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15. Wahlperiode
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   103. Sitzung

   Berlin, Freitag, den 2. April 2004

   Beginn: 9.00 Uhr

   * * * * * * * * V O R A B - V E R Ö F F E N T L I C H U N G * * * * * * * *

   * * * * * DER NACH § 117 GOBT AUTORISIERTEN FASSUNG * * * * *

   * * * * * * * * VOR DER ENDGÜLTIGEN DRUCKLEGUNG * * * * * * * *

Präsident Wolfgang Thierse:

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.

   Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a und 19 b auf:

a) - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich

- Drucksache 15/2327 -

(Erste Beratung 87. Sitzung)

- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich

- Drucksachen 15/2539, 15/2593 -

(Erste Beratung 94. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (15. Ausschuss)

- Drucksachen 15/2845, 15/2864 -

Berichterstattung:
Abgeordnete Marco Bülow
Doris Meyer (Tapfheim)
Michaele Hustedt
Angelika Brunkhorst

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (15. Ausschuss) zu dem Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (17. Ausschuss) gemäß § 56 a der Geschäftsordnung

Technikfolgenabschätzung

hier: Monitoring - „Möglichkeiten geothermischer Stromerzeugung in Deutschland“

- Drucksachen 15/1835, 15/2797 -

Berichterstattung:
Abgeordnete Marco Bülow
Doris Meyer (Tapfheim)
Michaele Hustedt
Angelika Brunkhorst

   Zu den Gesetzentwürfen liegt je ein Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU und der Fraktion der FDP vor.

   Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Stunde vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

   Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Kollegen Marco Bülow, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

Marco Bülow (SPD):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Rede richte ich vor allem an die Bürgerinnen und Bürger. Meine Damen und Herren, mit nur 1 Euro sind Sie dabei! 1 Euro kosten nämlich die erneuerbaren Energien jeden Haushalt pro Monat. Mit 1 Euro helfen Sie mit, dass 50 Millionen Tonnen CO2 und 50 Millionen Tonnen anderer Klimagase pro Jahr eingespart werden können.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Mit 1 Euro haben Sie mitgeholfen, dass 130 000 zukunftsfähige Arbeitsplätze geschaffen worden sind. Mit 1 Euro haben Sie mit dazu beigetragen, dass Deutschlands Energieversorgung sicherer geworden ist. Mit 1 Euro haben Sie mit dafür gesorgt, dass die deutschen Unternehmen in einer Schlüsselindustrie zum Marktführer geworden sind. Mit 1 Euro leisten Sie einen wichtigen Beitrag zur Generationengerechtigkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Die Kosten von 1 Euro pro Monat beweisen, dass die Förderung der erneuerbaren Energien nicht teuer sein muss. Ich möchte Ihnen einen Vergleich nennen: Ein Videorekorder kostet jeden Haushalt, auch wenn er nicht häufig benutzt wird, pro Monat mindestens 1,50 Euro, also mehr, als für die erneuerbaren Energien zu zahlen ist.

   Eigentlich sparen Sie sogar Geld. Denn die erneuerbaren Energien vermeiden so genannte externe Kosten. Das sind Kosten für Umweltschäden, für Schäden, die im Bereich Klima entstehen, aber beispielsweise auch für Castortransporte, die bekanntlich immer viel Geld kosten. All diese Kosten haben letztendlich Sie zu bezahlen, auch wenn sie auf keiner Stromrechnung auftauchen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Ich warne davor, zu glauben, dass die Kosten niedrig ausfallen werden. Ich möchte Sie nur an die Hitzeperiode und an die Hochwasserkatastrophe im letzten Jahr erinnern. Wenn solche Ereignisse nicht Ausnahmen bleiben, sondern zum Regelfall werden, dann wird es Sie teuer zu stehen kommen, wenn Sie weiterhin hauptsächlich die anderen Energieträger nutzen und nicht die erneuerbaren Energien.

   Wir müssen die Förderung der erneuerbaren Energien natürlich um vieles andere ergänzen. Beispielsweise müssen wir eine höhere Energieeffizienz erreichen. Wir müssen dafür sorgen, dass neben der Förderung der erneuerbaren Energien auch andere Instrumente eingesetzt werden. Die SPD-Fraktion hat deswegen bei der Novellierung, über die wir heute sprechen, drei Schwerpunkte gesetzt. Wir wollen mit dieser Novelle nämlich erreichen, dass das EEG, das Erneuerbare-Energien-Gesetz, erfolgreich bleibt und ein kostengünstiges Instrument ist.

   Unser erster Schwerpunkt betrifft die Effizienz. Wir wollen unser Ziel, nämlich die Verdoppelung des Anteils der erneuerbaren Energien bis 2010 auf über 12 Prozent, erreichen. Dabei dürfen aber die Kosten nicht in dem Maße steigen, wie der Anteil der erneuerbaren Energien steigt.

   Das heißt, wir haben an vielen Schrauben gedreht, um es kostengünstiger zu machen. Ich will eine nennen, die wir häufig benutzt haben, nämlich die Degression. Bei einer Degression von 2 Prozent, wie beispielsweise bei der Windkraft, und Hinzurechnung der Inflationsrate - diese wird nämlich nicht ausgeglichen - muss ein Betreiber in zehn Jahren 35 Prozent des Geldes einsparen, um marktfähig zu bleiben.

   Unser zweiter Schwerpunkt war die Stärkung der Förderung der Bioenergien. Auch hier haben wir eine Degression eingeführt. Vor allen Dingen haben wir hier aber auch noch einiges andere getan. Wir haben nämlich beispielsweise einen Bonus für nachwachsende Rohstoffe gestaltet, weil wir glauben, dass gerade die Bioenergien einen wichtigen Beitrag für die erneuerbaren Energien leisten und sie noch nicht so stark genutzt worden sind, wie wir uns das gewünscht haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eines muss dabei aber klar sein: Es muss sich um alle erneuerbaren Energien handeln; denn nur im Mix erbringen sie die Auslastung, die wir uns vorstellen und die wir brauchen.

   Unser dritter Schwerpunkt ist die Härtefallregelung. Darauf wird mein Kollege gleich eingehen.

   Natürlich haben wir noch einiges mehr verändert. Ich will das alles aber nicht herunterbeten, weil Sie viele der kleinen Zahlen wahrscheinlich langweilen würden. Es ist ja auch alles im Gesetz nachzulesen.

   Mit dem novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz werden wir den Ausbau der erneuerbaren Energien ungehindert fortsetzen, ohne dass die Kosten explodieren. Das deutsche EEG ist das weltweit erfolgreichste Instrument zur Förderung der erneuerbaren Energien.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Andere Modelle sind teurer und nicht so erfolgreich. Das beweisen viele Gesetze in anderen Ländern. Deswegen kopieren immer mehr Länder unser Instrument.

   Zudem wissen wir, dass sich die Kostenschere zwischen den erneuerbaren Energien und den anderen Energieformen schon allein deswegen schließen wird, weil wir viele neue Kraftwerke bauen müssen; das kostet Geld. Daneben gibt es vor allen Dingen beim Öl und beim Gas eine Endlichkeit, die schnell erreicht sein wird.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Diese Erkenntnis spricht sich auch bei der Opposition herum. Trotzdem kommt die Opposition insgesamt zu einem Nein bezüglich der Förderung der erneuerbaren Energien. Dieser Satz lässt sich nur wie folgt kommentieren: Die Energiepolitik der Union ist nicht zukunftsfähig und die FDP ist mit ihrer Energiepolitik noch nicht einmal in der Gegenwart angekommen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Ich bedaure, dass sich vor allen Dingen bei der Union wieder die Ewiggestrigen durchgesetzt haben. Es gab Gesprächsangebote von uns an Sie. Ich weiß, dass innerhalb der Union mehrere den erneuerbaren Energien positiv gegenüberstehen und dass es immer mehr werden. Trotzdem gibt es dieses Nein. Ich frage mich, ob das aus taktischen Gründen so ist oder ob sich Frau Merkel bei Ihnen durchgesetzt hat. Es ist eigentlich schade, dass Frau Merkel mit Herrn Töpfer nur gemeinsam hat, dass sie beide Umweltminister waren und in der Union sind, dass sie aber die Vernunft anscheinend nicht gemeinsam haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU): Das ist doch kein prinzipielles Nein!)

   Die Union will sich jetzt mit einem Trick retten: Die erneuerbaren Energien werden bis 2007 gefördert; danach wird geschaut, ob es ein anderes Instrument gibt. Das ist ökologisch - aus den genannten Gründen - und ökonomisch natürlich unsinnig. Ökonomisch ist es deshalb unsinnig, weil es überhaupt keine Planungssicherheit gibt. Niemand wird mehr irgendetwas in die erneuerbaren Energien investieren, wenn er nicht weiß, was hinterher dabei herauskommt. In 20 Jahren werden sich die Menschen an den Kopf fassen und fragen, warum es eigentlich so schwierig war, die erneuerbaren Energien zu fördern, und warum damit nicht schon viel früher angefangen wurde.

(Zuruf von der SPD: Wegen der CDU!)

   Bei einigen fehlen leider der Fortschrittsglaube, der Mut und der Pioniergeist, die wir Deutschen doch so dringend brauchen. Glücklicherweise gilt das nicht für alle. Viele Menschen haben das Gegenteil bewiesen. Das sind nicht immer die Großen, die damit Geld verdienen wollen - was ja legitim ist. Häufig sind das die Kleinen, zum Beispiel die Solarinitiativen in Bayern, die eigenes, privates Geld in die Hand genommen haben und eine Menge für die erneuerbaren Energien tun.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Vorgestern habe ich den Bürgermeister von Bad Urach in Baden-Württemberg getroffen. Er berichtete, dass er vor 20 Jahren die erneuerbaren Energien entdeckt und gemeinsam mit anderen damit begonnen hat, sich dafür zu engagieren. Heute, nach einem 20jährigen Kampf, Engagement usw., bringt er eine Geothermieanlage ans Netz. Wenn nicht in diesem, dann wird er spätestens im nächsten Jahr eine Menge Haushalte in diesem Ort mit erneuerbarer Energie versorgen. Das ist Gründergeist, Mut und Initiative, die wir brauchen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Ich möchte die Gelegenheit nutzen, all den Menschen, die sich aktiv für die erneuerbaren Energien eingesetzt haben und noch einsetzen werden - ob als Bürgermeister, Initiativen, Verbände oder allein -, meine Anerkennung auszusprechen und herzlich zu danken.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Um beim Thema zu bleiben, möchte ich mich zum Schluss auch bei allen Referentinnen und Referenten sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken, die an der Novelle mitgearbeitet haben und ohne die wir Abgeordneten bei solch komplexen Themen manchmal ganz schön alt aussehen würden. Gemeinsam haben wir ein gutes Gesetz auf den Weg gebracht. Vielen Dank dafür.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegen Horst Seehofer, CDU/CSU-Fraktion.

(Ute Kumpf (SPD): Wir haben keine Gesundheitsdebatte! Was haben Sie denn mit Energie zu tun?)

Horst Seehofer (CDU/CSU):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was für starke Worte: ewig gestrig, trickreich, noch nicht in der Gegenwart angekommen.

(Ulrich Kelber (SPD): Er wusste ja noch gar nicht, dass Sie reden!)

Ich darf Herrn Bülow einmal daran erinnern, dass die erneuerbaren Energien zuallererst von der Union Anfang der 90er-Jahre gefördert wurden. Sie sind unser Kind.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

   Wir haben ein klares Bekenntnis zur Funktion der erneuerbaren Energien auch in der Zukunft abgelegt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir stehen dazu. Die erneuerbaren Energien leisten für den Klimaschutz, die Ressourcenschonung und die Technologieentwicklung einen wichtigen Beitrag. Deshalb werden nach Auffassung der Union die erneuerbaren Energien wie die Sonne, die Geothermie, die Biomasse, die Wasserkraft und der Wind auch in der Zukunft einen wichtigen Beitrag zum Energiemix in der Bundesrepublik Deutschland leisten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Damit nicht das geringste Missverständnis auftritt: Wir bekennen uns eindeutig zu dem Verdoppelungsziel, nämlich dass sich der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch in der Bundesrepublik Deutschland, gemessen am Jahre 2000, verdoppeln soll.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Über das Ziel gibt es überhaupt keine Diskussion.

(Marco Bülow (SPD): Dann machen Sie mit!)

Wir streiten um den richtigen Weg zum Ziel. Wir müssen trotz unseres Bekenntnisses zu den erneuerbaren Energien darauf achten, dass die erneuerbaren Energien - diesen Grundsatz haben Sie in der Theorie bisher auch immer vertreten - effizient, marktwirtschaftlich und sinnvoll eingesetzt werden. Politikern, die für den sinnvollen Einsatz eines Instrumentariums eintreten, kann man doch nicht vorwerfen, dass sie gegen dieses Instrumentarium sind.

   Schauen Sie, ich komme aus der Gesundheitspolitik. Selbst in der Gesundheitsversorgung ist es parteiübergreifend Konsens, dass die Versorgung der kranken Menschen effizient und wirtschaftlich organisiert werden muss. Niemand würde deshalb auf die Idee kommen, dass sich die Realisierung von Wirtschaftlichkeit und Effizienz im Gesundheitswesen gegen die kranken Menschen richtet. Das, was in der Gesundheitsversorgung selbstverständlich ist, muss erst recht für die Energieversorgung gelten, nämlich dass wir die erneuerbaren Energien wirtschaftlich und effizient einsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

   Ich möchte Ihnen ein paar Beispiele nennen. Ihre Argumentation, das Ganze koste nur 1 Euro, ist ein Einlullen der Bevölkerung. Das ist das Gesetz der kleinen Zahl: Diese Maßnahme ist nicht so schlimm, weil sie nur 1 Euro kostet. Auch jene Maßnahme ist nicht so schlimm, weil sie nur ein paar Cent kostet. - In der Summe - das ist die entscheidende Botschaft für die privaten Haushalte und die Industrie - hat Ihre Politik dazu beigetragen, dass mittlerweile 40 Prozent des Strompreises für Maßnahmen des Staates in den letzten Jahren aufgewendet wurden. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Marco Bülow (SPD): Das ist doch Quatsch! Sagen Sie mal was zur Subvention der Atomkraft!)

Das heißt, wenn ein Haushalt eine Stromrechnung von 200 Euro erhält, dann sind in diesem Betrag 40 Prozent davon für Maßnahmen aufzubringen, die Sie politisch veranlasst haben.

(Ulrich Kelber (SPD): Das ist falsch aufgeschrieben worden!)

   Nun erklären Sie am ersten Tag: Das ist doch gar nicht so schlimm, es sind an der Tankstelle nur ein paar Cent mehr für die Ökosteuer. Am nächsten Tag heißt es: Das ist gar nicht so schlimm, es sind nur ein paar Cent mehr für die Mehrwertsteuer. Am dritten Tag sagen Sie: Das ist gar nicht so schlimm, es sind nur ein paar Cent mehr für die Kraft-Wärme-Kopplung. Am Ende der Woche erzählen Sie: Das ist gar nicht so schlimm, es sind nur ein paar Cent für die erneuerbaren Energien. - Jede Maßnahme für sich betrachtet kostet in der Tat nur eine geringe Summe. Aber alles zusammengenommen muss uns Sorgen machen; denn ein Anteil von 40 Prozent am Strompreis ist kein Pappenstiel.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Zuruf von der SPD: Deshalb muss jetzt die Gesundheitspolitik ran und das erklären!)

   Wie sieht das in der Praxis aus? Sie sprechen hier von einer Förderung der erneuerbaren Energie. In der Realität sieht es aber so aus, dass der Gesetzgeber eine Verpflichtung der Netzbetreiber vorgesehen hat, Strom aus erneuerbaren Energien abzunehmen.

(Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist auch gut so!)

Hinzu kommt die Verpflichtung, den Strom zu einem Festpreis zu vergüten.

   Ich darf in Klammern anmerken, dass ich bisher immer dachte, dass wir beim Apothekenrecht eine sehr hohe Regelungsdichte haben. Aber gemessen an der Förderung der erneuerbaren Energien haben wir bei den Apotheken noch den Inbegriff der sozialen Marktwirtschaft.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn Abnahmeverpflichtung und feste Einspeisungsvergütung sind nicht annähernd marktwirtschaftliche Prinzipien. Trotzdem muss eine Anschubfinanzierung in diese Richtung erfolgen. Deshalb waren wir auch immer dafür, dass man eine Einspeisungsvergütung vorsieht. Wir müssen aber auch mit dem zweiten Ziel Ernst machen. Wir müssen zu irgendeinem Zeitpunkt dazu kommen, dass sich erneuerbare Energien selbst tragen, wirtschaftlich sind und nur noch dort eingesetzt werden, wo sie sinnvoll sind. Auch das müssen wir realisieren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Marco Bülow (SPD))

   Es macht doch keinen Sinn, wenn die feste Einspeisungsvergütung dazu führt, dass auch an ungünstigen Standorten Windräder aufgestellt werden. Wenn Sie sich jetzt - ich wende mich an die Grünen - auf der einen Seite aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes hier im Deutschen Bundestag zu erneuerbaren Energien bekennen, auf der anderen Seite Ihr Klientel aber vor Ort gegen die Aufstellung von Windrädern demonstriert, weil das aus ihrer Sicht an ungünstigen Standorten einen überzogenen Eingriff in die Natur und die Landschaft darstellt, dann passt das nicht zusammen. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir die Förderung der Windkraft auf die Standorte konzentrieren, die irgendwann einmal die Chance bieten, dass Windkraft wirtschaftlich genutzt werden kann.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Weiterhin müssen wir die Förderung stärker hin zu erneuerbaren Energien umpolen, die vom Prinzip her grundlastfähig sind.

(Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU): So ist es!)

Es macht doch auf Dauer keinen Sinn, wenn wir erneuerbare Energien, die nur eine bestimmte Stundenzahl im Jahr zur Verfügung stehen, weil nicht immer die Sonne scheint oder der Wind bläst, fördern und gleichzeitig aber die konventionellen Kraftwerke uneingeschränkt ihre Grundlast vorhalten müssen. Was haben wir für den Klimaschutz erreicht, wenn nur ergänzt, nicht aber ersetzt wird? Deshalb müssen wir umsteuern.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir müssen zu grundlastfähigen Energiearten umsteuern und bei den übrigen Energiearten dafür sorgen, dass sie irgendwann wirtschaftlich werden.

   Ich nenne Ihnen einmal ein Beispiel aus meiner Heimat. Dort organisieren Banken und Sparkassen zurzeit Abendvorträge über das so genannte Schwarze-Dächer-Programm. Es wird den Menschen empfohlen, einen Kredit über 100 000 Euro aufzunehmen und die Dächer ihrer Häuser mit Sonnenkollektoren zu bestücken. Laut Finanzierungsplan soll in den ersten zehn Jahren der Kredit zurückgezahlt werden, in den zweiten zehn Jahren soll der Investor ein Zubrot zu seiner Rente haben. In dem Beispiel, das ich vor Augen habe, wird von einer Rente in Höhe von 850 Euro gesprochen.

(Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU): Das muss man sich einmal vorstellen!)

   Dafür ist die Förderung der erneuerbaren Energien nicht gedacht.

(Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU): So ist es!)

Es ist nicht so wie bei der Ökosteuer, die ein Beitrag zur Rentenfinanzierung ist. Es kann nicht sein, dass die kleinen Leute und Familien mit Kindern über den höheren Strompreis die Rente derjenigen finanzieren, die es sich leisten können, ihr Kapital in solche Anlagen zu investieren. Das kann nicht sinnvoll sein.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Deshalb sagen wir klipp und klar: Ja zum Ziel der Verdoppelung der erneuerbaren Energien beim Bruttostromverbrauch. Da stimmen wir völlig überein. Wir sagen aber ebenso entschieden: Umsteuerung hin zu grundlastfähigen Energiearten und keine Dauersubvention. Wir reden im Deutschen Bundestag fast wöchentlich darüber, wie wir Subventionen abbauen; auf der anderen Seite laufen wir Gefahr, gigantische neue Subventionen für unwirtschaftliche Anlagen zu gewähren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Marco Bülow (SPD): Reden Sie mal über Atomkraft!)

   Sie gehen davon aus, dass schon alles richtig werden wird. Wir verstehen aber politische Verantwortung so - darin unterscheiden wir uns von Ihnen -, dass wir durch Gestaltung und unsere Entscheidung dafür sorgen wollen, dass es richtig wird.

(Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das machen wir auch!)

Deshalb soll das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit seinem herkömmlichen Förderinstrumentarium bis Ende 2007 befristet werden. Wir werden bis zu diesem Zeitpunkt hier im Deutschen Bundestag ein Gesetz vorlegen, das für die Ziele, die ich genannt habe, ein effizienteres Förderinstrumentarium vorsieht, als es in der Vergangenheit der Fall war.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Die von uns vorgesehene Förderung bis zum Jahr 2007 hängt nicht mit irgendeiner Wahl zusammen, sondern damit, dass Ende 2007 die Versuchsphase des Emissionshandels ausläuft und mehr Klarheit darüber herrscht, welche Kosten durch die erneuerbaren Energien für den Netzausbau und die Regelleistungen beim Strom entstehen. Dann sind wir in der Lage, eine fundierte Entscheidung zugunsten der erneuerbaren Energien zu treffen.

   Wir müssen aber auch darauf achten, meine Damen und Herren von Rot-Grün, dass wir neben der Förderung der erneuerbaren Energien in einem effizienteren System durch Stromeinsparung und mehr Effizienz bei den Kraftwerken zu einer Kostensenkung kommen. Denn mit günstigeren Preisen können wir wesentlich mehr für den Klimaschutz erreichen als allein mit der Förderung der erneuerbaren Energien. Behalten Sie deshalb bitte auch diese anderen Faktoren im Blick!

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Für die CDU/CSU sage ich klipp und klar Ja zu den erneuerbaren Energien,

(Dr. Axel Berg (SPD): Aber nichts dafür tun!)

zu einer Umsteuerung hin zu den grundlastfähigen erneuerbaren Energien und zu einem effizienteren Fördersystem, damit das Ganze auch auf Dauer tragfähig bleibt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile der Kollegin Michaele Hustedt, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag: Die rot-grüne Koalition wird den Weg ins Solarzeitalter trotz einer beispiellosen Kampagne von RWE und Co beschleunigt fortsetzen. Unser Ziel ist es, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung bis zum Jahr 2020 auf mindestens 20 Prozent zu erhöhen.

   Ich möchte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BMU ausdrücklich für die sehr gute Vorlage danken, die sie erarbeitet haben. Der SPD-Fraktion danke ich für die sehr gute Zusammenarbeit bei der Weiterentwicklung des Gesetzentwurfs. Das Gesetz ist und bleibt ein Gesetz des Parlaments und darauf sind wir stolz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

   Das EEG ist zum wichtigsten Klimaschutzinstrument geworden. Durch den Emissionshandel werden im Jahr 2012 10 Millionen Tonnen CO2 eingespart. Mit dem EEG bzw. der Förderung der erneuerbaren Energien werden wir ungefähr 60 Millionen Tonnen CO2 einsparen können. Das ist die sechsfache Menge.

   Die Kosten sind mit 1 Euro pro Haushalt - das wurde bereits angesprochen - vertretbar. Im Vergleich dazu verursachen Stand-by-Schaltungen die achtfachen Kosten. Wenn wir die freie Wahl der Strommesser durchsetzen könnten, dann könnten die durch das EEG entstehenden Kosten durch den Wettbewerb im Energiebereich vollständig kompensiert werden.

   Auf Sie persönlich, Herr Seehofer, geht die Einführung der Praxisgebühr von 10 Euro pro Quartal zurück. Diese Summe ist ein Vielfaches dessen, was die Förderung der erneuerbaren Energien den Bürger kostet.

   Wir schaffen neue Impulse insbesondere bei der Biomasse, also der Erzeugung von Strom und Wärme aus landwirtschaftlichen Abfällen und nachwachsenden Rohstoffen vom Acker. Der Landwirt wird zum Energiewirt. Neben der Windenergie wollen wir eine zweite starke Säule der erneuerbaren Energien aufbauen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

   Herr Seehofer, wenn Sie eine stärkere Förderung der erneuerbaren Energien fordern, mit denen die Grundlast abgedeckt und Spitzenlaststrom erzeugt werden kann, dann müssen Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen. Denn genau diesen Weg beschreiten wir damit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

   Sie hören doch sonst immer auf den Bauernverband. In der aktuellen Pressemitteilung des Bauernverbands wird klar zum Ausdruck gebracht, dass der Verband erwartet, dass alle Fraktionen des Bundestages der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes mit den darin vorgesehenen Verbesserungen im Zusammenhang mit der Biomasse zustimmen werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

   Wenn die CDU/CSU dem Gesetzentwurf nach langem Ringen nicht zustimmt, dann ist leider wieder eine Chance verpasst. Wer meint, dass das Gesetz bis zum Jahr 2007 befristet werden soll, der kann auch gleich sagen, dass er das Gesetz abschaffen will. Denn niemand wird mit so einer Frist noch einen Bankkredit bekommen. Das wäre das sofortige Aus der Förderung der erneuerbaren Energien.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das sollten Sie aber auch ehrlich sagen.

   Dabei stimmte Frau Merkels Analyse nach der letzten Bundestagswahl haargenau. Sie hatte festgestellt, dass die Bundestagswahl von der CDU/CSU auch deshalb verloren wurde, weil sie beim Umweltschutz ein Vakuum hat und weil sie in der vorigen Legislaturperiode dem EEG nicht zugestimmt hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Präsident Wolfgang Thierse:

Frau Kollegin Hustedt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lamp?

Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ja, gerne, Herr Lamp. Welchem Verein gehören Sie noch mal an?

Helmut Lamp (CDU/CSU):

Ich bin Vorsitzender des Bundesverbandes Bio-Energie, dem der Fachverband Biogas, der Deutsche Bauernverband sowie die Forstwirte- und die Waldbauernverbände angehören. Vielleicht haben auch Sie die Stellungnahme der Waldbauernverbände gelesen, in der darauf hingewiesen wird, dass die Hölzer rund um Berlin seit einem Jahrzehnt kaum genutzt werden. Diese Verbände hatten die große Hoffnung, dass mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz die Möglichkeit besteht, dass dieses enorme Potenzial an Hölzern in den vorhandenen Kraftwerken im Raum Berlin genutzt wird. Wir haben über Monate versucht, diesen Aspekt in das EEG hineinzubringen. Er ist aber einfach nicht aufgenommen worden. Meine Frage lautet: Warum sieht das EEG keine Vergütung der Kombination aus Waldholz und Altholz in Heizkraftwerken vor?

Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Offenbar haben Sie das Gesetz nicht gelesen. Wir wollen mit dem Gesetz die nachwachsenden Rohstoffe - dazu gehören auch Waldresthölzer - mit 2,5 Cent pro Kilowattstunde zusätzlich fördern. Die nachwachsenden Rohstoffe vom Acker wie zum Beispiel Mais wollen wir mit 4,5 Cent bzw. 6 Cent fördern. Aber auch die Waldhölzer werden durch das Gesetz, wie gesagt, weit mehr gefördert als zuvor. Stimmen Sie also zu, Herr Lamp!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Schade, dass Sie den gleichen Fehler wie in der letzten Legislaturperiode machen!

   Zurzeit weht dem Klimaschutz der Wind vielleicht ein bisschen entgegen. Aber das wird sich auch wieder ändern. Dann stehen Sie erneut im dünnen Hemdchen da. Nach einer Allensbach-Umfrage sind nur 14 Prozent der Bevölkerung für eine Senkung der Vergütungssätze, also für einen Abbau der Förderung. Ein Großteil ist absolut für die erneuerbaren Energien. Sie werden den Menschen in diesem Lande, insbesondere den Bauern und auch denjenigen, die in den ländlichen Räumen leben, erklären müssen, warum Sie hier Ihre Unterstützung versagen.

   Der Klimaschutz ist bei weitem nicht nur eine ökologische Frage und auch kein Luxusproblem der Grünen. Ich möchte einmal wirtschaftlich argumentieren; denn wenn es um Umweltargumente geht, sind Sie - die FDP völlig, die CDU/CSU zumindest zur Hälfte - sowieso auf beiden Ohren taub. Die Kosten in Folge der Flut 2002 betrugen 15 Milliarden Euro; die Kosten infolge der Dürre 2003 beliefen sich auf 13 Milliarden Euro. Das alles muss der Steuerzahler tragen. Weltweit nimmt die Zahl der Naturkatastrophen enorm zu. Von 1960 bis 1969 betrugen die Kosten für die von Naturkatastrophen verursachten Schäden 71 Milliarden US-Dollar. Von 1990 bis 1999 beliefen sich die Kosten für die Schäden, die durch von Menschen verursachte Naturkatastrophen entstanden sind, schon auf 607 Milliarden US-Dollar. Das ist fast eine Verzehnfachung. Wer zahlt dafür? Es sind die Bürger, die Bauern und die Unternehmer, die Haus und Hof verlieren, sowie die Hausbesitzer. Wer verursacht das? Verursacher sind die fossilen Energieträger wie Kohle, Gas und Erdöl. 70 Prozent des CO2-Ausstoßes kommen aus den Industrieländern. Deutschland ist beim Klimaschutz bei weitem kein Vorreiter; denn Deutschland liegt mit seinem CO2-Ausstoß pro Kopf weit über dem EU-Durchschnitt. Im Vergleich zu anderen Industrieländern in der EU hat es sogar den höchsten CO2-Ausstoß pro Kopf. Wir sind also keine Vorreiter, obwohl wir in diesem Land viel für den Klimaschutz getan haben. Wir müssen noch viel tun.

   150 000 Menschen sind laut der Weltgesundheitsorganisation im letzten Jahr an den von Menschen verursachten Treibhauseffekten gestorben. Ich nenne Ihnen noch einen anderen Grund, warum wir uns für den Klimaschutz einsetzen sollten. Weltweit nimmt der Verbrauch an Rohstoffen zu, insbesondere durch das rasante Wachstum in China und Indien - was diesen Ländern durchaus vergönnt ist.

   Wir haben in diesem Jahr den höchsten Erdölverbrauch, den es jemals gegeben hat. Die gestiegene Nachfrage nach Energie führt zu drastischen Preissteigerungen bei Erdöl, Kohle und Gas. Das DIW geht davon aus, dass eine Preiserhöhung von 5 Dollar pro Barrel Erdöl einen Einbruch beim Bruttoinlandsprodukt von 0,4 Prozent bedeutet.

Schon in den letzten Monaten lag der Ölpreis dauerhaft bei über 30 Dollar pro Barrel Öl. Das bedeutet laut DIW 0,3  bis 0,5 Prozentpunkte weniger Wirtschaftswachstum durch die erhöhte Nachfrage nach Öl. Sie wissen genau: Dieses Problem wird eher größer als kleiner werden, der Preisdruck bei uns wird also zunehmen. Deswegen sage ich Ihnen: Je unabhängiger ein Industrieland von fossilen Energieträgern wird, desto größer sind seine Vorteile im globalen Wettbewerb mit anderen Industrieländern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Präsident Wolfgang Thierse:

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Ende.

Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich komme zum Schluss.

   Die erneuerbaren Energien stehen für Klimaschutz. Sie schaffen Arbeitsplätze, bewirken das Verbleiben der Wertschöpfung im eigenen Land, tragen zur Friedenssicherung sowie zur Armutsbekämpfung bei und stärken den Innovationsstandort Deutschland. Wir können damit eine starke Exportwirtschaft aufbauen. Wir sagen Ja zu den erneuerbaren Energien, wir sagen Ja zum Klimaschutz und wir sagen Ja zur Politik der ökologischen Modernisierung.

   Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegin Angelika Brunkhorst, FDP-Fraktion.

Angelika Brunkhorst (FDP):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die erneuerbaren Energien sind Zukunftstechnologien. Sie können dazu beitragen, die Energieversorgung nachhaltig zu sichern.

(Beifall des Abg. Rolf Hempelmann (SPD))

Sie dienen dem Klimaschutz, den wir - das möchte ich hier betonen - ausdrücklich unterstützen.

   Das Erneuerbare-Energien-Gesetz halten wir allerdings für den falschen Weg, um den Anteil der erneuerbaren Energien zu erhöhen. Die festgelegten Einspeisevergütungen sind eine ständige Marktintervention. Den durch das EEG gesetzten Anreiz zur Kostenreduktion und zur Steigerung der technischen Effizienz halten wir für nicht ausreichend.

(Beifall bei der FDP)

   Die Kosten für Stromkunden sind enorm; diese Entwicklung ist nicht wegzudiskutieren. Im Jahr 2003 erzeugten Stromversorger und private Anlagenbetreiber 45 Milliarden Kilowattstunden Ökostrom. Das ist doppelt so viel wie 1999. Die Mehrkosten durch staatlich festgelegte Einspeisepreise stiegen im gleichen Zeitraum um das Siebenfache. 2003 zahlten die Verbraucher, also die Stromkunden, 1,9 Milliarden Euro.

   Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des EEG werden von der Bundesregierung und von den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen leider immer wieder ausgeblendet. So wachsen die Wettbewerbsnachteile der stromintensiven Unternehmen. Das gefährdet die noch vorhandenen 660 000 Arbeitsplätze. Im Bereich der Windkraftanlagen fördert der Staat jeden Arbeitsplatz mit - diese Zahl stammt vom BMU - 36 000 Euro. Wenn das nichts ist, dann frage ich mich, was denn überhaupt etwas ist.

(Beifall bei der FDP - Rolf Hempelmann (SPD): Haben Sie auch die Zahlen für die Kernenergie?)

   Uns Liberalen geht es darum, einen unter ökologischen, ökonomischen und sozialen Kriterien optimalen Energiemix zu den geringstmöglichen Kosten bereitzustellen.

(Beifall bei der FDP)

Dabei werden sich die erneuerbaren Energien langfristig nur dann als ein ernst zu nehmender Bestandteil der Energieversorgung behaupten können, wenn sie am wettbewerblichen Energiemarkt selbstständig bestehen können.

   Unser Ansatz ist marktwirtschaftlich. Durch die Umstellung auf ein Modell marktwirtschaftlicher Förderung durch Mengensteuerung werden Netzbetreiber und Eigenerzeuger verpflichtet, eine gewisse Menge durchgeleiteten oder selbst genutzten Strom aus erneuerbaren Energien zu gewinnen. Durch Ausschreibungsmodelle sind diese Mengen am freien Markt erwerbbar. So kommt unter Wettbewerbsbedingungen jeweils diejenige Technologie zum Zuge, zu der die klimatischen und geographischen Bedingungen passen. Der Verbraucher kann darauf hoffen, dass auch erneuerbare Energien möglichst kostengünstig produziert werden. Das ist ein gutes Ziel.

(Beifall bei der FDP)

   Weitere große Kostensenkungspotenziale bestehen darin, dass man die erneuerbaren Energien von der Netzeinspeisung und der Abhängigkeit von der Regelenergie unabhängiger macht. Das könnte mit hochleistungsfähigen Energiespeichertechniken erreicht werden. Dabei ist vor allem an Wasserstofftechnologie und die Brennstoffzelle zu denken. Zur Beschleunigung der Erforschung von Speichertechnik haben wir, die FDP, den Antrag „Energiespeicherforschung vorantreiben - Höchsttechnologien für die Speichertechnik entwickeln“ vorgelegt.

   Eine auf Energiespeicherung aufbauende Nutzung erneuerbarer Energien macht diese grundlastfähig und wird auch für den Verkehrssektor, der bislang nicht in ein integriertes Energie- und Klimakonzept eingebunden ist, interessant.

(Beifall bei der FDP)

   Des Weiteren müssen die flexiblen Kioto-Instrumente Joint Implementation und Clean Development Mechanism entschlossener durchgesetzt werden. Wenn wir auf eine technische Entwicklungszusammenarbeit setzen, die den Schwellen- und Entwicklungsländern Energie bereitstellt, um diese in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung zu unterstützen, profitieren auch wir davon, indem wir uns die dort günstig errungenen Minderungen auf unsere Verpflichtung anrechnen lassen können. Das ist ein guter Weg.

   Außerdem setzen wir auf technische Innovationen und auf Offenheit in der Forschung. Ich komme an dieser Stelle auf den TA-Bericht zu sprechen, der die Geothermie beleuchtet hat. Wir sehen, dass die Geothermie ein sehr interessantes Potenzial ist. Es ist ein riesiges Reservoir an Energie, das 600-fache des jährlichen Stromverbrauchs in Deutschland. Unter Nachhaltigkeitsaspekten sollte diese Menge aber über einen sehr langen Zeitraum - 1 000 Jahre - abgebaut werden.

   Der technische Aufwand ist, wie wir wissen, noch sehr hoch. Außerdem ist das Risiko von Fehlbohrungen nach wie vor groß. Deshalb plädieren wir für eine zusätzliche Förderanstrengung im Rahmen des Zukunftsinvestitionsprogramms, um zusätzliche Kostenreduktionspotenziale zu erforschen und um Pilotprojekte zu unterstützen.

(Beifall bei der FDP)

   Ich will auf die vielen Neuerungen des EEG, die Zu- und Abschläge, gar nicht eingehen, sondern nur so viel sagen: Ein untaugliches Gesetz wird durch viele Änderungen und Interventionen nicht besser.

   Zum Thema Windkraftanlagen ist Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierung und der Koalitionsfraktionen, noch ein Coup oder ein kleines Ganovenstück gelungen. Sie wissen ganz genau, dass die Akzeptanz für den Zubau von Windkraftanlagen im Binnenland sinkt, dass es gegen diesen Zubau sehr viel Bürgerprotest gibt. Sie haben in einer Nacht-und-Nebel-Aktion in Art. 1 § 10 den Abs. 4 gänzlich gestrichen. Damit entfällt die Anforderung, nach der mindestens 65 Prozent des Referenzertrages erzielt werden müssen. Das heißt, es kann jetzt überall im Binnenland gebaut werden. Ich weiß nicht, wie die Bürger darauf reagieren. Sie sehen sich schon jetzt dem Horrorszenario von riesigen Windparks ausgesetzt. Das Ganze ist schon ein Überrumpelungsmanöver gewesen; die Streichung wurde zum Schluss einfach vorgenommen.

(Beifall bei der FDP)

   Ein Motto zeichnet sich ab: Es wird nicht mehr gefördert, was sich irgendwann rechnen wird, sondern es wird gefördert, wirklich alles gefördert, damit es sich rechnet.

   Auch wir von der FDP wollen die Förderung der erneuerbaren Energien, aber auf einem anderen Weg, auf einem marktwirtschaftlichen Weg.

   Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile Kollegen Hermann Scheer, SPD-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

   Die mangelnde Effizienz des EEG wird beklagt. Was soll dieses Argument? In Bezug auf die Effizienz stellt sich in erster Linie die Frage: Welches politische Instrument ist bei der Einführung erneuerbarer Energien am erfolgreichsten? Die Antwort ist statistisch weltweit klar. Alle, die erneuerbare Energien ernsthaft fördern wollen, schauen auf dieses Gesetz.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Volker Kauder (CDU/CSU): Das ist ja Sozialismus pur!)

   Wenn es um Effizienz geht, geht es sicherlich auch um Kostensenkung. Aber die Senkung der Kosten einer Technologie erfolgt doch nicht durch das Labor, sie erfolgt durch

(Volker Kauder (CDU/CSU): Subvention!)

Produktionssteigerung, Produktionstechnikverbesserung, Markteinführung. Wer also nach Kosteneffizienz ruft, darf nicht die Markteinführung künstlich blockieren, sondern muss sie vorantreiben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Das Gesetz sei zu ambitioniert, heißt es. Wir sollten die Zielsetzung der Reduktion von CO2-Emissionen um 20 Prozent bis zum Jahr 2020 streichen. In diesem Zusammenhang erinnere ich an das, was die Umweltministerin Merkel am 28. April 1998 wörtlich gesagt hat:

Das große Ziel lautet, bis Mitte des nächsten Jahrhunderts den Anteil erneuerbarer Energien auf 50 Prozent zu steigern.

Deshalb müssten Sie mitmachen, wenn das nicht wieder nur ein Lippenbekenntnis gewesen sein soll,

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

statt Ziele zu blockieren, die an diese Dimension noch lange nicht herankommen.

   Das Argument, das Gesetz sei zu ambitioniert, ist läppisch. Es ist nicht zu ambitioniert. Bei jeder anderen Technologie heißt es doch: schneller sein als andere, weil das die internationale Wettbewerbsfähigkeit der in dieser Richtung tätigen Unternehmen steigert. Bei den erneuerbaren Energien aber heißt es jetzt: Bitte keinen Alleingang! Das hätten Sie sich einmal bei anderen Technologien überlegen sollen, die zu einem riesigen Milliardengrab geworden sind: schneller Brüter, die Atomtechnologie insgesamt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Die erneuerbaren Energien seien zu teuer, heißt es. Wenn man die externen Effekte der herkömmlichen Energieversorgung, allen voran die Atomenergie, mit einbezieht, sind die herkömmlichen Energien aus gesellschaftsökonomischer Sicht längst unbezahlbar geworden. An diesem Tatbestand kommen wir nicht mehr vorbei.

   Mangelnder Markt wird beklagt. Der Hintergrund ist, dass wir bis 1998 einen Gebietsschutz für die gesamte deutsche Stromversorgung hatten, sodass ohne irgendein Risiko Investitionen getätigt werden konnten, wodurch Zehntausende von Megawatt an Überkapazitäten entstanden. Es heißt, jetzt sollen die erneuerbaren Energien mit dem konkurrieren, was längst bezahlt ist. Marktwirtschaft bedeutet, das Prinzip der Marktgleichheit zu beachten und diese überhaupt wiederherzustellen, denn sie existiert gegenwärtig nicht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Wir könnten uns die Förderung der erneuerbaren Energien im Rahmen des EEG sparen, wenn die bisherigen, über Jahrzehnte getätigten Subventionen von der herkömmlichen Energiewirtschaft zurückgezahlt werden müssten und die Subventionen zurückgefordert werden könnten. Dann brauchten wir kein Förderprogramm für erneuerbare Energien. Das ist aber leider unrealistisch. Insofern geht an einem solchen Marktinstrument spezieller Art nichts vorbei.

   Die Grundlast soll damit angeblich nicht abgedeckt werden können. Sehen Sie sich doch einmal die wechselseitige Ergänzung der erneuerbaren Energien an, und beachten Sie, dass der Regelbedarf an Energie in den letzten Jahren gesunken und nicht gestiegen ist, obwohl wir die erneuerbaren Energien ausgebaut haben. Wenn Sie diesen Punkt so hervorheben, dann müssen Sie doch gerade deshalb zustimmen, weil der Hauptpunkt dieser Novelle die verstärkte Förderung der Bioenergie ist. Sie ist in jedem Fall grundlastfähig, weil sie genauso leicht speicherbar ist wie fossile Energien.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Das versuchte Ausspielen gegen den Emissionshandel ist doch nun wirklich lächerlich. Das Instrument EEG hat schon jetzt mehr zur Emissionsminderung beigetragen, als es mit den ambitionierten Zielen des Umweltministers in Bezug auf den Emissionshandel, die nicht ganz durchgekommen sind, und mit dem Emissionshandel überhaupt möglich gewesen wäre.

   Die Förderung der erneuerbaren Energien hat im Rahmen des Klimaschutzes Priorität. Das EEG ist ein vielfältigeres Instrument. Aber es geht im Grunde genommen nicht nur um Klimaschutz.

Es geht um Industrieförderung; es geht um Förderung der Landwirtschaft; es geht um Förderung des Handwerks. Es gibt außerdem vielfältige zusätzliche Effekte, die die gesamte Entwicklung der Wirtschaft auf eine neue Stufe stellen. Damit können wir die Herausforderungen unseres Jahrhunderts bewältigen.

   Sehen Sie die Thematik einmal unter diesen Gesichtspunkten und stellen Sie die entsprechenden Fragen! Sie werden sehen, dass die heutigen Argumente gegen das EEG irgendwann einmal als peinlich empfunden werden.

   Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegin Doris Meyer, CDU/CSU-Fraktion.

(Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Arme!)

Doris Meyer (Tapfheim) (CDU/CSU):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das die Union Anfang der 90er-Jahre als Stromeinspeisungsgesetz auf den Weg gebracht hat, hat heute vierten Geburtstag. Und da ist es an der Zeit, sich Gedanken über die Zukunft zu machen.

   Und dazu muss man folgende Fragen stellen: Kann das EEG neben dem Emissionshandel noch in unveränderter Form weiterbestehen? Gibt es Möglichkeiten, erneuerbare Energien stärker nach Effizienz, Grundlastfähigkeit und Wirtschaftlichkeit zu fördern? Vor diesem Hintergrund hat die Union ein neues Konzept ausgearbeitet. Und damit wollen wir in die Zukunft gehen.

   Die Unionsfraktion kann die Zielvorgabe des Gesetzentwurfs zur Neuregelung des EEG bis 2020 ohne ein vernünftiges zukunftsfähiges Gesamtkonzept nicht mittragen. Das bisherige EEG-System möchte die Koalition unverändert bis 2020 beibehalten. Der Zeitraum ist aus heutiger Sicht viel zu lang. Wegen vieler Unwägbarkeiten - sei es die technische Entwicklung, seien es die Auswirkungen des Emissionshandels - erscheint uns dieser Zeitraum deutlich zu lang. Wir stehen nach wie vor zu dem Ziel, bis 2010 den Anteil erneuerbarer Energien auf 12,5 Prozent zu erhöhen.

(Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das reicht nicht!)

   Die Rolle der erneuerbaren Energien im notwendigen Energiemix darf nicht unterschätzt werden. In den einzelnen Energiearten stecken beachtliche Potenziale. Gerade die, mit denen der Grundlastbereich abgedeckt werden kann - wie Geothermie, Biomasse und Wasserkraft -, sind noch lange nicht ausgeschöpft oder überhaupt schon erschlossen.

   Die Geothermie steht noch ganz am Anfang ihrer Entwicklung. Wie auch der Bericht zu den Möglichkeiten geothermischer Stromerzeugung in Deutschland aufzeigt, gibt es auf diesem Gebiet enorme, kaum genutzte Potenziale.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

   Bei der Bioenergie ist das Tor zur Erschließung schon weit offen, aber noch lange nicht alles erschlossen. Das Gesamtpotenzial bei der Stromerzeugung mittels Biomasse wird auf etwa 60 Terawattstunden pro Jahr geschätzt. Die Bioenergie stellt damit ihre Grundlastfähigkeit unter Beweis und stellt somit einen wertvollen Beitrag zu einer echten dezentralen Energieversorgung dar.

   Ausgehend von derzeit rund 26 Terawattstunden, die pro Jahr erzeugt werden, wird das noch nicht erschlossene Potenzial bei der Wasserkraft mit etwa 15 Terawattstunden beziffert. Kleine und mittlere Anlagen stellen den Löwenanteil an der ebenfalls dezentralen Energieerzeugung dar.

   Wenn es uns gelingt, erstens einen Energiemix aus allen - und ich betone: aus allen - zur Verfügung stehenden Energiearten zu schaffen, zweitens die Technologie im Bereich der erneuerbaren Energien weiterzuentwickeln und weitere Kosteneinsparungen zu erreichen sowie drittens die erneuerbaren Energien an die Wirtschaftlichkeit heranzuführen und sie dort zu halten, dann können wir sagen: Die erneuerbaren Energien haben sich ihren Platz neben den herkömmlichen Energiearten dauerhaft gesichert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Der vorliegende Gesetzentwurf deutet in die richtige Richtung. Bei Biomasse und Wasserkraft könnte die Union den Entwurf teilweise mittragen. Die Laufzeit für die Vergütung bei der Biomasse wurde von 15 auf wieder 20 Jahre erhöht. Die Degression wurde von ursprünglich 2 auf jetzt 1,5 Prozent gesenkt. Das sind Forderungen der Union, die erfüllt wurden, und das haben wir auch im Ausschuss zum Ausdruck gebracht.

   Wir schlagen in unserem Entschließungsantrag vor, Ende 2007 das EEG nach der Testphase des Emissionshandels durch eine Anschlussregelung zu ersetzen. Beide Instrumente, das EEG wie der Emissionshandel, tragen zu einer CO2-Reduzierung bei. Wenn beide Instrumente gleichzeitig greifen, muss geprüft werden, ob beide nebeneinander noch in der jeweiligen Form Bestand haben können.

   Bei der Windkraft setzen wir darauf, durch die 65-Prozent-Regelung nur noch einen weiteren Zubau an windgünstigen Standorten zuzulassen. Diese Regelung hilft der Windkraft, sich nicht mehr Vorwürfen ausgesetzt zu sehen, sie werde an allen, also auch an windungünstigen Standorten unwirtschaftlich gefördert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die 65-Prozent-Regelung möchten wir von entsprechenden Regelungen beim Bau- und beim Planungsrecht flankiert sehen,

(Horst Seehofer (CDU/CSU): Sehr gut!)

um so den Zubau an windungünstigen Standorten im Binnenland auszuschließen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Union bekennt sich damit zum Ausbau der Windkraft im Binnenland an windgünstigen Standorten, schon allein deshalb, um für die Offshoretechnik deutsches Know-how zu erhalten und weiter auszubauen.

   Nach 2007 soll es nach unseren Vorstellungen ein anderes Förderinstrument geben. Das bedeutet, das bisherige EEG wird durch eine Anschlussregelung abgelöst. Diese wird intensiver auf die Bedeutung der Grundlastenergie eingehen und den volkswirtschaftlich effizientesten Weg einschlagen. Die Union steht nach wie vor unverändert zu ihrem Ziel, die erneuerbaren Energien zu fördern. Über die Anschlussregelung, die wir gesetzlich verabschieden wollen, werden wir bis dahin gründlich diskutieren und beraten.

(Michael Müller (Düsseldorf) (SPD): Dann wird es ja nie etwas! - Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Viel Spaß!)

   Für die Union bedeutet Energiepolitik immer auch Standortpolitik. Die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands dürfen deshalb bei der Planung und Verwirklichung der Förderung nicht außer Acht gelassen werden. Unser Konzept sieht neben der Förderung der grundlastfähigen erneuerbaren Energien weiterhin vor, die Stromeinsparung und die effiziente Verwendung des Stroms massiv voranzutreiben. Das gehört zu unserem Gesamtkonzept.

   Wir halten an unseren Zielen fest: Erneuerbare Energien müssen gefördert werden, um zu einem zukunftsfähigen Energiemix zu kommen. Jedes Instrument muss permanent daraufhin überprüft werden, ob es zusammen mit anderen seinen optimalen Wirkungsgrad entfalten kann. Das beabsichtigen wir mit unserem Vorschlag. Nur so hat unsere nationale Energieversorgung eine Zukunft.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegen Hans-Josef Fell, Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.

Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Meyer, ich weiß, nicht Sie persönlich, aber Ihre Fraktion will 2007 nicht das EEG ablösen. Ihre Zielvorstellung ist eine ganz andere: Sie wollen die Markteinführung von erneuerbaren Energien beenden, um weiter Atomstrom und Kohlestrom umweltschädlich in diesem Land zu produzieren. Dies ist das entscheidende Ziel Ihrer Politik.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU): Das ist eine Unverschämtheit, Herr Fell! Sie wissen es genau anders!)

   Gestern war der vierte Geburtstag des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Heute führen wir mit einer Novelle die erneuerbaren Energien aus den Kinderschuhen in das industrielle Erwachsenenzeitalter.

   Schon die derzeitige Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes führte zu einem stürmischen Wachstum, vor allem in den Bereichen Windkraft und Photovoltaik. So verzehnfachte sich in vier Jahren die jährlich neu installierte Photovoltaikleistung auf aktuell 130 Megawatt. Die Windkraft legte auf hohem Niveau noch einmal um 70 Prozent neu installierte Leistung auf 2 600 Megawatt im Jahr 2003 zu. Gleichzeitig, Herr Seehofer, konnten die Kosten drastisch gesenkt werden, zum Beispiel bei der Photovoltaik um 25 Prozent in nur vier Jahren. Der Weg ist klar vorgezeichnet: Wir führen die erneuerbaren Energien mit hoher Geschwindigkeit zu Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

   Auch für die Schaffung von Arbeitsplätzen war dieses Gesetz gut. In den letzten Jahren wurden dadurch 100 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. In den nächsten zehn Jahren wollen wir 500 000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Daran sehen wir: Dieses Instrument wird auch auf die Wirtschaft gute Auswirkungen haben.

   Auch beim Biogas gab es in den letzten Jahren eine Zunahme von 15 Megawatt im Jahr 1999 auf 35 Megawatt im Jahre 2003. Aber es zeigte sich schnell, dass das erwünschte Wachstum bei den Bioenergien nicht in dem Maße erreicht wurde, wie es gewünscht war. Der relativ kostengünstige Markt für landwirtschaftlichen Abfall und Reststoffe war bald erschöpft. Einen weiteren Ausbau kann es nur durch den Einsatz nachwachsender Rohstoffe geben. Die heutige Novelle wird hierfür den entscheidenden Durchbruch bringen. Der vorgesehene Vergütungszuschlag für nachwachsende Rohstoffe wird der Landwirtschaft neue Verdienstmöglichkeiten eröffnen. Daran zeigt sich: Die wahren Freunde der Landwirtschaft sind die rot-grünen Regierungsfraktionen, nicht die CDU und die CSU, die diesen Gesetzentwurf heute ablehnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Birgit Homburger (FDP): Oh, oh!)

Ich bin gespannt, wie Bauernverbandspräsident Sonnleitner Ihnen für Ihre ablehnende Haltung am heutigen Tage die Leviten lesen wird.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Meine Damen und Herren, Bundeskanzler Schröder hat das Jahr 2004 als „Jahr der Innovation“ ausgerufen. Die heutige EEG-Novelle ist dafür ein wesentlicher Baustein. Neuartige Techniken werden in das EEG aufgenommen, zum Beispiel Wellenkraft, Meeresströmungskraftwerke und Salzgradientenkraftwerke; das alles sind für den deutschen Maschinenbau große Chancen. Vor allem bei den Bioenergien sieht das Erneuerbare-Energien-Gesetz einen wichtigen Innovationsschub vor. So wird es erhöhte Vergütungen geben: für Biogasbrennstoffzellen, für Sterlingmotoren, für thermogenische Gaserzeugung und für Biogasreinigung auf Erdgasqualität. Dass solche Innovationsanreize ihre Wirkung nicht verfehlen, wissen wir schon längst: aus unseren Erfahrungen mit dem alten EEG.

   Die Windkraftbranche hat in den letzten Jahren hoch effiziente Windräder erzeugt, weil die Markteinführung der entscheidende Forschungsanreiz ist, Frau Brunkhorst. Darauf hat Herr Scheer in seiner Rede hingewiesen.

(Birgit Homburger (FDP): Und was ist mit den Kostensenkungen für die Verbraucher?)

Die großen CO2-freien Strommengen, die durch den Einsatz dieser hoch effizienten Windräder an süddeutschen Standorten gewonnen werden können, wollen wir nun ernten und einer aktiven, CO2-freien Stromerzeugung zuführen. Daher war es nur konsequent, dass die Regierungsfraktionen den Regierungsentwurf an dieser Stelle korrigiert haben.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Denn diese Windräder werden auch Atomstrom aus süddeutschen Ländern ersetzen, selbst wenn das den atompolitischen Versessenheiten

(Birgit Homburger (FDP): So ein Quatsch!)

der Ministerpräsidenten Stoiber, Koch und Teufel nicht passt.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

   Auch die Angebotsschwankung im Windbereich wird die Sicherheit einer zukünftigen Vollversorgung mit erneuerbaren Energien nicht stören. Denn wir fördern mit dieser Novelle auch die Stromerzeugung aus Tiefenerdwärme. Sie hat das Potenzial, rund um die Uhr und ständig die Grundlaststromerzeugung von Kohle- und Kernkraftwerken zu ersetzen. Das hat eine wissenschaftliche Untersuchung des Büros für Technikfolgenabschätzung längst aufgezeigt.

   Ich bin überzeugt: Diese Gesetzesnovelle wird einen weiteren aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten. Aber nicht nur dazu; sie wird auch eine Grundlage für die Stärkung der deutschen Wirtschaft sein. Frau Hustedt hat bereits auf die Erdölpreissteigerungen hingewiesen. Der OPEC-Beschluss von gestern passt doch nicht in das Bild der grenzenlosen Verfügbarkeit von Erdöl. Trotz eines extrem hohen Ölpreises hat die OPEC beschlossen, die Fördermengen zu senken. Darin sehe ich ein wichtiges Indiz dafür, dass die weltweite Ölförderung nicht weiter gesteigert werden kann. Damit die deutsche Wirtschaft auch in Zukunft noch ausreichend Energie zur Verfügung hat, müssen wir diese Versorgungslücke durch den Einsatz erneuerbarer Energien schließen.

Ansonsten werden wir ein riesiges Problem in unserer Energiewirtschaft und in unserer Wirtschaft überhaupt bekommen. Es wird Zeit, dass Sie von der Opposition und auch der BDI mit Herrn Rogowski endlich begreifen: Erneuerbare Energien sind eine Stärkung für den Wirtschaftsstandort Deutschland und keine Schwächung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Präsident Wolfgang Thierse:

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich Kollegin Birgit Homburger.

Birgit Homburger (FDP):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich auf den Wortbeitrag des Kollegen Fell von gerade eben gemeldet. Herr Kollege Fell, ich möchte Sie bitten, endlich aufzuhören, zu behaupten, dass Sie mit der Windenergie die Kernenergie ersetzen können. Windenergie - das ist genau das Problem - ist nicht grundlastfähig. Die Kernenergie leistet aber genau einen großen Teil der Grundlast unserer Stromversorgung. Deswegen ist das, was Sie hier machen, nichts anderes als Augenwischerei: Es ist teuer - Sie belasten die Verbraucherinnen und Verbraucher -, aber es bringt für die Umwelt überhaupt nichts.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   Wenn Sie wirklich wollen, Herr Fell, dass wir in diesem Bereich weiterkommen, müssen Sie dem Antrag der FDP-Bundestagsfraktion auf Förderung von Speichertechnologien zustimmen, sodass wir erreichen, dass auch die erneuerbaren Energien, die nicht grundlastfähig sind, durch Speicherung grundlastfähig werden. Das ist unser Konzept; das haben wir mehrfach gefordert. Sie haben es im Umweltausschuss abgelehnt, unter anderem mit der Begründung, das sei eine Dinosauriertechnologie. Sie haben keine Ahnung, was für die Zukunftsfähigkeit der erneuerbaren Energien wichtig ist. Deswegen sagen ich Ihnen noch einmal ganz deutlich: Wir brauchen die Förderung der Speichertechnologien, um die Grundlastfähigkeit der erneuerbaren Energien zu erreichen

(Rolf Hempelmann (SPD): Das ist keine Kurzintervention!)

und ihnen damit eine große Chance für die Zukunft zu eröffnen.

(Beifall bei der FDP)

   Der letzte Punkt: Sie sagten, die Opposition solle endlich begreifen, dass die erneuerbaren Energien eine Stärkung für den Wirtschaftsstandort seien und keine Schwächung. Jawohl, sie sind eine Stärkung, wir brauchen die erneuerbaren Energien im Energiemix; die FDP-Bundestagsfraktion steht dazu. Ich sage Ihnen aber auch: Wenn Sie wollen, dass das hier in Deutschland greift, müssen wir das auch so machen, dass es möglichst kostengünstig organisiert wird. Eine kostengünstige Organisation erreichen Sie nur dann, wenn Sie unter den erneuerbaren Energien Wettbewerb erzeugen, einen eigenen Markt nur für erneuerbare Energien kreieren. Dann haben Sie die Chance, Kostenreduktionen durchzusetzen, dann wird das ein Erfolg für die erneuerbaren Energien und auch für unseren Wirtschaftsstandort; genau das ist das Konzept der FDP.

(Beifall bei der FDP)

Präsident Wolfgang Thierse:

Kollege Fell, Sie haben Gelegenheit zur Antwort.

Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr verehrte Frau Kollegin Homburger, es ist gut, dass Sie mir Gelegenheit geben, diese von Ihnen und von anderen in der Gesellschaft immer wieder genannten Falschargumente geradezurücken.

   Kein Mensch hat je behauptet, dass die Windenergie allein die Atomenergie vollständig ablösen solle. Die Windenergie wird einen wichtigen Beitrag dazu leisten: in einem zukünftigen Energiemix, in der Addition mit Geothermie, mit Bioenergie, mit der Wasserkraft, mit der Sonne, der Photovoltaik, die auch Angebotsschwankungen hat. In einem intelligenten Energiemix ist das ohne Probleme zu erreichen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Stellen Sie sich nur folgenden einfachen Gedanken vor: Im fränkischen Bereich, wo angeblich wenig Wind weht, kann die einfache Kombination aus einem Windrad und einer Biogasanlage an dessen Fuß für ein Dorf rund um die Uhr Versorgungssicherheit bieten - über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Dazu bedarf es nicht der konventionellen Energieformen.

   Es ist auch wichtig - Sie haben darauf hingewiesen -, dass Speichertechnologien gefördert werden. Dafür haben wir in dieser EEG-Novelle einen Anreiz geschaffen. Darum wundere ich mich, dass Sie ihr nicht zustimmen. Wir haben auch die Forschungsförderung dafür erhöht. Ich erinnere mich, dass bis 1998 unter der alten Regierung, als Ihre Partei noch selbst mit die Verantwortung trug, die Forschung an Batterien - eine wichtige Speichertechnologie - völlig beendet wurde. Wir haben das wieder neu belebt. Es gibt neue Batteriehoffnungen in ganz großem Stil. Wir sehen also, dass wir Ihre Forderungen schon längst erfüllt haben; dazu brauchen wir Ihre Anträge nicht.

   Zum letzten Punkt, den Sie angesprochen haben, wir sollten endlich begreifen, dass wir möglichst kostengünstig sein müssen.

   Schon die derzeitige Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes führte zu einem stürmischen Wachstum, vor allem in den Bereichen Windkraft und Photovoltaik. So verzehnfachte sich in vier Jahren die jährlich neu installierte Photovoltaikleistung auf aktuell 130 Megawatt. Die Windkraft legte auf hohem Niveau noch einmal um 70 Prozent neu installierte Leistung auf 2 600 Megawatt im Jahr 2003 zu. Gleichzeitig, Herr Seehofer, konnten die Kosten drastisch gesenkt werden, zum Beispiel bei der Photovoltaik um 25 Prozent in nur vier Jahren. Der Weg ist klar vorgezeichnet: Wir führen die erneuerbaren Energien mit hoher Geschwindigkeit zu Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

   Auch für die Schaffung von Arbeitsplätzen war dieses Gesetz gut. In den letzten Jahren wurden dadurch 100 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. In den nächsten zehn Jahren wollen wir 500 000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Daran sehen wir: Dieses Instrument wird auch auf die Wirtschaft gute Auswirkungen haben.

   Auch beim Biogas gab es in den letzten Jahren eine Zunahme von 15 Megawatt im Jahr 1999 auf 35 Megawatt im Jahre 2003. Aber es zeigte sich schnell, dass das erwünschte Wachstum bei den Bioenergien nicht in dem Maße erreicht wurde, wie es gewünscht war. Der relativ kostengünstige Markt für landwirtschaftlichen Abfall und Reststoffe war bald erschöpft. Einen weiteren Ausbau kann es nur durch den Einsatz nachwachsender Rohstoffe geben. Die heutige Novelle wird hierfür den entscheidenden Durchbruch bringen. Der vorgesehene Vergütungszuschlag für nachwachsende Rohstoffe wird der Landwirtschaft neue Verdienstmöglichkeiten eröffnen. Daran zeigt sich: Die wahren Freunde der Landwirtschaft sind die rot-grünen Regierungsfraktionen, nicht die CDU und die CSU, die diesen Gesetzentwurf heute ablehnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Birgit Homburger (FDP): Oh, oh!)

Ich bin gespannt, wie Bauernverbandspräsident Sonnleitner Ihnen für Ihre ablehnende Haltung am heutigen Tage die Leviten lesen wird.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Meine Damen und Herren, Bundeskanzler Schröder hat das Jahr 2004 als „Jahr der Innovation“ ausgerufen. Die heutige EEG-Novelle ist dafür ein wesentlicher Baustein. Neuartige Techniken werden in das EEG aufgenommen, zum Beispiel Wellenkraft, Meeresströmungskraftwerke und Salzgradientenkraftwerke; das alles sind für den deutschen Maschinenbau große Chancen. Vor allem bei den Bioenergien sieht das Erneuerbare-Energien-Gesetz einen wichtigen Innovationsschub vor. So wird es erhöhte Vergütungen geben: für Biogasbrennstoffzellen, für Sterlingmotoren, für thermogenische Gaserzeugung und für Biogasreinigung auf Erdgasqualität. Dass solche Innovationsanreize ihre Wirkung nicht verfehlen, wissen wir schon längst: aus unseren Erfahrungen mit dem alten EEG.

   Die Windkraftbranche hat in den letzten Jahren hoch effiziente Windräder erzeugt, weil die Markteinführung der entscheidende Forschungsanreiz ist, Frau Brunkhorst. Darauf hat Herr Scheer in seiner Rede hingewiesen.

(Birgit Homburger (FDP): Und was ist mit den Kostensenkungen für die Verbraucher?)

Die großen CO2-freien Strommengen, die durch den Einsatz dieser hoch effizienten Windräder an süddeutschen Standorten gewonnen werden können, wollen wir nun ernten und einer aktiven, CO2-freien Stromerzeugung zuführen. Daher war es nur konsequent, dass die Regierungsfraktionen den Regierungsentwurf an dieser Stelle korrigiert haben.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Denn diese Windräder werden auch Atomstrom aus süddeutschen Ländern ersetzen, selbst wenn das den atompolitischen Versessenheiten

(Birgit Homburger (FDP): So ein Quatsch!)

der Ministerpräsidenten Stoiber, Koch und Teufel nicht passt.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

   Auch die Angebotsschwankung im Windbereich wird die Sicherheit einer zukünftigen Vollversorgung mit erneuerbaren Energien nicht stören. Denn wir fördern mit dieser Novelle auch die Stromerzeugung aus Tiefenerdwärme. Sie hat das Potenzial, rund um die Uhr und ständig die Grundlaststromerzeugung von Kohle- und Kernkraftwerken zu ersetzen. Das hat eine wissenschaftliche Untersuchung des Büros für Technikfolgenabschätzung längst aufgezeigt.

   Ich bin überzeugt: Diese Gesetzesnovelle wird einen weiteren aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten. Aber nicht nur dazu; sie wird auch eine Grundlage für die Stärkung der deutschen Wirtschaft sein. Frau Hustedt hat bereits auf die Erdölpreissteigerungen hingewiesen. Der OPEC-Beschluss von gestern passt doch nicht in das Bild der grenzenlosen Verfügbarkeit von Erdöl. Trotz eines extrem hohen Ölpreises hat die OPEC beschlossen, die Fördermengen zu senken. Darin sehe ich ein wichtiges Indiz dafür, dass die weltweite Ölförderung nicht weiter gesteigert werden kann. Damit die deutsche Wirtschaft auch in Zukunft noch ausreichend Energie zur Verfügung hat, müssen wir diese Versorgungslücke durch den Einsatz erneuerbarer Energien schließen.

Ansonsten werden wir ein riesiges Problem in unserer Energiewirtschaft und in unserer Wirtschaft überhaupt bekommen. Es wird Zeit, dass Sie von der Opposition und auch der BDI mit Herrn Rogowski endlich begreifen: Erneuerbare Energien sind eine Stärkung für den Wirtschaftsstandort Deutschland und keine Schwächung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Präsident Wolfgang Thierse:

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich Kollegin Birgit Homburger.

Birgit Homburger (FDP):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich auf den Wortbeitrag des Kollegen Fell von gerade eben gemeldet. Herr Kollege Fell, ich möchte Sie bitten, endlich aufzuhören, zu behaupten, dass Sie mit der Windenergie die Kernenergie ersetzen können. Windenergie - das ist genau das Problem - ist nicht grundlastfähig. Die Kernenergie leistet aber genau einen großen Teil der Grundlast unserer Stromversorgung. Deswegen ist das, was Sie hier machen, nichts anderes als Augenwischerei: Es ist teuer - Sie belasten die Verbraucherinnen und Verbraucher -, aber es bringt für die Umwelt überhaupt nichts.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   Wenn Sie wirklich wollen, Herr Fell, dass wir in diesem Bereich weiterkommen, müssen Sie dem Antrag der FDP-Bundestagsfraktion auf Förderung von Speichertechnologien zustimmen, sodass wir erreichen, dass auch die erneuerbaren Energien, die nicht grundlastfähig sind, durch Speicherung grundlastfähig werden. Das ist unser Konzept; das haben wir mehrfach gefordert. Sie haben es im Umweltausschuss abgelehnt, unter anderem mit der Begründung, das sei eine Dinosauriertechnologie. Sie haben keine Ahnung, was für die Zukunftsfähigkeit der erneuerbaren Energien wichtig ist. Deswegen sagen ich Ihnen noch einmal ganz deutlich: Wir brauchen die Förderung der Speichertechnologien, um die Grundlastfähigkeit der erneuerbaren Energien zu erreichen

(Rolf Hempelmann (SPD): Das ist keine Kurzintervention!)

und ihnen damit eine große Chance für die Zukunft zu eröffnen.

(Beifall bei der FDP)

   Der letzte Punkt: Sie sagten, die Opposition solle endlich begreifen, dass die erneuerbaren Energien eine Stärkung für den Wirtschaftsstandort seien und keine Schwächung. Jawohl, sie sind eine Stärkung, wir brauchen die erneuerbaren Energien im Energiemix; die FDP-Bundestagsfraktion steht dazu. Ich sage Ihnen aber auch: Wenn Sie wollen, dass das hier in Deutschland greift, müssen wir das auch so machen, dass es möglichst kostengünstig organisiert wird. Eine kostengünstige Organisation erreichen Sie nur dann, wenn Sie unter den erneuerbaren Energien Wettbewerb erzeugen, einen eigenen Markt nur für erneuerbare Energien kreieren. Dann haben Sie die Chance, Kostenreduktionen durchzusetzen, dann wird das ein Erfolg für die erneuerbaren Energien und auch für unseren Wirtschaftsstandort; genau das ist das Konzept der FDP.

(Beifall bei der FDP)

Präsident Wolfgang Thierse:

Kollege Fell, Sie haben Gelegenheit zur Antwort.

Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr verehrte Frau Kollegin Homburger, es ist gut, dass Sie mir Gelegenheit geben, diese von Ihnen und von anderen in der Gesellschaft immer wieder genannten Falschargumente geradezurücken.

   Kein Mensch hat je behauptet, dass die Windenergie allein die Atomenergie vollständig ablösen solle. Die Windenergie wird einen wichtigen Beitrag dazu leisten: in einem zukünftigen Energiemix, in der Addition mit Geothermie, mit Bioenergie, mit der Wasserkraft, mit der Sonne, der Photovoltaik, die auch Angebotsschwankungen hat. In einem intelligenten Energiemix ist das ohne Probleme zu erreichen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Stellen Sie sich nur folgenden einfachen Gedanken vor: Im fränkischen Bereich, wo angeblich wenig Wind weht, kann die einfache Kombination aus einem Windrad und einer Biogasanlage an dessen Fuß für ein Dorf rund um die Uhr Versorgungssicherheit bieten - über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Dazu bedarf es nicht der konventionellen Energieformen.

   Es ist auch wichtig - Sie haben darauf hingewiesen -, dass Speichertechnologien gefördert werden. Dafür haben wir in dieser EEG-Novelle einen Anreiz geschaffen. Darum wundere ich mich, dass Sie ihr nicht zustimmen. Wir haben auch die Forschungsförderung dafür erhöht. Ich erinnere mich, dass bis 1998 unter der alten Regierung, als Ihre Partei noch selbst mit die Verantwortung trug, die Forschung an Batterien - eine wichtige Speichertechnologie - völlig beendet wurde. Wir haben das wieder neu belebt. Es gibt neue Batteriehoffnungen in ganz großem Stil. Wir sehen also, dass wir Ihre Forderungen schon längst erfüllt haben; dazu brauchen wir Ihre Anträge nicht.

   Zum letzten Punkt, den Sie angesprochen haben, wir sollten endlich begreifen, dass wir möglichst kostengünstig sein müssen.

Genau das tun wir. Schauen Sie sich die Windkraftentwicklung in Deutschland und England an. In England wird exakt das Modell produziert, das Sie immer wieder vorschlagen: Quotenmodelle und Ausschreibungsmodelle.

(Birgit Homburger (FDP): Das stimmt doch gar nicht!)

   Obwohl in England wesentlich mehr Wind weht als in Deutschland und dort die von Ihnen propagierten Instrumente angewendet werden, kostet die Kilowattstunde aus Wind dort 13 Cent und in Deutschland mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz nur 8,8 Cent. Ich frage Sie: Was ist billiger? Ich fordere Sie auf, endlich zu rechnen und von dem ideologischen Beharren auf den falschen Argumenten abzusehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile dem Kollegen Joachim Pfeiffer, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was will die Union in der Energiepolitik?

(Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das frage ich mich auch! - Zuruf des Abg. Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

- Hören Sie zu, dann wissen Sie es, Herr Fell.

(Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jawohl, Herr Oberleutnant!)

   Energiepolitik ist kein Selbstzweck. Die Union fordert eine konsistente Energiepolitik aus einem Guss, die mehrere Ziele gleichzeitig erfüllt: Wir wollen Klimaschutz, aber nicht irgendeinen, sondern einen kosteneffizienten Klimaschutz. Wir wollen Versorgungssicherheit. Wir wollen bei den erneuerbaren Energien eine marktgerechte Innovations- und Technologieförderung sowie eine rasche Markteinführung. Wir wollen in der Energiepolitik vor allem europaweit wettbewerbsfähige Energiepreise für die Verbraucher und unsere Wirtschaft. Über diese Ziele sind wir uns in diesem Hause teilweise oder sogar weitgehend einig.

   Der grundlegende Unterschied - leider nicht nur in der Energiepolitik - zwischen Rot-Grün und der Union - das wurde heute wiederum deutlich - besteht darin, dass Sie offenbar der Meinung sind, dass der Staat es richten soll; denn er weiß am besten, was für die Menschen und die Wirtschaft gut ist. Das zieht sich wie ein roter Faden durch Ihre Politik. Egal, ob gestern bei der Frage der Ausbildungsplatzabgabe oder nachher beim Optionsgesetz am Arbeitsmarkt, ob bei der Energiepolitik, dem Emissionshandel oder heute Morgen bei den erneuerbaren Energien: Sie frönen dem Zentralismus.

   Wie hat Herr Müntefering das vor geraumer Zeit so schön entlarvend gesagt: weniger für den privaten Konsum, dem Staat Geld geben; dazu muss man „sich auch bekennen“? Also bekennen Sie sich dazu und reden Sie nicht immer von Marktwirtschaft, wo Sie doch auf dem Weg nicht nur in die ungeplante, sondern in die geplante Staats- und Planwirtschaft sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

   Diesen ideologiegetriebenen Wahnsinn werden wir, die Union, nicht mitmachen. Im Gegenteil. Wir wollen zuvorderst, dass wir die energiepolitischen Ziele mit marktwirtschaftlichen Instrumenten und Mechanismen umsetzen. Während Sie auf möglichst viele staatliche Vorgaben - egal, ob beim Emissionshandel, bei der jetzt anstehenden Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes oder bei den erneuerbaren Energien - setzen, setzen wir, die Union, auf den Markt. Hier kann man in der Tat unseren alten Spruch wieder ausgraben: Freiheit statt Sozialismus! Das ist unser Programm. Wir wollen keine Staats- und Planwirtschaft.

   Jetzt aber zu der Frage, wie erfolgreich das EEG wirklich ist und um welchen Preis die Ziele und Erfolge des EEG erkauft werden. Beginnen wir mit dem Klimaschutz. Sie singen das Hohelied vom Klimaschutz. Tatsache ist aber, dass das EEG in seiner jetzigen Form nichts zur weiteren Erfüllung des Kiotoziels beiträgt. Im Gegenteil. Durch die nicht abgestimmte Einführung des Emissionshandels und die Fortführung des EEG in der von Ihnen vorgeschlagenen Form wird eine Verbilligung der CO2-Zertifikate erreicht und letztlich nur die Kohleverstromung, also gerade die fossilen und CO2-trächtigen Energien, in anderen Ländern Europas wie Italien und Großbritannien gefördert.

   Das sage nicht ich, sondern das sagen Ihre Gutachter im Bundeswirtschaftsministerium. Das ist offensichtlich auch der Grund dafür, weshalb Sie diese Gutachten bis heute nicht öffentlich zugänglich machen und nicht dem Bundestag vorlegen.

(Rolf Hempelmann (SPD): Die stehen im Internet!)

Sie legen die Gutachten vor, nachdem Sie das Gesetz verabschiedet haben und nicht vorher, weil darin Ihr ideologiegetriebener Wahnsinn schon von Ihren eigenen Gutachtern konterkariert wird.

   Die EEG-Förderung verstößt auf jeden Fall gegen das Wirtschaftlichkeitsziel im Klimaschutz. Wenn Sie einen kosteneffizienten Klimaschutz wollen, müssen Sie sich an den Kosten pro Tonne vermiedener CO2-Emission orientieren. Dort sind Wirkungsgraderhöhungen im konventionellen Kraftwerkspark oder Maßnahmen in anderen Sektoren, zum Beispiel bei Gebäuden, wesentlich kosteneffizienter.

   Wie sieht es mit der Belastung von Verbrauchern und Wirtschaft aus? Herr Seehofer hat es angesprochen: Heute liegt der Anteil der staatlich administrierten Abgabenbelastung am Strompreis bei 40 Prozent.

(Ulrich Kelber (SPD): Von was?)

Von 1998 bis 2003 sind die administrativ verursachten Steuern und Abgaben im Strombereich von 2,2 auf 12,6 Milliarden Euro angestiegen. Die zusätzlichen Kosten wurden in einer Größenordnung von 7,5 Milliarden Euro durch die Stromsteuer, durch Konzessionsabgaben und durch KWK verursacht; bei den erneuerbaren Energien sind es bereits heute 2 Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten, die Verbraucher und Wirtschaft belasten.

   Es sind eben nicht, wie verharmlosend gesagt wird, Cent- oder 1-Euro-Beträge. Ein Durchschnittshaushalt mit zwei Erwachsenen und einem Kind wird in Deutschland im Jahr mit 160 Euro zusätzlich belastet. Wenn Sie die Ökosteuer im Mineralölbereich für Heizung und Auto noch hinzurechnen, reden wir über eine Mehrbelastung von 421 Euro im Jahr. Das sind die Fakten. Die müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen, meine sehr geehrten Herren und Damen von der Regierung.

   Wie sieht es mit dem Beschäftigungseffekt aus? Sie erzählen uns, dass Sie für einen viel beschworenen Beschäftigungseffekt von 130 000 zusätzlich Beschäftigten eintreten.

(Albert Schmidt (Ingolstadt) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ärgert Sie!)

- Nein, das ärgert mich nicht. Im Gegenteil: Wir können in diesem Land nicht genug Beschäftigte haben.

   Was aber sagen wiederum Ihre Gutachter im Bundeswirtschaftsministerium? Sie bestätigen Ihnen in der Untersuchung der sektoralen Entwicklung im Bereich des EEG, dass das höchstens ein Strohfeuer sein wird. Sie sagen Ihnen für das Jahr 2010 voraus, dass der Beschäftigungseffekt negativ sein wird, und zwar um 6 000 Arbeitsplätze. Im Jahr 2012 wird es bereits einen negativen Beschäftigungseffekt von 20 000 Arbeitsplätzen geben. Das sagen Ihnen Ihre Gutachter voraus, wenn Sie Ihre Politik so weiterbetreiben.

(Ulrich Kelber (SPD): Sie müssen mehr als nur die Zusammenfassung von Gutachten lesen!)

Ihre Politik ist also alles andere als nachhaltig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Deshalb schlagen wir, die Union, einen Doppelbeschluss vor: Wir wollen die jetzige Förderung durch das EEG mit seiner Systematik und seinen Ineffizienzen zum 31. Dezember 2007 beenden und zeitgleich eine neue Systematik, mit der alle energiepolitischen Instrumente des EEG, Emissionshandel, Ökosteuer und auch die Steinkohlesubventionen, mit der Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung verknüpft werden, in einem langfristigen, in sich geschlossenen engergiepolitischen Konzept umsetzen. Nur mit einem Konzept, in dem die Instrumente auf die einzelnen Energieträger durch Ausschreibungsmodelle oder Bonusmodelle abgestimmt sind, werden wir eine effizientere Förderung der erneuerbaren Energien erreichen. Nur durch dieses Konzept der Union werden die erneuerbaren Energien in Zukunft zielgerichtet an die Marktreife herangeführt und nur so werden die erneuerbaren Energien im Energiemix langfristig die Rolle spielen können, die sie verdient haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der CDU/CSU)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort dem Minister Jürgen Trittin.

Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich über die Rede des Kollegen Seehofer, als er begann, ungeheuer gefreut.

(Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU): Das meine ich doch! Das war eine gute Rede!)

Es hat sich aber herausgestellt, dass das, was Herr Pfeiffer gerade ausgesprochen hat, das ist, was die Union wirklich denkt, und das hat sich im Verlauf Ihrer Rede, Herr Seehofer, bereits angedeutet.

   Sie haben ein krachendes Bekenntnis für die erneuerbaren Energien abgelegt. Aber es war eine Radio-Eriwan-Rede: im Prinzip ja. Anschließend sind Sie mit allen Vorurteilen gekommen, die man gegen die erneuerbaren Energien auffahren kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

   Ich will dies an einem Punkt deutlich machen. Sie stellen sich hier hin, berechnen den staatlichen Anteil am Strompreis und schieben den den erneuerbaren Energien unter.

Ein solches Selbstbewusstsein wünsche ich mir bei Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

   Durch die Nutzung der erneuerbaren Energien können in Deutschland heute bereits 50 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Das ist und bleibt richtig. Hören Sie auf, erneuerbare Energien gegen Effizienz und Energiesparen auszuspielen. Meine Erfahrung der letzten Tage ist: Diejenigen, die gegen einen effizienten Emissionshandel sind, sind immer schon gegen erneuerbare Energien gewesen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

   Wahr ist aber auch: Im Bereich der erneuerbaren Energien, also quasi durch die Einsparung von 50 Millionen Tonnen CO2, haben 120 000 Menschen in diesem Lande Arbeit gefunden, 50 000 Menschen davon in den letzten Jahren. Der Bereich der erneuerbaren Energien ist also der Beweis dafür, dass Umweltschutz und Beschäftigung, dass ökologische Modernisierung und Wettbewerbsfähigkeit bestens zusammenpassen.

   Ich bedanke mich für die gute Unterstützung und die Bereitschaft des Bundestages, heute den Gesetzentwurf in seiner jetzigen Fassung zu verabschieden.

   Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegen Peter Paziorek, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Rednerliste war eigentlich schon geschlossen, als der Minister darum gebeten hat, auch an das Rednerpult gehen zu dürfen. Aufgrund seiner Rede wird nun eine neue Diskussionsrunde zum EEG aufgelegt.

   Herr Minister, ich muss Ihnen sagen: Ihr Redebeitrag,

(Michael Müller (Düsseldorf) (SPD): War gut!)

Ihr Versuch, die Ausführungen unseres stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Horst Seehofer umzuinterpretieren, war eine reine Unverschämtheit. Das war Polemik und war sachlich falsch. Das ist nicht hinzunehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn man keine Argumente hat, muss man sagen: Unverschämtheit!)

   Wir haben immer klar und deutlich gesagt, dass wir zu den erneuerbaren Energien stehen. Sie haben mehrfach anerkannt, dass die Union wie andere Fraktionen in diesem Hause für die erneuerbaren Energien eintritt.

(Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Warum stimmen Sie dann nicht zu?)

Wie können Sie vor diesem Hintergrund nur aufgrund dessen, dass die Union sagt, ab dem Jahr 2008 wolle sie ein neues Fördersystem, behaupten, dass wir den Bereich der erneuerbaren Energien kaputtmachen wollen?

(Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wollen Sie es kaputtmachen?)

Wie können Sie behaupten, dass wir die erneuerbaren Energien und damit den dafür wichtigen Standort Deutschland zerstören wollen? Sie haben gar kein Interesse daran, dass die Union zustimmt.

(Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben drei Termine mit Ihnen ausgemacht! Alle haben Sie abgelehnt!)

Ihnen gefällt es viel besser, jetzt mit einer solchen Polemik kommen zu können.

   Wir haben klar und deutlich gesagt: Wir wollen eine klare Übergangsfrist. Bis zum Jahr 2007 soll das jetzige Fördersystem weiter bestehen. Jeder, der mit seinen Anlagen bis Ende 2007 ans Netz geht, soll nach unseren Vorstellungen Bestandsschutz erfahren.

(Ulrich Kelber (SPD): Was ist mit den Produktionsanlagen?)

Wie können Sie es also überhaupt wagen, hier zu vermitteln, dass für Betreiber und Investoren Unsicherheiten existieren könnten? Wir sagen allen: Wer bis zum Jahr 2007 ans Netz geht, der hat Bestandsschutz.

   Darüber hinaus wollen wir auch einen Übergang. Weshalb wehren Sie sich so dagegen, Herr Minister, dass man in diesem Hause darüber diskutiert,

(Volker Kauder (CDU/CSU): Das ist ein Ideologe!)

ob das Festpreissystem langfristig sinnvoll ist oder ob man nicht eventuell ein Bonussystem einführen solle, wie wir es bei der KWK haben? Da gibt es nämlich für ganz bestimmte erneuerbare Energien einen Zuschlag auf den normalen Strompreis. Ist das der Weltuntergang? Ich habe das Gefühl, Sie wollen der Diskussion ausweichen, ob das Bonussystem besser ist als das Festpreismodell, welches Sie uns zurzeit vorschlagen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie weichen einer Diskussion darüber aus, ob wir für die Zeit nach 2008 ein besseres Modell entwickeln können, das die erneuerbaren Energien genauso gut fördert, aber volkswirtschaftlich viel effektiver ist als das, das Sie uns heute auf den Tisch legen. Das ist unsere Position.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Angesichts Ihrer Aufregung hat man das Gefühl, Sie seien davon getroffen, dass Sie nicht das schöne Bild vermitteln können, die Union sei pauschal gegen erneuerbare Energien.

(Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das schlechte Gewissen!)

Das wird Ihnen in der Öffentlichkeit und auch bei den Firmen nicht gelingen. Wir werden Gespräche mit den Firmen darüber führen, was nach 2008 besser werden wird. Wer aber so polemisch auftritt und so massiv versucht, durch einen Wortbeitrag jede Gemeinsamkeit hinsichtlich der Gestaltung auch nach 2008 zu zerstören,

(Michael Müller (Düsseldorf) (SPD): Das wollen Sie doch gar nicht!)

der versagt als Umweltminister in diesem Lande.

Sie haben auch die Aufgabe, für die erneuerbaren Energien langfristig einen großen gesellschaftlichen Konsens zu finden.

(Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie verabschieden sich vom Konsens!)

Sie haben auch die Aufgabe, Herr Minister, dafür zu sorgen, dass die Energie in Deutschland so günstig wie möglich hergestellt wird; denn letztlich geht es in Deutschland auch um Arbeitsplätze in den anderen Bereichen, also außerhalb der erneuerbaren Energien. Das müssen wir immer berücksichtigen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Verantwortliche Politik muss sowohl für die erneuerbaren Energien als auch für die anderen Wirtschaftsbereiche eintreten. Nur so können wir unserer Verantwortung gerecht werden.

   Herr Minister, Sie haben dieser Aufgabe heute einen Bärendienst erwiesen. Ich kann jetzt aus voller Überzeugung nur sagen: Es war richtig, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Beschluss gefasst hat, mit allen gesellschaftlichen Akteuren darüber zu diskutieren, ob wir nicht ein besseres System zur Förderung der erneuerbaren Energien für die Zeit nach 2008 auf den Weg bringen können.

   Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Viel Spaß dabei!)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile Kollegen Rolf Hempelmann, SPD-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Rolf Hempelmann (SPD):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Paziorek, angesichts der Tatsache, dass Sie drei Terminangebote der Koalitionsfraktionen nicht wahrgenommen haben, war es schon mutig, so vollmundig zu sagen, dass die Koalitionsfraktionen die Zusammenarbeit mit der CDU abgelehnt haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU): Wir konnten uns über die Befristung nicht einigen!)

Das gehört zur Wahrheit dazu und das macht deutlich, wer hier den Konsens gesucht hat und wer ihn von vornherein nicht wollte.

(Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Weil die sich nicht einigen konnten! - Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU): Das stimmt wiederum auch nicht!)

   Diese Woche war für die Energiepolitik ausgesprochen bedeutsam:

   Erstens. Es gab die Einigung beim Emissionshandel, also beim Nationalen Allokationsplan. Deutschland ist eines von vier Ländern, die diesen Allokationsplan in Brüssel pünktlich eingereicht haben.

(Volker Kauder (CDU/CSU): Rechtswidrig! Ohne Beratung im Parlament!)

Dieser Allokationsplan orientiert sich eng an den Klimaschutzzusagen, die wir im Zusammenhang mit Kioto gemacht haben. Darauf können wir stolz sein.

   Zweitens. Die Einigung beim Emissionshandel hat eines deutlich gemacht: Es ist gelungen, Klimaschutz mit der Industriepolitik zu verbinden und dafür zu sorgen, dass der Klimaschutz in diesem Lande gleichzeitig auch Standortpolitik ist; denn die Unternehmen im Lande - egal ob in der Energiewirtschaft oder in der Industrie - haben jetzt feste Rahmenbedingungen. Wir können davon ausgehen, dass es in den nächsten Jahren zu Investitionen in den Kraftwerksparks und in den Industrieanlagen kommen wird. Das ist gut so.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Genau dieser Philosophie folgt auch das EEG. Es ist eben nicht nur ein Klimaschutzinstrument. Deswegen ist es mit anderen Instrumenten auch nicht vergleichbar. Man kann deshalb nicht fordern - auch mit zeitlicher Verzögerung nicht -, dass das alte Instrument abgeschafft wird, wenn ein neues eingeführt wird;

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

denn mit diesen Instrumenten werden ganz unterschiedliche Ziele verfolgt. Es gibt sicherlich Schnittmengen, aber eben auch ganz unterschiedliche Schwerpunkte.

   Mit dem EEG werden wir nicht nur die CO2-Emissionen senken, sondern auch den Einstieg in die erneuerbaren Energien erreichen. Das ist angesichts endlicher Ressourcen auch im Sinne künftiger Generationen eine absolute Notwendigkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Mit dem EEG werden wir gleichzeitig aber auch Industriepolitik im Bereich der erneuerbaren Energien betreiben. Die Anlagenbauer im Bereich der Windenergie haben die Chance, weiterzumachen, und die Anlagenbauer im Bereich der Bioenergien haben die Chance, richtig loszulegen. Das ist gut; denn das schafft Arbeitsplätze und Wertschöpfung im Land. Daneben eröffnen sich dadurch für uns Exportchancen. Das ist Wirtschaftsförderung im besten Sinne des Wortes.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Mit dem EEG schaffen wir nicht nur bei den erneuerbaren Energien eine solche positive Entwicklung, sondern wir sorgen durch die Neugestaltung der Härtefallregelung ebenso dafür, dass auch andere Industriebereiche klare Zukunftsperspektiven erhalten.

Wir haben die bisherige Härtefallregelung durch Absenkung der Schwellen mittelstandsfreundlicher ausgestaltet. Auch haben wir dafür gesorgt, dass die besonders im Wettbewerb stehenden und stromintensiven Branchen vom Selbstbehalt befreit werden. Das heißt, von der ersten Kilowattstunde an muss nur der niedrigere Satz gezahlt werden. Das ist ein gutes Signal. Es macht deutlich: Wir machen nicht eine Politik des Entweder-oder, sondern eine Politik des Sowohl-als-auch.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

   Mit dem EEG werden wir Wachstumsimpulse auslösen. Es wird Wachstum - ich habe es schon angedeutet - beim Anlagenbau im Bereich von Windenergie und Biomasse geben. Es wird aber auch im Bereich der Industrie zu Wachstum kommen. Im Verbund mit dem Instrument des Emissionshandels wird es im deutschen Kraftwerksbau zugleich eine Investitionswelle geben. Wir haben die Rahmenbedingungen so gesetzt, dass es im deutschen Kraftwerksbau sowohl im Bereich von Braunkohle, von Steinkohle als auch von Gas zu Ersatzinvestitionen kommen wird. Wir stehen vor einer Modernisierungswelle in der deutschen Energiewirtschaft.

   Dies ist - insofern gebe ich meiner Kollegin Frau Hustedt absolut Recht - nicht nur für die deutsche Energiepolitik, sondern auch für die erneuerbaren Energien, die Energiewirtschaft insgesamt und die Industrie eine gute Woche. Darauf sind wir stolz. Verlassen Sie sich darauf: Wir lassen uns diesen Erfolg nicht zerreden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegin Birgit Homburger, FDP-Fraktion.

Birgit Homburger (FDP):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es schon bemerkenswert, dass wir in dieser Diskussion über das Erneuerbare-Energien-Gesetz eine zweite Runde aufmachen. Herr Trittin, unsere Argumente müssen Sie so massiv unter Druck gesetzt haben, dass Sie es für nötig befunden haben, hier zu sprechen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Dr. Axel Berg (SPD): Vor Ihrer Spitzenargumentation zittern wir alle!)

   Ich möchte ein paar Punkte, die Sie angesprochen haben, Herr Trittin, aufgreifen. Sie haben erklärt, der hohe staatliche Anteil am Strompreis - das sind immerhin 41 Prozent - ergeben sich aus der Konzessionsabgabe. Dabei verschweigen Sie aber, dass die Kosten, die durch das EEG und die Ökosteuer verursacht werden, der weitaus größere Teil sind. Dafür sind Sie verantwortlich, ohne eine vernünftige Begründung geliefert zu haben.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Rolf Hempelmann (SPD): Eben nicht! - Dr. Axel Berg (SPD): Letztes Jahr waren es 30 Millionen!)

   Sie sprechen immer davon, dass dadurch Arbeitsplätze geschaffen werden. Sie machen das wie in allen anderen Bereichen auch: Sie denken nur an einzelne Bereiche, aber nie an die Gesamtbilanz. Ich sage Ihnen: Das Märchen, das Ganze koste nur 1 Euro, stimmt einfach nicht. Das ist schlicht und ergreifend vom Stromverbrauch abhängig. Aber das verschweigen Sie immer.

(Rolf Hempelmann (SPD): Haben Sie schon einmal das Wort Durchschnitt gehört?)

Sie machen eine Milchmädchenrechnung auf, um die Gemüter im Lande zu beruhigen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   In der Aluminiumindustrie, die in der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor sehr viele Arbeitsplätze stellt, machen die Belastungen allein durch das EEG 30 Euro je Tonne aus. Wenn Sie das umrechnen, dann ist das je nach Größe des Betriebes eine Belastung von circa 3 000 bis 4 000 Euro je Arbeitsplatz im Jahr. Das ist wettbewerbsrelevant, Herr Trittin.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   Sie haben erklärt, der Einsatz der erneuerbaren Energien spare 50 Millionen Tonnen CO2 ein und diejenigen, die gegen den Emissionshandel seien, seien gegen die erneuerbaren Energien. Sehr verehrter Herr Minister, die FDP-Bundestagsfraktion ist mit Unterstützung der CDU/CSU-Fraktion zu einem Zeitpunkt, als Sie das Wort Emissionshandel überhaupt noch nicht kannten, für dieses effiziente Instrument des Klimaschutzes eingetreten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Rolf Hempelmann (SPD): Jetzt wollen Sie davon nichts mehr wissen! - Dr. Axel Berg (SPD): Das ist ja das Entlarvende!)

Wer hat denn dieses Instrument international durchgesetzt? Das waren nicht Sie, sondern wir haben es durchgesetzt.

(Dr. Axel Berg (SPD): Was kommt dabei heraus?)

   Ich sage Ihnen noch etwas: Wenn Sie die letzten Jahre die Vorbereitung des Emissionshandels in Deutschland nicht verschlafen hätten, wären wir heute beim Klimaschutz und bei der Einsparung von Kosten sehr viel weiter.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Widerspruch bei der SPD)

   Ich sage ganz klar: Die FDP steht zur Förderung erneuerbarer Energien. Wir wollen aber weder die Technik politisch vorgeben, noch wollen wir den Preis politisch vorgeben. Genau das tun Sie mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Wir wollen ein wettbewerbliches, ein marktwirtschaftliches Fördermodell für erneuerbare Energien, mit dem es gelingt, Klimaschutz kosteneffizient zu erreichen. Das sind wir den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Lande schuldig.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Präsident Wolfgang Thierse:

Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt erteile ich dem Kollegen Hermann Scheer das Wort.

(Ute Kumpf (SPD): Hören Sie gut zu, Herr Kauder!)
(Jörg van Essen (FDP): Ihre Rede tut einem doch weh!)

   Daraus ergibt sich logischerweise: Die wirtschaftswissenschaftlichen Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass jedweder Konsum, egal welcher Art, für die Entwicklung der Volkswirtschaft und sogar der Umwelt wichtiger ist als eine präzise und vorbestimmte Förderung der erneuerbaren Energien über eine Umlage, wodurch noch weitere Faktoren wie eine zusätzliche Wertschöpfung geschaffen und Entwicklungen in Gang gesetzt werden.

   Mit anderen Worten: Wissenschaftliche Gutachten auf einem solchen Niveau sind im Grunde genommen nicht zitierfähig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Solche Gutachten können allenfalls referiert werden. In der Wissenschaft ist es nun einmal so: Es ist selbstverständlich nicht jeder Professor käuflich, aber irgendeinen findet man leider immer, der sich zu einer gewünschten Aussage bereit findet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh! - Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU): Das ist nur peinlich!)

   Wenn wir über Wirtschaft sprechen, dann müssen wir erkennen,

(Volker Kauder (CDU/CSU): Dass Sie es nicht können!)

dass erneuerbare Energien mit der Zeit immer billiger werden. Denn alle Kosten, die für diese Energien - mit Ausnahme der Biomasse - ausgegeben werden, fallen bei der Mobilisierung und Bereitstellung der Technik an. Daraus ergibt sich - das zeigt die Geschichte der technologischen Revolutionen -, dass erneuerbare Energien auf Dauer billiger werden. Dort, wo für die Primärenergie etwas bezahlt werden muss - das ist nur bei der Biomasse der Fall -, wird als Ergebnis der Mobilisierung erneuerbarer Energien eine Revitalisierung des landwirtschaftlichen Sektors erzielt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Wolfgang Thierse:

Kollege Scheer, Sie müssen bitte zum Ende kommen.

Dr. Hermann Scheer (SPD):

Herkömmliche Energien dagegen können wegen der negativen Umwelteffekte und der bevorstehenden Erschöpfung der konventionellen Energieträger nur teurer werden. Insofern stehen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf an einer Wasserscheide energiestrategischer Entscheidungen, die wir heute treffen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich schließe die Aussprache.

   Wir kommen zur Abstimmung über die von den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen sowie von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwürfe zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich, Drucksachen 15/2327, 15/2539 und 15/2593. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/2845, die genannten Gesetzentwürfe als Gesetz zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen und einer Stimme aus der CDU/CSU-Fraktion gegen die Stimmen der übrigen Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion und die Stimmen der FDP-Fraktion angenommen.

   Vor der dritten Beratung und Schlussabstimmung will ich mitteilen, dass der Kollege Hans-Michael Goldmann von der FDP-Fraktion eine persönliche Erklärung zur Abstimmung abgegeben hat und mitteilt, dass er sich der Stimme enthalten will.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist mit derselben Mehrheit wie bei der Abstimmung in der zweiten Beratung angenommen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Wir kommen nun zur Abstimmung über die Entschließungsanträge. Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/2858? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen und einer Stimme aus der CDU/CSU-Fraktion gegen die Stimmen der übrigen Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion bei Enthaltung der FDP-Fraktion abgelehnt.

   Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/2859? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der FDP bei Enthaltung der CDU/CSU-Fraktion abgelehnt.

   Tagesordnungspunkt 19 b: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Drucksache 15/2797, zu dem Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56 a der Geschäftsordnung mit dem Titel: Monitoring - „Möglichkeiten geothermischer Stromerzeugung in Deutschland“. Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis des Berichts auf Drucksache 15/1835 eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung von CDU/CSU und FDP angenommen.

   Interfraktionell ist vereinbart worden, die heutige Tagesordnung um die Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu Anträgen auf Genehmigung zur Durchführung der Strafverfolgung zu erweitern und jetzt sofort als Zusatzpunkt 4 aufzurufen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist so beschlossen.

   Somit rufe ich jetzt den Zusatzpunkt 4 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss)

Immunität von Mitgliedern der Bundesversammlung

Hier: Anträge auf Genehmigung zur Durchführung der Strafverfolgung

- Drucksache 15/2879 -

Berichterstattung:
Abgeordneter Jörg van Essen

   Wir kommen sofort zur Abstimmung. Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/2879, die Genehmigung zur Durchführung der Strafverfolgung zu erteilen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bei Nichtbeteiligung der CDU/CSU-Fraktion angenommen.

(Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Ihre Abstimmungsfrage, Herr Präsident, war unpräzise! - Gegenruf der Abg. Ute Kumpf (SPD): Sollen wir sie ins Bayerische übersetzen?)

- So präzise, wie das in solchen Fällen immer der Fall ist. Herr Kollege Ramsauer, darf ich Ihren Einwand so verstehen, dass auch die CDU/CSU-Fraktion zustimmt?

(Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Ja!)

- Dann nehmen wir das so zu Protokoll. Die Beschlussempfehlung ist also einstimmig angenommen worden.

   Ich rufe nunmehr die Tagesordnungspunkte 18 a bis 18 c auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek, Marie-Luise Dött, Karl-Josef Laumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU

Unabhängige Folgenabschätzung der neuen EU-Chemikalienpolitik

- Drucksache 15/2654 -

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Heinz Schmitt (Landau), Ulrike Mehl, Michael Müller (Düsseldorf), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Antje Vogel-Sperl, Dr. Reinhard Loske, Winfried Hermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Eine nachhaltige Chemiepolitik in Europa - Innovation fördern, Umwelt und Gesundheit schützen und Verbraucherschutz stärken

- Drucksache 15/2666 -

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)
Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (15. Ausschuss)

- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek, Katherina Reiche, Marie-Luise Dött, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU

Strategie für eine nachhaltige Chemiepolitik in Deutschland und Europa

- zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Leistungsfähigkeit der deutschen Chemiewirtschaft im europäischen Rahmen sichern

- Drucksachen 15/1356, 15/1332, 15/2775 -

Berichterstattung:
Abgeordnete Heinz Schmitt (Landau)
Marie-Luise Dött
Dr. Antje Vogel-Sperl
Birgit Homburger

   Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Stunde vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

   Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Kollegen Dr. Peter Paziorek, CDU/CSU-Fraktion.

[Der folgende Berichtsteil - und damit der gesamte Stenografische Bericht der 103. Sitzung - wird am
Montag, den 5. April 2004,
an dieser Stelle veröffentlicht.]
Quelle: http://www.bundestag.de/bic/plenarprotokolle/plenarprotokolle/15103
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