Die Lage am Arbeitsmarkt und die Notwendigkeit der konsequenten Modernisierung unserer sozialen Marktwirtschaft verpflichten uns alle dazu. Es geht um nicht weniger als um die Sicherung der wirtschaftlichen und sozialen Zukunft Deutschlands, um die Sicherung des Wohlstandes für alle, um soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit, um unser Modell einer modernen und sozialen Gesellschaft.

   Seit der Regierungserklärung des Bundeskanzlers habe ich eine Reihe von Gesprächen mit Vertretern der führenden Wirtschaftsverbände, mit Gewerkschaftern in München, Düsseldorf und vielen Regionen der Bundesrepublik geführt. Diese Gespräche haben mich sehr ermutigt. Alle haben noch Wünsche und Kritik geäußert, aber ich habe den Eindruck, dass die Bereitschaft zu einer großen Kraftanstrengung in Deutschland, dazu, alles Sonstige zurückzustellen und sich auf das zu konzentrieren, was jetzt zu entscheiden ist, besteht. Was diese vortragen, unterscheidet sich in Wahrheit nicht sehr von dem, was die Bundesregierung vorgelegt hat. Sie beschäftigen sich nicht bei jedem Problem mit der Frage, wie ich dem Nächsten ein Bein stelle. Vielmehr wird sich mit der Frage beschäftigt: Wie kommen wir zum Ziel, die Modernisierung der modernen Marktwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland voranzubringen?

   Ich bin davon überzeugt, dass wir erfolgreich sein werden. Ich bin auch davon überzeugt - das habe ich schon gesagt -, dass sich niemand von Ihnen den jetzt fälligen Entscheidungen entziehen kann. Wir sollten es anpacken.

   Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Ich schließe die Aussprache.

   Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, in der Ausschussfassung. Es liegen mehrere Änderungsanträge vor, über die wir zuerst abstimmen. Ich weise darauf hin, dass das Verlangen der Fraktion der CDU/CSU auf namentliche Abstimmung über einen ihrer Änderungsanträge zurückgezogen wurde.

   Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/648: Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP bei Enthaltung der beiden fraktionslosen Mitglieder abgelehnt.

   Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/649: Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der CDU/CSU bei Zustimmung der beiden fraktionslosen Mitglieder abgelehnt.

   Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/690: Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition und der beiden fraktionslosen Mitglieder gegen die Stimmen der CDU/CSU und FDP abgelehnt.

   Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/691: Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP bei Enthaltung der beiden fraktionslosen Mitglieder abgelehnt.

   Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/692: Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition und der beiden fraktionslosen Mitglieder gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP abgelehnt.

   Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/693: Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP bei Enthaltung der beiden fraktionslosen Mitglieder abgelehnt.

   Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau auf Drucksache 15/663: Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der beiden fraktionslosen Mitglieder abgelehnt.

   Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau auf Drucksache 15/664: Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit demselben Ergebnis wie der vorhergehende Antrag abgelehnt.

   Änderungsantrag der Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 09 in der Ausschussfassung. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Einzelplan 09 ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP sowie der beiden fraktionslosen Mitglieder Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau angenommen.

   Ich rufe nun Punkt I.14 auf:

Einzelplan 05

Auswärtiges Amt

- Drucksachen 15/555, 15/572 -

Berichterstattung:
Abgeordnete Antje Hermenau
Lothar Mark
Herbert Frankenhauser
Jürgen Koppelin

   Es liegen ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU und zwei Änderungsanträge der Fraktion der FDP vor.

   Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

   Ich eröffne die Aussprache. Diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die an dieser Debatte nicht teilnehmen wollen, bitte ich, umgehend den Saal zu verlassen. Das Wort hat der Bundesminister des Auswärtigen, Joseph Fischer.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

   Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau auf Drucksache 15/665: Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit demselben Ergebnis wie die beiden vorhergegangenen Anträge abgelehnt.

[Der folgende Berichtsteil - und damit der gesamte Stenografische Bericht der 35. Sitzung - wird morgen,
Freitag, den 21. März 2003,
veröffentlicht.]
Quelle: http://www.bundestag.de/bic/plenarprotokolle/plenarprotokolle/15035
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