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15. Wahlperiode
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   67. Sitzung

   Berlin, Freitag, den 17. Oktober 2003

   Beginn: 9.00 Uhr

   * * * * * * * * V O R A B - V E R Ö F F E N T L I C H U N G * * * * * * * *

   * * * * * DER NACH § 117 GOBT AUTORISIERTEN FASSUNG * * * * *

   * * * * * * * * VOR DER ENDGÜLTIGEN DRUCKLEGUNG * * * * * * * *

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.

   Interfraktionell ist vereinbart worden, die heutige Tagesordnung um weitere, in einer Zusatzpunktliste aufgeführte Punkte zu erweitern:

ZP 6 Erste Beratung des von den Abgeordneten Birgit Homburger, Dirk Niebel, Rainer Brüderle, weiteren Abgeordneten sowie der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung der Rechtssicherheit von sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ehepartnerinnen und Ehepartnern in Familienunternehmen

- Drucksache 15/1594 -

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
ZP 7 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Günter Rexrodt, Jürgen Koppelin, Otto Fricke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Regierung muss Haushaltssicherungsgesetz vorlegen

- Drucksachen 15/997, 15/1750, 15/1751 -

Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Walter Schöler
Anja Hajduk
Otto Fricke

ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Carl-Ludwig Thiele, Joachim Günther (Plauen), Dr. Andreas Pinkwart, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Neugestaltung der Eigenheimzulage

- Drucksache 15/1731 -

Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Haushaltsausschuss

   Außerdem soll bei Tagesordnungspunkt 21 a von der Frist für den Beginn der Beratung abgewichen werden.

   Des Weiteren mache ich auf eine nachträgliche Überweisung im Anhang zur Zusatzpunktliste aufmerksam:

   Der in der 64. Sitzung des Deutschen Bundestages überwiesene nachfolgende Gesetzentwurf soll zusätzlich dem Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft und dem Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zur Mitberatung überwiesen werden:

Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zur Änderung steuerlicher Vorschriften

(Steueränderungsgesetz 2003 - StÄndG 2003)

- Drucksache 15/1562 -

(Erste Beratung 64. Sitzung)

überwiesen:
Finanzausschuss (f)
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

   Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

   Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a und 19 b sowie Zusatzpunkt 6 auf:

19. a) - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt

- Drucksache 15/1515 -

(Erste Beratung 60. Sitzung)

- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt

- Drucksache 15/1637 -

(Erste Beratung 65. Sitzung)

- Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt

- Drucksache 15/1516 -

(Erste Beratung 60. Sitzung)

- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt

- Drucksache 15/1638 -

(Erste Beratung 65. Sitzung)

- Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Existenzgrundlagen (Existenzgrundlagengesetz - EGG)

- Drucksache 15/1523 -

(Erste Beratung 60. Sitzung)

- Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Einfügung eines Art. 106 b)

- Drucksache 15/1527 -

(Erste Beratung 60. Sitzung)

aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit (9. Ausschuss)

- Drucksachen 15/1728, 15/1749 -

Berichterstattung:
Abgeordnete Klaus Brandner
Karl-Josef Laumann
Dr. Thea Dückert
Dirk Niebel

bb) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)
gemäß § 96 der Geschäftsordnung

- Drucksachen 15/1732, 15/1733 -

Berichterstattung:
Abgeordnete Hans-Joachim Fuchtel
Otto Fricke
Volker Kröning
Anja Hajduk

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit (9. Ausschuss)

- zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel,
Dr. Heinrich L. Kolb, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu einem beschäftigungsfördernden kommunalen Sozialgeld zusammenführen

- zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Neuordnung der Bundesanstalt für Arbeit

- Drucksachen 15/1531, 15/1576, 15/1728, 15/1749 -

Berichterstattung:
Abgeordnete Klaus Brandner
Karl-Josef Laumann
Dr. Thea Dückert
Dirk Niebel

ZP 6 Erste Beratung des von den Abgeordneten Birgit Homburger, Dirk Niebel, Rainer Brüderle, weiteren Abgeordneten sowie der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung der Rechtssicherheit von sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ehepartnerinnen und Ehepartnern in Familienunternehmen

- Drucksache 15/1594 -

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

   Über die Entwürfe eines Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt werden wir später ebenso namentlich abstimmen wie über den Entwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen. Der gleichlautende Entwurf der Bundesregierung zu Letzterem soll abgesetzt werden. - Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. Dann ist das so beschlossen.

   Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

   Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Bundesminister Wolfgang Clement.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit:

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie heute um Zustimmung zu zwei Gesetzentwürfen, die im Zentrum unseres Kampfes gegen die bedrückend hohe Arbeitslosigkeit stehen. Es geht bei diesen beiden Gesetzentwürfen um den Umbau der Bundesanstalt für Arbeit und um die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, zwei Begriffe, die sich sehr technisch anhören, die aber bedeuten, dass wir in Deutschland in der Arbeitsmarktpolitik zu neuem Denken und zu neuem Handeln kommen.

   Sie wissen, dass wir diese neue Arbeitsmarktpolitik zu Beginn der Legislaturperiode mit zwei Gesetzen, den so genannten Hartz-Gesetzen, eingeleitet haben. Diese stützen sich auf die Arbeit der Kommission unter der Leitung von Peter Hartz und mit denen haben wir zunächst einmal und vor allen Dingen neue Beschäftigungsmöglichkeiten am Arbeitsmarkt geschaffen. Das heißt, wir haben Mini- und Midijobs in einem sehr umfassenden Sinne legalisiert.

(Johannes Singhammer (CDU/CSU): Auf unseren Vorschlag hin!)

Wir haben, aufbauend auf den Erfahrungen mit dem Überbrückungsgeld, den Weg aus der Arbeitslosigkeit in die Selbstständigkeit wesentlich erleichtert, und zwar insbesondere mit dem, was unter dem Stichwort Ich-AG bekannt ist. Wir haben die Leih- und Zeitarbeit aus der Schmuddelecke, in der sie bisher in Deutschland zum großen Teil war, herausgeholt. Durch tarifliche Vereinbarungen haben die Beteiligten dies abgesichert. Die Zeit- und Leiharbeit kann und wird ebenfalls zu einem Abbau der Arbeitslosigkeit beitragen. Am deutlichsten wird dies in den Personal-Service-Agenturen, die inzwischen recht erfolgreich arbeiten. Wir haben mit diesen neuen Beschäftigungsmöglichkeiten den Arbeitsmarkt in Bewegung gebracht.

   Wir befinden uns zurzeit in Deutschland noch in einer wirtschaftlichen Stagnation. Die Beschäftigungsschwelle in der Bundesrepublik ist auf etwa 1,5 Prozent gesunken. Sie lag, wie Sie wissen, bei 2 bis 2,5 Prozent. Ich gehe davon aus, dass die neuen Beschäftigungsmöglichkeiten - namentlich auch die, die wir im Bereich der niedrig entlohnten und gering qualifizierten Tätigkeiten schaffen mussten - bei uns zu einer weiteren Senkung der Beschäftigungsschwelle beitragen werden, so wie das in unseren Nachbarstaaten, die im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit schon weiter sind, erfolgt ist.

   Das sind die ersten Schritte. All diese neuen Beschäftigungsmöglichkeiten, die Ich-AG, das Überbrückungsgeld, der Weg in die Selbstständigkeit aus der Arbeitslosigkeit, Mini- und Midijobs, Zeit- und Leiharbeit, sind erfolgreicher, als in vielen Unkenrufen - wir sind ja in Deutschland in Unkenrufen Spezialisten - vorhergesagt worden ist.

   Wir rechnen damit, dass allein in diesem Jahr mehr als 200 000 Menschen den Weg aus der Arbeitslosigkeit in die Selbstständigkeit riskieren und damit zu einem Abbau der Arbeitslosigkeit beitragen. Nach unseren Erfahrungen mit dem Überbrückungsgeld bleiben etwa zwei Drittel dieser Unternehmen bestehen.

   Wir haben Reformen im Bereich des Arbeitsrechts eingeleitet. Insbesondere haben wir den Kündigungsschutz in einer sehr vorsichtigen Weise etwas gelenkiger gemacht. Außerdem haben wir begonnen, die Arbeitslosenversicherung umzubauen, und zwar insbesondere dadurch, dass wir den Bezug von Arbeitslosengeld für Ältere deutlicher befristet haben, als es bisher der Fall war, und gleichzeitig Mittel und Instrumente auf den Weg gebracht haben, mit denen die Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bekämpft werden kann. Über diesen Gesetzentwurf wird heute im Bundesrat abgestimmt werden. Ich hoffe sehr, dass der Bundesrat ihn passieren lässt.

   In der heutigen Diskussion geht es, wie gesagt, um den Umbau der Bundesanstalt für Arbeit und um die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, das so genannte Hartz-III- und das Hartz-IV-Gesetz. Wir haben bereits im vergangenen Jahr mit dem Umbau der Bundesanstalt für Arbeit begonnen. Seitdem hat die Bundesanstalt eine neue Führungsstruktur. Auch hier sage ich entgegen manchem, was man lesen und hören kann: Diese Bundesanstalt arbeitet unter der neuen Führung wesentlich erfolgreicher, als von vielen relativ oberflächlichen Betrachtern angenommen wird. Der Umbau der Bundesanstalt für Arbeit ist in vollem Gange.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Ziel des Umbaus ist es, endlich das wahr zu machen, was jede und jeder von uns bei allen möglichen Gelegenheiten immer wieder gepredigt hat: Wir müssen weg von der Administration und der Finanzierung von Arbeitslosigkeit und hin zur Vermittlung in Arbeit kommen. Das ist die Aufgabe und der Sinn dieser Reform.

   Deshalb führen wir mit dem Gesetzentwurf, der Ihnen vorliegt, die Bundesanstalt hin zu einer Konzentration auf die Vermittlung in Arbeit. Deshalb bauen wir die Personal- und Organisationsstrukturen in der Bundesanstalt um, die in Zukunft „Bundesagentur für Arbeit“ heißen wird. Deshalb steuern wir um: von detailreichen Einzelregelungen hin zu Zielvereinbarungen, die wir mit der Führung der Bundesanstalt treffen wollen und aus denen wir die weitere Arbeit ableiten wollen.

   Die Politik muss zu diesem Unternehmen Bundesagentur auf Distanz gehen. Wenn eine solche Bundesagentur erfolgreich arbeiten soll, muss sie in eigener Verantwortung arbeiten können, auch als ein Unternehmen, das eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt. Deshalb müssen wir von detailreichen Gesetzen, Verordnungen und Erlassen Abstand nehmen. Das gilt für die Politik, für das Parlament und die Regierung. Die Bundesagentur für Arbeit hat in Zukunft die prioritäre Verantwortung für den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit in Deutschland. Ich bin überzeugt, dass sie dieser Verantwortung auch gerecht werden wird.

   Damit die Bundesagentur so arbeiten kann, vereinfachen wir zugleich das Förderungs- und Leistungsrecht. Wir machen es einfacher und überschaubarer. Wir führen beispielsweise die Arbeitsbeschaffungs- und die Strukturanpassungsmaßnahmen zu einem Instrument zusammen. Wir erwarten, dass allein durch die Reduktion und Vereinfachung des Förder- und Leistungsrechts etwa 3 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesanstalt, die bisher mit administrativen Aufgaben beschäftigt waren, für die Vermittlungsarbeit frei werden. Dafür brauchen wir wesentlich mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als bisher.

   Umsteuern auf Vermittlung heißt, dass in Zukunft auf 75 Arbeitssuchende ein Arbeitsvermittler, ein Fallmanager kommen soll, der sich wirklich konkret um den einzelnen Arbeitsuchenden kümmern können soll. Das war bisher nicht möglich, weil bis jetzt ein Berater für etwa 800 Arbeitsuchende zuständig ist. Dieses Umsteuern muss und wird in Zukunft möglich werden, wie es in vergleichbaren Volkswirtschaften auch möglich ist.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Erfahrungen in Großbritannien oder Skandinavien haben gezeigt, dass wir allein dadurch in der vor uns liegenden Zeit die Arbeitslosenquote um etwa 15 bis 20 Prozent werden senken können. Das sind die Erwartungen, die wir haben.

   Ich möchte an dieser Stelle Folgendes hinzufügen, weil es zu diesem Punkt Diskussionen gegeben hat: Wir werden bei der Bundesanstalt keine zusätzlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen, sondern werden die Strukturen umbauen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor allen Dingen aus der Administration herausnehmen, damit sie sich ganz auf die Vermittlung und auf die Arbeit mit den Arbeit suchenden Menschen konzentrieren können.

   Ein weiteres Ziel, das wir mit dem Hartz-IV-Gesetz verfolgen, ist die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Das ist eine Maßnahme, die inzwischen von fast allen Seiten bejaht und unterstützt wird. Wir müssen den Zustand beenden, dass in Deutschland zwei Fürsorgesysteme nebeneinander bestehen: einmal die Arbeitslosenhilfe als ein Fürsorgesystem des Staates und zum anderen die Sozialhilfe als ein Fürsorgesystem der Kommunen. Diese beiden Systeme haben sich nebeneinander entwickelt, sind voller Widersprüche und wirken manchmal sogar gegeneinander. Wir müssen sie zusammenführen, um endlich gezielt mit einem Instrument arbeiten zu können, das auf alle Arbeitsuchenden hin ausgerichtet ist.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dirk Niebel (FDP))

   Wir müssen erreichen, dass jeder Arbeitsuchende und jede Arbeitsuchende in Deutschland eine Anlaufstelle hat, bei der er bzw. sie Rat, Hilfe und Unterstützung auf dem Weg zurück in den Arbeitsmarkt bekommt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das ist aber kein rein technischer Gesichtspunkt; denn damit verbindet sich der von uns schon oft angesprochene Grundsatz des Förderns und des Forderns. Wir müssen erwarten, dass Arbeitsuchende, die ein Angebot für einen Arbeitsplatz bekommen, dieses auch annehmen. Damit Menschen, die aus der Arbeitslosigkeit kommen - ob sie Arbeitslosenhilfebezieher oder Sozialhilfeempfänger sind, ist egal -, wieder in Arbeit gehen, schaffen wir Anreize.

   Gleichzeitig muss aber gelten: Wer zumutbare Arbeit ablehnt, der kann nicht damit rechnen, dass er öffentliche Hilfe aus den Kassen der Steuer- und Beitragszahler bekommt. Diesem Grundsatz der Zumutbarkeit, der für jeden Einzelnen gilt, müssen wir in Deutschland Geltung verschaffen. Es ist Ausdruck des Prinzips der Solidarität, dass derjenige, der Anspruch auf die Unterstützung durch die Gemeinschaft erhebt - das ist sein Recht; er muss unterstützt werden - gleichzeitig bereit sein muss, zu tun, was die Gemeinschaft entlastet. Derjenige muss deshalb eine zumutbare Arbeit annehmen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Eine zumutbare Arbeit ist grundsätzlich jede legale Arbeit. Dazu zählen also auch die Minijobs, um das ganz klar zu sagen, auch wenn sie eine geringere Qualifikation erfordern und schwächer dotiert sind. Jeder, der sich mit diesem Thema beschäftigt, erkennt, dass wir Schritte brauchen, mit denen wir den Menschen den Weg zurück in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Dazu kann auch der Weg über einen Minijob gehören. Dass dies funktioniert, ist natürlich nicht zwingend, aber durchaus möglich.

   Wir sagen allerdings - das haben wir in sehr intensiven Diskussionen in der Koalition erörtert; wir sind dort aus meiner Sicht zu einem vernünftigen Ergebnis gekommen -: Eine solche zumutbare Arbeit muss sich selbstverständlich im Rahmen tariflicher Regelungen, die in Deutschland gelten, bewegen. Soweit es keine tarifliche Regelung gibt, muss sich das Entgelt im Rahmen des ortsüblichen Entgelts bewegen. Niemand will - dazu zählt selbstverständlich auch die Bundesregierung - dass Lohndumping gefördert wird.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Wir haben, wie Sie alle wissen, in den Koalitionsfraktionen außerordentlich intensive Diskussionen über den Vorschlag der Bundesregierung geführt. Dabei haben wir zu einigen Klarstellungen gefunden, beispielsweise zu der Klarstellung, dass Eltern selbstverständlich nicht ihr Leben lang für die finanzielle Unterstützung ihrer erwachsenen, in Arbeitslosigkeit geratenen Kinder verantwortlich sind. Die Gerichte haben in vielen Fällen entschieden, dass Eltern nicht auf Dauer für ihre erwachsenen Kinder, soweit sie arbeitslos sind, in Anspruch genommen werden können. Dieser Rechtsprechung wollen wir aber durch eine klarstellende Regelung im Gesetz Rechnung tragen. - Das sind Klarstellungen, die wir vorgenommen haben.

   Neu hinzugefügt haben wir - das ist das Wichtigste; das will ich deutlich sagen - eine Schutzvorschrift für die Altersvorsorge. Das folgt aus der Überlegung, dass wir den Menschen, die in Arbeitslosigkeit geraten sind und die sich während ihrer Zeit in Arbeit neben dem Rentenanspruch eine zusätzliche Altersvorsorge aufgebaut haben, ihre Altersvorsorge, soweit es vertretbar ist, erhalten sollten.

Das ist nur vernünftig, wenn wir heute gleichzeitig vor allen Dingen den jungen Menschen empfehlen, sich neben der Rentenversicherung eine eigene Altersvorsorge zuzulegen. Ich hoffe, vor allen Dingen die Jüngeren tun das mit der Riester-Rente und den Betriebsrenten. Beide Formen der Altersvorsorge sind bei Arbeitslosigkeit auch in Zukunft vor einem Zugriff geschützt.

   Wir fügen jetzt eine dritte Möglichkeit hinzu. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich im Laufe ihres Lebens eine zusätzliche Altersvorsorge, in welcher Form der Geldanlage auch immer, zulegen. Diese Geldanlage wollen wir schützen, soweit sie ausschließlich für die Altersvorsorge gedacht ist, soweit sie also erst ab dem Renteneintritt in Anspruch genommen werden kann. Die Grenze, bis zu der sie nicht angerechnet wird, wollen wir auf 200 Euro pro Lebensjahr festlegen, sodass sie für einen 60-Jährigen bei 12 000 Euro liegen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Diese von uns vorgenommenen Änderungen und Klarstellungen unterstütze ich ausdrücklich.

   Ich füge hinzu, dass wir uns in besonderer Weise des Problems der Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland annehmen. Dies ist unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit von Arbeit besonders wichtig. Sie wissen, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland dramatisch hoch ist, wenn sie auch im Vergleich etwa mit Frankreich oder anderen europäischen Staaten noch niedrig ist. Sie bedrückt uns aber auch mit Blick auf die gesamte europäische Union. Tatsächlich ist die Jugendarbeitslosigkeit mit derzeit deutlich über 500 000 Betroffenen wirklich dramatisch hoch. Etwa 250 000 dieser jungen Leute unter 25 Jahren beziehen heute Sozialhilfe. 60 000 bis 70 000 erhalten Arbeitslosenhilfe. Deshalb muss es unsere vorrangige Aufgabe sein, diese jungen arbeitslosen Leute unter 25 Jahren so rasch wie möglich aus der Arbeitslosigkeit herauszuholen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Wir müssen der Arbeitslosigkeit in Deutschland den Nachwuchs entziehen. Deshalb müssen wir uns neben vielem anderen auch auf diese Aufgabe konzentrieren. Es ist unser Ziel, dass jeder dieser jungen Leute, jeder junge Mann und jede junge Frau, die heute arbeitslos sind und insbesondere Arbeitslosen- und Sozialhilfe erhalten, in sehr überschaubarer Zeit entweder ein Angebot für eine Qualifikation, für berufsvorbereitende Maßnahmen, für ein Praktikum, für einen Arbeitsplatz oder für eine sonstige Qualifikation erhält. Wir müssen dann auch erwarten können, dass die jungen Leute von solchen Angeboten Gebrauch machen.

   Deshalb haben wir im Gesetzentwurf vorgesehen, dass junge Leute entsprechende Angebote auch annehmen müssen, also tatsächlich in eine Qualifikationsmaßnahme, Ausbildung oder Ähnliches gehen müssen. Wenn sie sich dem zu entziehen versuchen - was wir ja nicht völlig ausschließen können -, dann kann für sie - darauf müssen wir hinweisen - eine öffentliche Förderung in Gestalt von Geldzuwendungen nicht mehr zur Verfügung stehen. Sie werden dann auf andere Weise unterstützt werden. Der Druck und die Erwartung der Solidargemeinschaft und der gesamten Gesellschaft, dass sie von solchen Möglichkeiten Gebrauch machen, müssen in deutlicher Form klar werden.

   Darum geht es bei den Gesetzen zur Reform des Arbeitsmarktes, zum Umbau der Bundesanstalt und des Arbeitsmarktes und zum neuen Denken und Handeln am Arbeitsmarkt, im Kern.

   Wenn ich es richtig sehe, dann gibt es bei der Diskussion mit der Opposition, namentlich mit der Union, vor allen Dingen noch zwei Kernunterschiede. Vor allem geht es um die Frage, wie wir die Aufgaben zwischen der Bundesanstalt und den Kommunen bei der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe aufteilen. Ich sage sehr klar, dass die Federführung für diese Aufgabe bei der Bundesagentur für Arbeit liegen muss, und ich bin davon überzeugt, dass ein großer Teil der Union, insbesondere in den Städten, Gemeinden und Ländern, ebenfalls dieser Auffassung ist.

   Ich sage Ihnen ganz offen: Ich möchte die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer in Deutschland, in Ost und in West sowie in Nord und in Süd, sehen, die in voller Kenntnis dessen, worüber wir reden, dafür eintreten, dass jede Stadt und jede Gemeinde in Deutschland in Zukunft die Verantwortung für ihre Langzeitarbeitslosen übernehmen soll.

(Joseph Fischer, Bundesminister: Das kann uns der hessische Ministerpräsident ja gleich sagen!)

Deshalb lautet meine Bitte, dass wir hier keine möglicherweise dogmatische Diskussion führen. Wir sollten uns darüber einig werden, dass die Bundesagentur für Arbeit diese Verantwortung in Zukunft zwar übernimmt, dass sie auf diesem Feld aber selbstverständlich auch mit den Städten und Gemeinden, mit denen, die in den Sozial- und Jugendämtern, in der Drogenberatung und in anderen Stellen tätig sind, zusammenarbeitet. Sie müssen, wie es heutzutage so schön heißt, auf gleicher Augenhöhe, also gleichberechtigt, zusammenarbeiten. Dies muss auch für die Zusammenarbeit mit den freien Trägern, die eine wertvolle Arbeit auf dem Gebiet der Beschäftigungsförderung und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland leisten, gelten. Das ist die Kernaufgabe.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Meine dringende Bitte ist, dass wir uns nicht künstlich auseinander dividieren lassen, sondern dass wir diejenigen, die wir im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit brauchen, zusammenbringen, nämlich die Bundesanstalt für Arbeit in ihrer neuen Gestalt, die Kommunen und die freien Träger. Diese Einrichtungen müssen vernünftig zusammenarbeiten. Wir müssen vor allen Dingen dafür sorgen, dass ein Arbeitsuchender in Deutschland in Zukunft eine Anlaufstelle in Form eines Jobcenters hat, und zwar in jeder Stadt und jeder Gemeinde. Darauf kommt es an. Die Frage der Organisation müssten wir sehr rasch und einvernehmlich lösen können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Wir stehen im nationalen Bereich vor einer sehr umfassenden Aufgabe. Auch die internationale Politik, die Wirtschafts- und Finanzpolitik sowie die europäische Geldpolitik spielen eine wichtige Rolle. Wenn es um den Arbeitsmarkt geht, dann sind wir in der Bundesrepublik Deutschland in die internationale Wirtschaftsentwicklung besonders stark eingebunden. Die Nachricht, dass Deutschland das exportstärkste Land der Welt ist, fand im Ausland stärkere Beachtung als hier in der Bundesrepublik. Diese Einbindung in die Weltwirtschaft ist für uns eine besondere Verpflichtung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

   Wir müssen in nationaler Verantwortung das tun, was in der gegenwärtig äußerst schwierigen und labilen Wirtschaftslage notwendig ist. Dazu gehört, dass wir die Spielräume für Investitionen nutzen und den Konsum der Verbraucherinnen und Verbraucher fördern. Deshalb müssen wir dafür sorgen - das steht in einem unmittelbaren Zusammenhang -, dass die Steuern herabgesetzt werden und die Lohnnebenkosten sinken.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Johannes Singhammer (CDU/CSU): Nur zu!)

   Wir brauchen ein neues Denken am Arbeitsmarkt. Wir müssen die Umgestaltung des Arbeitsmarktes anpacken. Wir müssen die Lehre daraus ziehen, dass die bisherigen Instrumente am Arbeitsmarkt in Deutschland trotz eines außerordentlich hohen Mitteleinsatzes nicht erfolgreich waren. Deshalb brauchen wir ein neues Handeln. Wir müssen zudem den Güter- und Dienstleistungsbereich in Deutschland stärker öffnen. Wir müssen die Telekommunikationsdienstleistungen weiter liberalisieren. Wir müssen die Energieversorgungsnetze öffnen. Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass Hemmnisse, die es aus traditionellen Gründen gibt, ob im Handwerksrecht oder in sonstigen berufsständischen Regelungen, beseitigt werden. Wir müssen Kräfte freisetzen und uns aus bisherigen Fesselungen lösen.

   Das, was ich eben für den Arbeitsmarkt gesagt habe, gilt auch für das Handwerksrecht und in anderen berufsständischen Regelungen. Wer in diesem System Arbeit hat, der hat es gut. Aber wer von außen Arbeit sucht, der hat es verteufelt schwer, in den Arbeitsmarkt hineinzukommen. Gleiches gilt für andere Bereiche mit ihren berufsständischen Regelungen.

   Wir müssen selbstverständlich auch Bildung und Qualifikation, Wissenschaft, Forschung und Entwicklung in Deutschland einen höheren Stellenwert geben, als dies in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten der Fall war. Wir müssen die innovativen Kräfte in Deutschland bündeln. Dazu müssen wir mit den jetzt eingebrachten Reformen den Weg frei machen. Im Mittelpunkt dieser Reformen stehen die neuen Zielsetzungen für den Arbeitsmarkt. Ich bitte Sie sehr herzlich, den vorliegenden Gesetzentwürfen für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt Ihre Zustimmung zu geben.

   Ich danke Ihnen sehr.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Das Wort hat der Ministerpräsident des Landes Hessen, Roland Koch.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Roland Koch, Ministerpräsident (Hessen):

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesrepublik Deutschland befindet sich im Augenblick in der größten Haushaltskrise und zugleich in der größten Beschäftigungskrise ihrer Geschichte.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN: Hessen auch!)

Das ist ein Ergebnis von inzwischen fünf Jahren Bundesregierung Schröder/Fischer und der Grund, warum wir heute streiten müssen.

   Heute Morgen habe ich in der Zeitung gelesen, dass der Kanzler bei dem „Wunder von Bern“ weint. Er müsste viel mehr weinen, wenn er die fehlenden Ergebnisse seiner Politik sieht. Denn wir reden heute nur über die Verwaltung von Mangel.

(Beifall bei der CDU/CSU - Widerspruch bei der SPD)

   Ich sage das zu Beginn der Diskussion, weil wir uns über die Frage der Arbeitsmarktorganisation sehr wohl unterhalten können und wollen, auch zwischen den Ländern und dem Bund.

(Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen!)

Aber die Bundesregierung hat ein Jahr lang Werbung damit gemacht, dass sie das Problem der Arbeitslosigkeit löse, indem sie die Vermittlung besser organisiere.

   Wir müssen uns um eine bessere Vermittlung kümmern. Aber jeder muss klar wissen: Solange man den Arbeitsmarkt nicht öffnet, ist das entgegen den erweckten Erwartungen nur eine andere Verteilung des Mangels. Die grundlegenden Reformen sind Sie an anderer Stelle schuldig. Sie werden sie durch Hartz III und Hartz IV nicht ersetzen können. Das muss man der Öffentlichkeit sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Sie wissen, dass es eine Übereinstimmung darüber gibt, dass wir eine Reform von Arbeitslosen- und Sozialhilfe wollen - je schneller sie kommt, desto besser. Mit dem Gesetzentwurf, den der Deutsche Bundestag wahrscheinlich heute beschließen wird, und dem Existenzgrundlagengesetz, das der Bundesrat zugleich beschließt, gibt es im Vermittlungsausschuss die Möglichkeit, über die Fragen zu verhandeln. Keiner braucht dem anderen zu sagen, er habe keine Alternative; denn es gibt zwei geschlossene Konzepte. Wir werden uns über die Unterschiede auseinander setzen.

   Dabei muss aber klar sein, dass die Bundesregierung und die Mehrheit hier im Deutschen Bundestag einen Weg zur Finanzierung des Problems vorschlagen, der weder von den CDU/CSU- noch von den sozialdemokratisch regierten Ländern akzeptiert werden wird. Sie nehmen eine Umsatzsteuerumverteilung vor. Am Ende bekommen die Gemeinden im kommunalen Finanzausgleich weniger Geld.

(Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wieso ist denn Frau Roth aus Frankfurt dafür?)

Das ist Ihre Vorstellung; das steht im Gesetz.

   Diese Verteilung kommt Ländern zugute, die das Problem überhaupt nicht haben. Sie verteilen Umsatzsteuer zur Finanzierung, geben Ländern, die es nicht brauchen, das Geld und übertragen anderen eine Aufgabe, die sie nicht angemessen finanzieren können. Sie wissen aus den Ausschussberatungen, dass das nicht seriös ist.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Auch in den Reihen der unionsregierten Bundesländer, die über das Existenzgrundlagengesetz reden, besteht immer noch eine Diskussion zwischen Ost und West, wie die Finanzen im Detail verteilt werden sollen. Aber das Modell, das Sie vorgelegt haben, vergisst schlicht die Antwort auf die zentrale Frage, ob wir dies den Kommunen in den neuen und in den alten Ländern überhaupt zumuten können.

   Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie lösen wieder eine ganze Reihe von Fragen in Ihrem großen Vertrauen auf Bürokratie. Sie ändern mehr als 200 Rechtsvorschriften, um aus der Bundesanstalt die Bundesagentur zu machen. Haben wir in diesem Land wirklich nichts Besseres zu tun? Mit diesen alten Formelstreitigkeiten ist nichts zu bewegen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Herr Kollege Clement, dahinter steckt in der Tat ein von Ihnen benannter grundsätzlicher Punkt. Sie sagen: Das geht alles nur, wenn wir es in Deutschland zentral regeln. Sie alle haben in Wahlkreisen eigene Erfahrungen mit Arbeitsvermittlung. Wer hat sich denn in der Vergangenheit um die 20 oder 25 Prozent der Menschen gekümmert, die länger als ein Jahr arbeitslos sind? Schauen Sie sich doch einmal die Arbeitsämter an! Sie sind inzwischen recht gut, wenn jemand drei Monate keinen Job hat und einen neuen finden muss. Da leisten sie Ordentliches. Das soll man nicht immer schlechtreden. Aber wenn die Leute ein Jahr oder anderthalb Jahre arbeitslos waren, dann sagen sie: Wir können mit denen nichts mehr anfangen; es gibt eine kommunale Beschäftigungsinitiative.

   Sie, die bisher darauf bauen mussten, sagen jetzt: Die Kommunen brauchen wir nicht mehr; das machen wir in Deutschland alles zentral und behalten das Geld. Das ist nicht die richtige Antwort.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Lebhafter Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   In diesen Tagen höre ich Schalmeienklänge: Natürlich brauchen wir die Kommunen; selbstverständlich wollen wir mit ihnen zusammenarbeiten. - Warum haben Sie denn ein Gesetz gemacht, in dem alle Kompetenzen und Finanzierungen zentral an einer Stelle liegen und die Kommunen entweder Bittsteller oder Büttel sind, aber nicht mehr Partner der Veranstaltung? Ich glaube nicht, dass Sie das Problem so lösen können.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Dann gibt es ein weiteres entscheidendes Problem. Das Problem liegt schlicht und ergreifend darin, dass Sie in dieses Gesetz keine Regelungen aufgenommen haben, um den Markt für neue Arbeitsplätze zu erweitern.

(Karin Roth (Esslingen) (SPD): Sie verstehen von der Sache doch gar nichts!)

Was soll eine Kommune oder die Bundesanstalt für Arbeit eigentlich machen, wenn sie nicht mehr Arbeitsplätze zu vermitteln hat? Wir wissen doch, dass diejenigen, über die wir sprechen, Beschäftigung in einem bestimmten Segment suchen. Ob uns das gefällt oder nicht, wir können im Augenblick mit unserem Lohngefüge in bestimmten Bereichen keine Arbeit anbieten. Das ist der Punkt, an dem Sie einen weiteren Kompromiss in Ihrer Fraktion geschlossen haben, um eine Mehrheit zu sichern, der im Ergebnis dazu führen wird, dass das Gesetz jetzt rein gar nichts mehr bewirkt; denn Sie haben an der entscheidenden Stelle eine neue Blockade im alten Arbeitsmarkt eingeführt, anstatt neue Chancen für Beschäftigung in Deutschland zu schaffen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Die Auseinandersetzung über diesen Punkt, den ich Ideologie nenne, müssen wir wirklich führen. Sie sagen: Wenn es für jemanden keine Arbeit für einen Stundenlohn in Höhe von 7 Euro gibt - ich nenne jetzt einen Betrag, der wahrscheinlich in dem Bereich dessen, was Sie als ortsüblich definiert haben, liegt -, dann hat er eben keine Arbeit. Sie sagen weiter: Wenn dieser Mensch mit 4 Euro bezahlt würde, dann wäre das Lohndumping, selbst wenn er zusätzlich Sozialhilfe erhielte, damit er am Ende ein höheres Einkommen hätte, als wenn er nur Sozialhilfe bekäme.

(Karin Roth (Esslingen) (SPD): Nein, sittenwidrig!)

   Wenn Sie das in aller Ruhe durchdenken, dann bedeutet das, dass es Ihnen lieber ist, dass sich der 4-Euro-Job in Tschechien statt in Deutschland befindet, obwohl Sie glauben, Sie könnten das andere durchsetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU - Lachen bei der SPD)

Das hat doch mit Realität nichts zu tun. Sie denken immer noch, wir leben in einer Wirtschaft, in der der Staat oder große Tarifvertragsparteien bestimmen können, wie viel für Arbeit gezahlt wird. Gleichzeitig soll die Arbeit aber auf jeden Fall in Deutschland gemacht werden und nicht in einem anderen Land. Das stimmt aber nicht mehr. Das ist die Denkweise des letzten Jahrhunderts. Wir müssen uns aber auf dieses Jahrhundert einrichten.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Es ist ärgerlich, dass der Gesetzentwurf auf die entscheidende Frage, wie es den Menschen geht, keine Antwort gibt. Es ist doch dem Bürger, demjenigen, der Arbeit sucht, nicht so wichtig, wie Ihre Theorien über Finanzierung, Gewerkschaften oder Tarifverträge aussehen, sondern er möchte wissen, was er am Ende mit Erwerbsarbeit verdienen kann: ob er eine Chance hat, mit Erwerbsarbeit plus sozialer Unterstützung ein besseres Einkommen zu erzielen.

(Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie wollen doch das Lohnniveau von Tschechien hier einführen! Seien Sie doch ehrlich!)

   Wir schlagen ein Modell vor, nach dem Arbeit zu dem Preis aufgenommen werden soll, zu dem sie auf dem Markt vorhanden ist. Wir verdrücken nicht alles in andere Teile der Welt, nur weil wir ein Kartell beschlossen haben, das diese Arbeit nicht mehr organisiert. Wir geben dem Bürger und dem Arbeitnehmer trotzdem die Chance, damit besser zu leben, als wenn ihm Arbeit verboten und Sozialhilfe gezahlt wird. Darin liegt doch der Witz.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Was wir im Existenzgrundlagengesetz vorschlagen, gibt dem einzelnen Bürger eine Chance für Beschäftigung und bietet damit eine Chance für Wirtschaftswachstum und Wertschöpfung in Deutschland. Es gibt dem Bürger eine Chance, mehr zu verdienen, als er heute an Sozialhilfe erhält, und es ermöglicht dem Staat gleichzeitig, weniger Sozialhilfe zu zahlen. Es ist schon ziemlich verantwortungslos, ein solches Modell, das es heute in Amerika, in Großbritannien, in Dänemark und in den Niederlanden gibt, den Menschen in Deutschland vorzuenthalten.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Lachen bei der SPD)

Deshalb sage ich Ihnen auch ganz klar: Sie werden mit der Union im Bundestag und auch im Bundesrat keine Regelung verabschieden können, mit der Sie durch eine neue Einführung des Mindestlohns einen weiteren Teil des Arbeitsmarkts verriegeln, obwohl das einzige, was in Kombination mit besserer Arbeitsvermittlung Sinn machen würde, wäre, endlich den Arbeitsmarkt in Deutschland zu öffnen. Darüber müssten wir uns eigentlich auseinander setzen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Zu guter Letzt: Wenn man denjenigen, die sich in der Sozialhilfe eingerichtet haben - die gibt es und das wissen alle, die sich auf der kommunalen Ebene damit beschäftigen; sie sind nicht die Mehrheit, sie sind nicht die alleinige Ursache unseres Problems und es gibt Strukturunterschiede zwischen Ost und West -, zu Leibe rücken will - was die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes erwarten - dann muss man das nicht dadurch organisieren, dass man am Ende bestimmte Hilfeleistungen entzieht, sondern dann muss man vorher auch glaubwürdig prüfen können, ob denn wirklich eine Erwerbswilligkeit besteht oder nicht. Das ist kein Problem, das man auf den Schreibtisch des Arbeitsamtsmitarbeiters oder des Jobcentermitarbeiters verlagern kann, sondern das kann man nur glaubwürdig prüfen, wenn man an der anderen Stelle eine Beschäftigungspflicht für den Staat einführe.

Das ist eine große Herausforderung für alle Beteiligten. Übrigens ist auch das eine klar korrespondierende Aufgabe. Sie ist nur mit einer kommunalen Verantwortung zu bewältigen, weil Sie dafür auf gemeinnützige Arbeit angewiesen sind.

(Peter Dreßen (SPD): Zwangsarbeit, was?)

- Aber, verehrter Herr Kollege Dreßen, das ist keine Zwangsarbeit. Ich bin mit Minister Clement einer Meinung: Wer entweder im ersten und zweiten Arbeitsmarkt, in der Ausbildung, in gemeinnütziger Arbeit oder - wenn er erst integriert werden muss - in therapeutischer Arbeit ein Angebot vom Staat bekommt, es aber nicht annimmt, verliert damit den Anspruch auf die Unterstützung der Gesellschaft. Denn er könnte selbst etwas zu seinem Erwerb beitragen. Auch das ist völlig klar und muss deutlich gemacht werden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Aber wer diese Feststellung trifft, muss auch ein entsprechendes Angebot schaffen. Wenn dieses Angebot jedoch nur fakultativ ist, dann wird auf jeder staatlichen Ebene - das haben wir bei der Bundesanstalt für Arbeit in der Vergangenheit erlebt - über die Frage der Angemessenheit gestritten.

   Nein, ich glaube, an dieser Stelle muss bei dem Leitsatz „Fördern und Fordern“ auch der Staat in die Pflicht - so schmerzhaft das für die staatlichen Ebenen ist -, und zwar muss er in dieser Kaskade von Beschäftigungsmöglichkeiten - darin sind wir uns einig; Herr Clement hat das genauso dargelegt - ein entsprechendes Angebot vorhalten. Wenn es im ersten Arbeitsmarkt ein entsprechendes Angebot gibt, entsteht endlich der Druck, dort Arbeit zu finden, und zwar auch für den Staat. Wenn im zweiten Arbeitsmarkt entsprechende Angebote notwendig sind, müssen sie eben definiert werden, wenn eine geeignete Qualifikation gegeben ist. Andernfalls muss eben ein gemeinnütziger Arbeitsplatz geschaffen werden. Das ist eine Erfahrung, die weltweit gemacht worden ist.

   Sie betrachten in diesem Zusammenhang immer wieder das Modell von Wisconsin. Das halte ich zwar für richtig, weil dieses Modell sehr erfolgreich war. Wenn Ihnen aber dieses Modell so wenig gefällt, schauen Sie doch auf die Niederlande! Wenn Ihnen das niederländische Modell nicht gefällt, können Sie nach Dänemark schauen. Wenn Ihnen auch das nicht gefällt, können Sie ebenso nach Österreich schauen. Es gibt um uns herum die verschiedensten Länder, in denen bereits Erfahrungen gesammelt worden sind.

   Wenn wir nicht in der Lage sind, einem erwerbsfähigen Menschen, der staatliche Unterstützung haben will, eine Beschäftigung zu garantieren, dann entsteht bei ihm die Motivation, die finanzielle Unterstützung zu beziehen, ohne im Gegenzug beschäftigt zu sein. Es ist eine Verpflichtung des Staates, einen solchen Zustand zu verhindern, statt sich im Nachhinein über den Missbrauch staatlicher Unterstützung zu beschweren. Es besteht eine Chance, das zu erreichen. Diese Chance müssen wir gemeinsam nutzen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Deshalb werbe ich erneut für ein Modell auf der Basis kommunaler Verantwortung unter einer engen Mitwirkung der Bundesanstalt für Arbeit. So wie wir Verhandlungen darüber fordern, wie die Kommunen in Ihr Modell integriert werden können, werden auch Sie im Zusammenhang mit dem Existenzgrundlagengesetz darüber verhandeln wollen, wie die Bundesanstalt integriert werden kann. Das ist nicht streitig. Möglich ist dies auf der Basis einer fairen Finanzierung, die durch eine Absicherung im Grundgesetz sicherstellt, dass die Kommunen nicht mehr die Ausgebeuteten des Systems sind; vielmehr sollten sie mit einem System, das dafür sorgt, dass die kommunale Wettbewerbssituation - wer kann das wohl am besten machen? - Druck in die Vermittlung von Arbeitskräften bringt - wenn die Kommunen diese Aufgabe wenn auch manchmal mit Herzklopfen übernehmen -, die Garantie erhalten, dass sie nicht anschließend vom Bund ausgebeutet werden. Die Tatsache, dass der Bund die Kosten für dieses Modell zu rund 70 Prozent zu tragen hat, würde den Bund bei Laune halten, für Gesetze zu sorgen, mit denen die Kommunen etwas anfangen können.

(Johannes Singhammer (CDU/CSU): Das ist entscheidend!)

   So entstehen Balancen untereinander, indem sich jeder auf den anderen verlassen kann, indem derjenige, der ortsnah ist, Entscheidungen treffen und die Initiative ergreifen kann, aber in der Frage der Finanzierung nicht mehr allein gelassen wird, und indem er gleichzeitig die Chance bekommt, dass sich der Markt, in dem ein entsprechender Bedarf besteht, über die geringfügige Beschäftigung öffnet, damit er die Möglichkeit zur Vermittlung hat, sodass schließlich eine Situation entsteht, in der er über die Instrumente verfügt, diejenigen, die sich vor Arbeit drücken wollen, vorzuführen und ihnen klar zu machen, dass die Gesellschaft dazu nicht bereit ist.

   Das ist unser Angebot; das ist unser Modell.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es ist schlüssig und rund und würde zwei Kriterien gleichzeitig erfüllen - darin besteht ein weiterer Unterschied zu Ihrem Vorhaben -: Es würde einerseits eine Verbesserung der Beschäftigungssituation und der Vermittlung von Beschäftigung erreichen und wäre gleichzeitig ein erster Schritt zur Änderung des Arbeitsmarktes, indem wir zusätzliche Arbeit nach Deutschland holen bzw. verhindern, dass Arbeit ins Ausland abwandert, statt die Menschen zwischen nicht vorhandenen Arbeitsplätzen hin und her zu schieben und über die Lage zu lamentieren. Denn es ist besser, die Arbeit auf allen Beschäftigungsstufen in unserem Land zu halten und, sofern Sozialhilfeleistungen notwendig sind, den sozialen Ausgleich zusätzlich zu leisten, als die Arbeit ins Ausland zu vertreiben und allein den sozialen Ausgleich zu finanzieren. Darum wird es in dieser Auseinandersetzung gehen.

   Vielen, herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU - Beifall bei der FDP)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Thea Dückert, Bündnis 90/Die Grünen.

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Koch, Sie haben Recht: Wir stehen im Vermittlungsausschuss vor einer umfänglichen Debatte. Das ist den Machtverhältnissen in unserem Land geschuldet. Deswegen bin ich sehr erstaunt, dass Sie mit so viel Unehrlichkeit und Demagogie die Debatte eröffnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

   Sie haben Recht: Selbstverständlich brauchen wir die Kommunen. Sie haben Know-how, weil sie sich in der Vergangenheit um die Langzeitarbeitslosen gekümmert haben. Wir haben einen entsprechenden Gesetzentwurf vorbereitet. Wir haben Ihnen angekündigt - das hat auch der Minister gerade getan -, dass wir uns auf ein Modell verständigen werden, durch das beide Seiten quasi auf gleicher Augenhöhe eingebunden werden. Es ist eine Mär, dass sich entweder alleine die Kommunen oder alleine die Bundesanstalt für Arbeit um die vielen Langzeitarbeitslosen werden ordentlich kümmern können. Die Kommunen und die Bundesanstalt für Arbeit müssen zusammenarbeiten. Das ist klar und das liegt auch unserem Konzept bzw. unserem Gesetzentwurf zugrunde.

   Was machen Sie aber in Hessen? Wie können Sie angesichts dessen, was Sie einklagen, erklären, dass bei Ihnen im Moment kommunale Angebote im Beschäftigungsbereich, soziale Dienste und Betreuungsangebote durch einen landespolitischen Kahlschlag bedroht werden?

(Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aha!)

Sie scheinen Ihren eigenen politischen Botschaften überhaupt nicht zu glauben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

   Herr Koch, glauben Sie angesichts der schwierigen Arbeitsmarktsituation in Deutschland sowie der europäischen und internationalen Konkurrenz im Ernst, dass Ihr Vorschlag - den haben Sie gerade gemacht -, man solle in Deutschland Bedingungen schaffen, die es ermöglichten, mit tschechischen Löhnen zu konkurrieren, helfen wird, die Zukunft unseres Landes zu sichern? Deutschland ist doch ein hoch qualifiziertes Land. Die Behauptung bzw. das Versprechen, dass wir die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland mit Dumpinglöhnen, die mit den Löhnen in Tschechien vergleichbar sind, abbauen können, ist falsch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

   Wir haben einen vollkommen anderen arbeitsmarktpolitischen Ansatz. Dennoch werden wir uns im Vermittlungsverfahren einigen müssen. Ich glaube, dass das möglich sein wird, wenn Sie von Ihren Positionen ein bisschen herunterkommen.

   Ich möchte jetzt auf unser Gesamtkonzept zu sprechen kommen. Erstens. Wir haben die Agenda 2010 auf den Weg gebracht. Sie hat das Ziel, Investitionen und Arbeit voranzubringen. Zweitens. Die Hartz-Gesetze sind ein Teil davon. Natürlich kann man nicht mit einzelnen Instrumenten Arbeitsplätze schaffen. Aber man kann den deutschen Arbeitsmarkt fit machen und die strukturellen Defizite abbauen - das ist uns international ins Stammbuch geschrieben worden -, um mithilfe der Agenda 2010 und der Vorziehung der letzten Stufe der Steuerreform dieses Land wieder in Schwung zu bringen. Wir werden einen vorbereiteten Arbeitsmarkt, eine vorbereitete Arbeitsverwaltung und eine Betreuung aus einer Hand für die Arbeitslosen haben. Auch diese werden besser vorbereitet sein. Es geht also um eine Rundumerneuerung des Arbeitsmarktes.

Die Bundesanstalt für Arbeit mit ihren 90 000 Beschäftigten wird eine Dienstleistungsagentur werden, die die einzelnen Menschen ordentlich, direkt, schneller und effizienter betreuen wird. Wir werden die Instrumente vollkommen neu gestalten sowie die Leistungen entbürokratisieren und schlanker machen. Mit dem, was wir heute vorschlagen - das ist für uns Grüne ein wichtiger Punkt -, packen wir etwas an, über das Sie Jahr für Jahr nur geredet haben, nämlich die Notwendigkeit, die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe in eine Hand zu legen, den Menschen so eine Anlaufadresse zu geben und sie durch das Angebot einer bedarfsorientierten Grundsicherung - zumindest teilweise - aus der diskriminierenden Situation herauszuholen, in der sie sich als Sozialhilfeempfänger befinden. Dieses Angebot an die Menschen macht nicht nur Schluss mit der Diskriminierung der Sozialhilfe insgesamt, sondern es richtet sich vielmehr an alle, die mehr als drei Stunden täglich arbeiten können. Es wird in diesem Land auch sozialpolitisch viel verändern.

   Viele Kritiker bemängeln, dass die neue Leistung auf dem Niveau der Sozialhilfe gezahlt wird. Denen möchte ich Folgendes sagen: Die vielen heutigen Sozialhilfeempfänger sind von der aktiven Arbeitsmarktpolitik ausgeschlossen. Sie werden den Zugang dazu finden. Für sie bestehen keine bzw. nur minimale Anreize hinzuzuverdienen. Sie werden Einstiegshilfen bekommen, allerdings andere als im Unionskonzept, in dem die Leistung zunächst einmal unter das Existenzminimum gedrängt wird. Die Einstiegshilfen werden sie auch in Abhängigkeit von der Anzahl ihrer Kinder bekommen. Wenn sie geringe Einkommen haben, werden sie einen Kinderzuschlag beanspruchen können. Alleinerziehende werden einen Mehrbedarfszuschlag und insbesondere auch Hilfen bei der Kinderbetreuung bekommen. Es wird eine pauschalierte Leistung und vieles mehr geben.

   Meine Damen und Herren, wir nehmen hier eine ungeheuer umfassende Änderung für die Menschen vor. Ich glaube, dass es in diesem Bereich auf der einen Seite richtig ist, bei ehemaligen Arbeitslosenhilfeempfängern - in der Regel bei denjenigen, die keine Familie haben - in bestimmten Fällen auch Leistungsabsenkungen vorzunehmen. Auf der anderen Seite ist es aber auch richtig, dass es keine zwei Klassen von Langzeitarbeitslosen mehr geben wird und dass die Leistung, die ich eben beschrieben habe, zum Beispiel der Zugang zur aktiven Arbeitsmarktpolitik, für alle derzeitigen Sozialhilfeempfänger in Zukunft ein besseres und direkteres Angebot darstellen wird, das ihre Selbstbestimmung stärken wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

   Was macht die Union? Wir haben es gerade gehört! Sie will diesen Zug stoppen und ihn in eine ganz andere Richtung umsteuern. Bei der Zumutbarkeit fängt es an. Herr Koch, Sie propagieren hier im Ernst - ich war wirklich erstaunt, wie überzeugt Sie davon offenbar sind -, dass es Sinn macht, in Deutschland Dumpinglöhne zu zahlen. Sie bieten den Erwerbslosen - schauen Sie sich einmal das EGG an - eine Leistung unterhalb des Existenzminimums an - das ist übrigens für jeden ein verfassungsrechtlich verbrieftes Recht -, die sie nur dann auf das Niveau des Existenzminimums aufstocken können, wenn sie irgendeine Arbeit annehmen. Meine Damen und Herren, das Sozialstaatsgebot des deutschen Grundgesetzes in Wisconsin zu vergraben - das ist Ihr Ansatz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

   Ich sage Ihnen: Das hilft den Sozialhilfeempfängern und den Arbeitslosen kein bisschen. Aber es ist noch schlimmer. Das, was Sie anbieten, ist ökonomischer Unsinn. Sie schwächen die Investitionskraft der Kommunen,

(Zuruf von der CDU/CSU: Wer hat die denn ruiniert?)

weil Sie für das Handwerk flächendeckend absolut negative Auswirkungen vorbereiten.

   Wenn Sie im Ernst davon ausgehen, dass die Kommunen - übrigens ohne die Einbeziehung des Kriteriums der Zusätzlichkeit - Arbeitsmöglichkeiten in der Größenordnung zwischen 900 000 und 1,5 Millionen anbieten können, dann wären dies fünfmal so viele wie heute. Wenn Sie davon ausgehen, dass sie das schaffen, dann  - das hat das Ifo-Institut ausgerechnet - würde dies die Kommunen mit etwa 6,9 Milliarden Euro jährlich belasten.

   Es kann nur funktionieren, wenn die Kommunen viele Leistungen, die heute vom Handwerk, von kleinen Dienstleistern oder kleinen Unternehmen angeboten werden, von den Arbeitlosen verrichten lassen. Ich sage Ihnen: Jede Schule, jedes Schwimmbad und jede Bibliothek in einer Kommune, die irgendeine Renovierungsarbeit braucht, wird das demnächst nicht vom Handwerk, sondern von Arbeitslosenhilfeempfängern erledigen lassen. Anders sind diese Angebote gar nicht zu schaffen.

(Wolfgang Clement, Bundesminister: Genau so ist das!)

Das ist unsozial sowie unökonomisch und schadet dem Handwerk.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

   Es kommt aber noch besser: Sie wollen nicht nur 900 000 bis 1,5 Millionen dieser Jobs schaffen, sondern auch flächendeckend einen Niedriglohnsektor installieren. Wie das finanziert werden soll, sagen Sie nicht; denn auch Sie können das Geld dafür nirgendwo eintreiben. Auch auf dieser Ebene soll den kleinen Handwerksbetrieben mit einem auf Lohnsenkung hinauslaufenden Mechanismus das Wasser abgegraben werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das wird für Deutschland kein Ansatz sein.

   Sie treten für die gegenseitige Unterhaltspflicht von Eltern und Kindern ein. Sie halten es für schädlich - Herr Kauder hat in den letzten Tagen in der Presse starke Kritik geübt -, dass wir dies nicht umsetzen. In welcher Welt leben Sie eigentlich? In diesem Land ist es so geregelt, dass diejenigen füreinander verantwortlich sind, die zusammen wohnen. Es gibt Familienverhältnisse, die dadurch gekennzeichnet sind, dass man sich aus den Augen verloren und nichts mehr miteinander zu tun hat.

(Volker Kauder (CDU/CSU): Die müssen auch heute Unterhalt leisten!)

   Wir stehen für die bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter, damit die vorhandenen Regelungen, die Eltern und Kinder verpflichten, füreinander einzustehen, aufgehoben werden. Damit wollen wir die verschämte Altersarmut bekämpfen. Sie haben uns eine schlimme Hypothek hinterlassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

   Nicht nur, dass Sie das, was wir in diesem Bereich geschaffen haben, wieder abschaffen wollen, sondern Sie stellen auch infrage, dass die verschämte Armut Erwachsener bekämpft werden muss. Was stellen Sie sich eigentlich vor? Wollen Sie im Ernst, dass ein arbeitsloser 40- oder 50-jähriger Facharbeiter aus dem Osten seinen 80-jährigen Vater oder seine 80-jährige Mutter aufsucht - mit ihnen hat er vielleicht nichts mehr zu tun -, damit sie ihn unterstützen? Was haben Sie für ein soziales Bild? Auch Arbeitslose haben einen Anspruch auf Selbstständigkeit und auf Selbstbestimmung. Das wollen wir in diesem Gesetz verankern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

   Sie haben hier groß davon gesprochen, Zuverdienstmöglichkeiten zu schaffen. Wissen Sie, was in Ihrem Gesetzentwurf vorgesehen ist?

(Klaus Brandner (SPD): Sie wollen sie abschaffen!)

Sie streichen jede Zuverdienstmöglichkeit für Sozialhilfeempfänger im Bereich bis 400 Euro. Was ist denn das für ein Ansatz? Wollen Sie den Leuten helfen, in den Arbeitsmarkt hineinzukommen, oder wollen Sie sie davon abhalten? Für Alleinerziehende und für Leute mit kleinen Einkommen müssen Anreize gesetzt werden, damit sie in den Arbeitsmarkt schrittweise zurückkehren können. Die Brücke, die wir herunterlassen wollen, um den Leuten den Eintritt in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen, wollen Sie hochziehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

   Herr Koch, Ihre Reise nach Wisconsin muss sehr anregend gewesen sein.

(Karl-Josef Laumann (CDU/CSU): Da sollten Sie auch einmal hinfahren!)

Sie verpacken das Konzept des Working Poor in immer neue Worthülsen und legen es dem Bundestag oder dem Bundesrat vor. Das war zunächst beim OFFENSIV-Gesetz so; jetzt gilt es für das EGG, also das Existenzgrundlagengesetz.

   Wir wollen weder in Deutschland noch in Europa das Konzept des Working Poor installieren. Sie erzählen einfach arbeitsmarktpolitischen Unsinn, wenn Sie erklären, dieses Konzept werde in Dänemark oder in Holland praktiziert. Dort verfolgt man nämlich ganz andere Ansätze. Dänemark können wir uns durchaus zum Vorbild nehmen.

   Ich möchte noch etwas zum mageren arbeitsmarktpolitischen Ansatz der FDP sagen. Die FDP handelt nach dem einfachen Motto: Die Arbeitslosen interessieren uns nicht; uns interessieren Klientele wie Handwerker oder Apotheker. Mir fehlt die Zeit, darauf genauer einzugehen. Wir werden darüber an anderer Stelle diskutieren. Sie sollten einmal nachlesen, was Ihre eigenen Leute schreiben, zum Beispiel Dahrendorf oder andere. Wenn Sie das täten, dann wüssten Sie, wie wichtig das soziale Gleichgewicht auch auf dem Gebiet der Arbeitsmarktpolitik ist.

   Zum Schluss sage ich Ihnen noch eines: Es wird zu einem Vermittlungsverfahren kommen.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Frau Kollegin, beachten Sie bitte die Zeit.

Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Deswegen komme ich jetzt zum Schluss.

(Volker Kauder (CDU/CSU): Das ist aber eine freche Bemerkung!)

   Im Vermittlungsverfahren wird es darum gehen, auch die Kommunen einzubinden. Wir wollen in diesem Vermittlungsverfahren zwei Dinge erreichen:

(Volker Kauder (CDU/CSU): Jetzt reicht es aber! - Johannes Singhammer (CDU/CSU): Das sind noch einmal fünf Minuten zusätzlich!)

Erstens wollen wir sicherstellen, dass in Deutschland ein faires System von Fördern und Fordern verankert wird. Zweitens wollen wir das Prinzip Working Poor aus Deutschland raushalten, übrigens auch aus Hessen.

   Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Guido Westerwelle, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)

Dr. Guido Westerwelle (FDP):

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute Morgen bekommen wir eine Fülle von Meldungen, die schlaglichtartig offenbaren, wie die derzeitige Lage in Deutschland ist.

(Franz Müntefering (SPD): Ja, meinen Sie Herrn Döring?)

   Wir haben heute Morgen im Ticker eine Meldung vom Statistischen Bundesamt bekommen, nach der der Anstieg der Insolvenzen auch im Juli anhält. Die Insolvenzen sind gegenüber dem Juli des Vorjahres um über 20 Prozent gestiegen.

   Der Schätzerkreis der Rentenversicherer meldet heute Morgen: „Anstieg des Rentenbeitrages auf 20,3 Prozent droht.“

   In der Zeitung „Die Welt“ wird Herr Bsirske, Ihr grüner Parteifreund von der Verdi, zitiert mit den Worten: “Ein Beitragssatz von 24 Prozent ist doch kein Drama ...“

(Johannes Singhammer (CDU/CSU): Fragt sich nur, für wen!)

   Heute Morgen lasen wir in der „Bild“-Zeitung, dass sich Herr Eichel darüber beklagt, dass Herr Schumacher und Herr Becker in die Schweiz gehen. Als ob sie dorthin gingen, weil die Berge so hoch und die Täler so grün sind! Sie müssen endlich kapieren, dass Sie die Rahmenbedingungen in Deutschland verändern müssen, weil Sie sonst keine Investitionen in Deutschland haben werden. Das ist die eigentliche Schicksalsfrage unseres Landes. Wir brauchen eine marktwirtschaftliche Erneuerung und nicht die Fortsetzung Ihrer bürokratischen Staatswirtschaft.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

   Das, was Sie heute vorgelegt haben, verlangsamt vielleicht das Tempo Ihrer falschen Politik; eine Richtungswende, ein Wechsel zu einer vernünftigeren Politik ist das aber mit Sicherheit noch nicht.

(Gerd Andres (SPD): Guido in die Schweiz! Das ist doch ein Slogan!)

   Als Sie die Agenda 2010 in Ihrer Regierungserklärung vorgestellt haben, haben wir Ihnen ein Angebot gemacht.

(Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das hat keiner ernst genommen! Das ist wie mit der FDP: Keiner nimmt sie ernst!)

Wir haben Ihnen gesagt: Es gibt in diesem Bundestag eine Mehrheit der marktwirtschaftlichen Vernunft. Eine Zeit lang hatten die Vertreter der Wirtschaft und auch wir in der Opposition die Hoffnung, dass Sie auf einem vernünftigen Weg mitgehen wollen. Wir dachten, dass Sie es ernst meinen.

   In den letzten beiden Wochen haben Sie sich dann von Ihren Abweichlern weich kochen lassen. In Wahrheit haben Sie sich gegen die Neue Mitte und für die alte Linke entschieden. Sie haben das, was mit der Agenda 2010 ohnehin nur als Minimalprogramm begonnen hat, so weich gekocht,

(Volker Kauder (CDU/CSU): Weich gespült!)

so bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, dass dadurch keine neuen Initiativen auf dem Arbeitsmarkt entstehen werden.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Gerd Andres (SPD): So ein Unsinn! - Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie müssen besser werden, Herr Westerwelle!)

   In Wahrheit drücken Sie sich vor der Beantwortung der entscheidenden Fragen. Was ist denn zumutbar? Es ist sehr gut, dass wir in dieser Debatte die verschiedenen Auffassungen einander gegenüberstellen. Was ist in diesem Lande zumutbar? Sie sind der Überzeugung, dass einfach bezahlte Arbeit nicht zumutbar ist. Deswegen führen Sie - das ist die Wahrheit - durch die Hintertür Mindestlöhne ein.

(Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unterbezahlung!)

Der Hinweis auf die Ortsüblichkeit bzw. auf die Tariflöhne in Art. 1 § 10 Ihres vorliegenden Gesetzes macht das geradezu offensichtlich. Sie sagen, es sei nicht zumutbar, in den Arbeitsmarkt mit einer geringer bezahlten Tätigkeit zurückzugehen.

   Aus unserer Sicht wird daran der ganze Unterschied im politischen Ansatz erkennbar: Wir sind der Überzeugung, dass es kein Verstoß gegen die Menschenwürde ist, Arbeit anzunehmen, die Millionen andere Menschen machen. Ein Verstoß gegen die Menschenwürde ist es, wenn Menschen in der Arbeitslosigkeit verharren müssen. Es liegt nämlich auch ein Stück Selbstverwirklichung darin, durch eigenes Schaffen sein Leben zu gestalten. Wir finden, Sozialhilfe ist nicht besser als Arbeit, sondern Arbeit ist besser als Sozialhilfe, auch wenn diese Arbeit schlechter bezahlt wird.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Peter Dreßen (SPD): Das stimmt doch gar nicht! Schauen Sie doch ins Gesetz!)

   Wir haben vor kurzem bei dem Geburtstag des BDA-Präsidenten Hundt zusammengesessen,

(Zurufe von der SPD: Oh!)

auf den Sie sich - insbesondere Herr Clement tut das - die ganze Zeit berufen.

Wir erleben - das ist faszinierend -, wie der Bundeskanzler bei dem Festakt sitzt, den Reden zuhört, freundlich Beifall spendet - in der Hoffnung, jetzt gehe es voran.

   Ich will Ihnen vortragen, was diejenigen, mit denen Sie doch Arbeitsplätze schaffen wollen, über das sagen, was heute zur Abstimmung steht. Allein die Reaktion in diesem Haus ist bezeichnend. Ich zitiere Herrn Bsirske und Sie schweigen. Ich sage, dass ich Herrn Hundt zitieren will, und Sie ärgern sich.

(Gerd Andres (SPD): Es war doch nur ein Geburtstag! - Unruhe bei der SPD)

Wo sind wir denn? Wer soll denn Arbeitsplätze schaffen? Herr Bsirske schafft keine Arbeitsplätze. Eher wird der BDI oder die BDA Arbeitsplätze schaffen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

   Herr Hundt hat dargestellt, wie es in der Praxis bei Hartz aussehen wird. Ein Dreher, der arbeitslos wird, muss in einem anderen Unternehmen die gleiche Tätigkeit aufnehmen, auch wenn er dort bis zu 20 Prozent weniger verdient; anderenfalls - das ist Hartz - kann ihm das Arbeitslosengeld gestrichen werden. Für einen langzeitarbeitslosen Dreher, der in Zukunft Arbeitslosengeld II beziehen wird, soll das hingegen nicht gelten. Er soll die gleiche Stelle ohne Folgen ablehnen dürfen, wenn für diese Arbeit nicht der vergleichbare Tariflohn gezahlt wird.

(Gerd Andres (SPD): Das ist doch Unsinn!)

   Ein zweiter Punkt, über den wir hier reden müssen. Sie sind dabei, einen handwerklichen Fehler nach dem anderen zu machen. Jetzt sollen neben den Arbeitslosen auch noch die erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger in die Zuständigkeit der Bundesanstalt für Arbeit eingegliedert werden. Das sind vielleicht 1 Million. Dazu kommen die Familienangehörigen. Das sind noch einmal 4,5 Millionen. Bei 4,5 Millionen Arbeitslosen wollen Sie die Bundesanstalt für Arbeit auch noch für weitere 5,5 Millionen Menschen zuständig machen. In Wahrheit ist das die Fortsetzung des Chaos.

(Beifall des Abg. Peter Rauen (CDU/CSU))

Was Sie bei der Maut und dem Dosenpfand begonnen haben, wird fortgesetzt. Was Sie hier vorlegen, stimmt handwerklich nicht und das ist das Problem. Das nächste Chaos ist vorprogrammiert.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   Was muss stattdessen geschehen? Es muss dazu kommen, dass grundsätzlich jede Arbeit, die in einem Land angeboten wird, auch einfache Arbeit, als zumutbar gilt. Das ist nicht Turbokapitalismus, wie es von Ihnen jahrelang immer gesagt worden ist, sondern das ist die Realität in Europa. Die Niederlande zum Beispiel gelten nun mit Sicherheit nicht gerade als ein kapitalistisches, rücksichtsloses Land. Ich glaube, dass die Sozialstaatstradition der Niederlande mit der Deutschlands ganz gewiss mithalten kann. Dort ist das ganz anders geregelt - das kann man auf jeder Website aus den Niederlanden erkennen -: einfacher, prägnant, für jeden berechenbar. Nach sechs Monaten muss eine Arbeit auf niedrigerem Niveau angenommen werden, nach zwölf Monaten erfolgt eine weitere Herabstufung und nach 18 Monaten Arbeitslosigkeit ist jede Arbeit zumutbar.

(Gerd Andres (SPD): Das steht bei uns im Gesetz, Herr Westerwelle!)

Da ist die eigentlich mutige Frage, die Sie beantworten müssen.

   Herr Minister Clement, Sie haben hier formuliert: Wir müssen den Nachwuchs der Arbeitslosigkeit abgraben. Was Sie vorlegen, ist aber nicht die Antwort darauf. Sie müssen dafür sorgen, dass nicht eine Entwicklung fortgesetzt wird, bei der sich in Wahrheit schon die zweite und dritte Generation in den staatlichen Lohnersatzleistungen eingerichtet hat. An dieser Wahrheit führt nichts vorbei.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das wird wieder zu heftigen Beschimpfungen Ihrerseits und den Klassenkampfargumenten führen, aber Sie werden von der Realität eingeholt werden.

   Mich erinnern die Diskussionen, die wir jetzt führen, an die Diskussionen, die wir vor ziemlich genau einem Jahr geführt haben. Vor einem Jahr haben Sie sich sogar geweigert, ein Minimalprogramm in Richtung marktwirtschaftliche Erneuerung vorzulegen. Heute sind Sie der Meinung, dass das, was Sie vorgelegt haben, ausreicht. Wir sehen uns in einem Jahr wieder und Sie werden erneut von der Realität eingeholt werden, weil das, was Sie vorgelegt haben, nicht einmal geeignet ist, das Ansteigen der Arbeitslosigkeit zu begrenzen, geschweige denn den Rückgang der Arbeitslosigkeit zu erreichen.

(Beifall bei der FDP)

   Wir müssen an Dinge herangehen, über die überhaupt nicht gesprochen wird, die für Sie eine heilige Kuh sind. Es ist schade, dass Sie sich immer noch weigern, diese Themen aufzugreifen. Aber auch damit werden Sie sich auseinander setzen müssen.

(Jörg Tauss (SPD): Was sagt Herr Kubicki dazu?)

Ich nenne das Thema Tarifautonomie und Flächentarifverträge. Weil Sie uns ja nicht glauben, zitiere ich den früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt, der Mitglied Ihrer Sozialdemokratischen Partei ist:

Im Bereich der Lohnfindung muss der flächendeckende Tarifvertrag verschwinden. Dazu muss im Tarifvertragsgesetz die Verordnung der „Allgemeinverbindlichkeit“ gestrichen und im Betriebsverfassungsgesetz müssen jene Paragrafen abgeschafft werden, die es den Geschäftsleitungen und Betriebsräten verbieten, Betriebsvereinbarungen über Löhne, Arbeitszeiten und -bedingungen abzuschließen.
(Beifall bei der FDP)

   Also gibt es doch einige, die das längst verstanden haben. Sie werden von der Vernunft eingeholt werden. Sie haben heute auf eine Mehrheit der Vernunft im Bundestag verzichtet, weil es Ihnen wichtiger war, die eigenen Linken zu befriedigen. Damit kommen Sie nicht durch. Die Probleme holen Sie nämlich ein.

   Deswegen sage ich Ihnen: Wir sehen uns im Vermittlungsausschuss wieder.

(Franz Müntefering (SPD): Arroganter Junge!)

Darüber, wie die Abstimmung heute ausgehen wird, ist längst entschieden.

(Franz Müntefering (SPD): Windbeutel!)

Ihre Nagelprobe wird später sein. Ob Sie bereit sind, der Vernunft zur Mehrheit zu verhelfen im Interesse der Menschen, die Arbeit suchen, wird sich im Dezember entscheiden, wenn wir die Ergebnisse aus dem Vermittlungsausschuss hier zu beraten haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Nächster Redner ist der Kollege Klaus Brandner, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD - Jörg Tauss (SPD): Jetzt kommt wieder ein Schwergewicht! - Gerd Andres (SPD): Sag dem Rechtsanwalt einmal, was im Gesetz steht!)

Klaus Brandner (SPD):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Reden von Herrn Koch und Herrn Westerwelle ist uns klar geworden, dass das Konzept der Opposition in Lohndrückerei und Daumenschrauben, dem Verzicht auf strukturelle Reformen besteht. Mit Lohnverhältnissen wie in Tschechien lässt sich die Arbeitslosigkeit in Deutschland nicht wirksam bekämpfen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Das wäre ein Irrweg, den wir nicht beschreiten werden. Wir wollen strukturelle Reformen. Wir wollen die menschenunwürdigen Verschiebebahnhöfe beseitigen, wir wollen, dass die Verantwortung für die Menschen nicht länger zwischen den Kommunen und der Bundesanstalt für Arbeit hin und her geschoben wird. Wir wollen Hilfen aus einer Hand. Erst fördern und dann fordern: Wir wissen, dass der Schlüssel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in unserem Land darin liegt, dass wir die Menschen qualifizieren und fördern. Wenn wir das tun, haben wir auch das Recht, die Menschen zu fordern. Das ist ein Weg, der aus der Krise führt - nicht die massive Absenkung des Lohnniveaus.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Hartz III und Hartz IV setzen den Schlusspunkt bei der Aufgabe dieser Regierung, den Arbeitsmarkt flexibler zu gestalten. Das gilt für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Arbeitgeber und auch für die Arbeitsämter, die neuen Agenturen für Arbeit - ein Musterbeispiel, wie ich meine, für das Konzept Flexibilität und Sicherheit. Wir geben Langzeitarbeitslosen umfassende Sicherheit, auf bescheidenerem Niveau, aber dafür mit voller Sozialversicherung. Wir wollen Sicherheit vor Armut für alle Langzeitarbeitslosen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dadurch werden auch hilfebedürftige Kinder aus der Armut herausgeführt.

(Beifall der Abg. Christel Humme (SPD))

Das ist ein sozial gerechtes Konzept.

   Flexibilität bedeutet fördern und fordern, geben und nehmen, Leistung und Gegenleistung. Was gibt es Besseres als individuelle Betreuung? Wolfgang Clement hat heute Morgen darauf hingewiesen: Wir wollen, dass man im Arbeitsamt nicht mehr Schlange stehen und auf dunklen Fluren warten muss, bis man die Dienstleistung erhält, die man benötigt. Wir wollen mehr Fallmanager. Wir wollen, dass auf 75 Arbeitssuchende ein Fallmanager kommt, der die Instrumente der Arbeitsmarktpolitik flexibel einsetzen kann.

   Ein solches Konzept fehlt bei der Opposition völlig. Wir wollen keine Mammutbehörde. Wir wollen auch nicht, dass diese Fallmanager bei der Bundesanstalt für Arbeit angestellt werden. Nein, in den Kommunen und Wohlfahrtsverbänden, wo in vielen Einzelfällen schon gute Arbeit geleistet wird, sollen auch zukünftig ein solches Fallmanagement möglich sein und die notwendigen Hilfen erbracht werden können.

   Es fällt auf, dass die Krokodilstränen, die Herr Koch in der heutigen Debatte geweint hat, als er behauptet hat, dass die Kommunen und Wohlfahrtsverbände nicht auf gleicher Augenhöhe betrachtet würden, lediglich von seinen eigenen Untaten ablenken sollen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn in seinem eigenen Landeshaushalt werden genau die Mittel gestrichen, die die Wohlfahrtsverbände benötigen, um zum Beispiel eine Schuldnerberatung oder eine Familienberatung durchzuführen. Insofern hat die CDU/CSU kein schlüssiges Konzept vorgelegt, Herr Koch.

(Ludwig Stiegler (SPD): Wir machen das für ihn!)

Sie sollten wissen, dass uns das nicht überzeugt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind überzeugt, dass es auf eine faire Balance ankommt. Diese wollen wir mit der Zumutbarkeitsregelung erreichen. Denn Minijobs sind in unseren Augen zumutbar. Das sind keine Arbeitsverhältnisse in einer Schmuddelecke. Aber wir wollen diese Arbeit nicht zu Dumpinglöhnen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das gibt uns das Recht, Minijobs - aber nicht unter menschenunwürdigen Bedingungen - als zumutbar anzusehen.

   Eine steuerfinanzierte Leistung darf mit Sicherheit kein Ruhekissen sein. Es muss Anreize zur Arbeitsaufnahme geben. Deshalb haben wir die Selbstbehalte erhöht. Die Kollegin Dückert hat darauf hingewiesen, dass Einstiegsgeld und Kinderzuschläge hinzukommen. Wir wollen nämlich nicht, dass Menschen wegen der Kinderzuschläge in der Hilfebedürftigkeit bleiben. Wir haben die Regelungen bewusst verändert, um deutlich zu machen, dass die Menschen heraus aus der Fürsorgeleistung und hinein in die Arbeitsverhältnisse kommen müssen. Dafür muss der Selbstbehalt erhöht werden. Arbeit muss sich lohnen. Diesem Grundsatz stimmen wir zu.

   Ich darf in diesem Zusammenhang auf das hinweisen, was die „Financial Times Deutschland“ in den letzten Tagen in einem großen Artikel mit der Überschrift „Chancen für Arbeitslose und Arme“ geschrieben hat:

Jugendliche bekommen ein gigantisches Angebot. Wer sich verweigert, muss aber auch mit Sanktionen rechnen. Sonst stimmt die Balance nicht.

Genau dem stimmen wir zu. Jawohl, Jugendliche sollen einen Anspruch auf Ausbildungs-, Trainings- oder Arbeitsmaßnahmen haben. Wer diese zumutbaren Angebote nicht annimmt, der muss wissen, dass es Sanktionen gibt. Wir können nämlich nicht hinnehmen, dass man sich in eine Hängematte legt. Es muss vielmehr so sein, dass man offensiv gefordert wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

   Die CDU/CSU kann sich diesen Einsichten nicht verweigern, jedenfalls nicht aus sachlichen Gründen. Alles andere wäre aus meiner Sicht pure Parteitaktik. Davon haben die Bürger in unserem Land die Nase gestrichen voll.

(Johannes Singhammer (CDU/CSU): Vor allem von Rot-Grün!)

Wir setzen darauf, eine neue Bundesanstalt für Arbeit zu bauen, nämlich eine Bundesagentur für Arbeit. Wir müssen wegkommen von dem Begriff „Anstalt“. Deshalb muss nicht nur die Überschrift des Gesetzes geändert werden. Die Rahmenbedingungen müssen verändert werden, sodass wir weg von einer Anstalt und hin zu einer Agentur für Arbeit kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb sage ich: Es muss eine Rundummodernisierung und nicht nur eine neue Fassade geben. Der Bund bekennt sich in diesem Zusammenhang voll zu seiner Verantwortung.

   Lassen Sie mich sagen, dass es schon ganz interessant ist, wie die CDU in den letzten Wochen und Monaten über die Bundesanstalt für Arbeit herzieht. Sie läßt fast keine Möglichkeit aus, zu sagen, die Behörde habe das Vertrauen der Menschen in diesem Land nicht verdient; sie sei nicht leistungsfähig. Die CDU sagt dies, obwohl sie sich ihrer Verantwortung in der Vergangenheit bewusst sein müsste. Denn fast zwei Jahrzehnte lang war ein CDU-geführtes Ministerium für die Bundesanstalt für Arbeit zuständig.

(Ludwig Stiegler (SPD): So ist es!)

Über zwei Jahrzehnte lag die Führung dieser Bundesanstalt bei der CDU nahestehenden Personen. Ich denke, man sollte ein bisschen fairer mit den Menschen umgehen, denen man über Jahrzehnte das Vertrauen ausgesprochen hat, anstatt sie jetzt in der Öffentlichkeit so unfair zu behandeln.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Wir wollen nicht, dass die Bundesanstalt für Arbeit zukünftig die Arbeitslosigkeit verwaltet. Sie muss durch Kundenfreundlichkeit, durch schnelle Vermittlung, durch weniger Vorschriften, durch direkte und bessere Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern, durch weniger Sonderregelungen und durch die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Kommunen und freien Trägern auf gleicher Augenhöhe aktiv zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit beitragen.

   Ich möchte in diesem Zusammenhang ganz deutlich sagen, dass das, was die CDU/CSU vorhat, einer Abrissbirne gleichkommt. Sie hält die Bundesanstalt für Arbeit offensichtlich nicht für reformfähig. Sie hält sie nicht für in der Lage, die Langzeitarbeitslosigkeit wirksam zu bekämpfen.

   Ich möchte an dieser Stelle allen Mitarbeitern der BA - nicht nur dem Vorstand - zurufen: Zeigen Sie mit Ihrer Kompetenz und Ihrem Engagement, dass Sie es können, dass Sie einen überzeugenden Beitrag zum Umbau der Bundesanstalt für Arbeit leisten können!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben Florian Gerster nicht zum Abwickler der Bundesanstalt für Arbeit bestellt, sondern zum Baumeister einer neuen Bundesagentur. Die Bundesanstalt für Arbeit ist erneuerungsbedürftig; sie ist aber auch erneuerungsfähig. Darauf bauen wir.

Wir wollen im Übrigen, dass die Kommunen und die freien Träger voll in die Verpflichtung zur Zusammenarbeit eingebunden werden. Deshalb haben wir im Gesetz von einem Kontrahierungszwang, von einer Verpflichtung zur Zusammenarbeit, gesprochen. Deshalb haben wir in unserem Gesetz für die Bundesanstalt für Arbeit ein Zurückhaltungsgebot vorgesehen: Sie soll keine Aktivitäten entwickeln, die schon bei der Kommune oder bei freien Trägern vorhanden sind. Deshalb haben wir noch einmal in Änderungsanträgen festgeschrieben, dass die freien Träger ihren festen Platz in der Arbeitsmarktpolitik haben. Deshalb sind zum Beispiel Befürchtungen, die Jugendhilfe werde vernachlässigt, völlig unbegründet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Wir bekennen uns zur Verantwortung des Bundes bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit. Denkbar wäre trotzdem, dass für die Kommunen weitere Pflichtaufgaben zu definieren sind. Das sollte aber nur im Konsens erfolgen. Die Verantwortung für die Langzeitarbeitslosen sollte aber nicht komplett auf die Kommunen, also quasi mit dem Holzhammer, wie es die Union vorsieht, übertragen werden. Das Ifo-Institut sagt, 1,5 Millionen Arbeitsgelegenheiten zu schaffen sei den Kommunen nicht möglich. Dies würde zwangsläufig zur Verdrängung der Privatwirtschaft führen.

   Das Land Hamburg sagt zu dem Gesetzentwurf der CDU/CSU ganz konkret - wenn ich dies in diesem Zusammenhang ansprechen darf -, dass die gesetzliche Verpflichtung der Kommunen, für alle Erwerbslosen Arbeitsgelegenheiten zu schaffen, wie dies als Möglichkeit vorgegaukelt wird, überhaupt nicht leistbar ist. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es dazu:

Eine umfassende gesetzliche Verpflichtung der Kommunen, Arbeitsgelegenheiten für alle erwerbslosen Hilfe suchenden Personen zu schaffen, würde die kommunale Ebene vor kaum lösbare Herausforderungen stellen: Insgesamt müssten nach heutigem Stand knapp 3 Millionen kommunaler Beschäftigungsverhältnisse eingerichtet werden, allein eine Großstadt wie Hamburg müsste einen „Zweiten Arbeitsmarkt“ für mindestens 50.000 - 60.000 Menschen bereitstellen, eine Größenordnung, die dem gesamten heutigen Stellenbestand in der Hamburger Verwaltung nahe kommt. Damit wäre nicht nur die kommunale Ebene völlig überfordert,

- schreibt die Regierung -

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Zeit.

Klaus Brandner (SPD):

- ich komme sofort zum Schluss -

ein Vergleich mit der Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (Hamburg: ca. 750.000) macht auch deutlich, dass schwerwiegende

- ich betone: schwerwiegende -

... Rückwirkungen und Wettbewerbsverzerrungen für private Unternehmen als Konsequenz eines derartig ausgeweiteten kommunalen zweiten Arbeitsmarktes unvermeidlich wären. Solche gravierenden Substitutionseffekte an den regulären Arbeits- und Gütermärkten mit ihren entsprechend negativen Effekten ... müssen vermieden werden.

   Lassen Sie sich das von den Kolleginnen und Kollegen des Landes Hamburg noch einmal erklären! Herr Koch, sehen Sie ein, dass Ihr Konzept nicht schlüssig und nicht machbar ist! Wir sind bereit, im Vermittlungsausschuss zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen. Wir wollen die Kommunen auf gleicher Augenhöhe einbinden. Das ist unser Ziel. Insofern hoffe ich auf konstruktive Verhandlungen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Nächster Redner ist der Kollege Johannes Singhammer, CDU/CSU-Fraktion.

(Gerd Andres (SPD): Es bleibt einem aber auch nichts erspart am frühen Morgen!)

Johannes Singhammer (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Krebsgeschwür der Arbeitslosigkeit bekämpft man nicht mit Kamillentee. Rot-Grün hat nicht mehr die Kraft, die notwendige wirksame Medizin für einen Gesundungsprozess des Arbeitsmarkts zu verabreichen.

(Gerd Andres [SPD]: Donnerwetter!)

Ich sage das ohne Häme. Wir würden uns freuen, wenn Sie bessere Ergebnisse erzielen würden und erzielt hätten. Aber die weich gespülten Hartz-III- und Hartz-IV-Konzepte sind ebenso wenig die richtige Arznei gegen die wuchernde Arbeitslosigkeit wie alle anderen zuvor von Ihnen angepriesenen Arzneimittel: JUMP-Programm, Jobfloater, Mainzer Modell, Job-AQTIV-Gesetz, Hartz I und II.

   Die Folgen sind: Wir nähern uns in diesem Winter erstmals der Fünfmillionenmarke bei der Arbeitslosigkeit. Noch schlimmer ist: Allein in einem Jahr, von Juni vergangenen Jahres bis Juni dieses Jahres, sind 622 000 Beschäftigungsverhältnisse entfallen. Das ist eine niederschmetternde Bilanz. All Ihre Rezepturen haben nichts bewirkt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   Die Menschen in Deutschland haben deshalb das Vertrauen in all Ihre Rezepte, die Sie jetzt wieder neu ankündigen, verloren. Die Zeit ist zu kostbar, um mit neuen Placebos die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.

   Ich nenne Ihnen dafür ein Beispiel: In den Plänen der Bundesregierung spielen die so genannten Personal-Service-Agenturen, PSA genannt, eine zentrale Rolle. Sie sind eines der Herzstücke Ihres Programms. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete vor zwei Tagen, am 15. Oktober: 879 Agenturen sind seit dem April dieses Jahres entstanden und diese haben 907 Menschen dauerhaft vermittelt. - Der Bundeskanzler hat feierlich versprochen, die Hartz-Vorschläge eins zu eins umzusetzen. Jetzt wird die verhängnisvolle Doppeldeutigkeit dieses Versprechens sichtbar: Eine Agentur vermittelt einen Arbeitslosen. Dadurch bessert sich nichts.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist kein Fortschritt. Die Arbeitsämter in ihrer bisherigen Organisation hätten mit Sicherheit auch keine schlechteren Ergebnisse erzielt.

(Beifall des Abg. Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU))

   Die Menschen in unserem Land spüren, dass der Karren viel tiefer im Dreck steckt, als dies durch offizielle Bekundungen der Regierung verkündet wird. Die Menschen in unserem Land sind voller Unruhe, weil sie spüren, dass Schweiß und Tränen auf uns warten, und weil sie fürchten, dass ihnen die volle Wahrheit noch immer nicht gesagt worden ist.

   Die entscheidende Ursache unserer derzeitigen Schwäche - Ministerpräsident Koch hat in seinem dramatischen Appell schon darauf hingewiesen - ist das fehlende Wachstum. Umverteilung von Arbeitsplätzen schafft keinen einzigen neuen Arbeitsplatz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   Welches ist neben dem geschlossenen Arbeitsmarkt und der mangelnden Produktivität die größte Wachstumsbremse? - Das ist der zunehmende demographische Verfall unseres Landes.

(Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und die Unionsmehrheit im Bundesrat!)

Allein in diesem Jahr müssen wir ein Wirtschaftswachstum von 1 Prozent, das möglich gewesen wäre, abschreiben, weil die demographische Entwicklung zunehmend als Bremsklotz wirkt.

   Deswegen sage ich Ihnen: Wenn Sie an die Probleme grundsätzlich herangehen wollen, wenn Sie wirklich eine Wurzelbehandlung machen wollen - und die braucht Deutschland -, müssen Sie das Problem der Demographie angehen und dürfen es nicht ständig verschweigen und tabuisieren.

(Beifall bei der CDU/CSU - Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sind doch gegen das Zuwanderungsgesetz! Stimmen Sie dafür!)

   Wir sind gern bereit, Ihnen die Hand zu reichen, auch im Vermittlungsausschuss, um im Interesse der Menschen in unserem Land ein gutes Ergebnis zu erzielen. Dafür müssen aber bei all den Gesetzen, die Sie heute mit Mehrheit beschließen werden, zwei Voraussetzungen erfüllt sein:

   Erstens. Wir wollen keine bloße Verwaltung der Arbeitslosigkeit oder Umverteilung der Arbeit, sondern wir wollen, dass ein neuer Kurs in Richtung Wirtschaftswachstum gefahren wird.

   Zweitens. Wir wollen nicht, dass zusätzliche Bürokratien errichtet werden. Wir wollen vielmehr, dass schnellere und effizientere Entscheidungsprozesse installiert werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Worin liegen die Gemeinsamkeiten und worin liegen die Unterschiede? Die Gemeinsamkeiten sind: Wir glauben übereinstimmend, dass wir Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammenlegen müssen. Wir wissen auch alle, dass es bei einer solchen Umorganisation, dass es bei der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, von der 2,5 Millionen Menschen betroffen sind, unter keinen Umständen zu einem Fehlschlag kommen darf.

   Die Unterschiede liegen darin, dass wir meinen, dass die Kommunen besser geeignet sind, die Federführung bei diesem gemeinsamen großen Projekt zu übernehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Warum ist das so? Die Bundesanstalt - Sie erfahren das im Gespräch mit den verantwortlichen Leitern der Arbeitsämter vor Ort - ist nicht in der Lage, die neue Klientel in einer Größenordung von 800 000 bis 900 000 Menschen, die das so genannte Arbeitslosengeld II beziehen sollen, entsprechend Ihren eigenen Vorgaben zu betreuen.

   Sie wollen, dass die Bundesanstalt zu einem neuen Monstersozialamt mit 10 000 bis 15 000 neuen Dienststellen aufgebläht wird.

(Klaus Brandner (SPD): Sie haben doch jetzt gehört, dass das Quatsch ist!)

Damit werden Sie dem Problem nicht gerecht. Denn die Menschen, die bislang Sozialhilfe beziehen, brauchen eine sehr viel intensivere Betreuung als diejenigen, die erst seit drei Monaten arbeitslos sind. Hierbei handelt es sich um Problemfälle, die eine personalintensive Betreuung erfordern. Die Kommunen haben darin Erfahrung und sind erfolgreich. Deshalb muss dieser Bereich bei den Kommunen bleiben bzw. angesiedelt werden.

   In der größten deutschen Kommune, der Landeshauptstadt München, ist ein Arbeitsvermittler zurzeit für 800 Arbeitslose zuständig. Dieses Verhältnis wird sich auch mit der geplanten Einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und mit einem Umbau der Strukturen, den Sie planen, nicht verbessern. Diese Maßnahmen werden nicht dazu führen, dass eine intensive Betreuung von Menschen erfolgt, die schon längere Zeit dem Arbeitsmarkt entwöhnt sind. Im Gegenteil: Sie werden die Menschen parken. Sie werden nicht erfüllen, was Sie hier versprochen haben, nämlich diesen Menschen eine bessere Betreuung zukommen zu lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Gleichzeitig bauen Sie einen neuen babylonischen Turm aus Bürokratie und Paragraphen auf. Dazu möchte Ihnen ein Beispiel nennen: Nach Ihren Vorstellungen bleibt es nach wie vor dabei, dass denjenigen Sozialhilfe gezahlt wird, die aufgrund eines Handicaps nicht am Arbeitsleben teilnehmen können. Nun sehen Sie aber vor, dass das nur für diejenigen gelten soll, die nicht länger als drei Stunden am Tag arbeiten können. Sie wollen eine neue Einigungsstelle gründen, die diese Differenzierung bei den Menschen vornehmen soll.

   Alle Experten und all diejenigen, die betroffen sind, schlagen die Hände über dem Kopf zusammen und fordern Sie auf, diesen Unsinn zu lassen. Das führt nämlich zu einem katastrophalen Verwaltungsaufwand. Durch diese absurde Konstruktion einer neuen Bürokratie müssen neue Gutachter eingeschaltet werden, der Streit mit den Versicherungsträgern ist vorprogrammiert, ein neues Einigungsverfahren mit neuen Rechtswegen soll eröffnet werden. Das stellt alles bisher Dagewesene in den Schatten.

(Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schwarzmalerei!)

Während landauf, landab die Notwendigkeit des Abbaus von Bürokratie betont wird, bauen Sie eine neue Bürokratie auf.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Niemand versteht in diesem Land, warum Sie nicht bereits bestehende Strukturen nutzen, mit denen diese Ziele ebenfalls erreicht werden könnten, sondern eine neue Parallelbürokratie aufbauen. Kein vernünftiger Mensch kann zu diesem Unsinn seine Hand reichen. Auch wir werden das nicht tun.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Die Kommunen brauchen Unterstützung. Deshalb sieht unser Entwurf eines Existenzgrundlagengesetzes vor, dass die Arbeitsämter und die Sozialverbände mit ihrer Erfahrung eingebunden werden. Ich bitte Sie sehr herzlich: Wenn Sie schon erwarten, dass die Opposition mitarbeitet und Verantwortung übernimmt, dann machen Sie hier nicht rücksichtslos von Ihrer Mehrheit Gebrauch, sondern kommen Sie auf uns zu. Dann sind wir in der Lage, einen Kompromiss zu finden.

   Ich will ein weiteres Beispiel nennen,

(Jörg Tauss (SPD): Ach nein! Es reicht!)

nämlich die Forderung von Rot-Grün dass ortsübliche Löhne gezahlt werden müssten. Sie sagen, unsere Forderung, dass eine Beschäftigung auch zu untertariflichen Löhnen angenommen werden muss, sei unsozial.

(Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es war von 4 Euro die Rede!)

Ich frage Sie an dieser Stelle: Ist es sozial, wenn ein Lagerarbeiter in den neuen Bundesländern, der nur einen Job gefunden hat, der unter Tarif bezahlt wird, mit seinen Steuern und Abgaben dafür sorgen muss, dass ein anderer Arbeitsloser weiterhin Arbeitslosengeld erhält, weil Sie ihm den Weg zu einer untertariflichen Beschäftigung versperren? Das ist nicht sozial.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP))

   All Ihre Rezepte haben nicht zu einem erkennbaren Gesundungsprozess am Arbeitsmarkt geführt. Es wird Zeit für eine neue Politik, die bei den Menschen wieder Vertrauen erzeugt und die nachprüfbar neue Arbeitsplätze schafft. Sozial ist es nicht, wenn man nur über neue Arbeitsplätze spricht; sozial ist, nachprüfbar neue Arbeitsplätze zu schaffen. Dieses Ziel haben Sie bisher nicht erreicht und werden es auch mit diesem Placebogesetz nicht erreichen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Nächste Rednerin ist die Kollegin Petra Pau.

Petra Pau (fraktionslos):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die PDS im Bundestag wird gegen die vorliegenden Gesetze stimmen; denn mit Hartz III und Hartz IV wird es nicht weniger Arbeitslose geben, sondern mehr arme Arbeitslose. Der ganze Ansatz, die Philosophie der Gesetze, stimmt nicht. Sie wollen die Auswirkungen des Versagens der Politik privatisieren und die davon Betroffenen zur Kasse bitten. Das ist falsch und das lehnen wir ab.

   Ich hörte dasselbe von den so genannten Abweichlern bei Rot-Grün. „Abweichler“ war in Ihrer Debatte als Schimpfwort gemeint. „Dissident“ hätte wohl zu positiv geklungen. Über den vermeintlichen Unterschied können wir gelegentlich einmal diskutieren.

   Nun verweisen die Sprecherinnen und Sprecher von SPD und Grünen darauf, es habe inzwischen Verbesserungen gebeten, was die Opposition zur Rechten wiederum beklagt. Die Substanz dieser Gesetze bleibt aber: Der Sozialstaat wird nicht um-, sondern abgebaut. Dagegen ist die PDS im Bundestag.

(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos))

Eine übergroße Abbruchkoalition ist allerdings dafür. Sie reicht von der SPD bis zur CDU/CSU und von den Grünen bis zu den Unternehmerverbänden. Aus den Gewerkschaften kamen zwar Widerworte, allerdings kein Widerstand. Auch das gehört zur Vorbilanz der heute anstehenden Entscheidungen.

   Am 1. November wird es in Berlin eine bundesweite Demonstration gegen den unsozialen Kurs, der mit der Agenda 2010 verbunden ist, geben. Sie kommt spät, aber ich werbe dennoch für diese Demonstration;

(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos))

denn das, was hier sozial kalt durchgestimmt wird, führt in anderen - nicht nur wärmeren - Ländern zu belebendem Generalwiderstand.

   Nun komme ich noch zu zwei Besonderheiten. Sie, Herr Bundeskanzler, haben Ihr politisches Schicksal daran geknüpft, ob Sie heute eine rot-grüne Mehrheit erzwingen können. Das ist Machogehabe - allemal, wenn es regelmäßig wiederholt wird.

(Friedrich Merz (CDU/CSU): Er ist ja nicht einmal da!)

Es gibt aber noch einen zweiten Punkt, der sehr viel schwerer wiegt. Sie wissen, dass die Gesetze, über die heute abgestimmt wird, für den Osten untauglich, ja Gift sind. Das unterscheidet den Bundeskanzler Schröder übrigens von seinem Vorgänger: Ex-Kanzler Kohl hat die Menschen im Osten belogen, Sie aber schreiben sie ab. Das finde ich noch viel schlimmer.

(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos))

   Der Schriftsteller und Soziologe Wolfgang Engler hat analysiert: „Mit der Hoffnung auf Arbeit ging die Arbeit an der Hoffnung verloren.“ Er beschrieb den Osten zehn Jahre nach der Vereinigung. Seitdem ist Rot-Grün am Werk und verfolgt ein weiteres Programm zur Beerdigung der Hoffnung für die ganze Bundesrepublik.

   Ich habe Ihnen hier in Debatten schon mehrfach vorgerechnet, dass man 50 Arbeitslose nicht auf eine freie Stelle vermitteln kann. Ich habe Ihnen auch vorgerechnet, dass allein die Senkung der Arbeitslosenhilfe Millionen Menschen in Armut stürzen, zusätzliche Konkurse bringen und damit die Arbeitslosigkeit noch forcieren wird. Um das zu erkennen, muss man nicht in der PDS sein, man muss schlicht und einfach nur rechnen können. Allein in den neuen Bundesländern werden die Beschlüsse von heute einen zusätzlichen Kaufkraftverlust von 1,8 Milliarden Euro bewirken. Ähnlich wird es in den großen Regionen der alten Bundesländer aussehen, wie im Saarland, in Oberfranken und anderswo. Anders gesagt: Sie bürden heute den Armen die Lasten auf und begünstigen weiter jene, denen es ohnehin besser geht. Das ist bei den Steuern so. Dies trifft die Länder. Sie nennen das heute hier mutige Reformen. Ich nenne das schlicht politische Kapitulation.

(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos))

   Noch gibt es in unserem Land eine Sozialpflicht der Unternehmer und das Gebot der gleichen Lebenschancen für alle. Sie deuten das alles ohne Recht und Vernunft um. Ich nenne ein ganz konkretes Beispiel: Hier in Berlin, in Reinickendorf, gibt es ein namhaftes Unternehmen. Vergangenes Jahr entließ es Spezialisten, weil es an Aufträgen mangelte. Nun werden dieselben Spezialisten zum halben Lohn wieder unter Vertrag genommen - nicht als Mitarbeiter, sondern als Ich-AGs. Die rot-grüne Wundertüte entpuppt sich also als Abbaukröte - zur Freude der FDP und zum Schaden für die Betroffenen.

   Die Medien werden heute nur zählen, ob es eine Kanzlermehrheit gibt oder nicht. Das mag zwar spannend sein. Weitreichender ist aber die geistig-moralische Wende, die Rot-Grün forciert und in Gesetze fasst. Wer arm dran ist, ist selbst schuld und gehört bestraft - das ist der Kern Ihres Gesetzes. Die PDS dagegen wirbt für ihre Agenda Sozial. Sie liegt als moderne Alternative vor. Wir wollen Reformen zum Besseren.

   Liebe Genossinnen und Genossen von der SPD, einen Schlusssatz erspare ich Ihnen nicht: Sie beschließen heute nicht mehr und nicht weniger als Ihre Absage an Bebel und Brandt. Auch deshalb stimmt die PDS im Bundestag mit Nein.

(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos))

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Nächste Rednerin ist die Kollegin Karin Roth, SPD-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Karin Roth (Esslingen) (SPD):

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von der Zusammenführung der Sozialhilfe und der Arbeitslosenhilfe, also zweier steuerfinanzierter Leistungen, sind in unserem Land vier Millionen Menschen betroffen. Sie erwarten von uns zu Recht, dass ihre materielle Situation gesichert ist. Sie erwarten aber auch, dass sie die Möglichkeit erhalten, besser in Arbeit integriert zu werden. Es ist schon eine unglaubliche Zumutung für diese Menschen, Herr Ministerpräsident Koch, wie Sie über diese Schicksale sprechen. Das haben die Menschen in diesem Land nicht verdient.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Dietrich Austermann (CDU/CSU): Was war denn in Hamburg? Sie mussten als Senatorin wegen Skandalen zurücktreten! - Volker Kauder (CDU/CSU): In Hamburg haben die Leute Sie in die Wüste geschickt!)

   Wir setzen auf Aktivierung der Betroffenen, indem sie gezielt gefördert werden, und wir setzen auf ihre Beteiligung, indem wir von ihnen Verantwortung fordern.

(Johannes Singhammer (CDU/CSU): Die Wirkungen sind erschreckend!)

Erstmals gibt es die Öffnung für bisher erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger; so integrieren wir 900 000 Menschen in eine neue Leistung. Damit haben sie Zugang zu allen Leistungen und Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Auch diejenigen, die bisher keinen Anspruch auf aktive Arbeitsmarktmaßnahmen hatten, erhalten Zugang zu diesen Leistungen. Dazu gehört auch, dass die Langzeitarbeitslosen, die keine Arbeit finden, in Arbeitsmarktprojekte integriert werden können.

   Nun ein zweites Mal zu Ihnen, Herr Koch: Sie haben vorgeschlagen, alle Langzeitarbeitslosen im Rahmen von ehrenamtlicher Arbeit zu beschäftigen. Was bedeutet das für die Kommunen? Das bedeutet, dass in allen Bereichen 1,5 Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden müssen. Das heißt, Sie wollen einerseits in den Kommunen eine gigantische, staatlich geförderte Beschäftigungsgesellschaft gründen

(Wolfgang Meckelburg (CDU/CSU): Großer Unsinn!)

und andererseits den Handwerkern und dem Mittelstand die Aufträge wegnehmen. Das ist aus meiner Sicht keine Mittelstandspolitik. Sie vernichten Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt, obwohl Sie angeblich das Gegenteil erreichen wollen.

(Beifall bei der SPD)

   Wir machen eine gezielte Förderung der Langzeitarbeitslosen. Wir versuchen, sie aus ihrer Isolation herauszuholen, indem wir ihr Selbstbewusstsein stärken, und setzen darauf, dass sie danach wieder in Arbeit integriert werden. Das ist die einzig reale Chance, damit sie ein gleichwertiges Mitglied in der Gesellschaft bleiben.

   Es geht um Schicksale von Menschen, die ihre Arbeit verloren haben. Es geht darum, diesen Menschen wieder eine Arbeitsperspektive und damit auch eine Lebensperspektive zu geben. Das ist unsere soziale und sozialdemokratische Verantwortung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es ist allemal besser, Arbeit anstatt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Deshalb öffnen wir den Zugang zu allen Leistungen für alle Erwerbsfähigen, auch für jene, die keine passiven Leistungen im Rahmen des Arbeitslosengeldes II erhalten.

   Eine gute Botschaft geht insbesondere an die Frauen. Sie erhalten nunmehr besondere Eingliederungsmaßnahmen; denn Kindererziehung darf kein Eingliederungshemmnis sein. Es ist vorgesehen, den Frauen eine Betreuung der Kinder anzubieten. Wir wollen die Erwerbstätigkeit der Frauen in Verbindung mit Betreuungsmaßnahmen unterstützen und fördern.

So sieht für uns Vereinbarkeit von Beruf und Familie aus; das ist aktive Frauen-, Gleichstellungs- und Familienpolitik.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das gilt insbesondere für die Berufsrückkehrerinnen, denn auch sie sollen nach unserem Willen Zugang zu arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen haben. Auch die Kommunen werden entlastet, denn 1,5 Milliarden Euro werden wir für Kinderbetreuung im Rahmen des Länderfinanzausgleichs zur Verfügung stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das ist ein ganz wichtiges Signal für die Frauenpolitik.

   Darüber hinaus beziehen wir jetzt die Arbeitslosengeld-II-Bezieher in die Rentenversicherung ein; das betrifft insbesondere die bisherigen Sozialhilfeempfänger. So sieht aus unserer Sicht soziale Gerechtigkeit aus. Interessant ist, dass nun endlich auch die Union entdeckt, dass man den Personenkreis der Arbeitslosengeld-II-Bezieher nicht von Anfang an mit Sozialhilfeempfängern gleichstellen kann, wie es der Herr Koch in seinem Existenzgrundlagengesetz vorschlägt. Die CDU/CSU schlägt nunmehr vor, für ein Jahr einen Zuschlag für Arbeitslosenhilfebezieher vorzusehen. Jetzt frage ich die Union und vor allen Dingen Sie, Herr Laumann, welche neuen Erkenntnisse die CDU hat, dass sie einen solchen Sinneswandel vollzieht. Wollen Sie mit diesem Vorschlag etwa eine neue Sozialdemokratisierung der CDU auf den Weg bringen? Dann müssen Sie sich allerdings noch mit Herrn Koch abstimmen, denn der ist offensichtlich dagegen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich denke allerdings, dass es sich hier vielmehr um eine späte Einsicht handelt, dass unser Vorgehen richtig ist. Insofern könnte die CDU ja heute unserem Gesetz zustimmen.

(Lachen des Abg. Karl-Josef Laumann (CDU/CSU))

   Sie könnte nicht nur aus diesem Grund, sondern auch deshalb zustimmen, weil wir die Anrechnungsvoraussetzungen von Vermögen in einem wichtigen Punkt verändert haben. Wir gewähren nämlich für die private Altersvorsorge einen zusätzlichen Freibetrag von 200 Euro pro Lebensjahr, unabhängig davon, wie die Altersversorgung gestaltet ist. Zukünftig können dann eben auch diejenigen, die eine Lebensversicherung haben oder andere Altersvorsorgemaßnahmen treffen, das Arbeitslosengeld II erhalten. Mit dieser wichtigen Regelung verhindern wir Altersarmut, unterstützen wir die private Altersvorsorge.

   Als Letztes zum Punkt Zumutbarkeit von Arbeit: Herr Koch, Sie müssten eigentlich die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland kennen. Ihr Vorschlag ist nach unserem Bürgerlichen Gesetzbuch sittenwidrig.

(Dietrich Austermann (CDU/CSU): So ein Quatsch!)

Ein Lohn, der beispielsweise 30 Prozent unter der ortsüblichen Entlohnung liegt, ist gesetzes- und damit sittenwidrig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Wir schlagen im Gesetz eine Regelung vor, die die Zumutbarkeit der Annahme von Arbeit an tariflich festgesetzte bzw. ortsübliche Löhne bindet. Damit leisten wir einen Beitrag zur Sicherheit und sozialen Gerechtigkeit. Vor allen Dingen ist das ein Beitrag dazu, dass die Menschen für die Arbeit, die sie leisten, einen gerechten Lohn erhalten und nicht dafür bestraft werden, dass sie früher einmal arbeitslos waren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Karin Roth (Esslingen) (SPD):

Zu guter Letzt können Sie, meine Damen und Herren, froh sein, dass wir mit diesem Gesetz ein verpflichtendes Angebot für die Jugendlichen schaffen. Damit geben wir das eindeutige Signal, dass Jugendliche nach der Schule nicht in die Arbeitslosigkeit entlassen werden dürfen. Ich erwarte von der Union und von der Wirtschaft, dass sie dazu beitragen, dass dies auch gelingt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Karl-Josef Laumann, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Karl-Josef Laumann (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass heute Morgen in dieser Debatte noch einmal wieder sehr deutlich geworden ist: Unser größtes Problem in Deutschland ist, dass wir seit Jahren eine große Wachstumsschwäche haben, die zu einer Beschäftigungskrise geführt hat.

Unser Problem in Deutschland ist, Herr Clement, dass wir zurzeit eine Bundesregierung haben, die überhaupt keine Philosophie hat, womit Deutschland in Zukunft sein Geld verdienen soll, um den Staat zu finanzieren und unseren Wohlstand erhalten zu können. Da sind Sie richtungslos, darauf haben Sie keine Antwort.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Darauf gibt auch dieses Gesetz keine Antwort. Dieses Gesetz ist ohnehin nur notwendig geworden, weil diese Regierung keine Antworten gefunden hat. Innerhalb von diesen knapp fünf Jahren rot-grüner Regierung sind in unserem Land die Energiepreise aufgrund neuer staatlicher Belastungen erheblich gestiegen. So etwas ist nicht beschäftigungsfördernd; das wissen Sie genauso gut wie ich. Der Wirtschaftsminister hat das vor Wochen thematisiert, aber man hat ihm die Zuständigkeit entzogen und diese Bundesregierung unternimmt gar nichts, um die Kostenentwicklung, die wir in diesem Bereich haben, zumindest zu dämpfen.

(Beifall bei der CDU/CSU - Klaus Brandner (SPD): Jetzt werde mal nicht zum Umweltpolitiker, Karl-Josef!)

Ich nehme einen weiteren Bereich: Sie haben gesagt, wir müssten die Bürokratie in diesem Land abbauen. Jetzt lese ich in den Zeitungen, dass die Kompetenz für den Bürokratieabbau von Ihrem Haus in das Innenministerium wechselt. Das ist ungefähr so, als wenn Sie die Frösche fragen, ob der Sumpf ausgetrocknet werden soll. Wir brauchen in Deutschland eine Deregulierung.

(Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU: Lauter!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Mikrofonanlage ist nicht mehr lauter einzustellen. Es klappt nur, wenn die Kolleginnen und Kollegen leiser sind. Bitte hören Sie dem letzten Redner noch zu! Dann ist er auch in den mittleren und hinteren Reihen verständlich.

   Bitte schön, Herr Kollege Laumann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Karl-Josef Laumann (CDU/CSU):

Danke schön, Frau Präsidentin.

   Natürlich brauchen wir die betrieblichen Bündnisse für Arbeit.

(Klaus Brandner (SPD): In welchem Gesetz stehen die denn?)

Ich werde nie begreifen, warum es in Deutschland möglich ist, im Krisenfall alles zu machen, was die Gewerkschaften befürchten - etwa einen Sozialplan aufzustellen -, aber im Vorfeld nichts getan wird, um das Problem erst gar nicht entstehen zu lassen, nämlich dass die Menschen langzeitarbeitslos werden und Sozialpläne überhaupt erstellt werden müssen. Ich werde es einfach nicht begreifen, warum es nicht geht, dass man sich vorher vernünftig darüber unterhält.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Ich glaube auch, dass wir in Deutschland durch mehr Arbeit zu mehr Beschäftigung kommen müssen. Wir brauchen längere Wochen-, Jahres- und Lebensarbeitszeiten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich bin ganz sicher, dass kein Weg daran vorbeiführt, anders aus dieser Beschäftigungskrise herauszukommen. Es wäre das erste Mal in der Geschichte der Erde, dass ein Volk, das in einer Krise steckt, durch weniger Arbeit aus dieser Krise herauskommt. Das hat es in der Vergangenheit auf jeden Fall noch nie gegeben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Deswegen gehen Sie in Ihrem Gesetzentwurf mit den Veränderungen zur Altersteilzeit wieder einen verkehrten Weg, indem Sie das Eintreten in den Vorruhestand noch leichter machen. Es ist schon verrückt, dass diese Regierung auf der einen Seite die Rürup-Kommission einsetzt, in der man davon redet, das Renteneintrittsalter zu erhöhen, und gleichzeitig im Bundestag Gesetze einbringt, mit denen der Vorruhestand in Deutschland zementiert wird. Ich kann das einfach nicht begreifen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Herr Clement, zu einer wahrhaften Politik, die unsere Probleme löst, gehört auch, dass man sich nichts mehr vormacht. Hartz - das war eine Schöpfung gewaltiger Worte.

(Zuruf von der CDU/CSU: Lichtgestalt!)

Die „Quick-Vermittlung“ - wissen Sie überhaupt noch, dass Sie das bei Hartz II drin hatten? - sollte 300 000 Jobs bringen. Aus dem Quickie ist nichts geworden. Das ist die Wahrheit.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Heute hat sich Herr Clement hier ans Rednerpult gestellt und gesagt: Die PSAs sind ein Erfolg. Wir haben 870 PSAs und 900 Vermittlungen, das heißt, pro PSA eine Vermittlung. Herr Clement, glauben Sie wirklich, dass uns das aus der Krise führt und das ein Angebot für die 4 Millionen Leute ist, über die wir heute Morgen reden? Das können Sie als einigermaßen normal denkender Mensch doch gar nicht glauben; es glaubt Ihnen ohnehin schon keiner mehr.

   Das Problem ist, dass Sie sich etwas vormachen, wie wir den Arbeitsmarkt in den Griff bekommen. Das Gesetz, das Sie vorlegen, ist so nicht zustimmungsfähig, weil Sie sich in vielen entscheidenden Punkten etwas vormachen.

(Wolfgang Clement, Bundesminister: Sagen Sie mal etwas zu Herrn Koch!)

- Dazu kommen wir gleich.

   Zur Trägerschaftsfrage. Man muss schon ein großer Optimist sein, wenn man glaubt, es könne funktionieren, dass man die Kompetenz bei der Bundesanstalt für Arbeit ansiedelt, obwohl diese zurzeit im schwersten Umbau ihrer Geschichte ist. Es wird nicht funktionieren. Das ist auch der Unterschied zu dem, was wir in unserem Gesetz vorschlagen. Wir brauchen den Wettbewerb der Ideen für Beschäftigung. Einen solchen Wettbewerb bekommen Sie in Hunderten von Kommunen und Landkreisen eher hin als bei der zentralen Bundesanstalt für Arbeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Wir von der Union wollen, dass sich unsere Gemeinderäte, unsere Kreistage und die Stadträte damit beschäftigen, was mit den Mitbürgerinnen und Mitbürgern in der Kommune, die zurzeit keine Beschäftigung haben, geschehen soll. Sie sollen sich fragen, wie man den Menschen eine Sinnerfüllung im Leben geben und gleichzeitig in der Gemeinde Leistungen anbieten kann, von denen die Leute sagen: Es ist gut, dass es in unserer Gemeinde diese Leistungen gibt. - Das kann doch nicht besser funktionieren, als wenn das die Kommunalpolitik entscheidet.

Deswegen werden wir im Vermittlungsausschuss eine Lösung finden müssen, bei der diese kommunalpolitischen Elemente mit den Kompetenzen der Bundesanstalt zusammengeführt werden.

   Ich wünsche mir aber, dass die Kommunalpolitiker auf dieser Veranstaltung Mut aufbringen; schließlich sind sie durch Wahlen demokratisch legitimiert. Die Bundesanstalt hingegen ist nicht viel mehr als ein Machtkartell in einer nicht mehr funktionierenden Selbstverwaltung. Das ist doch die Wahrheit!

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   In Ihrem Gesetzentwurf haben Sie definiert, welche Arbeit als zumutbar gilt. Herr Clement, ich frage Sie: Haben Sie nicht gesehen, welcher Regelung Sie an dieser Stelle zugestimmt haben? Wenn zum Beispiel ein junger Schlosser arbeitslos wird, der vorher zum Tariflohn gearbeitet hat

(Klaus Brandner (SPD): Der soll nicht arbeitslos werden! Der soll arbeiten! - Gegenruf des Abg. Michael Glos (CDU/CSU): Dieser Schreihals!

- er wird arbeitslos, weil seine Firma durch Ihre Politik in die Insolvenz gegangen ist -, dann muss er eine Beschäftigung annehmen, deren Bruttoentgelt sein früheres Gehalt bis zu 20 Prozent unterschreiten kann. Das ist derzeit geltendes Recht in der Arbeitslosenversicherung. Wird dieser Mensch demnächst, wenn es das neue Arbeitslosengeld II gibt, arbeitslos, dann ist er nur noch gehalten, eine Beschäftigung mit einem Bruttoentgelt in der Höhe des Tariflohns anzunehmen. Wollen Sie das wirklich? So ist es im Gesetzentwurf vorgesehen, lieber Herr Clement. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie selber diese Regelung im Vermittlungsausschuss revidieren werden und dass Sie froh darüber sind, dass es den Vermittlungsausschuss gibt, damit diese Regelung letztlich verhindert wird. Denn sie funktioniert einfach nicht.

   Wir müssen noch über eine weitere Frage diskutieren. Ich bin mir völlig darüber im Klaren, dass wir in unserem Land nur dann richtig Geld verdienen können, wenn die Menschen gut ausgebildet sind, wenn es hoch innovative Betriebe mit toll ausgebildeten Mitarbeitern gibt, wenn die großen Forschungsstandorte mit den Hochschulen und Fachhochschulen vernetzt sind. Dabei müssen wir aber eines sehen: Für einen bestimmten Teil der Bevölkerung sind auch einfach strukturierte Tätigkeiten erforderlich. Das Dilemma ist, dass diese Arbeit in den vergangenen zehn bis 15 Jahren in die Billiglohnländer abgewandert ist, während die Menschen - die zudem in aller Regel unbeweglicher sind als andere -, die solche Aufgaben brauchen, unverändert in Deutschland wohnen. Unserem Menschenbild entspricht es nun - es geht nicht, wie Sie meinen, um Lohndrückerei; wir haben es nicht nötig, uns das von Ihnen vorhalten zu lassen -,

(Widerspruch bei der SPD)

dass auch diese Menschen in dieser modernen Industrie-, Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft Platz finden müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

   Das wird nicht nur in den staatlich geschützten Bereichen möglich sein. Es muss vielmehr auch im ersten Arbeitsmarkt gewährleistet werden. Dabei ist unsere Philosophie - Herr Koch hat das bereits ausgeführt -, dass Menschen, die acht Stunden am Tag einer solchen Beschäftigung nachgehen, mehr Geld bekommen sollen, als wenn sie beschäftigungslos sind. Das ist auch in sozialpolitischer Hinsicht eine vernünftige Position.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Wir müssen uns also darüber verständigen, wie wir die Situation in den Griff bekommen können. Ich glaube nicht, dass uns der Niedriglohnbereich wirtschaftspolitisch entscheidend nach vorne bringen wird. Er ist aber notwendig, um für einen bestimmten Prozentsatz von Menschen, die eine bestimmte Veranlagung haben, Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen, die diese brauchen, um sich in die Gesellschaft einbringen und an der Arbeitswelt dieser Gesellschaft als vollwertige Mitglieder teilnehmen zu können.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

   Liebe Frau Kollegin Roth, Sie haben eben gesagt, eine Beschäftigung, deren Entlohnung 30 Prozent unter ortsüblich liegt, sei sittenwidrig. Das kann man so sehen. Aber sittenwidrig ist es erst recht, gar nichts anzubieten. Ein Problem sind die hohen Abgaben. Eine Politik, die den Normalverdienern mittlerweile 50 Prozent ihres Gehaltes wegnimmt, ist viel sittenwidriger als Arbeit im Niedriglohnbereich. Auch davon bin ich zutiefst überzeugt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Wir müssen nun im Vermittlungsausschuss zu einer Lösung kommen. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir, die Union, werden nur etwas mittragen, das auch funktionieren wird. Wir können uns angesichts von 4,3 Millionen Arbeitslosen nicht erlauben, ein so schlechtes Gesetz zu machen, wie das unter dieser Bundesregierung - zum Beispiel beim Dosenpfand oder bei der Maut - üblicherweise der Fall ist. Wir müssen vielmehr eine Lösung finden, die auch tatsächlich funktioniert.

   Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich erteile dem Wirtschafts- und Arbeitsminister Clement das Wort zu einer Kurzintervention.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit:

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte die Debatte nicht fortsetzen, sondern nur auf einen Punkt hinweisen, der auch schon von anderen Kollegen erwähnt worden ist. Herr Kollege Laumann, Sie unterliegen einem Irrtum, wenn Sie unterstellen, dass ein arbeitsloser Schlosser - dieses Beispiel haben Sie gerade angeführt - nur in seinen Beruf und nur zu Tarifbedingungen wieder vermittelt werden könne. Dass das ein Irrtum ist, ist Ihnen schon im Ausschuss mehrfach dargelegt worden.

   Im Gesetzentwurf heißt es: Prinzipiell ist jede Arbeit zumutbar. Es gibt also keinen Berufsschutz. Ein gelernter Schlosser kann also auch in einen anderen Beruf vermittelt werden. Wenn er in einen anderen Beruf vermittelt wird, dann geschieht das zu tariflichen Bedingungen oder - soweit nicht vorhanden - zu dem ortsüblichen Entgelt. So ist die Regelung. Deshalb ist das Klischee, auf das Sie, Herr Laumann - ich glaube, auch der Kollege Singhammer hat das getan -, mehrfach zurückgegriffen haben, schlichtweg falsch. Die Regelung ist so, wie ich Ihnen das gerade dargestellt habe. Ich wäre dankbar, wenn das in den künftigen Diskussionen beachtet werden könnte.

(Beifall bei der SPD)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Zur Erwiderung auf die Kurzintervention des Wirtschafts- und Arbeitsministers gebe ich dem Kollegen Laumann das Wort.

Karl-Josef Laumann (CDU/CSU):

Herr Minister, da Sie mich persönlich angesprochen haben, möchte ich an dem bereits erwähnten Beispiel klarstellen, welche Folgen Ihr Gesetz haben wird: Ein Schlosser, der zu Tariflohn beschäftigt ist, wird arbeitslos. Er muss in den ersten Monaten, in denen er Arbeitslosengeld bezieht - das ist geltendes Recht in Deutschland -, eine Stelle als Schlosser oder jede andere annehmen - damit haben Sie Recht -, bei der er 20 Prozent weniger Lohn erhält als vorher. Wenn er vor seiner Arbeitslosigkeit zu Tariflohn beschäftigt war und dann wieder als Schlosser arbeitet, dann bedeutet das also, dass er 20 Prozent unter Tarif bezahlt wird. Das ist, wie gesagt, die heutige Rechtslage.

   Wenn man den gleichen Fall unter den Bedingungen des neuen Arbeitslosengeldes II durchdekliniert, dann stellt man fest, dass ein arbeitsloser Schlosser die Annahme einer solchen Stelle mit Verweis auf den Tariflohn verweigern kann. Diese Regelung haben Sie im Gesetzentwurf verankert. Das ist Irrsinn, das ist Schwachsinn, das ist falsch. Dabei bleiben wir.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Ich schließe die Aussprache.

   Wir kommen zur Abstimmung über die von den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen sowie von der Bundesregierung eingebrachten Entwürfe eines Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, Drucksachen 15/1515 und 15/1637. Dazu liegen etliche schriftliche Erklärungen nach § 31 der Geschäftsordnung vor.

(Unruhe)

- Bevor wir zur namentlichen Abstimmung kommen, müssen wir eine einfache Abstimmung durchführen. Bitte eilen Sie also jetzt noch nicht zur Urne.

   Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/1728, die genannten Gesetzentwürfe als Drittes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Die Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen verlangen namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.

   Gibt es ein Mitglied des Hauses, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat? - Ich frage noch einmal: Sind alle Stimmen abgegeben oder gibt es ein Mitglied des Hauses, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.

   Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen die Abstimmungen fort. Ich bitte Sie, die Lobby freizumachen und Ihre Plätze einzunehmen.

   Abstimmung über den von den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen eingebrachten Entwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, Drucksache 15/1516. Auch hierzu liegen uns Erklärungen zur Abstimmung nach § 31 unserer Geschäftsordnung vor. Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/1728, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Die Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen verlangen namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. - Sind die Plätze an den Urnen besetzt? - Das ist der Fall. Dann eröffne ich die Abstimmung.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)

Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das noch nicht die Gelegenheit hatte, seine Stimme abzugeben? - Ich sehe keine entsprechenden Signale. Dann schließe ich jetzt die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Auch das Ergebnis dieser Abstimmung werden wir später bekannt geben.

   Unter Buchstabe g seiner Beschlussempfehlung auf der Drucksache 15/1728 empfiehlt der Ausschuss die Annahme einer Entschließung. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Wer stimmt gegen diese Beschlussempfehlung? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist bei weitgehender Abstinenz im Abstimmungsverhalten der meisten Anwesenden angenommen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es würde die Präzision des Verfahrens fördern, wenn sich diejenigen, die im Saal sind, auch an der Abstimmung beteiligten, und diejenigen, die das nicht wollen, den Plenarsaal verließen.

   Wir sind immer noch bei Tagesordnungspunkt 19 a und stimmen nun über den von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Gesetzentwurf zur Sicherung der Existenzgrundlagen auf Drucksache 15/1523 ab. Hierzu liegt eine Reihe von schriftlichen Erklärungen nach § 31 unserer Geschäftsordnung vor, die wir dem Protokoll beifügen.

   Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung auf der Drucksache 15/1728, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer möchte sich enthalten? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung abgelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung.

   Wir stimmen nun über den von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes - Einfügung eines Art. 106 b - ab. Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt unter Buchstabe d seiner Beschlussempfehlung auf der Drucksache 15/1728, den Gesetzentwurf auf der Drucksache 15/1527 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung abgelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung.

   Wir setzen die Abstimmung über die Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit auf der Drucksache 15/1728 fort. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe e seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/1531 mit dem Titel „Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu einem beschäftigungsfördernden kommunalen Sozialgeld zusammenführen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Die Beschlussempfehlung ist angenommen.

   Unter Buchstabe f seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der FDP-Fraktion auf Drucksache 15/1576 mit dem Titel „Neuordnung der Bundesanstalt für Arbeit“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Die Beschlussempfehlung ist angenommen.

   Wir kommen nun zu Zusatzpunkt 6. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf der Drucksache 15/1594 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist offensichtlich der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

   Da mir die Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen noch nicht vorliegen, möchte ich, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, in der Tagesordnung fortfahren. Die Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen kann ich Ihnen auch während der Debatte mitteilen. - Dazu gibt es offenkundig keinen Widerspruch.

[Der folgende Berichtsteil - und damit der gesamte Stenografische Bericht der 67. Sitzung - wird am
Montag, den 20. Oktober 2003,
veröffentlicht.]
Quelle: http://www.bundestag.de/bic/plenarprotokolle/plenarprotokolle/15067
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