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15. Wahlperiode
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   129. Sitzung

   Berlin, Donnerstag, den 30. September 2004

   Beginn: 9.00 Uhr

* * * * * * * * V O R A B - V E R Ö F F E N T L I C H U N G * * * * * * * *

* * * * * DER NACH § 117 GOBT AUTORISIERTEN FASSUNG * * * * *

* * * * * * * * VOR DER ENDGÜLTIGEN DRUCKLEGUNG * * * * * * * *

Präsident Wolfgang Thierse:

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.

   Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene Tagesordnung um die in einer Zusatzpunktliste aufgeführten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Beratung des Antrags der Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, Dr. Andreas Pinkwart, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP:

Staatseingriffe minimieren – Energiegipfel nutzen

– Drucksache 15/3809 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)Rechtsausschuss Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Haushaltsausschuss

ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren

(Ergänzung zu TOP 30)

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sibylle Pfeiffer, Dr. Christian Ruck, Annette Widmann-Mauz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Weltbevölkerungspolitik zehn Jahre nach Kairo

– Drucksache 15/3798 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (f)Auswärtiger Ausschuss InnenausschussAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Gesundheit und Soziale SicherungAusschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas Strobl (Heilbronn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Fototafeln zum 17. Juni 1953 erhalten

– Drucksache 15/3800 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Kultur und Medien (f)Innenausschuss

ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Friedbert Pflüger, Christian Schmidt (Fürth), Dr. Christian Ruck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Für ein konsequentes Engagement in Afghanistan

– Drucksache 15/3801 –

ZP 4 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Pläne der CDU zur Einschränkung von Arbeitnehmer- und Sozialrechten

ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Claudia Nolte, Dr. Friedbert Pflüger, Dr. Wolfgang Bötsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Für eine demokratische und freie Präsidentenwahl 2004 in der Ukraine

– Drucksache 15/3799 –

Überweisungsvorschlag:Auswärtiger Ausschuss (f)Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

ZP 6 a) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes

– Drucksache 15/1494 –

(Erste Beratung 91. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (10. Ausschuss)

– Drucksache 15/2999 –

Berichterstattung:Abgeordnete Dr. Wilhelm PriesmeierJulia KlöcknerFriedrich OstendorffHans-Michael Goldmann

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (10. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Praxisgerechte Novelle des Tierarzneimittelgesetzes verbessert Tier- und Verbraucherschutz

– Drucksachen 15/1596, 15/2999 –

Berichterstattung:Abgeordnete Dr. Wilhelm PriesmeierJulia KlöcknerFriedrich OstendorffHans-Michael Goldmann

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, Dr. Volker Wissing, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Agrarischen Veredlungsstandort Deutschland stärken – Bürokratie abbauen und Rahmenbedingungen verbessern

– Drucksache 15/3103 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (f)Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

   Von der Frist für den Beginn der Beratung soll, soweit erforderlich, abgewichen werden.

   Des Weiteren sollen folgende Tagesordnungspunkte abgesetzt werden: Punkt 13 – Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft –, der unter Punkt 17 aufgeführte Ukraine-Antrag der Koalition, Punkt 29 – Signaturänderungsgesetz – sowie die Punkte 31 c und 31 d, Geltungsdauer der §§ 100 g und 100 h StPO und Änderung des Strafvollzugsgesetzes.

   Darüber hinaus wurde vereinbart, den Tagesordnungspunkt 15 – Europäische Beweisanordnung – bereits nach Tagesordnungspunkt 12 aufzurufen.

   Außerdem mache ich auf eine nachträgliche Überweisung im Anhang zur Zusatzpunktliste aufmerksam:

   Der in der 126. Sitzung des Deutschen Bundestages überwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich dem Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zur Mitberatung überwiesen werden.

Antrag der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Radverkehr fördern – Fortschrittsbericht vorlegen

– Drucksache 15/3708 –

überwiesen:Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)Ausschuss für Tourismus Haushaltsausschuss

   Sind Sie mit den Vereinbarungen einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

   Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 a und 3 b auf:

a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur finanziellen Unterstützung der Innovationsoffensive durch Abschaffung der Eigenheimzulage

– Drucksachen 15/3781, 15/3821 –

Überweisungsvorschlag:Finanzausschuss (f)Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Verkehr, Bau- und WohnungswesenHaushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus Minkel, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU

Wohneigentumsförderung weiterhin notwendig

– Drucksache 15/3714 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)FinanzausschussAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Gesundheit und Soziale SicherungHaushaltsausschuss

   Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

   Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Bundesminister Hans Eichel.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hans Eichel, Bundesminister der Finanzen:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute den dritten Aspekt des Dreiklangs, mit dem wir unser Land nach vorne bringen wollen: Strukturreformen, Haushaltskonsolidierung und Wachstumsimpulse.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU – Hans Michelbach (CDU/CSU): Das ist ja nicht zu glauben!)

– Lachen Sie doch nicht! Der IWF hat soeben zu seiner Jahrestagung in Washington, zu der ich mit einer Reihe von Kollegen am Ende dieses Tages fliegen werde, seine Wachstumsprognose für Deutschland für dieses Jahr von 1,6 auf 2 Prozent heraufgesetzt. Das ist die Konsequenz einer solchen Politik.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Wir reden also über den dritten Teil des Dreiklangs. Die entscheidende Frage ist: Was ist der Beitrag der Finanzpolitik und der Haushaltspolitik zu einer solchen Wachstumsoffensive? Entscheidend ist doch, dass wir das, was wir übrigens selber in Europa, in der Lissabon-Strategie, beschlossen haben, ernst nehmen.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Das wäre ja neu!)

– Für Sie ja! Sie haben die Bildungsausgaben in Ihrer Regierungszeit in den 90er-Jahren als Steinbruch benutzt; wir haben sie wieder heraufgesetzt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern ist das für Sie neu; da haben Sie völlig Recht.

   Die Lissabon-Strategie und den Stabilitäts- und Wachstumspakt zusammenzubringen, das ist der Sinn der gegenwärtigen Diskussion. Dabei geht es nicht nur um die Haushaltskonsolidierung – die selbstverständlich weiterhin eine Rolle spielt –, sondern es geht auch um die Qualität des Budgets, um die Qualität der Ausgaben. Künftiges Wachstum, zumal in einem rohstoffarmen Land wie Deutschland, können wir nur dann erzielen, wenn wir in Bildung und Forschung investieren.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Dann macht es doch!)

   Wie notwendig das ist, haben uns die verschiedenen PISA-Studien gezeigt. Ich kann nur nachhaltig an Sie alle appellieren, nun wirklich ernsthaft – was Frau Kollegin Bulmahn die ganze Zeit versucht – auf diese Debatte einzugehen und dieses für unsere Zukunft entscheidende Ziel nicht im Kompetenzgerangel untergehen zu lassen.

(Beifall bei der SPD)

   Die Diskussion muss mit Blick auf die Wirtschafts- und Finanzlage geführt werden. Wir sind aus der wirtschaftlichen Stagnation heraus. Das war das Ziel, das wir uns im vergangenen Jahr mit dem Dreiklang gesteckt hatten. Der IWF hat gerade jetzt in seiner Beurteilung über Deutschland gesagt, dass genau dies der richtige Weg sei. Er hat sich deswegen – ich sage das präzise – verhalten optimistisch in Bezug auf die weitere Entwicklung in Deutschland gezeigt. Mit diesem Dreiklang sind wir, wie gesagt, aus der dreijährigen Stagnationsphase herausgekommen.

   Allerdings muss man auch Folgendes feststellen – deswegen will ich eine kurze Information zum Nachtragshaushalt geben –: Die Wirtschaft wächst zwar; aber die Steuereinnahmen gehen nach wie vor zurück. Der Hintergrund ist, dass das Wirtschaftswachstum noch fast ausschließlich vom Export getrieben wird. Zum einen bilden die Einnahmen aus der Umsatzsteuer dieses Wachstum nicht ab. Zum anderen hat es bis zum Sommer – jetzt ist dieser Prozess anscheinend zu einem Stillstand gekommen – einen Abbau am Arbeitsmarkt gegeben. Das heißt, auch die Einnahmen aus der Lohnsteuer bilden dieses Wirtschaftswachstum vordergründig nicht ab.

   Ich habe bereits bei der Steuerschätzung im Mai gesagt, dass es ein Risiko von 10 Milliarden bis 11 Milliarden Euro gegenüber dem Haushaltsplanentwurf gibt. Aufgrund des Vergleichs der Steuerschätzung vom Mai mit der Steuerschätzung vom November und aufgrund der Arbeitsmarktentwicklung muss man feststellen, dass beim Bund – auch das habe ich schon im Sommer gesagt; das kommt ebenfalls hinzu – zwei Steuern nicht richtig laufen: Das ist zum einen die Mineralölsteuer aufgrund des hohen Ölpreises und zum anderen die Tabaksteuer. Ich muss also mit weiteren Steuereinnahmeausfällen gegenüber der Mai-Steuerschätzung rechnen.

   Ich werde deshalb am Mittwoch einen Nachtragshaushalt im Kabinett einbringen, der eine Nettokreditaufnahme von 43,7 Milliarden Euro, also nicht die vorgesehenen 29,3 Milliarden Euro, vorsieht.

(Zuruf von der CDU/CSU: Aha! – Carl-Ludwig Thiele (FDP): Das war im Sommer schon klar!)

Ich gehe davon aus, dass diese Zahl im Nachtragshaushalt stehen wird. Diesen Umfang hatten wir auch im Nachtragshaushalt des vergangenen Jahres.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Das scheint zur Regel zu werden!)

Ich gehe im Moment allerdings nicht davon aus, dass – wie im vergangenen Jahr – das Ergebnis besser sein wird. Das muss ich mit aller Klarheit sagen. Aber ich rechne damit, dass diese Zahl zu halten ist. Darüber werden wir am 6. Oktober im Kabinett reden.

   Wir haben im vergangenen Jahr den Nachtragshaushalt bewusst nach der November-Steuerschätzung eingebracht, um ihn in Kenntnis dieser Steuerschätzung aufstellen zu können. Weil der Bundesrat zu einer Fristverkürzung nicht bereit war, hat das dazu geführt, dass die Debatte erst im neuen Jahr abgeschlossen wurde. Um das zu vermeiden, bringen wir dieses Jahr den Nachtragshaushalt früher ein.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Er hätte schon längst eingebracht werden müssen!)

Wir müssen aber damit rechnen, dass sich in Kenntnis der November-Steuerschätzung ein zusätzlicher Korrekturbedarf ergeben kann. Ich gehe im Moment nicht davon aus; aber auszuschließen ist es nicht. Das ist die gegenwärtige Situation.

   Ich will noch auf eines hinweisen. Wer sich über das hohe Defizit aufregt – auch ich tue das – und wer sich über die hohen Privatisierungserlöse aufregt – das tue ich so nicht, weil ich inzwischen festgestellt habe, dass zum Beispiel Hessen, Bayern und Baden-Württemberg Privatisierungserlöse für ihre laufenden Haushalte genauso einsetzen, wie wir das tun –, der sollte sich Folgendes fragen: Könnten wir beim Abbau von Steuersubventionen nicht wesentlich weiter sein? Das ist die entscheidende Quelle, um die öffentlichen Haushalte besser zu stellen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Wenn Sie das Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen nicht im Wesentlichen blockiert hätten – es hätten sich Einsparungen von 17 Milliarden Euro in dem Jahr ergeben, in dem es voll wirksam gewesen wäre; Sie haben im Bundesrat aber nur einem Abbau in Höhe von 2,4 Milliarden Euro zugestimmt –, stünden wir heute anders da.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Ich sage Ihnen in ziemlich genauer Kenntnis der Lage, dass ich den Eindruck habe, dass in einer Reihe von Ländern, auch in von Ihnen regierten Ländern, ein großer Katzenjammer über dieses Verhalten eingetreten ist, weil die Länder die Folgen jetzt – zwei Jahre später – in ihren Haushalten spüren. Selbst das reiche Baden-Württemberg hat riesige Probleme, im nächsten Jahr noch einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen. Das ist die Konsequenz, wenn Parteitaktik über das staatspolitisch Notwendige siegt. Das müssen Sie selber vertreten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Heute geht es um den Abbau von Steuersubventionen. Das Ziel ist eine bessere Qualität des Budgets und nicht die Schuldenreduzierung. Damit können wir das tun, was dringend notwendig ist, nämlich mehr in Kinderbetreuung, Bildung, Ausbildung sowie in Forschung und Innovation zu investieren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Unser Vorschlag, die Eigenheimzulage endgültig abzuschaffen, findet breite Unterstützung. Ob Bundesbank, ob Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung oder die wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute: Sie alle haben die Eigenheimzulage infrage gestellt und ihre Abschaffung empfohlen. So schrieb zum Beispiel der Sachverständigenrat in seinem letzten Gutachten – ich zitiere –:

Die Eigenheimzulage hat sich überlebt. Die Politik sollte sich zu einer kompletten Streichung der Eigenheimzulage durchringen.

   Es gibt viele Aspekte, die für die Abschaffung der Eigenheimzulage sprechen:

   Erstens. Die Wohnraumversorgung in Deutschland ist so gut wie nie zuvor. Vielerorts in den neuen Ländern gibt es mittlerweile sogar große Leerstände.

   Zweitens. Langfristig wird der Bedarf an Wohnraum in Deutschland sinken. Das ist eine logische Konsequenz des demographischen Wandels.

   Drittens. Die Eigenheimzulage hat große Mitnahmeeffekte und darüber hinaus wirkt sie preistreibend, obwohl sie – da gebe ich den Wohnungspolitikern Recht – auch positive Aspekte gehabt hat.

   Ich will überhaupt nicht bestreiten, dass all das, was wir tun, auch Widerhaken hat. Aber in der Situation, in der wir uns derzeit befinden, können wir keine Vorschläge machen, die allen gefallen. Wir müssen vielmehr Vorschläge machen, die für die Zukunft dieses Landes notwendig sind. Diese Subvention hat unter den von mir genannten Bedingungen keine Berechtigung mehr.

   An diesen Rahmenbedingungen muss sich eine verantwortungsvolle Finanz- und Wirtschaftspolitik orientieren. Zur Abschaffung dieses wohnungspolitischen Instruments gibt es deswegen keine sinnvolle Alternative. Wir verknüpfen die Abschaffung der Eigenheimzulage ganz bewusst mit der Innovationsoffensive; denn wir können und wollen sie nicht über zusätzliche Schulden finanzieren. Ein ressourcenarmes Land wie Deutschland kann im internationalen Wettbewerb nur bestehen, wenn es in sein Humankapital investiert. Genau dafür wollen wir die Mittel einsetzen, die durch das Auslaufen der Eigenheimzulage frei werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Anders ausgedrückt: Wir müssen in die Köpfe der Menschen investieren. Das ist die zentrale Aufgabe.

   Das ist auch eine Frage der Generationengerechtigkeit. Wir müssen die Weichen heute so stellen, dass künftiges Wachstum möglich ist, damit auch künftige Generationen in Wohlstand leben können. Dazu haben wir uns im Rahmen der Lissabon-Strategie das Ziel gesetzt, allein für den Bereich Forschung 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes auszugeben. In Deutschland bedeutet das, dass etwa zwei Drittel vom Privatsektor und ein Drittel vom öffentlichen Sektor geleistet werden müssen; da haben wir noch eine Menge zu tun.

   Denken Sie immer daran: Die Entscheidungen, die wir heute treffen, wirken in vielen Bereichen über die Legislaturperiode hinaus. Sie reichen weit in das vor uns liegende Jahrhundert. Denken Sie zum Beispiel an die Strukturreformen der Agenda 2010, an die Reformen auf dem Arbeitsmarkt, im Gesundheitsbereich oder – noch weiter reichend – bei der Rente! All dies sind Schritte auf dem Weg, unser Land an die Herausforderungen dieses Jahrhunderts, an den demographischen Wandel und an die Globalisierung, anzupassen und diese Herausforderungen annehmen und bestehen zu können.

   Auch die Innovationsoffensive ist ein wichtiger Schritt, die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu sichern. Nicht zuletzt die Ergebnisse der PISA-Studie haben gezeigt: Wir müssen in Bildung und Forschung investieren, wenn wir im internationalen Wettbewerb bestehen wollen.

(Beifall bei der SPD)

Dabei geht es übrigens nicht nur um Geld; es geht auch um die Rahmenbedingungen. Beispielsweise die Einrichtung der Juniorprofessur im Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern zerschellen zu lassen wäre nicht zu verantworten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Die Abschaffung der Eigenheimzulage ist ein wesentlicher finanzpolitischer Beitrag zur nachhaltigen Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft. Sie ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Wachstum und mehr Beschäftigung. Dies ist wie alle Vorschläge vorher zum Subventionsabbau ein Angebot des Bundes an die Länder und Gemeinden. Wir wollen alle aufgrund der Abschaffung der Eigenheimzulage frei werdenden Mittel – das sind bis 2008 3 Milliarden Euro – in den Bereich der Forschung investieren. Dasselbe können auch Länder und Kommunen tun.

   Die frei werdenden Mittel bauen sich ja Schritt um Schritt auf. Das ist übrigens für Investitionen in diesem Bereich sehr vernünftig. Denn Sie erreichen nicht sehr viele zusätzliche Leistungen, wenn Sie den Geldhahn plötzlich aufdrehen. Das alles muss ja organisiert und Schritt um Schritt aufgebaut werden; ansonsten wäre es nicht nachhaltig. Aber wenn die Eigenheimzulage nach acht Jahren dann insgesamt ausgelaufen ist, stehen für Bund, Länder und Gemeinden nachhaltig jährlich 6 Milliarden Euro mehr für die Bereiche Kinderbetreuung sowie Bildung und Forschung zur Verfügung:

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

2,5 Milliarden Euro für die Länder, 2,5 Milliarden Euro für den Bund und knapp 1 Milliarde Euro für die Kommunen.

   Meine Damen und Herren, ich bitte Sie sehr herzlich, Ihre bisher ablehnende Position zu überdenken. Mein Eindruck ist – ich weiß, wovon ich rede –, dass viele Länder inzwischen bedauern, dass sie aus parteipolitischen Gründen den Abbau der Subventionen blockiert haben, und inzwischen neu darüber nachdenken. Ich wage eine Prognose: Heute werden Sie den Gesetzentwurf wieder ablehnen. Aber Sie werden diese Ablehnung in diesem Jahr nicht mehr durchhalten – darauf gebe ich Ihnen Brief und Siegel – und im Interesse der Sache ist dies auch richtig.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Carl-Ludwig Thiele (FDP): Schon wieder eine falsche Versprechung!)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegen Heinz Seiffert, CDU/CSU-Fraktion.

Heinz Seiffert (CDU/CSU):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Eichel, Sie haben eingangs die desaströse Finanzsituation, die Sie maßgeblich mit zu verantworten haben, dargestellt. Ich kann Ihnen nur eines sagen: All das, was Sie jetzt beklagen, haben wir Ihnen prophezeit. Wir haben Ihnen prophezeit, dass Sie viel zu optimistische Wachstumsraten zugrunde legen. Wir haben Ihnen prophezeit, dass bei weitem nicht die Steuereinnahmen erzielt werden, mit denen Sie gerechnet haben.

(Joachim Poß (SPD): Sie sind ein Schwarzredner! Es ist doch kein Wunder, dass Sie das prophezeit haben! Sie wollen das doch!)

– Wir sind keine Schwarzredner. Wir werden seit drei Jahren regelmäßig durch die Wirklichkeit bestätigt, Herr Kollege Poß.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß (SPD): Sie wollen doch alles herunterreden! Sie reden unser Land herunter! Ein schöner Patriot sind Sie!)

   Ihre Haushalte sind seit drei Jahren auf Sand gebaut. Bei Ihnen gibt es eine Rekordverschuldung nach der anderen; aber immer sind die anderen schuld. Meine Damen und Herren, Sie sind schuld wegen Ihrer völlig verfehlten Finanzpolitik.

   Jetzt wollen Sie einen erneuten Versuch starten, die Eigenheimzulage abzuschaffen. Das ist ein Musterbeispiel für Ihre sprunghafte, unkalkulierbare Politik.

(Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das fordern wir schon seit Jahren und Sie blockieren!)

Mit solchen Aktionen schaffen Sie nur Verunsicherung bei den Menschen und zerstören das Vertrauen in die Politik.

   Erst im vergangenen Dezember, Herr Minister Eichel, haben Sie im Vermittlungsausschuss einer Reform der Eigenheimzulage zugestimmt. Wir waren uns völlig einig, dass wir den Menschen, die im Inland leben und bis zu 70 000 bzw. 140 000 Euro im Jahr verdienen, einen zusätzlichen Anreiz zur Schaffung von Wohneigentum geben müssen. Wir waren uns einig, dass man Missbrauch abbauen muss, dass man Schwarzarbeit verhindern muss. Wir haben den Förderbetrag auf 1 250 Euro pro Jahr gekürzt und das Baukindergeld erhöht. All das haben wir einvernehmlich beschlossen. Ich sage es noch einmal: Das war im Dezember 2003. Damals ist die Eigenheimzulage unter bau-, familien- und haushaltspolitischen Aspekten nach Auffassung aller optimal gestaltet worden.

   Ich halte es, gelinde gesagt – das muss ich einmal deutlich sagen –, für einen miserablen politischen Stil, wenn man Punkte, zu denen es im Vermittlungsausschuss zu Ergebnissen gekommen ist, bei denen man sich aber nicht durchsetzen konnte, kurze Zeit später wieder aufgreift. So kann man nicht miteinander umgehen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss (SPD): Da kommen einem die Tränen!)

Das gilt für die Eigenheimzulage genauso wie für die Verbilligung des Agrardiesels. Es ist an der Zeit, die Diskussion um die Eigenheimzulage nicht ständig neu zu beleben, damit die Bauherren nicht immer aufs Neue verunsichert werden.

   Mit dem immer wieder gebetsmühlenartig erhobenen Vorwurf, die Union verhindere den Subventionsabbau, täuscht Rot-Grün die Menschen.

(Jörg Tauss (SPD): Das stimmt aber doch!)

Das Volumen der Eigenheimzulage wurde nämlich im Zuge ihrer Neustrukturierung im Dezember des vergangenen Jahres um 30 Prozent gekürzt.

Präsident Wolfgang Thierse:

Kollege Seiffert, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Eichel?

Heinz Seiffert (CDU/CSU):

Nein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Oh!)

   Die auch heute wieder aufgestellte Behauptung, die Union verhindere den Abbau von Subventionen, ist blanker Unsinn. Ich will Ihnen einige Beispiele nennen: Aus purer Wahltaktik ist von der Bundesregierung eine langfristige Aufstockung der Kohlesubventionen um 16 Milliarden Euro vorgenommen worden. Immer wieder verweigert Rot-Grün Einsparungen bei den Zuschüssen zur Förderung des ökologischen Landbaus. Sie machen Geld locker für Zuschüsse zur Zinsverbilligung von Krediten im Rahmen eines Bundesprogramms für artgerechte Tierhaltung und für die finanzielle Unterstützung des Exports von Technologien im Bereich erneuerbarer Energien. Das zählt meines Erachtens ebenfalls zu den Subventionen.

(Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was ist denn mit dem Agrardiesel?)

Wenn Sie da kürzen wollen,

(Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber doch nicht im Haushalt!)

können Sie mit unserer Zustimmung rechnen.

   Ich mache Ihnen einen weiteren Vorschlag, wie Sie zu Geld kommen können:

(Peter Dreßen (SPD): Lotto spielen!)

Schauen Sie sich das Schwarzbuch über die Steuerverschwendung an! 30 Milliarden Euro an Steuerverschwendung hat Ihnen der Bund der Steuerzahler in der letzten Woche aufgezeigt. Wenn es gelingt, nur 10 Prozent von diesen 30 Milliarden Euro künftig zu vermeiden, haben Sie deutlich mehr Geld in der Kasse als durch die Abschaffung der Eigenheimzulage.

(Joachim Poß (SPD): Das machen Sie sich doch wohl nicht zu Eigen! Das ist doch ein Witz! Das ist unter Ihrem Niveau!)

Ich finde, wir können über die Feststellung, dass auf allen Ebenen Steuergelder verschwendet werden, durchaus auch im Bundestag reden, obwohl uns natürlich klar ist, dass nicht alles vom Bund zu verantworten ist. Aber 10 Prozent davon könnten Sie einsparen.

   Nun täuscht Rot-Grün vor, die eingesparten Mittel sollten in den Bereich Bildung und Forschung fließen. Das klingt tatsächlich elegant. Aber, Frau Ministerin Bulmahn, davon bekommen Sie keinen Cent.

(Jörg Tauss (SPD): Sie sind schon drin in der mittelfristigen Finanzplanung!)

Wenn der Bundesfinanzminister so großen Wert auf Innovation und Forschung legen würde, dann könnte er Ihnen ja mehr Geld geben.

(Jörg Tauss (SPD): Ich dachte, er hat keines!)

Wir haben nichts dagegen, aber nicht aus der Eigenheimzulage. Er kann andere Prioritäten setzen und Ihnen mehr Geld geben, wenn er das für so wichtig hält.

Präsident Wolfgang Thierse:

Kollege Seiffert, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Poß?

Heinz Seiffert (CDU/CSU):

Ich gestatte keine Zwischenfragen;

(Dr. Uwe Küster (SPD): Ich kann mir vorstellen, warum! Da bricht die ganze Rede in sich zusammen!)

ich will im Zusammenhang vortragen. Sie können ja nachher reden.

   Es ist also völlig offen, ob und in welchem Umfang die eingesparten Mittel tatsächlich für Bildungs- und Forschungszwecke eingesetzt werden. Hier werfen Sie mit Nebelkerzen. Sie könnten eine Zweckbindung vorsehen. Aber in der Begründung zu dem Gesetzentwurf, den Sie vorlegen, findet sich nur ein baupolitischer Grund für die Abschaffung der Eigenheimzulage.

(Jörg Tauss (SPD): Dann stimmen Sie zu, wenn wir die Begründung ändern! Machen wir!)

Allein der Gesetzestitel enthält den Begriff „Innovationsoffensive“.

   Hinter der Abschaffung der Eigenheimzulage steht überhaupt kein Konzept. Es geht Rot-Grün einzig und allein darum, Haushaltslöcher zu stopfen und die Rekordverschuldung etwas einzudämmen. Außerdem könnte das Einsparvolumen aus der Eigenheimzulage das Versagen in der Bildungspolitik, das Sie sich vorwerfen lassen müssen, überhaupt nicht annähernd ausgleichen.

(Jörg Tauss (SPD): Warum das denn, mein Lieber? Welches Versagen? Jetzt werden Sie einmal deutlich!)

Wenn man das allein mit Geld regeln könnte, dann wären andere Summen nötig.

   Die Bundesregierung bemüht sich, die Menschen zu einer besseren privaten Altersvorsorge zu animieren. Ich unterstelle in diesem Bereich einmal Ihren guten Willen, auch wenn die bisher beschlossenen Konzepte überhaupt nicht funktionieren. Das gilt für die Riester-Produkte; das gilt für die staatlich geförderte Zwangsrente, die Sie im Alterseinkünftegesetz durchgesetzt haben.

(Peter Dreßen (SPD): Das ist doch keine Zwangsrente! Das ist Schwachsinn, was Sie erzählen!)

Beides wird von den Menschen nicht angenommen, weil Sie zwangsregulieren und die Menschen am goldenen Zuschusszügel führen wollen. Nun wollen Sie das einzige bisher noch funktionierende Produkt, nämlich die Eigenheimzulage, ersatzlos beseitigen. Welch ein widersprüchliches Verhalten! Sie haben keine Linie und keine Konzeption in Ihrer Politik.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

   Es wäre logisch und sinnvoll, darüber nachzudenken, ob und gegebenenfalls wie die Eigenheimzulage in die staatlich geförderte Altersvorsorge integriert werden kann. Die Berücksichtigung des Wohnungseigentums wäre im Rahmen eines eigenständigen Altersvorsorgesystems eine wirkliche Alternative zu der staatlich geförderten Geldrente. Das würde von den Menschen angenommen und es würde Wachstum schaffen.

   Meine Damen und Herren, das Vorhaben der Regierung ist durchsichtig: Sie wollen die Eigenheimzulage abschaffen, weil Sie für Wohnungseigentum nichts übrig haben. Sie geben nur vor, mit dem Geld Innovation zu fördern; in Wirklichkeit ist Ihre Politik innovations- und wachstumsfeindlich. Und Sie wollen mit dem Geld Haushaltslöcher stopfen, weil Sie anderweitig zum Sparen nicht in der Lage sind. Eine solche Politik wird die Union im Bundestag und im Bundesrat ganz sicher nicht mitmachen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das fällt Ihnen noch auf die Füße! – Jörg Tauss (SPD): Blockierer! Nichts als Blockade!)

Präsident Wolfgang Thierse:

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich Kollegen Hans Eichel.

(Dietrich Austermann (CDU/CSU): Schlechtes Gewissen!)

Hans Eichel (SPD):

Herr Kollege, ich will nur auf Folgendes hinweisen, da Sie eine Zwischenfrage von mir nicht zugelassen haben: Ihre Behauptung hinsichtlich der Sprunghaftigkeit ist falsch. Sie haben nur eine sehr lange Leitung, bis Sie zum Thema kommen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn wir haben im Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen bereits die Reduzierung der Eigenheimzulage gewollt; Sie haben es komplett verhindert. Wir haben im Haushaltsbegleitgesetz im vergangenen Jahr die Abschaffung der Eigenheimzulage im Zusammenhang mit der Konsolidierung gewollt; Sie haben 30 Prozent zugestanden. Wir wollen jetzt die Abschaffung der Eigenheimzulage, weil wir es angesichts der Ergebnisse der PISA-Studie für dringend notwendig halten, dass die Ausgaben für Forschung, Bildung und Entwicklung gesteigert werden.

(Hans Michelbach (CDU/CSU): Lächerlich!)

   Sie müssen dazu eine Alternative nennen. Das haben Sie nicht getan.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben den Forschungsetat zurückgefahren; wir haben ihn gesteigert. Das sind die Realitäten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Wolfgang Thierse:

Kollege Seiffert, Sie haben das Wort.

Heinz Seiffert (CDU/CSU):

Herr Minister, jetzt bleiben Sie auch als Abgeordnetenkollege hier, wenn Sie schon von der Regierungsbank auf einen Abgeordnetenplatz wechseln.

Präsident Wolfgang Thierse:

Bei einer Kurzintervention ist das nicht nötig, nur bei einer Zwischenfrage.

Heinz Seiffert (CDU/CSU):

Es ist uns völlig klar, Herr Minister, dass Ihnen die Eigenheimzulage immer ein Dorn im Auge war.

(Lachen bei der SPD)

Ich habe Ihnen auch völlig zu Recht unterstellt, dass Sie mit Wohnungseigentumsförderung überhaupt nichts am Hut haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Aber Folgendes ist ebenfalls wahr – das bezeichne ich als Sprunghaftigkeit –: Sie haben den Verwendungszweck der Mittel, die Sie sich durch die Abschaffung der Eigenheimzulage erhoffen, immer wieder verändert. Ursprünglich wollten Sie nur Haushaltslöcher stopfen; jetzt wollen Sie das Geld in die Innovationsoffensive stecken.

(Beifall bei der SPD – Jörg Tauss (SPD): Sehr gut! Das wollen wir!)

Es spricht überhaupt nichts dagegen, dass Sie mehr Geld in Innovation und Forschung stecken. Aber Sie sollten dafür nicht die bewährte Förderung der Schaffung von Wohneigentum opfern.

(Jörg Tauss (SPD): Besitzstandswahrer! Abkassierer!)

   Meine Damen und Herren, Sie können sprunghaft Politik machen, wie Sie wollen; aber Sie können uns dafür nicht mit in Haftung nehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss (SPD): Das ist ja nicht zu fassen! – Zuruf von der SPD: Totalverweigerer!)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile Kollegin Christine Scheel für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen das Wort.

Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Seiffert, die Union hat sich, was die Tatsachen anbelangt, wahrlich nie mit Ruhm bekleckert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

In Ihren Prosatexten behaupten Sie immer, Sie wollten Subventionen abbauen. Aber jedes Mal, wenn die Abschaffung einer Subvention auf der Tagesordnung steht, hauen Sie sich in die Büsche. Das geht so nicht! Hier geht es schließlich um die Wahrhaftigkeit in der Politik.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Ich habe Ihnen doch Beispiele genannt, wo wir dabei sind!)

   Es ist natürlich richtig, wenn behauptet wird, die Haushaltslage sei sehr schwierig. Die Nettoneuverschuldung ist sehr hoch; das wissen wir.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Rekordverschuldung! – Elke Wülfing (CDU/CSU): 43 Milliarden Euro! Hat er gerade zugegeben!)

Aber man muss auch sehen, dass wir im letzten Jahr Vorschläge für einen Subventionsabbau in einer Größenordnung von 17 Milliarden Euro unterbreitet haben. In den Verhandlungen mit Ihnen sind davon knapp 3 Milliarden Euro übrig geblieben. Wäre es nicht zu einer solchen Differenz gekommen, hätten wir heute eine andere Haushaltssituation. Das ist die Wahrheit, die Sie immer verschweigen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

   Auf der einen Seite verlangen Sie, wir sollten nicht so viele Schulden machen. Wenn wir aber staatliche Ausgaben beschränken wollen, weil wir sie nicht mehr als zeitgemäß empfinden und weil sie die Zukunftsfähigkeit unseres Landes nicht mehr stärken,

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Eigentum stärkt immer!)

sondern die Haushalte belasten, dann sind Sie jedes Mal auf der Seite der Verweigerer zu finden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Insgesamt betrachtet ist dies verantwortungslos. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf den Haushalt des Bundes, sondern auch im Hinblick auf die Haushalte der Länder und Kommunen.

   Heute geben wir Ihnen wieder einmal die Gelegenheit, Ihre wunderbaren radikalen Forderungen nach Abbau steuerlicher Subventionen und durchgreifender Vereinfachung des Steuerrechts – auch dies hat etwas damit zu tun – bei einer Einzelsubvention, nämlich der Eigenheimzulage, zu verwirklichen. Sie können also den Anspruch, den Sie draußen bei den Bürgern und Bürgerinnen immer wieder formulieren, heute ein großes Stück einlösen, wenn Sie bereit sind, diesen Weg mitzugehen. Lassen Sie Ihren Worten endlich Taten folgen, indem Sie sich hier einmal vernünftig verhalten!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Jörg Tauss (SPD): Einmal wenigstens!)

   Immer wieder Bedenkenträgerei, immer wieder Verteidigung von Klientelinteressen, immer wieder ein Einknicken, wenn es hier darum geht, Klarheit zu schaffen

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Jetzt spricht sie von der Kohle!)

und sich zu überlegen, dass es bei der staatlichen Subventionspolitik – dies wissen mittlerweile alle Bürger und Bürgerinnen – so nicht weitergehen kann.

   Wir brauchen mehr Geld für Investitionen in die Zukunftsfähigkeit. Angesichts der knappen öffentlichen Mittel bedeutet dies, dass wir andere Prioritäten setzen müssen. Die Abschaffung der Eigenheimzulage bringt langfristig 6 Milliarden Euro. Der Minister hat darauf hingewiesen, dass es 3 Milliarden Euro für den Bund und 3 Milliarden Euro für die Länder, davon 1 Milliarde Euro für die Kommunen, sind, die die Gebietskörperschaften dringend brauchen, um ihre Investitionstätigkeit wieder verbessern zu können. Hier verweigern Sie sich. Sie wollen keine zusätzlichen Mittel für Forschung und Bildung. Dies kann und darf man so nicht stehen lassen.

   Ich weiß zwar auch, dass einmal eingeführte Subventionen ein unheimliches Beharrungsvermögen entwickeln können. Wir haben in den letzten Jahren sehr einschlägige Erfahrungen gemacht, wenn es um die Absicht ging, Subventionen abzubauen. Ich erinnere an die Debatten im letzten Dezember, in denen die Union sagte: Wenn im Bereich der Landwirtschaft die Subventionen für den Agrardiesel zurückgenommen werden, dann verweigern wir uns allen Reformen, von der Arbeitsmarktreform bis zur Steuerreform. Man muss sich einmal vorstellen, welches Druckpotenzial hier aufgebaut wird, weil Sie zu feige sind, gegenüber bestimmten Klientelgruppen eine klare Position zu vertreten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dietrich Austermann (CDU/CSU): Hat hier einer „Kohle“ gesagt, Frau Kollegin? Wer ist denn wo feige? – Gegenruf des Abg. Jörg Tauss (SPD): Sie, Herr Austermann!)

– Das, was Sie an den Tag legen, nennt man Reformunfähigkeit, Herr Austermann. Sie haben bei den Haushaltsberatungen immer wieder gesagt, der Staat müsse einsparen und solle sich nicht mehr so hoch verschulden.

(Dietrich Austermann (CDU/CSU): 3 Prozent, sage ich nur!)

– Richtig, kann ich nur sagen; aber wenn wir Vorschläge machen, dann verweigern Sie sich diesen Vorschlägen, während Sie nach außen so tun, als ob die Regierung allein dieses Problem habe. Aber das Problem sind Sie; es besteht nicht in dem, was die Regierung vorschlägt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dietrich Austermann (CDU/CSU): Wer regiert denn? So ein Stuss!)

   Sie tun immer so, als seien Sie oberklasse, also hat die CDU beschlossen, dass mehr Geld in Bildung fließen müsse. Dann fiel Angela Merkel ein, wir könnten jetzt endlich einmal mehr Bildungsinvestitionen tätigen und die Ganztagsschulen besser fördern. – Guten Morgen, meine Damen und Herren; wir haben 4 Milliarden Euro für den Ausbau der Ganztagsschulen in den Haushalt eingestellt. Aber was passiert? Die unionsregierten Länder rufen diese Mittel nicht vernünftig ab.

(Jörg Tauss (SPD): Doch, doch! – Dietrich Austermann (CDU/CSU): Sie müssen sich sachkundig machen!)

Auch das ist ein Teil der Realität. Bayern hat mittlerweile ein Stück zugelegt – das muss man wirklich sagen –; dort ist man aufgewacht und hat gemerkt, dass es für das Land gut ist, wenn man Finanzierungen für Ganztagsschulprogramme und vieles mehr tätigt.

   Das, was wir wollen, sind strukturelle Reformen. Auch die Union sagt, sie wolle strukturelle Reformen und Umschichtungen. Aber Sie spielen jedes Mal wieder das altbekannte Spiel. Wenn dann von Ihrer Seite der Regierung vorgeworfen wird, sie sei sprunghaft,

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Das stimmt!)

dann kann ich wirklich nur lachen. Wir haben eine völlig klare Linie zum Thema Eigenheimzulage gehabt;

(Dietrich Austermann (CDU/CSU): Ihr habt doch im November zugestimmt!)

wir werden sie beibehalten.

   Wir haben immer gesagt: Wir brauchen die Mittel der Eigenheimzulage für Zukunftsfelder. Wir haben von Anfang an gesagt, dass die Eigenheimzulage abgeschafft werden muss, weil sie aus bestimmten Gründen nicht mehr notwendig ist und sich die Rahmenbedingungen in diesem Land verändert haben, angefangen vom Zinsniveau beim Bauen bis hin zur Beantwortung der Frage, was ein Staat sich strukturell noch leisten kann und darf. Überlegungen hierzu verweigern Sie ebenfalls. Das bedeutet, dass Sie Wohltaten, die Sie kräftig unter das Volk zu verteilen beabsichtigen, beibehalten wollen.

   Es fehlt die Bereitschaft, bestimmte Verhaltensweisen auf diesem Gebiet zu verändern und auf bestimmte Tatbestände im heutigen Steuerrecht zu verzichten, obwohl vor allem Sie, Friedrich Merz, nach außen immer wieder zu suggerieren versuchen, dass Sie einen völlig anderen politischen Ansatz hätten. Dann zeigen Sie doch, dass dieser Ansatz wirklich in die Tat umgesetzt wird; stimmen Sie diesem Gesetzentwurf , über den wir heute noch nicht endgültig entscheiden werden, doch zu gegebener Zeit zu.

   Natürlich muss man zugestehen, dass es in anderen Bereichen ebenfalls steuerliche Vergünstigungen gibt.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Jetzt kommt sie zur Kohle!)

Auch wir wissen, dass ein Problem in den bestehenden Verzerrungen in bestimmten Bereichen liegt, das gilt auch für den Wohnungsbau. Der Ernsthaftigkeit der Debatte geschuldet, muss man auch einräumen, dass es beim Mietwohnungsbau Verzerrungen zulasten des selbst genutzten Wohneigentums gibt. Man muss sich einmal vorstellen, dass es Negativeinkünfte gibt: Den Einnahmen, die im Wohnungsbau auf der einen Seite über Miet- und Pachteinkünfte entstehen, stehen auf der anderen Seite Negativeinkünfte aufgrund der bestehenden steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten gegenüber.

Das kann so nicht weitergehen. Deshalb müssen wir uns auch hier mit den steuerlichen Subventionen beschäftigen.

   Ebenfalls müssen wir uns überlegen, wie wir nach den letzten drei schwierigen Jahren der wirtschaftlichen Stagnation eine Konsolidierung der Finanzen erreichen. Jeder weiß: Ohne Wachstum gibt es keine Konsolidierung der Finanzen. Selbst in diesem Jahr wird der Bund, trotz eines realen Wachstums in Höhe von 1,5 bis 2 Prozent, höhere Kredite als geplant aufnehmen müssen. Das ist traurig; das muss man so sehen.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Das ist wirklich traurig! – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Das ist elend! Das habt ihr zu verantworten!)

   Auf diese Frage muss man strategische Antworten finden. Wir brauchen strategische Antworten auf finanzpolitische Herausforderungen, die für unsere Gesellschaft auch weiterhin anstehen. Strukturelle Defizite unserer sozialen Sicherungssysteme – von der Rente über die Gesundheit bis zum Arbeitsmarkt – sind wir in dieser Legislaturperiode mit der Agenda 2010 angegangen.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Die strukturellen Probleme haben Sie geschafft!)

Wir haben wichtige Maßnahmen beschlossen und dadurch sehr viel zur Zukunftsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland beigetragen. Dabei muss allerdings noch stärker als bisher der Kontext der Globalisierung und der Erweiterung des europäischen Binnenmarktes berücksichtigt werden. Hier muss politisch noch über viele Fragen diskutiert werden; das ist richtig. Dabei können wir uns keine nationalstaatliche Perspektive leisten.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Keine nationalen Alleingänge, Frau Kollegin! Das ist gut!)

– Herr Thiele, wir müssen bei all diesen Fragen auch die wettbewerbspolitische Standortkonkurrenz für Neuinvestitionen im Blick haben; das ist völlig richtig. Aber es geht nicht, dass weiterhin falsche Prioritäten gesetzt werden, wie Sie es in den 90er-Jahren getan haben. Die Prioritäten, die Sie damals gesetzt haben, zeigen noch heute ihre Wirkung.

   Deswegen kann man nur sagen: So geht es nicht weiter. Geben Sie sich einen Ruck und geben Sie zu, dass es überholte Subventionen gibt! Gehen Sie diesen Weg im Interesse der Zukunftsfähigkeit unseres Landes mit! Wir müssen umsteuern. Die Prioritäten müssen anders gesetzt werden. Es geht um ein Signal an die Reformfähigkeit unseres Landes. Dazu gehört auch die Abschaffung der Eigenheimzulage.

   Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Elke Wülfing (CDU/CSU): Hoffentlich haben diese Rede viele Bauarbeiter gehört! – Gegenruf des Abg. Jörg Tauss (SPD): Ach, das ist ja nett! Sie sagen, Sie hoffen, dass viele Bauarbeiter zugehört haben! Ich hoffe, dass das auch von der Wissenschaft gehört wurde!)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort dem Kollegen Carl-Ludwig Thiele, FDP-Fraktion.

Carl-Ludwig Thiele (FDP):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Finanzminister Eichel, wir stimmen Ihnen ausdrücklich zu, dass in unserem Land mehr für Bildung getan werden muss. Die Notwendigkeit dazu stellen Sie und Ihr Finanzministerium täglich aufs Neue unter Beweis. Denn die Art und Weise, in der Sie die Zahlen in der Öffentlichkeit falsch darstellen

(Jörg Tauss (SPD): Ist das billig!)

– das haben Sie gerade eingeräumt –, zeigt, dass auch die Regierung mehr Bildung braucht. Angesichts dessen, wie Sie die Öffentlichkeit die ganze Zeit hinter die Fichte geführt haben, muss ich Ihnen sagen: Wenn das nicht mit Vorsatz geschehen ist, dann scheint es Unkenntnis gewesen zu sein; wenn das aus Unkenntnis geschehen ist, dann muss etwas dagegen getan werden. Deshalb bitten wir um ein Bildungsprogramm für diese Bundesregierung.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Volker Kauder (CDU/CSU): Eine Blutzufuhr braucht sie auch! – Jörg Tauss (SPD): Der unterbietet sein Niveau ja noch!)

   Vor drei Wochen fand in diesem Haus eine Haushaltsdebatte statt. Heute, nachdem zwischenzeitlich die Landtagswahlen in Sachsen und in Brandenburg – im Saarland war sie kurz vorher – und am letzten Sonntag die Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen stattgefunden haben, räumen Sie ein, dass von Ihnen ein Nachtragshaushalt vorgelegt wird, durch den die Neuverschuldung für dieses Jahr um 50 Prozent erhöht werden soll. Warum haben Sie das nicht schon im Sommer gemacht? Warum haben Sie der Öffentlichkeit nicht schon früher gesagt, was passieren wird? Als diese Umstände bekannt waren, war Ihre einzige Triebfeder, nicht schon früher zu handeln, Wahltaktik.

   Ich möchte Ihnen die entsprechenden Zahlen in Erinnerung rufen; denn dieser Haushalt ist der dritte verfassungswidrige Haushalt der Bundesrepublik Deutschland in Folge. Der Haushalt 2002 ist durch den Nachtragshaushalt verfassungswidrig geworden; die Neuverschuldung stieg um 64 Prozent. Auch der Haushalt 2003 ist durch den Nachtragshaushalt verfassungswidrig geworden. Man muss sich einmal vorstellen: Die Neuverschuldung stieg um 130 Prozent bzw. um 24,5 Milliarden Euro. In diesem Jahr tritt der Finanzminister vor dem Hintergrund einer beabsichtigen Neuverschuldung von 29,3 Milliarden Euro hier an das Pult und erklärt der Öffentlichkeit, dass wir fast 44 Milliarden Euro neue Schulden machen werden.

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Ganz nebenbei!)

   Herr Finanzminister Eichel, damit brechen Sie und die rot-grüne Koalition jeden Schuldenrekord, den der Bund jemals zu verantworten hatte. Diese Politik halten wir für verantwortungslos. Sie muss geändert werden. Es müssen wieder Klarheit und Wahrheit in den Haushalt einkehren.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Präsident Wolfgang Thierse:

Kollege Thiele, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Eichel?

Carl-Ludwig Thiele (FDP):

Gerne.

Hans Eichel (SPD):

Erster Punkt. Herr Kollege Thiele, sind Sie bereit, zu bestätigen, dass ich bereits bei Vorlage der Steuerschätzung im Mai und nicht erst jetzt gesagt habe,

(Joachim Poß (SPD): So ist es!)

dass sich das zusätzliche Risiko für den Bundeshaushalt in diesem Jahr aufgrund der Steuerschätzung und der Arbeitsmarktentwicklung auf 10 bis 11 Milliarden Euro – das Gesamtrisiko beträgt insgesamt also 40 Milliarden Euro – beläuft?

(Zuruf von der CDU/CSU: Das haben wir voriges Jahr schon gesagt!)

   Sind Sie auch bereit, zu bestätigen, dass ich alle Zahlen zur Entwicklung der Tabaksteuer und der Mineralölsteuer veröffentlicht und diesbezüglich im Sommer gesagt habe, dass hier ein zusätzliches Risiko besteht?

   Sind Sie ebenfalls bereit, zu bestätigen – Sie brauchen das nur im Protokoll nachzulesen –, dass ich bei der Einbringung des Bundeshaushaltes Anfang September ausdrücklich auf diese Risiken hingewiesen habe? Wie kommen Sie zu der Behauptung, dass ich diese Entwicklung jetzt und nicht schon vorher benannt habe? Das würde ich gerne von Ihnen wissen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Zweiter Punkt. Sind Sie bereit, zu bestätigen, dass das Defizit im Bundeshaushalt, das Sie 1996 zu verantworten hatten, 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachte, und dass es dieses Jahr, wenn der Nachtragshaushalt verabschiedet wurde, 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen wird, sodass die Rekordverschuldung während Ihrer Regierungsverantwortung vorlag?

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Aufstehen!)

Carl-Ludwig Thiele (FDP):

Sehr geehrter Herr Eichel, wenn man Fragen stellt, ist es guter Brauch, die Antworten, die ich Ihnen gerne geben möchte, auch entgegenzunehmen.

   Erster Punkt. Es ist richtig, dass Sie im Mai darauf hingewiesen haben, dass die Neuverschuldung höher ausfallen könnte als geplant.

(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD): Aha!)

Es ist allerdings auch richtig, dass Sie aus Gründen der Haushaltsklarheit und der Haushaltswahrheit die Pflicht haben, unverzüglich tätig zu werden.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): So ist es!)

Sie hätten den Nachtragshaushalt bereits zu einem früheren Zeitpunkt einbringen müssen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Diesen hätten wir dann beraten können und die Öffentlichkeit wäre nicht über Monate hinweg an der Nase herumgeführt worden. Durch früheres Handeln hätte hier Klarheit darüber geherrscht, wie sich der Etat und die gesamtstaatliche Entwicklung in diesem Jahr darstellen.

   Zweiter Punkt. Meiner Ansicht nach fangen Sie hier mit dem Tricksen und Täuschen schon wieder an. Es geht darum, dass Sie mit den Aussagen, die Sie heute hier im Plenum gemacht haben, eingeräumt haben, dass Sie den Schuldenrekord brechen werden.

   Man muss sich einmal daran erinnern, dass Sie der Finanzminister waren, der sagte, im Jahre 2006 würden Sie die Neuverschuldung auf Null reduziert haben

(Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP): Das hat er auch gesagt!)

Man muss feststellen, dass Sie Ihre Vorstellungen nicht verwirklicht haben und dass Sie durch die von Ihnen betriebenen Politik in einer Form entzaubert wurden, wie ich mir das nie hätte vorstellen können: Für 2006 haben Sie Null Euro an Neuverschuldung in Aussicht gestellt und in diesem Jahr haben Sie den Schuldenrekord der Bundesrepublik Deutschland gebrochen. Stärker kann Glaubwürdigkeit nicht beschädigt werden. Das muss ich Ihnen hier leider sagen, Herr Eichel.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Präsident Wolfgang Thierse:

Herr Thiele, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Kollegen Eichel?

Carl-Ludwig Thiele (FDP):

Gerne, wir können das gerne fortsetzen.

Präsident Wolfgang Thierse:

Bitte schön.

(Volker Kauder (CDU/CSU): Herr Eichel entwickelt sich zum Parlamentskasper! – Gegenruf des Abg. Jörg Tauss (SPD): Das ist eine Unverschämtheit! Diese Frechheit ist nicht akzeptabel!)

Hans Eichel (SPD):

– Von Kasperei verstehen Sie etwas.

   Erstens. Herr Kollege Thiele, sind Sie bereit, mir zuzustimmen, dass Ihr Vorwurf der Täuschung der Öffentlichkeit und des Verschweigens der Tatsachen bis nach den Landtagswahlen mit Ihrer eigenen Einräumung widerlegt ist? Ich denke, es wäre angesichts des Klimas in diesem Hause richtig, wenn Sie das jetzt täten.

   Zweitens. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Abweichung im deutschen Bundeshaushalt in den drei Jahren der Stagnation 2,6 Prozent betrug, und zwar von minus 1,2 Prozent im Jahre 2000 bis auf minus 3,8 Prozent im vergangenen Jahr? Viele andere Länder in Europa hatten eine größere Abweichung. In den Niederlanden betrug sie zum Beispiel insgesamt 4,4 Prozent. Dort ging es nämlich von plus 1,2 Prozent auf minus 3,2 Prozent. Sechs Länder der Eurozone liegen inzwischen bei über 3 Prozent und die meisten Länder haben höhere Abweichungen als Deutschland.

   Mit anderen Worten: Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es sich hier um eine gesamteuropäische Entwicklung handelt, in der die deutsche Finanzpolitik im Vergleich mit vielen anderen Ländern zurückhaltend gewesen ist?

(Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP): Wie problematisch muss die Lage noch sein?)

Carl-Ludwig Thiele (FDP):

Herr Finanzminister, ich finde es gut, dass Sie die Debatte als Parlamentarier nutzen, um als Parlamentarier zur Fortführung der Debatte beizutragen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Allerdings muss ich an dieser Stelle sagen: Aus meiner Sicht haben Sie die Pflicht, dann, wenn Sie erkennen, dass der Haushalt aus dem Ruder läuft – das war schon im Mai der Fall –, unverzüglich tätig zu werden und diesem Hohen Hause einen Nachtragshaushalt vorzulegen. Es geht hier nicht um blumige Erklärungen des Finanzministers, sondern um das Etatrecht des Parlamentes.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Der Haushalt ist doch vom Deutschen Bundestag verabschiedet worden.

   Wenn der Bundestag aufgrund der Politik, die Sie zu verantworten haben, erkennen kann und muss, dass sich die Rahmendaten geändert haben, dann ist es aus meiner Sicht die Pflicht des Finanzministers, vor das Haus zu treten – in diesem Fall war das im Mai – und aufgrund der geänderten Datenlage einen Nachtragshaushalt vorzulegen. Ich kann Ihnen leider die Feststellung nicht ersparen, dass Sie aus meiner Sicht im Mai dieser Pflicht nicht nachgekommen sind.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Heinz Seiffert (CDU/CSU), zu Abg. Hans Eichel (SPD) gewandt: Setzen!)

   Mein zweiter Punkt. Seit 1998 trägt Rot-Grün im Deutschen Bundestag die Verantwortung für die Leitlinien, die die Entwicklung unseres Landes bestimmen. Wenn als einzige Begründung für diesen neuen Schuldenrekord von Ihnen darauf hingewiesen wird, dass auch andere Länder Probleme haben, dann mag das zwar zutreffen, das enthebt uns und insbesondere Sie aber nicht der Aufgabe, hier die Hausaufgaben zu machen.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): So ist es!)

   Wir haben immer kritisiert, dass von Rot-Grün die Weichen in unserem Lande fundamental falsch gestellt werden. Wir brauchen mehr Wirtschaftswachstum. Wir brauchen keine Politik, die auf dauernde Verunsicherung der Bürger und der Wirtschaft ausgerichtet ist und deren Rahmenbedingungen keine Planbarkeit und Verlässlichkeit in der Politik erkennen lassen. Dass unter diesen Aspekten die Wirtschaft nicht so in Gang kommt, wie wir uns das alle wünschen, ist Folge der rot-grünen Politik.

   In diesem Jahr haben wir den Sonderfall, dass im Gegensatz zum letzten Jahr mehrere Feiertage auf einen Sonntag fallen. Allein dieser Umstand führt dazu, dass das Wachstum in diesem Jahr um 0,6 Prozent höher ausfällt als im letzten Jahr. Die erwartete Wachstumsrate reduziert sich somit auf 1,4 Prozent. Auch als Opposition arbeiten wir daran, dass es unserem Lande gut geht.

(Jörg Tauss (SPD): Oh, oh, oh!)

Leider müssen wir aber feststellen, dass die von Ihnen betriebene Politik leider nicht in der Lage ist, das Wirtschaftswachstum entsprechend anzukurbeln und Arbeitsplätze in Deutschland zu schaffen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jörg Tauss (SPD): Blockierer!)

   Gestatten Sie mir noch ein Wort zur Frau Kollegin Scheel. Ich finde es immer erstaunlich, wenn die Grünen anderen Klientelpolitik vorwerfen; denn ich glaube, es gibt keine Fraktion im Deutschen Bundestag, die so ungeniert Klientelpolitik betreibt wie die Grünen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jörg Tauss (SPD): Doch, die FDP!)

Ich möchte hier noch einmal die Stichworte nennen: Steinkohle, Windenergie, Solarenergie und ökologischer Landbau. Eines muss man der Bevölkerung sagen: All diese von Ihnen auf Steuerzahlerkosten verursachten Mehrausgaben sind von den Bürgern unseres Landes zu zahlen. Damit werden die Bürger unseres Landes durch Ihre Politik finanziell belastet. Das halten wir für falsch. Das haben wir kritisiert und das werden wir weiter kritisieren.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jörg Tauss (SPD): Die Klientel-FDP!)

   Sehr geehrter Herr Präsident, ich komme jetzt zum Thema, das eigentlich die Debatte bestreiten sollte, nämlich der Gesetzentwurf zur Abschaffung der Eigenheimzulage. Alle Fraktionen des Deutschen Bundestages fordern, dass für Familien mit Kindern in unserer Gesellschaft mehr getan werden muss.

(Jörg Tauss (SPD): Fordern schon! – Dr. Uwe Küster (SPD): Machen sollten Sie mal!)

Gerade die Eltern mit Kindern wünschen sich einen Garten, in dem die Kinder an der frischen Luft spielen und sich die Familien erholen können. Das sage ich auch ausdrücklich als Vater von fünf Kindern. Fahren Sie einmal in Neubaugebiete. Dann werden Sie feststellen, dass da im Wesentlichen Familien ihren Wunsch verwirklichen, Eigentum zu bilden, indem sie dort bauen.

   Das ist der Grund, dass mehr als 60 Prozent derjenigen, die Wohneigentum bauen oder kaufen, Familien mit Kindern sind. Der Anteil der Familien an den Haushalten beträgt nur ein Drittel. Aber über 60 Prozent von ihnen wollen Wohneigentum erwerben. Das zeigt die Bedeutung selbst genutzten Wohneigentums für Familien. Wer jetzt die Eigenheimzulage ersatzlos streichen will, ohne gleichzeitig das verfügbare Einkommen der Bürger durch Steuersenkungen zu erhöhen, schadet gerade den jungen Familien in unserem Lande.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   Parteiübergreifend wird ferner gefordert, die Bevölkerung solle mehr private Altersvorsorge aufbauen. 70 Prozent unserer Bevölkerung wünscht sich Wohneigentum als entscheidenden Baustein der Altersvorsorge. Dieser Wunsch steht mit Abstand an erster Stelle und es stimmt ja auch: Wer Eigentum erwirbt, muss im Alter keine Miete zahlen. Man kann teilweise sogar mit einer relativ bescheidenen Rente auskommen, wenn man mietfrei wohnt.

   Deshalb ist für uns Liberale das selbst genutzte Wohneigentum einer der wesentlichen Bausteine der Altersvorsorge.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Entsprechende Anträge auf Einbeziehung des Wohneigentums in geförderte Altersvorsorge sind von Rot-Grün immer abgelehnt worden. Dahinter steht der Gedanke, dass Eigentum für Rot-Grün an sich keinen Wert hat.

(Dr. Uwe Küster (SPD): Man kann den Quatsch auch noch erhöhen!)

Nach Auffassung der FDP ist aber gerade Eigentum die Voraussetzung für ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und an individueller Entfaltungsmöglichkeit der Bürger.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   Bei der ganzen Diskussion über die Riester-Rente hat für Rot-Grün das selbst genutzte Wohneigentum keine Rolle gespielt. Es gibt zwar die theoretische Möglichkeit einer Entnahme von Geld aus dieser staatlich geförderten Rente.

(Jörg Tauss (SPD): Sie wissen doch, warum!)

Das Problem ist nur: Es funktioniert nicht. Es kann aber schon deshalb nicht nennenswert funktionieren, weil die einzige von Rot-Grün betriebene Form der Altersvorsorge, nämlich die Riester-Rente, floppt. Dass sie von der Bevölkerung nicht angenommen wird, hat leider auch gute Gründe: Diese Rente ist nicht vererbbar, sie ist nicht veräußerbar und auch nicht beleihbar. Damit erfüllt sie die entscheidenden Funktionen, die Eigentum für den Bürger hat, nicht.

(Jörg Tauss (SPD): Die Beleihbarkeit von Renten!)

Jedes Wohneigentum ist vererbbar, es ist veräußerbar, es ist beleihbar, es kann sogar verrentet werden. Herr Tauss, wenn Sie das noch nicht wissen, hören Sie es sich einfach an. Auch hierdurch kann der Eigentümer einer Wohnimmobilie im Alter zusätzliches Geld erhalten.

   Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich kann mich auch noch gut an die damalige Diskussion erinnern, als, auch auf Drängen der FDP, § 10 e Einkommensteuergesetz abgeschafft und hier im Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Union, aber auch der SPD, die Eigenheimzulage beschlossen wurde.

(Joachim Poß (SPD): Das war doch unser Antrag! Sie mussten doch überzeugt werden! Sie waren doch dagegen!)

– Das wüsste ich aber, Herr Poß. Entschuldigung.

   Diese Eigenheimzulage ist eine Erfolgsgeschichte für unser Land.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die Eigentumsquote ist in unserem Land um weit mehr als 10 Prozent gestiegen, in den neuen Bundesländern sogar seit diesem Zeitpunkt um über 30 %. Das bedeutet, dass seitdem mehr als 1,5 Millionen Haushalte zusätzlich Eigentum haben erwerben können.

   Die Politik kann nicht dauernd eine verstärkte Förderung von Familien mit Kindern fordern und dann die Eigenheimzulage abschaffen, ohne die Bürger steuerlich zu entlasten. Die Politik kann nicht dauernd die Menschen auffordern, verstärkt private Altersvorsorge zu betreiben, und dann mit der Eigenheimzulage das beliebteste und effizienteste Förderinstrument ersatzlos abschaffen.

   Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, im Dezember letzten Jahres – vielen kommt die Zeit sehr lang vor, aber es ist noch gar nicht so lange her – haben wir uns in einem langen Prozess, auch im Vermittlungsausschuss, überparteilich mit Zustimmung der SPD und mit Zustimmung der Grünen hier im Deutschen Bundestag darauf geeinigt, die Eigentumsförderung durch die Eigenheimzulage auf neue Füße zu stellen. Die Bemessungsgrundlage wurde verdoppelt und die Zulage wurde halbiert mit dem Ziel, Schwarzarbeit einzudämmen und die Eigenheimzulage zielgenauer zu gestalten. Ferner wurde die Einkommensgrenze für den berechtigten Personenkreis deutlich gesenkt.

   Nach den damaligen Berechnungen sowohl Ihres Hauses, Herr Finanzminister Eichel, als auch der Länder sollte durch die beschlossenen Änderungen bei dieser Zulage ein Einspareffekt um 30 Prozent erreicht werden. Das war die mit Abstand größte Einsparung. Parallel dazu gab es die Liste der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück. In den dort aufgeführten Bereichen ging es um einen Subventionsabbau in drei Stufen von je 4 Prozent, also um insgesamt 12 Prozent.

(Jörg Tauss (SPD): Ja, mit fatalen Folgen!)

Wir als FDP haben uns dem gestellt und wir haben zugestimmt.

   Bei der Eigenheimzulage wurde um 30 Prozent reduziert, sodass man eigentlich hätte meinen können, damit sei die Diskussion um die Eigenheimzulage beendet.

(Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben immer gesagt, dass das wieder kommt!)

Leider war das nicht der Fall, denn jetzt greift wieder das Markenzeichen rot-grüner Politik: Es gibt keine Planungssicherheit und keine Verlässlichkeit für die Bürger im Steuerrecht.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben immer gesagt: Die Debatte kommt wieder!)

Wer so planlos und so willkürlich Politik betreibt, der muss sich nicht wundern, dass er das Vertrauen weiter Kreise der Bevölkerung verliert.

(Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir lassen uns von Ihren Blockaden nicht aufhalten!)

Es waren nicht zuletzt solche Vorgänge, Frau Sager – man muss schon auf mittlere Sicht planen können, es darf nicht immer zu kurzfristigen Änderungen kommen –, die zu einer völligen Verunsicherung der Bürger geführt haben.

Dies führt zu Politikverdrossenheit. Das wiederum führt leider dazu, dass viele Wähler nicht mehr zur Wahl gehen.

   Die FDP ist der Auffassung, dass es für die Eigenheimzulage keine Ewigkeitsgarantie geben kann. Wenn sie aber abgebaut wird, dann muss parallel die Steuerbelastung der Bürger sinken. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Bürger, gerade junge Haushalte und junge Familien, in die Lage versetzt werden, mit eigenem Geld den Grundstock für selbst genutztes Wohneigentum zu legen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   SPD und Grüne wollen statt des Eigentums die Bildung fördern. Beides sind wichtige Ziele. Sie können aber nicht einfach gegeneinander ausgetauscht werden. Für die FDP steht fest: Bildung und Eigentum, nicht Bildung statt Eigentum. Das ist aus unserer Sicht der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jörg Tauss (SPD): Freibier für alle!)

Deshalb setzen Sie ein falsches Signal. Wir fragen Sie: Warum geben Sie eigentlich in den nächsten Jahren bis zum Jahr 2012 16 Milliarden Euro für die Subventionierung der international nicht wettbewerbsfähigen deutschen Steinkohle aus? Warum werden gegen jede wirtschaftliche Vernunft pro Jahr Milliarden Euro für die deutsche Steinkohle verpulvert?

(Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP): Steinkohle!)

Warum subventionieren Sie nicht wettbewerbsfähige alte Strukturen, anstatt in die Zukunft zu investieren?

(Beifall bei der FDP)

Mit dem Geld, das für die Steinkohle verschwendet wird, können Sie ungeheuer Gutes für Bildung und Universitäten leisten. Das werden Ihnen sogar die Bildungspolitiker aus Ihren Reihen bestätigen.

   Ich komme zum Schluss.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aus Sicht der Liberalen müsste insbesondere an dieser Stelle angesetzt werden. Wir brauchen weniger Kohle für die Kohle, aber mehr Kohle für die Bildung. Hierfür wird sich die FDP sowohl im Finanzausschuss als auch bei den Beratungen des Haushalts 2005 einsetzen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Präsident Wolfgang Thierse:

Herr Kollege Kauder, wenn ein Abgeordneter Zwischenfragen stellt, ist das nicht ein Anlass, ihn Parlamentskasper zu nennen. Ich ermahne Sie, das nicht zu wiederholen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Uwe Küster (SPD): Passen Sie auf, Herr Kauder, dass Sie nicht noch eine riskieren!)

   Ich erteile nunmehr dem Kollegen Ortwin Runde, SPD-Fraktion, das Wort.

Ortwin Runde (SPD):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde es gut, dass wir uns jetzt auch in der breiten Öffentlichkeit über das Thema Innovation und über die Bedeutung von Forschung, Bildung und Entwicklung unterhalten. Allerdings muss ich feststellen, dass die Union aus meiner Sicht auch auf diesem Feld nicht ganz gut sortiert ist.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn ich sehe, dass das Hauptthema einiger ihrer Ministerpräsidenten offenkundig die Frage ist, was mit der Rechtschreibreform geschieht, ob sie zurückgenommen wird und ob wir zur alten Rechtschreibung zurückkehren. Wenn Letzteres geschähe, dann hätte ich Verständnis dafür, das öffentlich bekannt zu machen. Herr Wulff aber, der mit seiner Meinung nicht Recht bekommt, sagt wie ein bockiges Kind: Wenn die Rechtschreibreform nicht in der Form, die ich für richtig halte, durchgeführt wird, dann spiele ich nicht mehr mit euch im Sandkasten. Dann ist die KMK überflüssig. Dann kündige ich. – Das hat eine weit über diese Aktion hinausgehende Bedeutung.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann droht einer der Hauptakteure im Bereich Bildung, Forschung und Innovation inhabil zu werden. Insofern wäre es ganz gut, wenn Frau Merkel und Herr Stoiber, die heute zusammensitzen, sich den Fall Wulff vornähmen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn wir brauchen gerade für die Diskussion in der Föderalismuskommission Klarheit,

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Wir sind hier vor dem Bundestag und nicht vor dem Gericht!)

wie die verschiedenen Ebenen zusammen Zukunftsgestaltung betreiben können.

   Herr Seiffert, Sie haben völlig Recht, wenn Sie sagen: Wir haben erst im Dezember die Eigenheimzulage neu geregelt. Wie kommt ihr dazu, das Thema heute schon wieder anzugehen? Was hat sich seitdem verändert? –

Darauf kann ich Ihnen antworten: Heute ist doch deutlich geworden,

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Nichts! – Elke Wülfing (CDU/CSU): Dass Sie mit Geld nicht umgehen können, ist heute klar geworden!)

in welcher Situation wir uns befinden. Dass Zukunftsinvestitionen in Bildung und Forschung nur über Umschichtungen möglich sind, ist vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Haushaltssituation so deutlich, dass es mit Händen zu greifen ist.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Sie haben nur den Verwendungszweck geändert!)

   Herr Thiele, wenn Sie den ersten und den zweiten Teil Ihres Redebeitrags logisch miteinander verknüpft hätten, dann wären auch Sie zu dieser Schlussfolgerung gekommen. Das hat nichts mit Sprunghaftigkeit zu tun, sondern damit, dass es nun einmal mit Schmerzen verbunden ist, wenn wir in diesem Bereich Reformen durchführen und unsere Gesellschaft zukunftsfähig machen wollen.

   Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Eigenheimzulage in der Vergangenheit Positives bewirkt hat. Wir haben sie selber in ihrer derzeitigen einkommensunabhängigen Form beibehalten. Ich bin der Meinung, dass die Umschichtungen in den Städtebau und die Stadtförderung richtig gewesen sind.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Sie können das doch nicht schon wieder abschaffen! Das ist doch sprunghaft!)

Aber ich sehe keine Möglichkeit, wie wir vor dem Hintergrund der notwendigen Investitionen in die Zukunft ohne die Abschaffung dieser größten Einzelsubvention auskommen können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Im Übrigen gibt es gute Gründe für die Abschaffung der Eigenheimzulage. Die Situation hat sich geändert. Aufgrund des demographischen Wandels und des in weiten Teilen der Republik vorhandenen ausreichenden Wohnraums ist die Eigenheimzulage nicht mehr notwendig. Jeder, der sozialpolitische Argumente anführt, muss berücksichtigen, dass bei dem gegenwärtigen Zinsniveau das Bauen genauso teuer ist wie vor zehn Jahren mit der Eigenheimzulage.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Sind Sie sicher, dass das Zinsniveau so bleibt? Auf solchen Unsicherheiten baut Herr Eichel seinen Haushalt, aber kein Bauherr sein Haus!)

   Auch angesichts der Tatsache, dass solche Subventionen immer auch eine preistreibende Wirkung haben, halte ich die Abschaffung der Eigenheimzulage für vertretbar. Zudem haben Untersuchungen ergeben, dass hauptsächlich das obere Einkommensdrittel, das gar nicht darauf angewiesen ist – so wie Sie, Herr Thiele, mit Ihren fünf Kindern; Sie wären durchaus berechtigt, die Eigenheimzulage zu beziehen, obwohl Sie nicht darauf angewiesen sind –, davon profitiert. Das kann doch nicht sinnvoll sein. Damit werden doch nur Mitnahmeeffekte genutzt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Das stimmt nicht!)

Insoweit werden sich auch keine Auswirkungen auf die Baukonjunktur ergeben.

   Die Abschaffung der Eigenheimzulage in der gegenwärtigen Situation ist sowohl hinsichtlich der Funktion der Eigenheimzulage als auch der Notwendigkeit, in die Zukunft zu investieren, vertretbar. Wenn Sie schon nicht auf den Sachverständigenrat, die Bundesbank und andere hören wollen, dann müsste es Sie zumindest nachdenklich machen, dass Herr Merz und Herr Faltlhauser in ihrem Konzept den Wegfall der Eigenheimzulage ausdrücklich vorgesehen haben.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Dietrich Austermann (CDU/CSU): Bei gleichzeitiger Absenkung der Steuersätze! – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Man lässt den Leuten das Geld!)

- Ich gehe ja auf Argumente ein, Herr Seiffert. Das unterscheidet uns.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Nein! Uns beide nicht!)

Herr Faltlhauser und Herr Merz meinen, die Eigenheimzulage auch in der gegenwärtigen Haushaltssituation zugunsten von Steuersenkungen wegfallen lassen zu müssen. Dabei stehen wir vor der Entscheidungsalternative, ob es wichtiger ist, private Haushalte in der Breite zu entlasten – dabei werden Sie sicherlich eher an die Besserverdienenden denken als an die anderen – oder in die Zukunft zu investieren. Für mich ist die Situation völlig klar.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Beides ist wichtig, Herr Runde!)

   Ich hatte gestern im Finanzausschuss das Vergnügen, Ihren Antrag zur Innovationsoffensive zu lesen, den Sie im April vorgelegt haben. Was die Parteien zur Analyse feststellen, ist doch alles deckungsgleich.

(Hans Michelbach (CDU/CSU): Sie missbrauchen Innovationen!)

Allen sind die PISA-Studie und die OECD-Vergleiche bekannt und alle halten Investitionen für notwendig. Dabei stellt sich die Frage: Wie machen wir das?

Die Umschichtung der Mittel für die Eigenheimzulage in Zukunftsinvestitionen ist sinnvoll und erforderlich. Sie sollten sich in der Tat fragen, ob die Union in diesem Punkt Bremse oder Motor von Zukunftsgestaltung und Zukunftsentwicklung ist.

(Joachim Poß (SPD): Die ist immer Bremse!)

Ich empfehle Ihnen, mehr zum Motor zu werden und der Umschichtung der Mittel für die Eigenheimzulage – das ist ja eine sehr langfristig wirkende Maßnahme – zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegen Hans Michelbach, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hans Michelbach (CDU/CSU):

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine Tatsache, dass das Wachstum in Deutschland viel zu gering ist. Selbst die vorliegenden Wachstumszahlen beruhen nicht auf einer zunehmenden Belebung der Inlandsnachfrage, sondern sie sind wesentlich dem Export geschuldet. Wir befinden uns im vierten Jahr der Stagnation der Binnenwirtschaft. Herr Eichel, wie kommen Sie eigentlich dazu, zu behaupten, man sei aus der Stagnation herausgekommen? Das ist nicht richtig. Allein im Handel wird in diesem Jahr ein Verlust von 50 000 Arbeitsplätzen erwartet. Die aktuellen Probleme bei Karstadt-Quelle sind nur die Spitze des Eisbergs. Das ist der traurige Beleg, dass Sie die Binnenwirtschaft an die Wand gefahren haben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss (SPD): Karstadt ist kein gutes Beispiel!))

   Jetzt haben Sie die Bauwirtschaft im Würgegriff, in der schon 400 000 Arbeitsplätze verloren gegangen sind. Mit dem, was Sie vorhaben, werden Sie dort für weitere Arbeitsplatzverluste sorgen. Sie bauen mit Ihrer inszenierten Abschaffung der Eigenheimzulage doch nur einen Popanz auf; denn Sie würden durch die Abschaffung der Eigenheimzulage im Jahr 2005 ganze 223 Millionen Euro sparen. Das ist gerade einmal so viel, wie Sie in drei Tagen neue Schulden machen, Herr Eichel. Das ist die Realität.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Sie sind gerade zwischen Regierungsbank und Ihrem Platz in der Fraktion hin- und hergehüpft. Ich weiß nicht, was das soll. Die Lage bei Ihnen muss wohl sehr schwierig sein. Damit und mit Ihrer Haushaltspolitik erinnern Sie mich an ein australisches Känguru: große Sprünge, leerer Beutel!

(Jörg Tauss (SPD): Das ist ein alter Gag! Meine Herren!)

Das ist Ihre Politik. Ich kann Ihnen nur sagen: Das hat keine Zukunft.

   Das Entscheidende ist, dass der bisherige Transfer- bzw. Transmissionsmechanismus – das Überspringen der Exportimpulse auf die Binnenkonjunktur – nicht mehr funktioniert. Das hat Ursachen. Das liegt an der tiefen Verunsicherung der Verbraucher und eines großen Teils unserer Wirtschaft, insbesondere des Mittelstandes, durch die schlechte rot-grüne Politik. Die deutsche Wirtschaft braucht einen Wechsel, soll es nicht noch mehr Arbeitsplatzverluste in diesem Land geben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   Beinahe im Wochenrhythmus betreibt Rot-Grün eine Investitionsvernichtungspolitik. Einmal soll die Ökosteuer, ein anderes Mal sollen die Mehrwertsteuer, die Erbschaftsteuer oder die Mindeststeuer angehoben werden. Jetzt soll die Eigenheimzulage abgeschafft werden. Die Menschen in unserem Land sind durch die fast täglich wechselnden Vorschläge der Bundesregierung und der rot-grünen Koalition zutiefst verunsichert. Bereits im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 wollten Sie die Eigenheimzulage streichen. Jetzt wird ein neuer Anlauf mit einem neu inszenierten Verwendungszweck unternommen. Die Abschaffung der Eigenheimzulage soll so etwas wie die Haushaltswunderwaffe des Herrn Eichel sein.

(Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ein Quatsch!)

Was wollen Sie damit nicht alles auf einmal finanzieren: Hochschulbau, Eliteförderung und Ganztagsschulen!

Das ist finanzpolitisch unsolide. Das ist der Versuch, einen Betrag mehrfach auszugeben. Das ist insbesondere der Versuch, das wohlklingende Wort „Innovation“ zu missbrauchen. Das ist die für Rot-Grün typische Inszenierungspolitik. Es geht Ihnen nur um ein Wunschbild, und das, obwohl man in dieser Situation verkündet, dass neue Schulden in Höhe von 44 Milliarden Euro gemacht werden müssen.

   Im Rahmen der Haushaltsberatungen vor drei Wochen haben Sie noch großspurig verkündet: Ich kann keine Antwort auf die Fragen der Finanzentwicklung geben; da muss ich die Steuerschätzung im November abwarten. Auf einmal gilt das nicht mehr. Heute haben Sie bestätigt, dass Sie einen Offenbarungseid geleistet haben.

   Herr Eichel, ich kann Ihnen nur sagen, dass Ihre Glaubwürdigkeit so groß wie die von Baron Münchhausen ist. Das ist das Schlimme. Darunter leiden die gesamte Politik, die gesamte Wirtschaft und der gesamte deutsche Arbeitsmarkt. Das ist die Grundproblematik der Politik in Deutschland.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

   Rot-Grün fehlt ein Gesamtkonzept für mehr Wachstum und Beschäftigung. Es gibt keine klare Reform in der Wirtschafts-, Steuer- und Sozialpolitik, um unser Land wieder nach vorn zu bringen; stattdessen gibt es immer neue Einzelheiten. Beim Thema Subventionsabbau herrscht reine Willkür. Der Bundeskanzler gewährt den Kumpels an Rhein und Ruhr Subventionen in zweistelliger Milliardenhöhe für den Erhalt der deutschen Steinkohle;

(Jörg Tauss (SPD): Das sind Ihre Verträge!)

gleichzeitig will er die Eigenheimzulage abschaffen. Das ist natürlich keine Politik aus einem Guss. Das ist Stückwerk zur kurzfristigen Befriedigung der eigenen Klientel.

   Die Häuslebauer sind dem Kanzler anscheinend ein Dorn im Auge. Neuerdings spricht er geradezu sträflich pauschal von „Mitnahmementalität“. Ich glaube, so etwas muss man sich gut überlegen; auch das ist letzten Endes eine dieser populistischen Inszenierungen.

(Jörg Tauss (SPD): Da sind Sie ja Fachmann!)

   Der Versuch, die Eigenheimzulage abzuschaffen, ist gerade für Familien mit Kindern ungerecht. Das ist doch purer Populismus zulasten von Familien, die in die Zukunft unseres Landes investieren wollen, indem sie ein eigenes Häusle bauen und indem sie Risiken eingehen. Warum unterstützen wir nicht, dass man für die Familie ein Haus bauen will? Das geht nur mit einer Investitionszulage vom Staat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   Um es einmal klarzustellen: Die Eigenheimzulage ist nach meinem Verständnis keine Subvention, sondern eine Investitionszulage zur Erhöhung der Quote selbst genutzten Wohneigentums, die zu mehr Wachstum und Beschäftigung führt. Wir müssen in Deutschland eine Eigentumsquote von 50 Prozent erreichen. Das ist für diese Gesellschaft, für die Altersvorsorge, für die Bauwirtschaft, für Wachstum und Beschäftigung notwendig.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Das Schlimmste, was ich heute hier gehört habe, war, dass der Kollege Runde der Bauwirtschaft auch noch Preistreiberei unterstellt hat. Die Situation der Bauwirtschaft sieht so aus, dass jeden Tag Firmen Insolvenz anmelden.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Leider wahr!)

Sie wissen nicht mehr, wie sie kalkulieren sollen, weil der Wettbewerb aufgrund der geringen Nachfrage so scharf ist. Ein Mittelständler, der Insolvenz anmeldet, muss es sich gefallen lassen, dass er hier der Preistreiberei bezichtigt wird. Das ist doch eine völlig verkehrte Welt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Die deutsche Bauwirtschaft ist unter RotGrün in die schwerste Krise der Nachkriegszeit geraten. Die deutsche Bauwirtschaft ist nach wie vor Schlusslicht in der Wirtschaftsentwicklung. Für die Bauwirtschaft ist die Eigenheimzulage von grundlegender Bedeutung. Wer eine Diskussion wie „Bildung statt Beton“ oder „Bildung statt Eigenheimzulage“ zulässt, hat nicht nur für das Bau- und Wohnungswesen wenig übrig, sondern ist ein ökonomischer Tiefflieger und ein reiner Populist. Er handelt so mittelstandsfeindlich wie die rotgrüne Wirtschaftspolitik insgesamt.

   Mit Einsparungen in Höhe von 223 Millionen Euro im Jahre 2005 zerstören Sie Investitionen in Höhe von 900 Millionen Euro in diesem Land. Gleichzeitig nehmen Sie weniger Umsatz- und Lohnsteuer ein; das heißt, es handelt sich um ökonomische Tieffliegerei, wenn Sie so vorgehen. Sie müssen bei den konsumptiven Ausgaben, nicht bei den Investitionen sparen. Nur so entstehen Wachstum und Beschäftigung in diesem Land.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Zu der Verknüpfung dieses Themas mit Investitionen in Bildung und Forschung sage ich: Wir brauchen beides, meine Damen und Herren. Bauinvestitionen sind ebenso Zukunftsinvestitionen wie Investitionen in Bildung und Forschung.

(Jörg Tauss (SPD): Vorbild Bayern! Gekürzt!)

Dieses Gegeneinanderausspielen ist völlig falsch.

   Rot-Grün muss endlich ein finanz- und steuerpolitisches Gesamtkonzept vorlegen, statt fiskalische Rosinenpickerei zum Stopfen von Haushaltslöchern zu betreiben. Herr Eichel, legen Sie ein konkretes Gesamtsteuerkonzept vor, das gegenüber dem bisherigen stark vereinfacht wird, auf einer breiten Bemessungsgrundlage beruht und dem Niedrigsteuersatzprinzip folgt. Dann können wir über Subventionsabbau reden. Dann hat dies vielleicht auch in dem einen oder anderen Fall einen Sinn. Aber wenn Sie nicht wissen, wo es lang gehen soll, und nur ein Verhalten, das der Situation in einer Hüpfburg ähnelt, an den Tag legen, kann nichts anderes passieren, als dass Deutschland weiter in der Abwärtsspirale bleibt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegen Jörg Tauss, SPD-Fraktion.

Jörg Tauss (SPD):

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Präsident! Ich bin dem Kollegen Runde sehr dankbar, dass er im Gegensatz zu allen Rednern der Opposition etwas Sachlichkeit in die Debatte gebracht hat. Ich bin dem Finanzminister und dem Bundeskanzler sehr dankbar, dass sie nicht populistisch handeln, sondern von den Notwendigkeiten dieses Landes ausgehen und den Mut haben, auch einmal an Subventionen zu gehen und den Menschen zu sagen, was geht und was nicht und wo die Prioritäten für die Zukunft liegen. Dafür bin ich ihnen dankbar.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Carl-Ludwig Thiele (FDP): Bei der Steinkohle!)

„Bei der Steinkohle“: Da könnten wir ja fast schon einen Deal machen, lieber Herr Thiele. Machen wir es doch bei der Eigenheimzulage so wie bei der Kohle, indem wir die Subventionen kontinuierlich auf null zurückführen. Was Sie hier vortragen, sind angelernte Textbausteine, die uns aber nicht weiterführen.

   Ich bin anderer Auffassung als Sie, Herr Thiele, was die Altersvorsorge angeht. Ich bin überzeugt, dass die beste Altersvorsorge der Zukunft Bildung ist. Das ist die wichtigste Altersvorsorge, die wir jungen Menschen mit auf den Weg in die Zukunft geben können.

(Beifall bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele (FDP): Das sehen wir genauso!)

In der derzeitigen Situation müssen wir uns überlegen, wie neue Jobs gerade für die junge Generation, wie neue Industriezweige und neue Dienstleistungssparten entstehen können. Dafür brauchen wir Investitionen. Zugleich sind die Haushalte, wie wir gehört haben – im Kern besteht ja Einigkeit darüber –, in einer schwierigen Situation. Deswegen müssen wir uns über Prioritäten unterhalten.

   Es geht rundgerechnet um einen Betrag von 7 Milliarden, die zur Verfügung stünden, wenn sie nicht in einer Zeit für die Eigenheimzulage aufgebracht würden, in der die Bauzinsen am Markt billiger sind, als früher Bausparzinsen waren. Ich frage mich, ob es in einer Zeit, in der wir einen hohen Sättigungsgrad erreicht haben, in der wir über Leerstände klagen und befürchten müssen, dass die Außenbezirke irgendwann einmal nicht mehr von Familien, sondern von älteren Frauen bewohnt werden und die Eigenheime dort möglicherweise sogar zu einem städtebaulichen Problem werden, notwendig ist, in diesen Bereich weiterhin Milliarden zu investieren. Gleichzeitig heißt das ja, hinzunehmen, dass Schulen und Universitäten nicht so ausgestattet werden, wie sie ausgestattet sein müssten. Diese Kernfrage müssen Sie beantworten. Die Antwort, die wir darauf geben, vertreten wir jedenfalls mit Standfestigkeit gegenüber potenziellen Bauherren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Niemand hat etwas gegen ein Eigenheim. Ich selbst bewohne eins, übrigens, damit kein Missverständnis entsteht, ohne die Zulage in Anspruch genommen zu haben.

   Ich bin entsetzt, liebe Frau Wülfing, dass Sie als ehemalige Staatssekretärin im Bildungsministerium dem populistischen Vorgehen der anderen Seite, die nichts anderes will, als eine Subvention zu verteidigen, Beifall geklatscht haben. Andererseits wundert mich das aber auch nicht, denn in der Zeit, als Frau Wülfing noch Staatssekretärin im Bildungsministerium war, sind die Ausgaben um 600 Millionen gekürzt worden. Das ist die Realität.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Man sieht also jetzt, dass der Union schon damals Bildung und Forschung nicht am Herzen lagen.

Erfreulicherweise gibt es auf Ihrer Seite – die Haltung der Länder wurde angesprochen – auch ein paar nachdenkliche Stimmen. Ich bin beispielsweise Ihrem Haushälter, dem Herrn Carstens, ausgesprochen dankbar, dass er immerhin von der Möglichkeit gesprochen hat, in diesem Bereich Einsparungen vorzunehmen. Herr Carstens hat übrigens sogar gesagt, vielleicht sei dies ein Ansatzpunkt, um Schwarzarbeit zu bekämpfen. Es gibt also durchaus Vernünftige in Ihren Reihen; das ist überhaupt keine Frage. Ich denke, wir müssen in der nächsten Zeit, lieber Herr Finanzminister, auch mit den Ländern und mit denen, die in diesem Bereich nicht die Betonköpfe repräsentieren, darüber reden, wie wir zu mehr Mitteln für Bildung und Forschung kommen, und denjenigen, die in billigster und so populistischer Form Subventionen fordern wie Herr Thiele und Herr Michelbach, gesellschaftlichen Widerstand entgegensetzen. Das ist notwendig.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Wir hatten gestern im Bildungs- und Forschungsausschuss eine bemerkenswerte Veranstaltung. Dort haben wir einmal mehr festgestellt, dass wir – im Gegensatz zu Ihren Kürzungsorgien bis 1998 – die Mittel für Bildung und Forschung seither, und zwar in schwierigsten Zeiten, bei knappen Kassen und nicht immer zur Freude des Finanzministers, aber dennoch mit dessen Unterstützung, um 36,5 Prozent erhöht haben. Wir haben Ihre Kürzungen rückgängig gemacht und wir haben investiert. Wir erhöhen die Etats der großen Forschungs- und Förderorganisationen, wie vom Kanzler versprochen, um 3 Prozent jährlich, denn sie sind die wichtigsten Säulen unseres Forschungssystems. Wir halten den Hochschulbau mit 925 Millionen Euro Fördersumme kontinuierlich auf hohem Niveau, obwohl die Länder – auch das ist bemerkenswert – erklärt haben, sie wollten das künftig alleine finanzieren. Aber Herr Milbradt in Sachsen, einer von denen, die das gesagt haben, hat sich anschließend in der Zeitung beschwert, der Bund wolle kürzen. Das passt alles nicht zusammen. Herr Milbradt hat die Quittung dafür bekommen. Er hat ja jetzt erfreulicherweise einen vernünftigen Regierungspartner an seiner Seite

(Dietrich Austermann (CDU/CSU): Wer soll denn das sein?)

in Gestalt von uns, sodass wir jetzt auch Herrn Milbradt zu etwas Seriosität bringen werden, die er bisher noch nicht so recht hatte.

(Beifall bei der SPD)

   Wie fördern den Ausbau der Ganztagsschulen auch in diesem Jahr mit 1 Milliarde Euro. In der gestrigen Sitzung des Bundestages haben wir über den Riesenerfolg der Ganztagsschulen gesprochen. Das Investitionsprogramm hat in diesem Lande an den Schulen, auch in Ihren Wahlkreisen, einiges ausgelöst. Es wird wieder über Schule diskutiert, es wird über Konzepte diskutiert: Wie können wir Schule besser gestalten? Wie können wir die Betreuung verbessern? Wie können wir Kinder fördern, die diese Förderung brauchen, sowohl im unteren als auch im oberen, im Spitzenleistungsbereich?

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist die bildungspolitische Debatte, die wir brauchen, und die haben wir mit „nur“ 1 Milliarde Euro pro Jahr ausgelöst. Denken Sie einmal, was ausgelöst werden könnte, wenn wir die 7 Milliarden Euro jährlich aus der Eigenheimzulage in diesem Bereich für den Bund, die Länder und die Kommunen zur Verfügung hätten! Das würde für Bildung und Forschung in diesem Land einen unglaublichen Fortschritt bedeuten.

   Obwohl Sie gesagt haben, an die Zulage wollten Sie nicht heran, haben Sie uns Forderungen auf den Tisch gelegt: Die FDP fordert zusätzliche Ausgaben in Höhe von 130 Millionen Euro, die CDU/CSU – nach dem Motto: Wir sind eine größere Fraktion und haben mehr Berichterstatter – fordert 300 Millionen Euro mehr. Das ist nicht seriös. Sie stellen sich hier hin und sagen, dass Sie über Einsparungen nicht reden wollen und machen bei jeder Einsparung, die wir im Zusammenhang mit der Eigenheimzulage vortragen, in den Bierzelten Stimmung à la Michelbach nach dem Motto: Die haben fürs Eigenheim nichts übrig. Das ist eine Sauerei. Ich halte es für eine Sauerei, Herr Michelbach und Herr Thiele, wenn Sie in dieser Form argumentieren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Elke Wülfing (CDU/CSU): Sehr sachlich! – Carl-Ludwig Thiele (FDP): „Bierzelte“ hat er gesagt! So redet er auch!)

Wenn dieses Wort hier nicht verwendet werden sollte, Herr Präsident, dann bitte ich um Entschuldigung.

   Nun werden Krokodilstränen geweint, wie von Herrn Teufel. Herr Kauder wird ja langsam vernünftig. Er hat gesagt, er wird für Herrn Teufel keinen Wahlkampf mehr machen wollen. Das würde ich auch nicht, Herr Kauder. Denn Ihr Herr Teufel, für den Sie als Generalsekretär der CDU in Baden-Württemberg keinen Wahlkampf mehr machen wollen, hat gesagt, er wolle beides: Forschung und Eigenheimzulage. Auch Herr Thiele hat das so gesagt. Ich habe ja nichts dagegen – Freibier für alle, wegen mir gerne, das ist nicht das Problem –, aber Herr Teufel kürzt bei der Wissenschaft in Baden-Württemberg, das heißt, er fördert gerade nicht beides.

   Lieber Herr Thiele, das Land Niedersachsen hat es nicht verdient, dass es von Ihnen mitregiert wird. Aber Sie kommen aus Niedersachsen.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Erblast Schröders! Wer war denn Ministerpräsident?)

Reden wir doch einmal über Niedersachsen.

(Dietrich Austermann (CDU/CSU): Reden wir einmal über Erblast, Herr Tauss!)

In diesem Land, das von Ihnen mitregiert wird, wird der Bereich von Bildung und Forschung im Moment um 50 Millionen Euro gekürzt. Das Erste, was Sie gemacht haben, war die Schließung von Fachhochschulen – um das an dieser Stelle deutlich zu sagen. Hier der Öffentlichkeit vorzugaukeln, es sei schwarz-gelbe Politik, beides zu machen – Eigenheimförderung und Investitionen in Bildung und Forschung –, ist ein Maß an Unredlichkeit – ich vermeide jetzt ein anderes Wort –, das in der Tat Anlass zu der Diskussion bietet, ob mit Ihnen überhaupt eine seriöse Debatte möglich ist.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Das ist eine der Erblasten von Schröder!)

– Ja, die Erblasten. Über Erblasten wissen wir gut Bescheid, denn die haben wir von Ihnen in Millionen- und Milliardenhöhe übernommen; besonders Hans Eichel weiß gut Bescheid, wie viel Zinsen wir für die Schulden, die Sie uns hinterlassen haben, aufwenden müssen.

(Beifall des Abg. Dr. Uwe Küster (SPD))

   Aber trotz dieser Erblasten, trotz der Probleme, die Sie uns hinterlassen haben, haben wir im Bund in Bildung und Forschung investiert. Und wenn Sie in Niedersachsen von uns das eine oder andere Problem hinterlassen bekommen haben sollten,

(Dietrich Austermann (CDU/CSU): Abgewählt, Herr Tauss! In Niedersachsen abgewählt!)

muss ich Ihnen dennoch sagen: Sie lösen diese Probleme mit einer falschen Prioritätensetzung, wenn Sie in dem Bereich kürzen, den ich gerade angesprochen habe.

   Ich möchte noch auf einen anderen Punkt eingehen, der hier ebenfalls vorgetragen worden ist. Herr Seiffert hat gesagt – er ist jetzt nicht mehr anwesend –, die Eigenheimzulage stehe nicht im Haushalt. Das ist falsch. Richten Sie Herrn Seiffert bitte aus – ich finde es nicht gut, dass er hier erst große Töne spuckt und dann die Debatte verlässt –,

(Hans Michelbach (CDU/CSU): Er hat eine Besuchergruppe auf der Tribüne! Er ist im Haus!)

dass der Bereich der Hochschulen sowie der Bereich der Biomedizin im Haushalt enthalten sind. Wenn Sie die Eigenheimzulage nicht kontinuierlich herunterfahren, dann riskieren Sie dadurch – das muss ich Ihnen sagen – Kürzungen in dem Bereich Bildung, Wissenschaft und Forschung. Denn eine andere Möglichkeit der Finanzierung gibt es nicht.

(Beifall bei der SPD – Dietrich Austermann (CDU/CSU): Das ist falsch, Herr Tauss!)

Ihre Haushälter wissen, dass es in diesem Bereich Sperrvermerke im Haushalt gibt.

   Sie haben gestern im Ausschuss eine wunderbare Lyrik – wenn auch sicherlich unfreiwillig – gebracht. Sie haben in Ihrem Antrag geschrieben – diesen Satz kann man nachlesen –: Köpfe brauchen Beton.

(Lachen bei der SPD)

Diese wunderbare CDU/CSU-Lyrik finde ich bemerkenswert. Ich kann es nur wiederholen: Köpfe brauchen Beton. Nehmen Sie den Beton aus den Köpfen und unterstützen Sie uns in unserem Bemühen, bei der Bildung und Forschung noch mehr zu tun! Dann haben Sie genug für dieses Land getan. Es wäre gut, wenn Sie es endlich täten.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegen Klaus Minkel, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Klaus Minkel (CDU/CSU):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man den Finanzminister reden hört, dann hat man immer den Eindruck, ein Zahlenillusionskünstler würde zu einem sprechen.

(Beifall der Abg. Renate Blank (CDU/CSU))

   Die Wahrheit ist doch, dass die CDU/CSU im Jahr 1998 einen Haushalt mit einer Neuverschuldung in Höhe von 29 Milliarden Euro übergeben hat. Herr Eichel hat dann versprochen, für das Jahr 2004 einen nahezu ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Dann wurde das Versprechen auf das Jahr 2006 und danach auf das Jahr 2008 verschoben. In diesem Jahr werden wir die höchste Neuverschuldung aller Zeiten in diesem Lande zu verzeichnen haben.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Leider wahr!)

   Wenn Herr Eichel hier so tut, als ob nach drei Jahren der Flaute dieser Miniaufschwung ein Verdienst dieser Regierung sei, dann ist das ein großer Irrtum. Wir haben diesen Aufschwung nicht wegen der Regierung, sondern trotz der Regierung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Was für ein Einschwung!)

Der Aufschwung ist ausschließlich auf die Exportkonjunktur zurückzuführen. Das ist nicht Ihr Verdienst. Die Exportkonjunktur läuft, weil die Wirtschaft in anderen Ländern besser läuft als in unserem Lande.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Leider wahr!)

   Schauen wir uns die Binnenkonjunktur an, so können wir feststellen, dass die Lage hundsmiserabel ist – im Einzelhandel, vor allem aber in der Bauindustrie. In der Bauindustrie hatten wir im Juli einen Auftragsrückgang von 15 Prozent. Diese Zahl zeigt uns, dass der Tränengang der Bauindustrie noch lange nicht beendet ist. Es wird also weitere Arbeitslose bei den Bauarbeitern und bei den Bauhandwerkern geben.

   Die Bundesregierung ist immer sehr groß im Erfinden von Parolen. So ist die Parole „Bildung statt Beton“ in die Welt gesetzt worden. Es ist eine Scheinalternative; in Wirklichkeit ist es eine Lügenalternative. Es geht hier nämlich nicht um Bildung auf der einen Seite und Baustoffe auf der anderen Seite. Es geht darum, ob sich unsere Menschen – 80 Prozent der Bevölkerung streben das eigene Heim an – auch künftig noch den Lebenstraum vom eigenen Heim werden erfüllen können. Es geht darum, ob unsere Menschen im Eigenheim wohnen dürfen oder auf einer Etage eines Wohnhauses wohnen müssen. Herr Eichel, mit dem Eigenheim fängt die Kindererziehung an. Beides hat etwas miteinander zu tun.

(Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer kein eigenes Haus hat, kann seine Kinder nicht erziehen?)

Die Menschen im Lande sind der Auffassung, dass die Regierung den Kontakt zur sozialen Wirklichkeit in starkem Maße verloren hat.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss (SPD): Erzieht jemand ohne Eigenheim seine Kinder nicht?)

   Deshalb nenne ich Ihnen einige Beispiele aus dem Leben: den Fall von Matthias und Kristin Schneider aus Breitenbach. Mit 16 Jahren haben beide einen Bausparvertrag abgeschlossen, mit 20 geheiratet. Mit 21, 22 Jahren haben sie sich in Selbst- und Eigenhilfe den Traum vom eigenen Heim erfüllt. Oder das Beispiel von der behinderten Frau Wolf aus Bremerhaven: Die Ehe ging in die Brüche. Sie kam mit ihrer Tochter in der Wohnung der Eltern unter. Unter großen Opfern wurde die benachbarte Wohnung gekauft und in sechsmonatiger Arbeit saniert.

(Jörg Tauss (SPD): Vergessen Sie Herrn Meier, Herrn Müller und die anderen nicht! – Gegenruf des Abg. Heinz Seiffert (CDU/CSU): Dummschwätzer!)

Herr Tauss, ein dritter Fall: Es ist der Fall der Anja Gründlau aus Breitenfeld in der Nähe von Berlin. Die Banken hatten ihr gesagt, dass sie sich sowohl die Miete als auch den Hausbau nicht leisten könne. Daraufhin zog die allein erziehende Frau mit ihrem Kind für drei Jahre auf das Baugrundstück in eine Baubude. Nun hat sie ihr eigenes Haus.

   Ich habe diese Beispiele bewusst gebracht, damit Ihnen deutlich wird, wie wichtig und wie wertvoll für die Menschen im Land der Wunsch nach der selbst genutzten Immobilie ist.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Die Regierung ist sehr erfinderisch bei ihren Wortschöpfungen: Steuervergünstigungsabbaugesetz, Haushaltsbegleitgesetz,

(Hans Michelbach (CDU/CSU): Kleinunternehmerförderungsgesetz!)

Gesetz zur finanziellen Unterstützung der Innovationsoffensive. Wenn man einmal den ganzen Schmus weglässt und zu des Pudels Kern vordringt, dann wird man erkennen, dass es bei diesen drei Gesetzen um nichts anderes als um einen Betrug am Wähler geht. Es geht um nichts anderes als darum, an das Geld der Bevölkerung heranzukommen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Denn vor der Bundestagswahl hat die Bundesregierung, Herr Eichel und Frau Scheel, die Eigenheimförderung unserer Bevölkerung garantiert. So viel zu Ihrer klaren Linie!

   Wenn Sie die Eigenheimförderung abschaffen, ist das ein besonders großer Betrug an den jungen Menschen.

(Jörg Tauss (SPD): Das ist ja eine Unverschämtheit!)

– Herr Tauss, Sie haben wirklich nicht verstanden, was Sie hier vorschlagen.

(Dr. Uwe Küster (SPD): Bei Ihrer Rede entgleitet uns das tatsächlich!)

Die jungen Menschen hätten nämlich im Falle der Abschaffung der Eigenheimzulage noch für rund zehn Jahre durch ihre Steuerzahlungen die Altfälle zu finanzieren,

(Dr. Uwe Küster (SPD): Ich will Ihnen das ja nicht übel nehmen! Aber nun lassen Sie es mal gut sein!)

würden selbst aber nie in den Genuss einer Förderung kommen. Das ist in höchstem Maße ungerecht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss (SPD): Dann darf man nie etwas ändern!)

Präsident Wolfgang Thierse:

Kollege Minkel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Spanier?

Klaus Minkel (CDU/CSU):

Herr Spanier kann mich im Ausschuss fragen.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

   Ein weiterer Punkt – er macht deutlich, wie wenig dieser Vorschlag steuersystematisch durchdacht ist – ist die Ungleichbehandlung der Eigenheimbesitzer im Vergleich zu den Vermietern. Nach dem geltenden Steuerrecht erhalten die Vermieter im Laufe der Zeit über die Abschreibung ihre Immobilie zu rund 50 Prozent von Vater Staat bezahlt. Wenn die Spekulationsfrist abgelaufen ist, kann der Gewinn dann steuerfrei nach Hause getragen werden.

(Jörg Tauss (SPD): Wollen Sie das ändern?)

Sie gewähren den Vermietern auf der einen Seite Jahr für Jahr im Umfang eines zweistelligen Milliardenbetrages Steuervorteile.

(Wolfgang Spanier (SPD): Wir wollten das ändern! Das haben Sie abgelehnt!)

   Die Begünstigung der Vermieter ist die eine Seite. Auf der anderen Seite gönnen Sie dem kleinen Eigenheimbauer noch nicht einmal 1 250 Euro pro Jahr.

(Jörg Tauss (SPD): 7 Milliarden!)

Wenn Sie diese Förderung abschaffen würden, wäre das krass ungerecht und würde den Spalt in unserer Gesellschaft weiter vertiefen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Ich will einen weiteren Punkt ansprechen, der gegen Ihren Vorschlag spricht. Sie wollen die durch den Wegfall der Eigenheimzulage eingesparten Mittel angeblich für die Bildung einsetzen.

(Ortwin Runde (SPD): Was heißt denn „angeblich“?)

– Das will ich Ihnen erläutern. – Ich habe noch sehr gut die Versprechen zur LKW-Maut im Ohr, die vor einem Jahr gemacht worden sind. Sie wollten die dadurch erzielten Mittel zusätzlich für den Verkehrswegebau einsetzen. Das Gegenteil davon ist passiert.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Kaum hatten Sie Ihr Wort gegeben, war es – vier Wochen später – schon gebrochen. Das bedeutet, dass diese Regierung kein Vertrauen mehr verdient und kein Vertrauen mehr beanspruchen kann, wenn sie etwas verspricht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

   Die Verhältnisse in diesem Lande haben sich innerhalb der letzten Wochen in keiner Weise geändert.

(Jörg Tauss (SPD): Doch! Die Leute merken langsam, was Sie mit ihnen machen! Es hat sich schon etwas geändert!)

Deshalb fällt es mir sehr leicht, mit einem Gedanken zu schließen, den ich bereits in meiner Rede zum Wohnungsbauhaushalt angeführt habe: Die Union ist für eine Politik, die für Wohlstand für alle steht.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Wir lehnen Verhältnisse, wie sie in der „Animal Farm“ beschrieben worden sind,

ab. Wir wollen, dass der kleine Mann seinen Lebenstraum von der eigenen Immobilie verwirklichen kann, dass er nicht auf eine Wohnwabe verwiesen wird. Wir halten es nicht für richtig, dass nur dem Arbeiterführer der Palast der sozialen Gerechtigkeit im Grünen zustehen darf.

   Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Präsident Wolfgang Thierse:

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen Wolfgang Spanier.

Wolfgang Spanier (SPD):

Herr Kollege Minkel, wenn Sie uns, wie gerade geschehen, aufs Übelste beschimpfen, dann aber die Beantwortung einer Frage verweigern, drücken Sie sich vor der notwendigen Auseinandersetzung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Wo er Recht hat, hat er Recht!)

   Wie wollen Sie den Menschen, die Sie vorhin als Beispiele angeführt haben, erklären, dass in den Steuerkonzepten sowohl von CSU als auch von CDU, verbunden mit den Namen Faltlhauser und Merz, im Rahmen einer umfassenden Steuersenkung, in erster Linie der Senkung des Spitzensteuersatzes,

(Jörg Tauss (SPD): Aha!)

die Abschaffung der Eigenheimzulage vorgesehen ist? Wie wollen Sie das den Menschen erklären, die Sie in geradezu herzzerreißender Weise angeführt haben?

(Beifall bei der SPD – Elke Wülfing (CDU/CSU): 8 000 für jedes Kind an Grundfreibetrag!)

   Wie kommen Sie dazu, sich hierhin zu stellen und zu sagen, dass die steuerliche Förderung der Vermieter in einem völligen Ungleichgewicht zur vorgesehenen Abschaffung der Eigenheimzulage steht, obwohl Sie doch wissen müssten, dass Sie es waren, die Opposition, die unsere Vorschläge, im Rahmen des Steuervergünstigungsabbaugesetzes die notwendigen Einschnitte vorzunehmen, schlichtweg abgelehnt haben?

(Beifall bei der SPD)

   Wenn man dies vor zwei Jahren abgelehnt hat, kann man sich heute nicht hierhin stellen und uns das vorwerfen. Das, glaube ich, überschreitet jede Grenze einer sachlichen politischen Auseinandersetzung. Deswegen habe ich mich zu Wort gemeldet. Darauf mit den Worten zu reagieren, das können Sie mich ja im Ausschuss fragen, ist ein Stück weit unverschämt, Herr Minkel.

(Hans Michelbach (CDU/CSU): Binde dir erst einmal eine Krawatte um!)

Das muss ich Ihnen einfach so sagen. So können wir über diese wichtigen Themen hier im Parlament nicht diskutieren. Alle schwenken die Fahnen zum Subventionsabbau. Wenn es aber konkret wird, bekommt man nichts anderes zu hören als solche billige Polemik. Dafür sollten Sie sich ein Stück weit schämen.

   Entschuldigen Sie, dass ich so emotional war.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Wolfgang Thierse:

Herr Kollege Minkel, Sie haben die Gelegenheit zur Beantwortung.

Klaus Minkel (CDU/CSU):

Herr Kollege Spanier, wenn Sie meine Rede von A bis Z nachlesen würden,

(Jörg Tauss (SPD): Nein!)

dann würden Sie feststellen, dass ich mit keinem einzigen Wort jemanden von Ihnen beschimpft habe.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Denn jede Art von Beschimpfung liegt mir aus innerster Überzeugung wirklich fern.

(Jörg Tauss (SPD): Ihre Unterstellungen waren beleidigend! Das war ganz deutlich!)

Ich habe aber einige Wahrheiten, die ich belegen kann, ausgesprochen. Wenn man die Wahrheit sagt, kann das bekanntlich sehr wehtun.

   Sie haben ferner den Kollegen Friedrich Merz und den bayerischen Finanzminister Faltlhauser angesprochen. Sie haben versucht, einen Widerspruch zu konstruieren.

(Wolfgang Spanier (SPD): Nein, der ist da!)

Dabei ist aber großes Wunschdenken im Spiel, Herr Kollege Spanier. Es ist nämlich nicht so, dass die Eigenheimzulage für alle Zeiten unumstößlich erhalten bleiben muss. Das ist völlig klar.

(Jörg Tauss (SPD): Ah ja! Dann fangen Sie jetzt mal damit an! Sehr gut!)

Aber – jetzt kommt der Unterschied zwischen uns und Ihnen – wir holzen nicht, isoliert von anderen Maßnahmen, die Eigenheimzulage weg; das wäre ja nur eine verkappte Steuererhöhung. Vielmehr würde das, wenn wir etwas an der Eigenheimzulage ändern würden, in eine allgemeine, große, spürbare Steuerreform mit einer Steuersenkung eingebettet sein, die deutlich über das hinausgeht, was Sie in den letzten Jahren zustande gebracht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Jörg Tauss (SPD): Für wen? Wie viel Prozent?)

Dann hätte man sich immer noch darüber zu unterhalten, was mit den Geringverdienern passiert, die bei einer Steuerreform, weil sie ohnehin wenig Steuern zahlen, wenige Vorteile hätten und deshalb nach wie vor – insbesondere wenn es sich um Familien mit vielen Kindern handelt – auf eine Förderung angewiesen wären.

   Was die Behandlung der Vermieter anbelangt, so hat Friedrich Merz dazu in seinem Konzept ganz klare Aussagen getroffen,

(Jörg Tauss (SPD): In welchem Konzept? Im Bierdeckelkonzept oder was?)

die offensichtlich Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sind.

   Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegen Joachim Poß, SPD-Fraktion.

Joachim Poß (SPD):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Minkel, Sie haben zum Abschluss Ihrer Rede die Berechtigung der Eigenheimzulage damit begründet, dass sich die Verhältnisse im Lande nicht verändert hätten. Ich sage Ihnen aber: Die Verhältnisse ändern sich, Tag für Tag.

(Dietrich Austermann (CDU/CSU): Sie werden schlechter! Mit jedem Tag ein Stück mehr!)

Das können Sie auch an den Umfragewerten für CDU und CSU ablesen: Sie sind jetzt Gott sei Dank schon unter 40 Prozent; das ist eine richtige Entwicklung.

(Beifall bei der SPD)

In dem Sinne ändern sich die Verhältnisse. Der Glanz der 50 Prozent aus den Umfragen ist weg

(Hans Michelbach (CDU/CSU): Wenn man bei 20 Prozent liegt, muss man ruhig sein!)

und die Menschen erkennen immer mehr, dass Sie ungerechte und unfinanzierbare Konzepte vorlegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Mit dem Leitantrag für Ihren Bundesparteitag machen Sie Ernst mit dem, was wir immer behauptet haben: Sie wollen nicht die Erneuerung in sozialer Verantwortung, Sie wollen den Sozialstaat rasieren. Das ist Ihre Absicht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der Kündigungsschutz soll wegfallen, ebenso alles, was den Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bedeutet;

(Hans Michelbach (CDU/CSU): Sie nehmen den Familien was weg!)

Sie wollen Einschränkungen auch in familienpolitischer Hinsicht. Zu diesem Schluss kommt man, wenn man an die Vorschläge denkt, die in dem Antrag enthalten sind. Wir werden im Einzelnen noch darauf zu sprechen kommen.

   Ich habe den Eindruck: Sie wollen den routinemäßigen und seit August bekannten Umstand, dass wir einen Nachtragshaushalt vorlegen müssen, nutzen, um hier zu skandalisieren, weil Sie von den Schwierigkeiten in Ihrer eigenen Fraktion und in Ihren Parteien ablenken wollen. Sie sind zwischen CDU und CSU tief uneinig.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss (SPD): Und innerhalb der CDU auch noch!)

Davon wollen Sie heute Morgen mit Angriffen ablenken. Das wird Ihnen nicht gelingen.

   Herr Seehofer hat ja aufgelistet, welche Risiken sich aus den Beschlüssen ergeben, die Sie auf dem CDU-Bundesparteitag im Dezember letzten Jahres gefasst haben: Es sind 102 Milliarden Euro. Man kann noch hinzufügen, dass Sie die Abschaffung der Gewerbesteuer in gemeindefeindlicher Weise beschlossen haben – da müssten die Kommunalpolitiker genau hinhören; wir haben ja noch einige Stichwahlen in Nordrhein-Westfalen –, ohne zu sagen, wo die Kompensation für 23, 24, 25 Milliarden Euro herkommen soll.

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Das stimmt doch gar nicht! Sie haben ja nicht mal unseren Antrag gelesen!)

Man kann also mit Fug und Recht behaupten: Frau Merkel ist zum 125-Milliarden-Risiko geworden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Menschen merken das. Sie wollen davon zwar ablenken, werden damit aber keinen Erfolg haben.

   Ich bin ganz froh darüber, dass Sie hier eine schiefe Diskussion eröffnen und auf jedes Argument von unserer Seite den Begriff Steinkohle in die Debatte werfen. Die Menschen im Ruhrgebiet werden sicherlich aufhorchen.

(Dietrich Austermann (CDU/CSU): Letzten Sonntag haben sie aufgehorcht!)

Daran erkennt man nämlich die Zerrissenheit der CDU/CSU. Die CDU-Kommunalpolitiker äußern sich in dieser Frage ganz anders. Das ist wieder typisch für Sie.

(Beifall bei der SPD)

Die gespaltene Zunge ist Ihr Markenzeichen geworden, Herr Austermann.

(Dietrich Austermann (CDU/CSU): Vorsicht, Vorsicht!)

Die Menschen spüren dies immer stärker. Vor Ort wird gesagt, die Steinkohlesubventionen dürften nicht weiter zurückgehen; das könne man regionalpolitisch nicht verkraften. Hier predigen Sie aber etwas ganz anderes. Dies geht nicht gut. Ich hoffe, dass heute viele Menschen aus dem Ruhrgebiet zugehört haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Elke Wülfing (CDU/CSU): Allenfalls die, die nicht arbeiten müssen!)

   Der Sachverhalt ist ganz einfach: Von der von Helmut Kohl geführten Regierung ist unter Beteiligung der Länder Nordrhein-Westfalen und Saarland eine Vereinbarung mit dem Bergbau und der Gewerkschaft getroffen worden.

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Dagegen haben Sie polemisiert bis zum Gehtnichtmehr!)

Die Subventionen, die im Jahre 1998 insgesamt an die 5 Milliarden Euro betrugen, werden auf etwa 2 Milliarden Euro im Jahre 2005 zurückgeführt. Wären in den letzten Jahren alle Subventionen in diesem Umfange zurückgeführt worden, dann hätten wir lange nicht die Probleme in den öffentlichen Haushalten – das gilt für Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen –, wie wir sie derzeit haben.

(Beifall bei der SPD)

   Der Steinkohlebereich ist ein Muster dafür, wie man Subventionsabbau betreiben kann. Auch die Fortführung dieser Subvention bis 2012 ist degressiv ausgestaltet. Dies muss das Vorbild für alle Subventionen sein. Wenn wir für einen begrenzten Zeitraum Subventionen gewähren, dann müssen sie degressiv ausgestaltet sein. Das ist einer der Maßstäbe in unserer Politik.

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Aber Sie schaffen das doch hier ab!)

   Was machen Sie? Sie tabuisieren ganze Bereiche und verlangen, dass an sie überhaupt nicht herangegangen wird. Wir haben doch erlebt, wie Herr Stoiber im Vermittlungsausschuss die Landwirtschaft gänzlich tabuisiert hat. Sie machen Klientelpolitik, meine Damen und Herren. Von Ihnen müssen wir uns überhaupt nichts erzählen lassen, was die Frage eines energischen Subventionsabbaus angeht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Elke Wülfing (CDU/CSU): Haben Sie das Wort Wettbewerb schon mal gehört?)

   Wir haben nicht verschwiegen – Herr Eichel hat es in seinem Finanzbericht im August auch erwähnt –, welches die Gründe dafür sind, dass sich die Zahlen für den Haushalt 2004 gegenüber der Schätzung vom November 2003 und den Abschlussberatungen zum Haushalt verändert haben: Wir haben Mehrausgaben für den Arbeitsmarkt. Wir haben die Sonderbelastungen des Bundesbankgewinns durch den schwachen US-Dollar, was dazu geführt hat, dass allein bei der Gewinnüberweisung durch die Deutsche Bundesbank mehr als 3 Milliarden Euro fehlen.

(Hans Michelbach (CDU/CSU): Da fehlt noch viel mehr!)

Wir haben eine uneinheitliche Entwicklung bei den Steuereinnahmen, auch in den einzelnen Ländern. Wir haben mit den Finanzministern aller Länder – auch mit Ihren Finanzministern – gesprochen. Sie alle konnten sich keinen Reim darauf machen. Diese Risiken haben angehalten; wir haben es zu Recht Achterbahnfahrt genannt.

   Jetzt stellt sich leider heraus – die Gründe dafür hat Herr Eichel hier dargestellt –, dass wir bei bestimmten Steuerarten wesentliche Mindereinnahmen haben. Deswegen gibt es keinerlei Berechtigung dafür – das sage ich denjenigen, die Herrn Eichel vorgeworfen habe, er wolle die Menschen hinter die Fichte führen –,

(Hans Michelbach (CDU/CSU): Vor die Fichte auch nicht!)

dem Bundesfinanzminister Lügen vorzuwerfen. Der zusätzliche Finanzbedarf für 2004 ist zu dem Zeitpunkt bekannt gemacht worden, an dem er sich konkretisiert hat.

   Sie haben sowieso jedes Recht verspielt, uns hier Vorwürfe zu machen.

(Widerspruch bei der CDU/CSU)

Sie haben den Subventionsabbau fast völlig blockiert. Hätten Sie es nicht getan – dies ist schon erwähnt worden –, hätten wir 17 Milliarden Euro mehr für Bund, Länder und Kommunen. Was könnten die Kommunen investieren und damit den dringenden Investitionsbedarf abarbeiten, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD – Hans Michelbach (CDU/CSU): Noch weniger Arbeitsplätze! Noch weniger Wachstum!)

   Es war doch schwer genug, im Interesse der Kommunen gegen Ihren Widerstand durchzusetzen, dass die Gewerbesteuer stabilisiert wird.

(Ortwin Runde (SPD): Richtig!)

Aufgrund der steigenden Gewerbesteuereinnahmen und wegen der Entlastung der Kommunen durch Hartz IV werden wir im nächsten Jahr sehr wahrscheinlich eine Gesamtentlastung der Kommunen in Höhe von 6 Milliarden Euro erreichen. Dies ist Ergebnis unserer Politik, unseres Engagements.

(Beifall bei der SPD)

Sie bieten den Kommunen keine Perspektive.

   Das ist die Ebene, die in den nächsten Jahren für wichtige gesellschaftspolitische Aufgaben wie die Ganztagsbetreuung und die U-3-Betreuung zusätzliches Geld bekommt und investieren kann. Sie haben zumindest an dieser Stelle die Berechtigung zur Kritik verspielt.

   Wir haben mehrere Anläufe unternommen, Ausnahmetatbestände und Subventionen abzubauen. Sie haben das alles als Steuererhöhung diffamiert. Erinnern Sie sich einmal an die Monate nach der Bundestagswahl 2002, als auch mithilfe Ihnen nahe stehender Publizisten Morgen für Morgen eine bestimmte Stimmung erzeugt wurde, insbesondere von der Zeitung mit den großen Buchstaben. Natürlich haben Sie mit dieser Schwarzrednerei dazu beigetragen, dass wir nur langsam aus dem Wachstumsloch herauskommen. Sie haben die Stimmung systematisch und ohne Rücksicht auf Verluste heruntergeredet, nur aus parteipolitischen Gründen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Die üblichen Verdächtigen unter den Haushaltspolitikern der Opposition haben sich gestern, als Hans Eichel den Rahmen für den Nachtragshaushalt 2004 bekannt gegeben hat, sofort mit den gewohnten Reflexen gemeldet: Jetzt müsse ein Haushaltssicherungsgesetz verabschiedet, jetzt müsse eine Haushaltssperre erlassen werden, jetzt müssten weitere Ausgabenkürzungen vorgenommen werden. Diese Vorschläge – ein Haushaltssicherungsgesetz mit Wirkung ab sofort, eine Haushaltssperre bzw. eine sofortige Ausgabenkürzung – bedeuteten ökonomisches Harakiri; darin sind sich fast alle Experten einig.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen die Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung und werden diesen Vorschlägen deswegen nicht folgen.

   Die konjunkturelle Erholung ist zwar deutlich erkennbar, aber, wie wir wissen, angesichts der existierenden weltwirtschaftlichen Risiken, des Risikos durch den Ölpreis und anderer Faktoren, fragil. In einer solchen Situation kann es doch nicht wirklich Ihre Absicht sein, die Investitionen des Bundes zu kürzen und die noch immer schwache Binnennachfrage durch eine Haushaltssperre und Kürzungen staatlicher Leistungen zu treffen.

   Herr Austermann, ich bin gespannt, was Sie gleich konkret als Ihre finanzpolitische Strategie in dieser Situation vorschlagen werden. Es geht doch nicht um eine Sondersituation der Bundesrepublik Deutschland. Hans Eichel hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Situation in fast allen industrialisierten europäischen Ländern vergleichbar ist. Sie ist durch die Stagnation bzw. Wachstumsschwäche gekennzeichnet, die leider seit dem Frühjahr 2001 zu verzeichnen ist und aus der wir, auch durch gemeinschaftliche europäische Anstrengungen, herauskommen wollen und müssen. Aber mit einer Politik der Obstruktion und einer Verweigerungshaltung in Haushaltsfragen kommen wir nicht weiter.

   Diese Haltung beweisen Sie heute Morgen wieder: Wir machen einen Vorschlag zur „finanziellen Unterstützung der Innovationsoffensive durch Abschaffung der Eigenheimzulage“ und Sie sagen Nein. Sie bleiben bei Ihrem Schnittmuster. Aber ich wiederhole es: Die Menschen erkennen zunehmend, wie durchsichtig und wie inhaltlich fragwürdig oder hohl Ihre Politik ist, und sie werden darauf in den nächsten Monaten noch stärker reagieren. Ich bin zuversichtlich, dass sich dies schon bei den Stichwahlen in Nordrhein-Westfalen am 10. Oktober sehr deutlich niederschlagen wird, weil die Menschen spüren, wer ihre Interessen wirklich vertritt, und dass es sich bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und auch in Nordrhein-Westfalen fortsetzen wird.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegen Dietrich Austermann, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dietrich Austermann (CDU/CSU):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es lohnt sich wohl nicht, dass wir uns mit dem auseinander setzen, was Kollege Poß eben vorgetragen hat.

(Dr. Uwe Küster (SPD): Dieser Hochmut!)

Ich möchte mich auf das konzentrieren, was der Finanzminister vorhin gesagt hat, und zu der Vermutung sprechen, warum er wohl diesen Nachtragshaushalt heute hier inhaltlich bekannt gegeben hat.

   Herr Eichel, wir haben bereits im November letzten Jahres über Ihren Haushalt, der damals im Entwurf fertig war, gesagt, es sei der Haushalt eines Hütchenspielers.

(Joachim Poß (SPD): Jetzt kommt die alte Leier wieder! Das sagen Sie doch seit vier Jahren!)

Wir haben dann im Februar dieses Jahres gesagt, dieser Haushalt enthalte Risiken von 10 bis 15 Milliarden Euro. Am 7. April haben wir wieder geäußert, dass Sie ein Risiko von 10 bis 15 Milliarden Euro haben. Wir haben dann am 5. Mai gesagt: Sie steuern 47 Milliarden Euro neue Schulden an. Sie sind der Totengräber der Bundesfinanzen.

(Jörg Tauss (SPD): Ach, Herr Austermann!)

Sie haben es zu verantworten, dass sich Deutschland in der schlimmsten Finanz- und Haushaltskrise der Nachkriegszeit befindet. Das will ich konkret belegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   All die Begründungen, die heute angeführt werden, waren mit Ausnahme des Themas Bundesbankgewinn schon vor einem Jahr bekannt. Ich meine die Themen Steueramnestie, Schwarzarbeit, Tabaksteuer, den Ausgleich, den die Länder für die Steuerreform bekommen, und die Umverteilung bei der Umsatzsteuer. Auch die konjunkturelle Entwicklung war eindeutig abzulesen. Jetzt haben Sie gesagt, das Wachstum betrage 2 Prozent. Dann müsste es eigentlich besser laufen. Weshalb kommen die Steuereinnahmen trotzdem nicht in Gang? – Jetzt schwätzt Herr Eichel mit Herrn Clement; vielleicht, weil er sich hier im Parlament vorhin nicht austoben konnte.

   Sie haben gesagt, die Entwicklung in all diesen Bereichen sei nicht zu erwarten gewesen. Aber ich sage Ihnen: Die Schwierigkeiten bei der LKW-Maut waren eindeutig zu erkennen. Es war klar, dass die Privatisierungserlöse nur mithilfe der Russlandschulden eingefahren werden können.

(Dr. Uwe Küster (SPD): Stillos! Aber das ist ja das Thema der Union: Kein Stil!)

Auch die Schwierigkeiten bezüglich Arbeitsmarkt, Wohngeld und Arbeitslosenhilfeempfänger waren zu Beginn dieses Jahres abzusehen. Sie haben die Menschen mit Vorsatz über die Entwicklung getäuscht.

   Man stellt sich die Frage: Warum legt Herr Eichel jetzt doch den Entwurf eines Nachtragshaushaltes vor? Auf diese Frage kann es eigentlich nur eine Antwort geben: die im Bundeshaushalt enthaltene Kreditermächtigung. Die Kreditermächtigung ist das, was für einen Familienhaushalt der Dispo ist. Sie ermöglicht, dass der Finanzminister seine Ausgaben in einer bestimmten Größenordnung überziehen kann in der Hoffnung, dass es am Jahresende wieder zum einem Ausgleich kommt. Die Kreditermächtigung ist also der Dispo des Finanzministers. Durch den Nachtragshaushalt wird die Kreditermächtigung auf 53 Milliarden Euro erhöht. Das deutet an, welche Entwicklung die Neuverschuldung in diesem Jahr nehmen könnte.

(Hans Michelbach (CDU/CSU): Hört! Hört!)

Die Kreditermächtigung wird brutal ausgeweitet, um sicherzustellen, dass die weitere Entwicklung wie bisher verläuft.

   Herr Eichel, ich fordere Sie auf, noch in dieser Sitzung zu sagen, weshalb Sie für dieses Jahr eine Kreditermächtigung in der Größenordnung von 53 Milliarden Euro haben wollen. Das frage ich Sie angesichts Ihrer Behauptung, die Neuverschuldung werde circa 43,7 bis 44,7 Milliarden Euro betragen. Ihr Staatssekretär Herr Diller hat gestern von 43 Milliarden und gesprochen; die paar Millionen Euro nach dem Komma spielen ja keine Rolle. Das müssen Sie der Öffentlichkeit erklären.

   Ich glaube, dahinter steckt die Gefahr und die nicht unberechtigte Sorge, dass sich die Situation in diesem Jahr noch wesentlich schlechter als angenommen entwickeln könnte. Angesichts der bevorstehenden Stichwahlen, vor allem aber, damit das Vertrauen in die Politik zurückkehrt, fordere ich Sie auf: Sagen Sie den Bürgern die Wahrheit über die tatsächliche Entwicklung!

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Kollege Michelbach hat nicht ganz zu Unrecht darauf hingewiesen, dass das Thema Karstadt etwas mit dem Verhalten der Regierung zu tun hat.

(Dr. Uwe Küster (SPD): Unglaublich! – Jörg Tauss (SPD): Das war das Management! – Joachim Poß (SPD): Das war Missmanagement!)

Der Steuerzahlerbund hat von der öffentlichen Verschwendung dieses Jahres gesprochen. Wir haben jetzt zwei Dinge zu beklagen: auf der einen Seite die öffentliche Verschwendung, auf der anderen Seite die Zurückhaltung bzw. das Angstsparen der Bürger. Dieses Angstsparen der Bürger wegen ständig neuer Irritationen durch Ihre Finanz- und Haushaltspolitik führt zur Kaufzurückhaltung. Das wiederum hat zur Folge, dass bestimmte Unternehmen weniger Umsatz machen, sich langsamer entwickeln und Leute entlassen müssen. Vertrauenswidrige Finanzpolitik hat ganz konkret etwas mit Arbeitslosigkeit zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Herr Eichel, wir haben Jahr für Jahr erlebt, dass Sie die Fakten erst dann eingestehen, wenn das Leugnen zwecklos ist.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Leider wahr!)

Die entsprechende Zahlenreihe der letzten Jahre sieht wie folgt aus: Vor vier Jahren betrug die Neuverschuldung 23 Milliarden Euro, vor drei Jahren 32 Milliarden Euro, im letzten Jahr 38 Milliarden Euro und in diesem Jahr möglicherweise 48 Milliarden Euro.

(Jörg Tauss (SPD): Jetzt lesen Sie mal Ihre vor!)

Das heißt, die Neuverschuldung springt in Sätzen von 5 bis 10 Milliarden Euro pro Jahr nach oben. Sie haben die Dinge nicht im Griff und lassen sie schleifen. Das nennen Sie dann antizyklische Wirtschafts-, Finanz- oder Haushaltspolitik – wie auch immer. Diese Politik hat mit Gestalten nichts mehr zu tun. Aber durch einen Haushalt soll man gestalten.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Sehr richtig!)

Dadurch soll dem Parlament die Möglichkeit zu politischen Vorgaben gegeben werden. Der Finanzminister aber betätigt sich als Buchhalter, der am Ende des Jahres feststellt, dass die Lage schlimm ist. Er legt einen Haushalt vor, der nur die Schlussfolgerung zulässt, dass die Situation am Ende des nächsten Jahres wieder schlimm, wenn nicht sogar noch schlimmer sein wird.

   Herr Eichel, ich sage Ihnen heute: Die Situation wird im nächsten Jahr noch schlimmer werden, weil es Ihnen bisher nicht gelungen ist, ein strukturelles Defizit von 40 Milliarden Euro pro Jahr zu verhindern. Genau dafür tragen Sie die Verantwortung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss (SPD): Jetzt reden Sie mal über die Eigenheimzulage und Ihre Subventionen!)

– Herr Tauss, ich sage gleich etwas zur Eigenheimzulage.

(Jörg Tauss (SPD): Ja, jetzt wird es prima!)

Aber wir haben vereinbart, jetzt über den Nachtragshaushalt zu reden. Das hat ja offensichtlich seinen guten Grund.

   Werfen wir einen Blick zurück in die Zeit vor 1998. Die Entwicklung seit 1996 verlief positiv. Die Verschuldung ging deutlich zurück, die Arbeitslosigkeit ging zurück und die Beschäftigung stieg an.

Das hielt bis zum Jahre 2000 vor. Seitdem geht es in allen Bereichen „negativ aufwärts“, also nach unten. Ihre Aussage, Sie hätten das geerbt und deswegen sei die Situation so, wie sie ist, ist einfach unwahr.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss (SPD): Was?)

   Herr Tauss, weil Sie darauf bestehen, auch hier wieder eine Ohrfeige zu bekommen, will ich Ihnen gerne sagen, was bezüglich der Eigenheimzulage tatsächlich im Haushalt steht. Innerhalb des Forschungsetats des Haushalts sind 63 Milliarden Euro für den Hochschulbau gesperrt.

(Jörg Tauss (SPD): Millionen!)

– Vielen Dank, es sind 63 Millionen Euro. Ich glaube, es ist das erste Mal, dass Sie im Parlament etwas Richtiges gesagt haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

63 Millionen Euro sind mit Blick auf die Abschaffung der Eigenheimzulage für die Gemeinschaftsaufgabe „Hochschulbau“ vorgesehen, aber gesperrt. Das heißt: Wenn wir der Abschaffung nicht zustimmen würden, wenn also die Eigenheimzulage nicht zulasten der Bauwirtschaft gekürzt würde, dann würde die Bugwelle beim Hochschulbau, die darin besteht, dass die Länder das Geld ausgeben müssen, weil sie ja Hochschulen bauen sollen, um 63 Millionen Euro steigen. Ansonsten würde nichts passieren.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)

Nun kann man sagen: Macht ja nichts, das ist eine Politik, wie sie immer gemacht wurde.

(Jörg Tauss (SPD): Von Ihnen gemacht wurde!)

   Nun reden Sie davon, dass Sie die Eigenheimzulage wegen der Bildung streichen wollen. Ich frage Sie: Weshalb geben Sie dann 15 Millionen Euro in den Wirtschaftsetat und entsprechende Beträge in den Landwirtschaftsetat und in den Umweltetat?

(Jörg Tauss (SPD): Forschung!)

Überall dort steckt das bei der Eigenheimzulage eingesparte Geld. Hier wird dagegen immer davon geredet, das ginge alles in den Bildungsetat. Das ist doch gelogen!

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Ein Wegfall der Eigenheimzulage würde Einsparungen von 100 Millionen Euro mit sich bringen. Es bleibt dann natürlich auch noch etwas für den Haushalt und den Finanzminister übrig. Den Leuten erzählt man aber, man würde für Forschung und Bildung sorgen. Es war doch offensichtlich so: Die Posten des Umweltministers und des Landwirtschaftsministers sind grün besetzt. Man hat die Beute ein wenig verteilt. Die einen und die anderen bekamen etwas.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege, bei aller Leidenschaft: Schauen Sie bitte einmal auf die Uhr vor Ihnen auf dem Rednerpult.

Dietrich Austermann (CDU/CSU):

Ich bin dabei zu enden.

(Beifall bei der SPD)

   Sie werden feststellen, dass hier offensichtlich eine weitere Täuschung im Gang ist; denn Sie sagen, dass Sie die Eigenheimzulage für die Bildung kürzen. Nein, Sie nehmen sie für die vielen rot-grünen Spielwiesen im Haushalt, aber nicht für die Zukunft. Zukunft bedeutet: Wir brauchen einen Wechsel beim Finanzminister und bei der Regierung.

   Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Das Wort hat die Kollegin Anja Hajduk, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Tauss, Sie haben sich vorhin deutlich geärgert, als die Kollegen Michelbach und Minkel gesprochen haben.

(Jörg Tauss (SPD): Berechtigterweise!)

Ich muss ganz deutlich sagen: Ärgern Sie sich nicht! Ich finde, die Reden, die diehier gehalten haben, mussten gehalten werden. Das Volk soll wissen, was CDU und CSU zu sagen haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss (SPD): Das ist auch wieder wahr!)

   Ich werde mir diese Dinge kopieren und sie den Familien und Bürgern in Hamburg vorlesen.

(Jörg Tauss (SPD): Den Lehrern!)

Sie von der Union haben sich hier hingestellt und gesagt, dass Bauinvestitionen in diesem Land eine steuerliche Subventionierung in diesem Ausmaß benötigen, ansonsten könne sich die Familie in Deutschland oder könnten sich Eltern nicht vorstellen, ein Haus zu finanzieren. Deswegen sei es richtig, darauf zu verzichten, das Geld in den Bereichen Kinderbetreuung, Schule und Forschung bereitzustellen. Das müssen wir verbreiten. Diese Debatte führe ich gerne. Herr Thiele, wir werden auch Sie hier einreihen müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Das können Sie behaupten, aber nicht beweisen!)

   Das war ein Trauerspiel. Herr Minkel hat sich dabei zu der Aussage verstiegen, ein Haus zu haben sei möglicherweise sogar Voraussetzung dafür, die Kinder gut zu erziehen.

(Jörg Tauss (SPD): Unglaublich!)

Das haben Sie hier gesagt; es ist unglaublich.

   Also, Herr Tauss: Ärgern Sie sich nicht! Wir müssen diese Aussagen von Herrn Michelbach und Herrn Minkel, der hier stellvertretend für die Union gesprochen hat, verbreiten. Wir müssen dafür Sorge tragen, zu verdeutlichen, welche Alternativen hier zu Wahl stehen. Wir müssen fragen, ob man bereit ist, die Weichenstellung auf die Zukunftsorientierung für Bildung durchzusetzen, und die Bürgerinnen und Bürger müssen sich fragen, ob die Verweigerungspolitik der CDU-Seite unterstützt werden soll.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans Michelbach (CDU/CSU): Populismus!)

– Herr Michelbach, Sie rufen „Populismus“. Ich will darauf eingehen.

(Jörg Tauss (SPD): Da ist er Fachmann!)

Sie müssen doch auch zur Kenntnis nehmen und Ihre Entscheidungsgrundlagen daraufhin vielleicht einmal überdenken, dass jetzt hinsichtlich der Finanzierung im Wohnungsbau andere Voraussetzungen gegeben sind: Herr Tauss hat doch ganz einfach und deutlich erklärt, wie das Bauzinsniveau bei der Einführung der Eigenheimzulage aussah und wie man die Eigenheimzulage heute bewerten muss. Es ist doch eindeutig, dass man hier eine Kursänderung vornehmen kann.

(Zuruf von der SPD: Richtig!)

Wenn Sie sie nicht vornehmen wollen, werden wir dafür streiten. Ich bin sicher, wir werden an dieser Stelle in der Zukunft für diesen Weg nicht nur die Unterstützung junger Menschen und junger Familien, sondern auch die der älteren Generation erhalten. Da bin ich mir ganz sicher.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

   Ich möchte jetzt auf das Thema Nachtragshaushalt eingehen.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Ich bin gespannt!)

Die Debatte ist um diesen wichtigen Punkt erweitert worden. Nun ist nicht zu leugnen, dass wir in diesem Jahr bei der Verschuldung wohl einen Höchststand erreichen werden,

(Hans Michelbach (CDU/CSU): Sie reden das wieder schön!

der traurig ist und den wir überhaupt nicht schönreden wollen.

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Das haben Sie längst gewusst!)

Ich muss an dieser Stelle zwei Dinge feststellen. Erstens. Politik muss sich auch in Alternativen darstellen.

(Volker Kauder (CDU/CSU): Ach so!)

Die Alternative der Union auf der Basis der schwierigen öffentlichen Haushaltslage ist, kurzfristig Steuersenkungsprogramme in zweistelliger Milliardenhöhe auszurufen. Wissen Sie, wo die Neuverschuldung liegen würde, wenn Sie im Bundestag etwas zu sagen hätten?

(Dietrich Austermann (CDU/CSU): Sie würde sinken!)

Unsere Befürchtung ist, dass wir sie dann noch verdoppeln müssten.

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

Diese Alternative präsentieren Sie uns. Aber Sie reden im Moment nicht von Alternativen, sondern Sie können den Blick immer nur zurück richten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Elke Wülfing (CDU/CSU): Gucken Sie doch einmal über Ihren Gartenzaun! Schauen Sie mal nach Österreich, wie die das gemacht haben!)

   Zweitens. Das Problem ist nicht nur, dass wir Ihre schlichten Bierdeckelprogramme verhindern müssen, die verheerende Auswirkungen auf die Struktur der öffentlichen Finanzen hätten.

(Beifall des Abg. Joachim Poß (SPD))

Wir sind auch damit konfrontiert, dass Sie schon in den letzten Jahren Ihre staatspolitische Verantwortung nicht wahrgenommen haben. Sie haben Subventionskürzungen im zweistelligen Milliardenbereich verhindert. Heute treten Sie den Beweis an, dass Sie bereit sind, bei Subventionskürzungen von weiteren 7 Milliarden Euro erneut auf der Bremse zu stehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Elke Wülfing (CDU/CSU): Wir treten gerne auf die Bremse, wenn es um die Bürger und ihre Entlastung geht!)

   Diese Bilanz muss man Ihnen ins Stammbuch schreiben. Das ist eine traurige Entwicklung. Vor diesem Hintergrund, Herr Austermann, ist es traurig, wie Sie sich hier selbstgefällig hinstellen und Finanzminister Eichel angreifen. Das ist zutiefst unredlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU)

   Wir haben in diesem Sommer die Entwicklung erlebt – das wird auch in der Bevölkerung und den Medien wahrgenommen –, dass Sie heillos zerstritten sind und kein Konzept haben.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Kommen Sie zum Nachtragshaushalt!)

Sie haben noch nicht einmal die Kraft zu einem schrittweisen, aber in der Perspektive bedeutsamen Subventionsabbau bei der Eigenheimzulage.

   Da Sie uns wegen der Entscheidung über die Kohlesubventionen immer angreifen, möchte ich noch einmal Herrn Tauss anführen, der dazu etwas sehr Richtiges gesagt hat.

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Das kann gar nicht sein!)

Er hat gesagt: Gehen Sie doch diesen Weg einfach mit. Die Eigenheimzulage wird ja nicht piff, paff weggestrichen, sondern über einen mehrjährigen Zeitraum abgeschmolzen. – So machen wir das auch bei den Kohlesubventionen. Nach unseren Vorstellungen, Herr Tauss, können diese Subventionen bis auf null heruntergefahren werden, aber da sind wir uns noch nicht ganz einig.

(Dietrich Austermann (CDU/CSU): Aha!)

Das kann noch werden.

   Nehmen Sie sich ein Beispiel am Subventionsabbau, den wir in der Regierung betreiben.

(Hans Michelbach (CDU/CSU): Reden Sie mit der SPD, nicht mit uns!)

Sie haben immer nur flotte Sprüche parat. Wenn es aber zur Abstimmung kommt, dann verweigern Sie sich. Das ist traurig und keine Alternative.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Das Wort hat der Kollege Norbert Barthle, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Norbert Barthle (CDU/CSU):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Hajduk, Sie wissen ja, dass ich Sie als Kollegin im Haushaltsausschuss schätze. Aber das, was Sie heute vorgetragen haben, entbehrt jeglicher Grundlage.

(Jörg Tauss (SPD): Nein, das war gut!)

Wenn Sie die Kollegen Minkel und Michelbach mit einer Fehldeutung dessen, was sie gesagt haben, angreifen, dann spricht das schon für sich. Wenn Sie für diese Fehldeutung als Zeugen auch noch den Kollegen Tauss mehrfach bemühen müssen, dann spricht das ebenfalls für sich.

(Jörg Tauss (SPD): Nein, dann wird es seriös!)

Deshalb sage ich dazu gar nichts mehr.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Lassen Sie uns am Ende dieser langen Debatte, in der viele Daten und Fakten genannt wurden, noch einmal über das Grundsätzliche nachdenken. Das Grundsätzliche, Herr Eichel, zeigt sich bei einem Blick auf den von Ihnen vorgelegten Haushalt und insbesondere den Nachtragshaushalt. Eines Ihrer Probleme – das betrifft die gesamte rot-grüne Regierung – ist, dass Sie zwar einerseits immer wieder die Tradition Ludwig Erhards bemühen, aber andererseits den Grundsätzen Ludwig Erhards völlig zuwiderhandeln. Warum? Der Grund ist, dass in Ihren Haushalten die Ausgaben nicht von den Einnahmen bestimmt werden, sondern die Ausgaben ständig die Einnahmen bestimmen.

Das ist der Grundfehler Ihrer Politik. Sie erkennen, dass die Ausgaben, insbesondere für Arbeit und Soziales, exponentiell steigen.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Leider wahr!)

Wie reagieren Sie darauf? Ihnen fällt nichts Besseres ein, als permanent die Einnahmen zu erhöhen, indem Sie Steuern und die Neuverschuldung erhöhen.

(Joachim Poß (SPD): Wieso Steuern erhöhen? Was reden Sie für einen Stuss! Wann haben wir Steuern erhöht?)

Das ist der Grundfehler Ihrer Politik. Sie sollten sich an Ludwig Erhard erinnern und eine Politik machen, nach der die Einnahmen die Ausgaben bestimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Steuern können wir doch gar nicht ohne Sie erhöhen! Das wissen Sie doch!)

Vielleicht sollten Sie, Herr Schmidt, auch einmal in die Länder Bayern oder Niedersachsen schauen, wo die Ministerpräsidenten ernsthaft sparen,

(Jörg Tauss (SPD): Bei Bildung!)

während ich bei den rot-grünen Koalitionären keinerlei ernsthaften Sparwillen beobachten kann.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): So ist das!)

In den bisherigen Haushaltsberatungen haben die rot-grünen Koalitionäre noch keinen einzigen Absenkungsantrag vorgelegt. Auch das sagt doch alles.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dietrich Austermann (CDU/CSU): Hört! Hört! – Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Das ist Täuschung, was Sie da betreiben!)

   Lassen Sie mich noch einige wenige Sätze zur Eigenheimzulage sagen. Ich möchte das Thema unter zwei grundsätzlichen Aspekten betrachten, die mir wichtig sind. Zum ersten Aspekt, zu den Steuern, wurde bereits etwas gesagt. Wir sind natürlich dafür, Subventionen abzubauen, aber nur dann, wenn wir ein anderes Steuersystem haben.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): So ist es!)

Diese Voraussetzung muss zunächst einmal erfüllt werden.

(Jörg Tauss (SPD): Welches Steuersystem? Merz oder Faltlhäuser?)

   Lassen Sie mich aber noch auf einen zweiten grundsätzlichen Aspekt eingehen. Wenn Sie, Herr Eichel, schon argumentieren, mit der Eigenheimzulage würden Leerstände subventioniert, sage ich Ihnen: Das stimmt nicht, denn in einigen Regionen in Deutschland gibt es keine Leerstände, sondern Wohnungsmangel.

(Zuruf von der SPD: Aber nur ganz wenige!)

– Aber es gibt sie, sehr deutlich. – Wenn Sie schon Anreizmechanismen wegnehmen, dann handeln Sie auch in der Tradition von Ludwig Erhard und geben Sie den Markt frei. Sie waren es nämlich, die den Markt behindert haben,

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Richtig!)

durch längere Behaltefristen, durch einen Ausbau der Mieterschutzbestimmungen etc. Geben Sie den Markt frei, damit er sich regulieren kann. Sie können nicht einerseits den Markt behindern und andererseits Anreizsysteme wegnehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Carl-Ludwig Thiele (FDP): Sie sind ja doch nahe bei der FDP!)

   Im Hinblick auf Stuttgart, eine Region, in der Wohnungsmangel herrscht, hätte ich mir gewünscht, dass die Kollegin Kumpf an der heutigen Debatte teilnimmt. Am 10. Oktober sind Oberbürgermeisterwahlen in Stuttgart. Die Kollegin Kumpf will dort gegen den erfolgreichen Oberbürgermeister Wolfgang Schuster antreten.

(Jörg Tauss (SPD): Erfolgreich sei mal dahingestellt! – Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): So erfolgreich ist der nun auch wieder nicht!)

Die Kollegin Kumpf sollte den Menschen einmal erklären, weshalb künftig in der Region um Stuttgart herum nur noch die Reichen bauen können. Das hätte ich mir gewünscht.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Lassen Sie mich einen letzten Widerspruch auflösen. Es geht um einen Etikettenschwindel, der schon mehrfach angesprochen worden ist, nämlich um die Devise: in Köpfe statt in Beton investieren. Herr Tauss hat das immer umgedreht und unterstellt der Union die Meinung, Köpfe brauchten Beton. Lieber Herr Tauss, können Sie mir erklären, was Sie mit Ihrem Ganztagsschulprogramm machen? Damit wird doch nicht in Betreuung investiert, sondern damit werden Suppenküchen gebaut. Damit werden bauliche Voraussetzungen für Ganztagsschulen geschaffen. Da wird in Beton investiert, denn Köpfe brauchen Beton als Voraussetzung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie sollten einmal über Ihre eigenen Konzepte nachdenken, dann erkennen Sie auch die Widersprüchlichkeit Ihrer Politik. Das Grunddilemma dieser rot-grünen Bundesregierung ist, dass grundsätzlich nichts zusammenpasst.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Das stimmt leider!)

Alles widerspricht sich permanent. Das ist die Ursache für die ständige Verunsicherung der Menschen draußen.

(Jörg Tauss (SPD): Durch Sie!)

Deshalb plädiere ich dafür: Wenn Sie schon Etiketten bemühen, dann wählen Sie solche, die nicht im Widerspruch zu Ihrer eigenen Politik stehen.

   Wir sagen:

(Jörg Tauss (SPD): Jetzt sagen Sie mal was!)

Wir investieren in Zukunft und nicht in Vergangenheit. Vergangenheit ist Kohle, Zukunft ist Bildung und deshalb ist es richtig, in Bildung zu investieren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss (SPD): Aber wie? Machen Sie es mal!)

– Das machen wir schon. Lassen Sie uns ran, dann machen wir das.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Carl-Ludwig Thiele (FDP): Das machen wir so! – Jörg Tauss (SPD): So wie damals! Wie in Baden-Württemberg!)

– Aber natürlich wie in Baden-Württemberg, denn da geschieht etwas, auch in der Bildungspolitik.

(Jörg Tauss (SPD): Da wird gekürzt, mein Lieber!)

   In meiner Heimatstadt wurde gerade das bundesweit erste Hochbegabtengymnasium eröffnet, es hat in diesen Tagen den Betrieb aufgenommen.

(Jörg Tauss (SPD): Mit Mitteln des Bundes!)

In Baden-Württemberg wird in die Förderung der Spitzenbegabungen investiert. Wir sind aber auch die Besten bei den Förderschulen und fördern auch die Schwachen. Ihre Bildungspolitik diffamiert die praktisch Begabten. Das ist das Grunddilemma Ihrer Bildungspolitik. Auch darüber können Sie lange mit mir diskutieren.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Tauss?

Norbert Barthle (CDU/CSU):

Natürlich. Nachdem meine Redezeit schon beendet ist, nehme ich jede Frage an.

(Heiterkeit)

Jörg Tauss (SPD):

Sie können kurz mit Ja oder Nein antworten. – Wissen Sie, dass das von Ihnen angesprochene Gymnasium im Wesentlichen aus dem Ganztagsschulprogramm der Bundesregierung finanziert worden ist?

(Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Hört! Hört! Da schmückt man sich wieder mit fremden Federn!)

Norbert Barthle (CDU/CSU):

Herr Tauss, wenn Sie sich über Dinge äußern, die in meiner Heimatstadt stattfinden, sollten Sie sich etwas genauer informieren. Ich kann Ihnen gerne die Finanzierungsgrundlage dieses Hochbegabtengymnasiums vollständig darlegen. Natürlich gehören dazu Mittel aus dem Ganztagsschulprogramm, weil das eine Ganztagsschule sein wird. Sie sollten aber auch wissen, dass der Landkreis der Schulträger ist und das Folgen und Konsequenzen hat. Außerdem sind die Stadt und das Land beteiligt.

(Jörg Tauss (SPD): Wie viele Millionen vom Bund?)

Es sind also viele beteiligt. Schauen Sie sich die Finanzierungsgrundlage genau an. Ich habe nicht bestritten, dass Anteile aus dem Ganztagsschulprogramm in der Finanzierung stecken.

(Jörg Tauss (SPD): Wie viel?)

Für dieses Geld wird aber gebaut. Das ist eine Investition in Beton, Herr Tauss.

   Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss (SPD): Er weiß es nicht!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Ich schließe die Aussprache.

   Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 15/3781, 15/3821 und 15/3714 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

   Ich rufe die Tagesordnungspunkte 4 a bis 4 c sowie Zusatzpunkt 1 auf:

4. a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit (9. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, Dr. Peter Paziorek, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU

Energiepolitik ist Standortpolitik

– zu dem Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Zukunftsprogramm Energie vorlegen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Stromrechnungen transparent gestalten

– zu dem Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Nationales Energieprogramm vorlegen – Planungssicherheit für Wirtschaft und Verbraucher herstellen

– Drucksachen 15/1349, 15/367, 15/761, 15/2760, 15/3389 –

Berichterstattung:Abgeordneter Rolf Hempelmann

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Keine neue Regulierungsbehörde – Bundeskartellamt als Wettbewerbsbehörde stärken

– Drucksache 15/823 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)RechtsausschussAusschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Christoph Hartmann (Homburg), Dr. Andreas Pinkwart, Gudrun Kopp, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Lage der Bürger in den Steinkohlerevieren an Saar und Ruhr in den Fokus rücken

– Drucksache 15/3509 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

ZP 1 Beratung des Antrags der Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, Dr. Andreas Pinkwart, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Staatseingriffe minimieren – Energiegipfel nutzen

– Drucksache 15/3809 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)Rechtsausschuss Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Haushaltsausschuss

   Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

   Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollegin Dagmar Wöhrl, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dagmar Wöhrl (CDU/CSU):

Liebe Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Unser Antrag lautet: Energiepolitik ist Standortpolitik. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Wenn ich auf sechs Jahre Rot-Grün zurückblicke, dann habe ich fast das Gefühl, dass sich Ihre Energiepolitik zu einem Standortnachteil entwickelt hat. Bei der Energieversorgung gibt es drei wichtige Punkte: Versorgungssicherheit, Umweltfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit. Das ist die Basis, die wir brauchen, damit wir zu mehr Wachstum und zu mehr Beschäftigung kommen. Das ist das Einmaleins der Energiepolitik.

(Zuruf der Abg. Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie aber, Frau Hustedt, sehen mit Ihren Solonummern die Energiepolitik vornehmlich als ökologischen Störfaktor. Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit kommen bei Ihnen überhaupt nicht vor.

(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch der Abg. Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

– Frau Hustedt, Sie verstehen nicht, dass wir einen ausgewogenen Mix aller Energieträger brauchen. Es gibt keine ideale Energie. Es gibt nicht das Entweder-oder, sondern wir müssen in diesem Bereich mit dem Grundsatz des Sowohl-als-auch leben. Nur so kann man eine sichere Energiepolitik machen.

   Sie steigen aus der Kernenergie aus, ohne zu sagen, wie dies bis zum Jahr 2020 kompensiert werden soll.

(Zuruf von der SPD: Doch!)

Sie setzen Klimaschutzziele und sagen nicht, wie diese realisiert werden können, wenn wir aus der Kernenergie ausgestiegen sind. Sie bringen eine Ökosteuer auf den Weg, mit der Sie die Wirtschaft und die Verbraucher per annum mit 20 Milliarden Euro belasten, eine Ökosteuer, die ökologisch überhaupt nicht lenkt, die nur ökonomisch belastet.

(Michael Müller (Düsseldorf) (SPD): Sie reden Unsinn!)

Sie wecken ideologisch überzogene Erwartungen bezüglich der erneuerbaren Energien und bauen Illusionen bezüglich der Windkraft auf. Wir alle wissen doch, dass sich die Windräder nur drehen, wenn der Wind geht. Der richtet sich nun einmal nicht nach Ihren politischen Wünschen. So weit sind wir Gott sei Dank noch nicht.

(Beifall der Abg. Julia Klöckner (CDU/CSU))

Wir haben ein unstetes Windangebot – das hat sich letztes Jahr wieder gezeigt –, sodass die Windräder die konventionelle Stromerzeugung nur zu rund 10 Prozent ersetzen können. Wo sind denn Ihre Lösungsvorschläge bezüglich der Problematik der Netzkapazitäten und der Regelenergie? Nichts dergleichen wird von Ihnen auf den Tisch gelegt. Ihre ganze Energiepolitik besteht aus offenen Fragen, die immer mehr werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wo ist denn Ihr nationales Energieprogramm? Seit vier Jahren wollen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, es vorlegen.

   Inzwischen hat der Ölpreis die 50-Dollar-Marke überschritten. Bei der Kokskohle gibt es Lieferengpässe, die durch die boomende chinesische Wirtschaft verursacht worden sind, deren Wachstum natürlich seine Auswirkungen hat.

   Der weltweite Energiebedarf nimmt zu. Das wissen auch Sie. Der Energiekongress in Sydney hat gezeigt, dass sich der weltweite Energiebedarf bis 2050 verdoppeln wird. Insofern müssen wir Antworten auf die Frage finden, welche Richtung wir – nicht nur im nächsten und übernächsten Jahr, sondern in den nächsten Jahrzehnten – einschlagen wollen und wie wir die Stromversorgung in unserem Land, das schließlich ein Industrieland ist, auch zukünftig sicherstellen können.

(Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann suchen Sie mal nach Antworten! Wir haben welche!)

   Wir müssen die Fragen beantworten, welchen realistischen Beitrag die erneuerbaren Energien leisten können

(Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 20 Prozent bis zum Jahr 2020!)

und welchen Beitrag der Importstrom künftig spielen soll. Wir sind hinsichtlich unseres Energiebedarfs abhängig vom Ausland.

(Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Deswegen erneuerbare Energien!)

Inwiefern spielt diese Abhängigkeit vom Ausland auch in anderen Politikbereichen eine Rolle? – Fragen über Fragen, die von Ihnen nicht beantwortet werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben keine einzige Antwort!)

   Energiepolitik ist Wirtschaftspolitik und Wirtschaftlichkeit heißt auch wettbewerbsfähige Energiepreise. Dabei muss uns eines klar sein: Der Energiepreis ist nicht irgendeine Variable der Volkswirtschaft. Er ist vielmehr ein knallharter Standortfaktor. Das wird sich in Zukunft noch verstärken.

   Hinter uns liegt eine jahrelange rot-grüne Energieverteuerungspolitik, die in vielen Bereichen – ich nenne nur die Aluminiumindustrie als Beispiel – zu einem immensen Wettbewerbsnachteil geführt hat. Wo sind denn unsere Liberalisierungserfolge geblieben? Was haben Sie mit Ihren Gesetzen bewirkt? Wir hatten als Liberalisierungserfolge allein in der Industrie eine Kostensenkung von 27 Prozent erreicht; im Haushaltsbereich waren es 8,5 Prozent. Das wurde alles durch Ihre Politik aufgezehrt.

   Fakt ist, dass der staatliche Anteil am Strompreis seit Ihrer Regierungsübernahme 1998 von 25 Prozent auf 40 Prozent gestiegen ist. Das heißt, der staatliche Anteil an den Kosten der Verbraucher ist von ehemals 2,3 Milliarden Euro auf über 12 Milliarden Euro im Jahr gestiegen. Durch Ihre Gesetze im Strombereich belasten Sie die Verbraucher mit über 12 Milliarden Euro! Dabei handelt es sich um eine Steigerung von knapp 70 Prozent. Das lässt sich nicht wegdiskutieren.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist unglaublich! – Gegenruf von der SPD: Ein Schmarrn ist das!)

   Wir bemühen uns über die Ausschüsse in allen Bereichen – zum Beispiel im sozialen Bereich und bei der Pflege – um die Entlastung von Familien mit vielen Kindern. Hier jedoch wird von Ihnen eine Politik betrieben, mit der diesen Familien das Geld aus der Tasche gezogen wird, weil deren Energiebedarf sehr viel höher ist als in anderen Familien. Wir konterkarieren damit das, was auf der anderen Seite wieder gutzumachen versucht wird.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

   Sicherlich war es nicht sehr schön, von den Erhöhungsplänen der Energieversorgungsunternehmen zu hören, vor allem so kurz vor der Verabschiedung des Energiewirtschaftsgesetzes. Aber solange Preisabsprachen nicht nachzuweisen sind, ist das legal. Das Bundeskartellamt und die zuständigen Landesbehörden prüfen das derzeit. Wir werden das Ergebnis abwarten.

   Unredlich ist es jedoch von Rot-Grün, von Ihrer eigenen verfehlten Politik und den von Ihnen verursachten hohen Strompreisen abzulenken,

(Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Das ist doch Unsinn!)

indem Sie auf die Energieversorgungsunternehmen zeigen und ihnen nach dem Motto „Haltet den Dieb!“ die alleinige Schuld an den hohen Strompreisen zuzuweisen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch Unsinn!)

Dass das nicht zutrifft, ist auch Ihnen bekannt. Insofern ist die von Ihnen verfolgte Politik unredlich.

(Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Sie haben überhaupt keinen Durchblick! – Weiterer Zuruf von der SPD: Kommt jetzt eigentlich einmal ein eigener Vorschlag?)

Die Kosten für Erzeugung, Transport und Vertrieb bei den Energieversorgungsunternehmen sind – im Gegensatz zu Ihrem Zuständigkeitsbereich, in dem die Kosten um fast 70 Prozent gestiegen sind – seit 1998 um 16,8 Prozent gesunken. Ich stimme mit Ihnen darin überein, dass durch Effizienzsteigerungen noch weitere Kostensenkungen erzielt werden können. Fakt ist aber auch: Wenn unser Wirtschaftsminister das Energiewirtschaftsgesetz zum 1. Juli umgesetzt hätte, wie es von der EU gefordert wurde, dann wäre es nicht zu dieser Diskussion gekommen. Fakt ist auch – um weiter kurz auf das Energiewirtschaftsgesetz einzugehen –: Aufgabe einer neuen Regulierungsbehörde ist nach unserem Verständnis nicht, in den Erzeugungsmarkt für Energie einzugreifen, sondern den Wettbewerb zu sichern und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dazu gehört auch die Schaffung von Anreizen für Effizienzsteigerung und für einen bedarfsgerechten Ausbau der Netze.

   Dabei muss man berücksichtigen, dass die Energieunternehmen in den nächsten Jahren einen immensen Investitionsbedarf haben werden; denn die Netze sind zum Teil aus den 60er-Jahren. Tausende Kilometer Leitungen, durch die Strom und Gas fließen, sind renovierungsbedürftig und müssen instand gesetzt werden. Hier müssen Milliardenbeträge investiert werden. Wenn die privaten Unternehmen das leisten sollen, dann brauchen sie Investitionssicherheit. Schließlich handelt es sich um langfristige Investitionen, die Gelder in Milliardenhöhe binden. Die Unternehmen müssen also wissen, ob die Investitionen gerechtfertigt sind. Aber auf diese Frage geben Sie keine Antwort.

   Es ist ganz klar, dass geregelt werden muss, was zum Zuständigkeitsbereich der Regulierungsbehörde gehört. Verordnungen zum Energiewirtschaftsgesetz liegen bisher noch nicht vor. Der Gesetzgeber muss hier zwar wesentliche Regelungen treffen. Aber nicht alles muss per Gesetz geregelt werden. Ich muss in diesem Zusammenhang ganz klar sagen: Es gibt hier sehr große Defizite.

   Ein bisschen mehr Ehrlichkeit hätte ich mir von Ihnen auch bei einem ganz anderen Punkt gewünscht, nämlich bei der Beschäftigungswirkung der erneuerbaren Energien. Herr Trittin ist an die Öffentlichkeit getreten und hat behauptet, dass durch den Ausbau der erneuerbaren Energien 400 000 neue Arbeitsplätze geschaffen würden. In dem letzte Woche veröffentlichten Beschäftigungsbericht der Bundesregierung ist nur noch von 120 000 neuen Arbeitsplätzen die Rede.

(Ulrich Kelber (SPD): 400 000 im Jahre 2010! Eine falsche Zahl nach der anderen!)

Das wäre nicht zu kritisieren, wenn es nicht auch andere, von Ihnen selbst in Auftrag gegebene Gutachten gäbe, die 225 000 Euro – das ist ein immenser finanzieller Aufwand; ich wundere mich noch immer, wie Sie angesichts Ihrer Haushaltslöcher so viel Geld auftreiben konnten – gekostet haben. Die Ergebnisse dieser Gutachten – das dürfte Ihnen wohl nicht passen – zeigen, dass die Beschäftigungswirkung beim Ausbau der erneuerbaren Energien zwar anfangs leicht positiv, aber im Endeffekt negativ sein wird. Davon hört man nichts. Sie haben zwar 225 000 Euro für diese Gutachten ausgegeben. Aber weil Ihnen die Ergebnisse nicht passen, haben Sie sie ganz schnell in der Schublade verschwinden lassen.

(Ulrich Kelber (SPD): Sie müssen es einmal lesen!)

   Ich habe dies angesprochen, weil wir jedes Gesetz auf seine Auswirkung auf den Arbeitsmarkt überprüfen müssen, bevor wir es verabschieden. Das wird in Zukunft wichtiger sein als alles andere.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Auch bei Subventionen müssen wir darauf ein viel stärkeres Augenmerk legen.

   Sie sollten endlich einsehen: Energiepolitik ist Wirtschaftspolitik. Wir brauchen ein Energieprogramm, das uns aufzeigt, wie wir in den nächsten Jahrzehnten Versorgungssicherheit für unsere Kinder gewährleisten können, und das alle Energieträger berücksichtigt. Es dürfen keine verfügbaren Energietechnologien ausgespart werden; denn angesichts unserer starken Importabhängigkeit im Energiebereich müssen wir uns alle energiepolitischen Spielräume offen halten. Deshalb muss man auch in der Klimaschutzpolitik ehrlich sein und darf sie nicht unter ideologischen Gesichtspunkten betreiben.

(Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Und was wollen Sie nun eigentlich?)

– Warten Sie es ab! – Wir müssen ebenfalls darangehen, die auf der Nutzerseite vorhandenen Möglichkeiten zur Energieeinsparung zu erschließen.

(Ulrich Kelber (SPD): Zahlen!)

Nichts dergleichen – wenn ja, wo? – ist von Ihnen auf den Weg gebracht worden. Es gäbe noch viele Dinge aufzuführen, die Sie nicht angehen.

   Wir alle in diesem Hause müssen uns über eines im Klaren sein: Für eine zukunftsweisende Energiepolitik gibt es kein Patentrezept. Wichtig ist, dass wir die Energiedebatte ideologiefrei führen und erkennen, dass wir die Probleme nachhaltig und dauerhaft nur im globalen Zusammenhang lösen können; denn der Anteil Deutschlands am weltweiten Energieverbrauch beträgt gerade 4 Prozent. Sicherlich ist es sinnvoll, wenn Deutschland als führende Industrienation hier eine Vorreiterrolle einnimmt. Das begrüßen wir in vielen Bereichen.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist überschritten.

Dagmar Wöhrl (CDU/CSU):

   Danke schön. – Aber wir wollen keine Politik der nationalen Alleingänge, die mit wirtschaftlich belastenden Eingriffen verbunden ist. Wir beziehen immer mehr Energie aus dem Ausland; das wissen wir. Aber sie muss mit dem Geld bezahlt werden, das bei uns, am Energiestandort Deutschland, erwirtschaftet wird. Deswegen dürfen wir diejenigen, die dieses Geld erwirtschaften, nicht bestrafen.

   In diesem Sinne vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber (SPD): Zwölf Minuten ohne einen einzigen Vorschlag!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Nächster Redner ist der Kollege Rolf Hempelmann, SPDFraktion.

Rolf Hempelmann (SPD):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir haben es gerade erlebt: Man kann zwölf Minuten reden, ohne einen einzigen Vorschlag zu machen. Frau Wöhrl, es tut mir Leid, sagen zu müssen: Ich glaube, dass die Bürgerinnen und Bürger von uns etwas anderes erwarten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Es gibt zwar einige Anträge, die in dieser Energiedebatte beraten werden; aber sie sind offenbar nur Aufhänger. Es geht im Grunde darum, sich an die öffentliche Strom- und Gaspreisdiskussion anzuhängen. Man versucht, diese Diskussion zu nutzen, um den Entwurf einer Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes, der gerade auch vom Bundesrat behandelt worden ist, entsprechend zu kommentieren.

   Dieses Thema ist zu komplex, als dass man es nur in Schwarz und Weiß – auch wenn das heute die Farben meiner Krawatte sind – aufteilen könnte. Ich glaube, wir sollten an dieses Thema differenzierter herangehen. Es geht um einen Paradigmenwechsel in der Energiewirtschaft und in der Energiepolitik hin zu einem regulierten System und zu einer echten Wettbewerbsbehörde.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Wir erleben zurzeit – die Rede gerade war ein Beispiel dafür – eine unsachliche und emotionalisierte Debatte.

(Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Aber nicht von uns!)

Politiker gerieren sich – zurzeit insbesondere im Bundesrat – als Verbraucherschützer. Das ist im Augenblick sicherlich sehr populär. Was soll ich allerdings davon halten, wenn der Bundesrat – die Mehrheiten dort sind bekannt – am Ende der Debatte das Ziel des Verbraucherschutzes aus dem EnWG–Entwurf herausstreicht. Das ist nicht nur ein Widerspruch, das ist nicht nur als populistisch zu entlarven, sondern das ist auch das Gegenteil von dem, was wir jetzt brauchen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Die Debatte ist zurzeit von Schuldzuweisungen geprägt; auch dafür war diese Rede ein Beispiel. Frau Wöhrl, Sie machen es sich furchtbar einfach, wenn Sie mit auf diesen Zug springen und glauben, Sie könnten dieser Bundesregierung die Preisentwicklung der letzten Jahre sozusagen ans Bein binden.

   Fangen wir mit den Kosten an, die Sie – zu Recht – angesprochen haben: im Wesentlichen Kosten für eine ökologische Energiepolitik, die wir mit unseren Gesetzen verursacht haben. Wir stehen dazu. Wir glauben, dass das die richtige Politikrichtung ist. Es ist übrigens eine Richtung, die von Ihrer Regierung vorgegeben worden ist. Wir haben den eingeschlagenen Weg allerdings deutlich präzisiert.

   Wir stehen zu dem Erneuerbare–Energien–Gesetz. Wir sagen: Mit den erneuerbaren Energien, das heißt mit dem Einstieg in diese alternative Form der Energieproduktion, steigen wir auch in die Schaffung der Versorgungssicherheit der Zukunft ein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Stichwort „Versorgungssicherheit“ haben Sie genannt; aber über Zukunft haben Sie nicht gesprochen.

   Zur Ökosteuer: Sie wissen sehr genau, dass sie eine Lenkungswirkung entfaltet und dass wir damit seit Jahren ein Stück weit Ressourcenschonung betreiben. Das ist ebenfalls Versorgungssicherheit für die Zukunft. Machen wir uns nichts vor: Die Verbraucher haben ein Interesse an niedrigen Preisen; aber sie haben auch ein Interesse an Versorgungssicherheit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dagmar Wöhrl (CDU/CSU): Die gibt es leider bei Ihnen nicht!)

   Wir erleben zurzeit, welche Schlagzeilen die von einigen EVU angekündigten Preiserhöhungen hervorrufen. Wenn der Strom bei einem Crash einmal nicht aus der Steckdose kommt – das ist in manchen Ländern, auch in unserer unmittelbaren Nachbarschaft, schon einmal der Fall gewesen –, dann sähen die Schlagzeilen anders aus: Dann wird nicht mehr davon gesprochen, dass der Strom möglicherweise zu teuer ist, sondern dann wird sich die Debatte darum drehen, dass der Strom überhaupt nicht mehr verfügbar ist. Auch deswegen planen wir eine Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes sowie die Änderung von Verordnungen und des Handlungsrahmens für den Regulierer. Er soll imstande sein, die Spielräume für Preissenkungen, soweit vorhanden, auszuschöpfen; aber er soll auch für Investitionen in Netze sorgen.

Frau Wöhrl, Sie haben gerade beklagt, dass die Standortpolitik von uns vernachlässigt werde. Ich mache einmal darauf aufmerksam, dass die Wirtschaft auf die beiden Gesetze, die wir in diesem Jahr verabschiedet haben, ganz anders reagiert hat. Sie hat diesen Handlungsrahmen als verlässlich bezeichnet und angekündigt, dass sie investieren wird. Nach Verabschiedung des EEG kam die Ankündigung, zum Beispiel im Bereich der Bioenergien schwerpunktmäßig investieren zu wollen, was gerade auch die Landwirtschaft gewünscht hat. Es wird hier ganz deutliche Fortschritte geben. Auch das ist ein Beitrag zur Versorgungssicherheit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dagmar Wöhrl (CDU/CSU): Und die Verbraucher belastet!)

   Nachdem wir die Rahmenbedingungen für den Emissionshandel geklärt hatten, kamen aus verschiedenen Richtungen – nicht von einem, sondern gleich von einem halben Dutzend Energieversorgungsunternehmen – die Ankündigungen: Ja, wir bereiten jetzt Investitionen in neue Kraftwerke vor. Ich denke, das macht deutlich, dass wir auch die wirtschaftspolitische Dimension von Energiepolitik im Blick haben. In diesem Lande wird wieder in die gesamte Wertschöpfungskette Energie investiert werden und, wenn das Energiewirtschaftsgesetz steht, eben auch wieder in Netze.

(Beifall bei der SPD)

Daran, meine Damen und Herren, hängen natürlich auch in erheblichem Umfang Arbeitsplätze.

   Zurzeit gibt es eine sehr einfach gestrickte Diskussion – wir haben das im Bundesrat verfolgen können – um die Frage, wie denn im Einzelnen die Verordnungen und die Befugnisse des Regulierers im Gesetz ausgestaltet werden sollen. Wir haben ein hohes Maß an Diskussionsbereitschaft bezüglich der Instrumente, allerdings nicht bezüglich des Ziels. Wir wollen im Sinne der Verbraucher die möglichen Preissenkungsspielräume ausgeschöpft sehen, aber das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, sondern Netzsicherheit und damit Versorgungssicherheit in diesem Bereich. Das ist die Vorgabe auch für den Regulierer. Wir werden das durch die Ausgestaltung des Gesetzes, aber auch durch Verordnungen entsprechend deutlich machen.

   Meine Damen und Herren, ich glaube, dass das, was der Bundesrat zu diesem Thema bisher beschlossen hat, in die Irre führt. Jedenfalls ist damit noch nicht das Ziel erreicht, das wir anstreben. Da wird so getan, als wäre das Ex-ante-Prinzip ein Allheilmittel, während ein Ex-post-Vorgehen nicht funktioniere. Ich möchte einmal darauf aufmerksam machen, dass es eine Ex-ante-Regulierung auf Länderebene seit Jahrzehnten gibt. Wir diskutieren ja heute darüber, welche Ergebnisse das gezeitigt hat, nämlich offenbar nicht die gewünschten, sonst hätten wir andere Preisniveaus. Sie wissen, dass es in einigen Ländern relativ gut funktionierende Preisaufsichten gegeben hat, in anderen aber nicht. Einige Länder wie Baden-Württemberg und Hessen steigen sogar aus der Preisaufsicht aus. Da muss man sich schon fragen, wie man angesichts dessen die Chuzpe haben kann, zu beschließen, Ex-ante-Preisaufsicht auf Länderebene einzuführen, um die vorhandenen Preisspielräume zugunsten der Verbraucher auszuschöpfen. Das funktioniert nicht; das hat in der Vergangenheit nicht funktioniert. Wir brauchen hierfür eine bundeseinheitliche Vollzugsbehörde. Ich denke, wir werden sie auch bekommen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Meine Damen und Herren, wir werden in den nächsten Wochen auf Sie, die CDU/CSU-Opposition, zugehen.

(Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Da wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben!)

Wir werden dieses genauso auf Bundestags- wie auf Bundesratsebene tun. Wir werden Ihnen kein Mauseloch lassen. Sie werden nicht nach dem Motto vorgehen können: Vorschläge öffentlich anprangern und Beteiligung an der Suche nach einer konstruktiven Lösung verweigern. Wir lassen Sie da nicht aus der Verantwortung. Ich denke, auch die Bürgerinnen und Bürger lassen Sie da nicht heraus. Die Spielchen nach dem Motto „öffentlich populistische Positionen beziehen und intern dann die Dinge mitmachen, die man mitmachen muss“ werden nicht laufen. Sie werden sich öffentlich zu dem Ergebnis bekennen müssen, was am Ende hoffentlich gemeinsam erzielt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In diesem Zusammenhang mache ich darauf aufmerksam, dass die Wirtschaftsminister der Länder schon einmal weiter waren. Sie wollten nämlich die Ex-post-Aufsicht stärken, wie es auch vom Bundesministerium für Wirtschaft im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgeschlagen worden ist, um Missbräuche zu bekämpfen. Diese sollte durch neue und weitergehende Instrumente flankiert werden, etwa durch einen Einstieg in ein Vergleichsmarktverfahren und eine Anreizregulierung. Ich glaube, dass es genau der richtige Weg ist, auf ein solches Kombinationsmodell zu setzen. Ich plädiere dafür, konstruktiv miteinander darüber zu reden, wie man das im Einzelnen ausgestalten muss. Ich glaube, dass wir an dem Modell eines kostenbasierten Entgelts nicht vorbeikommen; man wird es aber so ausgestalten müssen, dass am Ende wirklich vernünftige, angemessene Netzentgelte herauskommen.

   Man wird die Missbrauchsaufsicht, so wie im Gesetz vorgeschlagen, stärken müssen durch zusätzliche Ermittlungsbefugnisse, Mitwirkungspflichten aufseiten der Netzbetreiber, kurze Verfahrensfristen, Beweislastumkehr und Sofortvollzug. Das ist dann kein zahnloser Tiger, sondern eine ganz andere Missbrauchsaufsicht, als wir sie bisher kennen. Sie muss aber flankiert werden. Ich denke, mit einem vernünftig strukturierten Vergleichsmarktverfahren wird man die schwarzen Schafe sehr schnell herausfiltern und in der Tendenz dafür sorgen können, dass die Entgelte zügig sinken.

   Aber eines sollten wir den Bürgerinnen und Bürgern nicht vormachen: Wir sollten nicht so tun, als sei der Preisspielraum nach unten sozusagen beliebig groß. Wir können in den Netzen einiges bewirken. Aber wir haben auch andere Kostenfaktoren, einerseits politisch gewollte, wie ich gerade gesagt habe, ökologische, die bei den Bürgern eine hohe Akzeptanz haben, und andererseits produktionsbedingte. Ich nenne hier beispielsweise die Kraftwerke, die Rohstoffe sowie die Primärenergien. Da geht die Preiskurve eher nach oben. Das ist von uns nicht zu beeinflussen, sondern das hat etwas mit der Situation auf den internationalen Märkten, insbesondere mit der Entwicklung in China, zu tun. Deswegen müssen wir den Leuten ehrlich sagen: Wir versuchen, die Preise im Griff zu behalten, aber es wird keine endlose Entwicklung nach unten geben, weil es Faktoren gibt, die in eine andere Richtung weisen.

   Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir mit dieser Einstellung an die weitere Arbeit herangehen, dann werden wir auch – da bin ich sicher – ein vernünftiges Modell zustande bringen, über das wir möglicherweise schon im Dezember abschließend beraten können. Ich fordere Sie auf: Machen Sie mit und verweigern Sie sich nicht!

   Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Das Wort hat die Kollegin Gudrun Kopp, FDP-Fraktion.

Gudrun Kopp (FDP):

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren und Damen! Wir stehen heute vor der riesengroßen Aufgabe, die derzeitige energiepolitische Geisterfahrt der rot-grünen Bundesregierung zu beenden.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   1998 haben wir als FDP die Deregulierung mit den entsprechenden Erfolgen für die Wirtschaft und die Privatverbraucher angestoßen. Heute brauchen wir dringend eine Politikfolgenabschätzung der bisherigen Energiepolitik von Rot-Grün. Dazu nenne ich Ihnen ganz kurz ein paar Zahlen, die Sie sich einmal vor Augen halten müssen. Für die Industrie sind vom ersten Halbjahr 2000 bis zum ersten Halbjahr 2004 die Strompreise um 49 Prozent und die Gaspreise um 20 Prozent gestiegen. Bei den privaten Haushalten sieht es noch finsterer aus: In den letzten zehn Jahren sind die Strompreise um 8,5 Prozent, die Erdgaspreise um 55,2 Prozent und die Heizölpreise sogar um fast 73 Prozent gestiegen.

(Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und woher kommt das?)

Derzeit beläuft sich die Gesamtlast von Steuern und Abgaben auf Energie pro Kopf auf jährlich 600 Euro. Das ist enorm.

   Man muss sich einmal vor Augen führen, wie wichtig die Energiewirtschaft für Deutschland ist. Wir sprechen hier von einem großen Markt mit 320 000 Beschäftigten und einem geschätzten Umsatz von 90 Milliarden Euro. Deutschland ist im Energiebereich der größte Verbrauchermarkt in der EU; es handelt sich um eine Riesendimension. Welche Rahmenbedingungen die Politik für die Energiewirtschaft vorgibt und wie sie die Stellschrauben dreht, ist äußerst entscheidend.

(Beifall bei der FDP)

   Wettbewerbsfähigkeit, Preisgünstigkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit, das sind die vier Ziele, die wir als FDP verfolgen. Wir legen Ihnen heute sechs Initiativen, sechs Anträge der FDP-Bundestagsfraktion vor, mit denen wir ein weiteres Mal versuchen, Sie dazu zu bringen, hier ein Energieprogramm einzubringen und damit Ihre Zielsetzung anzugeben.

(Beifall bei der FDP)

   Wir betonen in unseren Anträgen, dass es wichtig ist, am Energiemix festzuhalten. Dazu gehören fossile Energien und erneuerbare Energien. Aber für diese Energien müssen marktwirtschaftliche Kriterien gelten. Es darf keine dauerhaften Steuervergünstigungen geben, die nur zu einem Preisanstieg und zu Unsicherheiten hinsichtlich der Versorgung führen. Zu dem Mix gehört natürlich auch die Kernenergie. Wir werden auch in Zukunft auf die Kernenergie unter anderem mit Blick auf den Klimaschutz nicht verzichten können.

   Ich erinnere Sie von Rot-Grün daran, was der frühere Wirtschaftsminister Müller seinerzeit in einem Papier festgehalten hat, das nur intern – es durfte nicht öffentlich werden – im Umlauf war. Dort hieß es, dass Kosten in Höhe von 250 Milliarden Euro entstünden, wenn – wie Rot-Grün das möchte – bis zum Jahre 2020 der Anteil der Kernenergie in Höhe von 30 Prozent durch erneuerbare Energien komplett ersetzt würde. Das ist schlicht nicht finanzierbar und deshalb vollkommen illusorisch.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Hinsichtlich der Politikfolgenabschätzung und der Technikfolgenabschätzung muss man Rot-Grün die Note sechs geben.

(Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Oberlehrerin!)

   Herr Minister Clement, ich spreche Sie hier persönlich an: Versuchen Sie alles, um sich im Streit mit Herrn Trittin durchzusetzen, damit am Standort Deutschland die Energiewirtschaft eine Chance hat, die Verbraucher Versorgungssicherheit haben und die Energie auch in Zukunft bezahlbar ist. Die Aufsplittung der Zuständigkeit für die Energiepolitik zwischen dem Bundesumweltministerium und dem Bundeswirtschaftsministerium ist ein Dilemma und fatal, wie wir an der Geisterfahrt nach dem Motto „Heute so, morgen so“ erkennen können. Keiner weiß, wer sich an welcher Stelle durchsetzt. Das ist eine Bedrohung für unsere Arbeitsplätze und daher nicht förderlich für unsere wirtschaftliche Entwicklung.

(Beifall bei der FDP)

   Wir wissen, dass die Staatseingriffe dringend minimiert werden müssen. Herr Minister Clement, ich fordere Sie auf, dafür zu sorgen, dass der in nächster Zeit dringend erforderliche Kraftwerksneubau – man rechnet bis 2020 mit Investitionen in einer Höhe von etwa 40 Milliarden Euro – vorangebracht wird. Investitionen werden nur getätigt, wenn die Rahmenbedingungen stimmen; sonst können wir sie abhaken. Energiemärkte lassen sich nicht steuern. Sie müssen sich vielmehr entwickeln können.

   Wir hätten uns eine echte Wettbewerbsbehörde, nämlich das Bundeskartellamt, zur Regulierung des Energiemarktes gewünscht.

(Beifall bei der FDP)

Sie ist leider nötig. Jetzt jedoch kommt es zu einem enormen Personalaufbau bei der Regulierungsbehörde. Das geht zulasten der Wirtschaft und zulasten der Verbraucher. Hier wird kräftig zugelangt.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Frau Kollegin, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.

Gudrun Kopp (FDP):

Ich komme zum Schluss.

   Wir wünschen uns eine Methodenregulierung. Diese Regulierung nützt dem Markt. Sie befördert Markt und Wettbewerb und nicht politische Ideologien.

   Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Das sollten Sie sich einmal zu Herzen nehmen!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Nächste Rednerin ist die Kollegin Michaele Hustedt, Bündnis 90/Die Grünen.

   Darüber hinaus muss ich Ihnen eines sagen: Wir haben Wettbewerb; wir wollen Wettbewerb.

(Dagmar Wöhrl (CDU/CSU): Ihr wisst doch gar nicht, was dieses Wort heißt!)

Das heißt aber auch, dass man nicht mehr wie in Monopolzeiten mit den Stromkonzernen über einzelne Investitionen in einzelne Kraftwerke redet. Vielmehr muss die Wirtschaft innerhalb bestimmter Rahmenbedingungen – das sind der Atomausstieg, die Förderung erneuerbarer Energien, der Emissionshandel und die Versorgungssicherheit – eigenständig danach entscheiden, was am ökonomischsten ist. Das ist der richtige Weg.

(Gudrun Kopp (FDP): Für welchen Preis?)

   Jetzt komme ich auf die Kosten zu sprechen. Hier argumentieren Sie – ich muss das einmal so formulieren, auch wenn es kein parlamentarischer Ausdruck ist – mit absolut blödsinnigen Zahlen. Ich fange einmal an: Die Mehrwertsteuer bzw. die Konzessionsabgabe ist keine Erfindung der Grünen. Die gab es schon immer

(Dagmar Wöhrl (CDU/CSU): Das habe ich gesagt: Wir haben 25 Prozent gehabt!)

und die werden Sie, falls Sie unwahrscheinlicherweise jemals wieder regieren werden, nicht abschaffen. Damit reduzieren sich die Belastungen, die Sie genannt haben, von 40 auf 15 Prozent.

(Dagmar Wöhrl (CDU/CSU): Ist die Mehrwertsteuer keine staatliche Belastung? So ein Stuss!)

   Jetzt komme ich auf die Ökosteuer zu sprechen. Frau Wöhrl, ich schlage Ihnen eine Wette vor – ich bin gespannt, ob Sie sie annehmen –: Ich wette mit Ihnen, dass Sie die Ökosteuer, falls Sie unwahrscheinlicherweise ab 2006 in der Regierung sind, nicht abschaffen werden. Eine Umwandlung in die Mehrwertsteuer gilt natürlich nicht; denn dann kämen wir ja vom Regen in die Traufe. Wissen Sie, warum Sie sie nicht abschaffen? Weil Sie sonst im Haushalt und in den Rentenkassen ein Riesenloch bekommen würden; denn die Ökosteuer wird nicht einfach so erhoben, sondern dient dazu, die Rentenversicherungsbeiträge zu senken. Sie landet also bei den Unternehmen und direkt bei den Bürgern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen werden auch Sie die Ökosteuer nicht abschaffen. Blasen Sie hier also nicht die Backen auf!

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Jetzt komme ich zum nächsten Punkt, zur Förderung der erneuerbaren Energien. Von einem Strompreis von 18 Cent pro Kilowattstunde sind 0,4 Cent für diese Förderung vorgesehen. Das sind 2 Prozent. Ich nenne Ihnen einmal die Ergebnisse der neuesten Umfragen der Elektrizitätswirtschaft. Da wurde gefragt: Was soll in Zukunft gefördert werden? 91 Prozent der Bürger nennen die Sonnenenergie, 72 Prozent die Wasserkraft, 66 Prozent die Windkraft, 9 Prozent die Kohle und 8 Prozent die Atomkraft. Die Förderung der erneuerbaren Energien stößt auf große Akzeptanz in der Bevölkerung. Wir stehen dazu, dass dies etwas kostet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Gudrun Kopp (FDP): Wissen das auch die Bürgerinitiativen?)

   Die Preiserhöhungen, die die Stromkonzerne jetzt angekündigt haben, umfassen das Dreifache der gesamten Kosten, die im Gesetz zur Förderung der erneuerbaren Energien vorgesehen sind. Deswegen sage ich Ihnen: Wir dürfen nicht auf einem Auge blind sein. Wir müssen genau hinschauen und für Wettbewerb auf dem Markt sorgen,

(Gudrun Kopp (FDP): Eben!)

damit keine Monopolpreise erhoben werden.

   Nun ruft auch die CDU/CSU im Bundesrat – die FDP ist ja immer noch für das alte Modell – nach einem starken Schiedsrichter. Dazu kann ich sagen: Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche. Als die rot-grüne Bundesregierung schon lange den Paradigmenwechsel vollzogen und gesagt hat: „Wir müssen vom verhandelten Netzzugang zu einem starken Schiedsrichter in Form des Staates kommen“, haben Sie immer noch dem alten Modell angehangen.

   Im Licht der neuen Debatte und der aktuellen Ankündigung von Strompreiserhöhungen können wir noch einmal über das eine oder andere im Energiewirtschaftsgesetz nachdenken. Aber da halte ich es mit Herrn Hempelmann: Wer die Backen aufbläst, muss auch liefern. Wir werden sehr bald mit Ihnen am Tisch sitzen und nicht nur über Sprüche, sondern über konkrete Konzepte reden. Ich möchte, dass von Ihnen etwas geliefert wird; ansonsten sind Sie unglaubwürdig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Gudrun Kopp (FDP): Als Erstes brauchen wir die Verordnung!)

   Als Letztes möchte ich festhalten: Lassen Sie uns einmal über die ernsthaften Dinge, über die Herausforderungen, vor denen wir wirklich stehen, reden! Nehmen Sie einmal die „Handelsblatt News am Abend“ vom 27. September 2004 und lesen Sie die Überschriften: „Hurrikane kosten Versicherer Milliarden“, „Brentölpreis auf Rekordhöhe“, „Hoher Ölpreis und Ifo-Index trüben Stimmung an der Börse“. Das sind die Probleme, vor denen wir stehen und über die wir uns wirklich Gedanken machen müssen.

   Durch die letzten vier Hurrikane zum Beispiel kamen mehr als 2 000 Menschen ums Leben. In Florida ist ein Schaden von bis zu 25 Milliarden US-Dollar entstanden.

(Dirk Niebel (FDP): Das haben wir als Regierung aber nicht gemacht!)

Die Insel Grenada ist als Staat quasi ausgelöscht. 90 Prozent aller Häuser dort sind beschädigt und vernichtet worden. Das ist eine Herausforderung; das ist der beginnende Treibhauseffekt.

   Ich muss wirklich sagen: Ich vermisse Ihre Konzepte, wie man darauf reagiert.

(Dirk Niebel (FDP): Sie schalten die Atomkraftwerke aus! Meinen Sie, das wird dadurch besser?)

Wir in Deutschland haben nach den USA weltweit die zweithöchste CO2-Produktion. Wir können uns daher nicht auf das zurückziehen, was wir getan haben. Wir müssen handeln.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Deswegen wollen wir die erneuerbaren Energien fördern und durch den Emissionshandel dafür sorgen, dass in wirklich umweltfreundliche Kraftwerke investiert wird.

   Ich sage Ihnen eines: Manche hoffen ja, dass der Ölpreis wieder sinkt. Ich befürchte, dass wir uns auf ein dauerhaft hohes Niveau einrichten müssen. Es gibt zwar unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie viel Öl noch vorhanden ist. Aber wenn das niedrigste Fördermaximum überschritten ist, wird es eine Preisexplosion geben. Außerdem müssen wir uns schon jetzt darauf einstellen – das ist absehbar –, dass die Nachfrage aus Indien, China und anderen Schwellenländern drastisch ansteigen wird, und zwar nicht nur nach Öl, sondern auch nach Gas und anderen Rohstoffen.

(Dagmar Wöhrl (CDU/CSU): Auch nach Kohle! Für alles!)

Zusätzlich müssen aufgrund der Terrorgefahren weitere Investitionen getätigt werden, die den Preis nochmals hochtreiben. Das sind die Punkte, mit denen wir uns auseinander setzen müssen.

   Eine der zentralen Antworten darauf ist es, schrittweise vom Öl weg zu kommen. Das bedeutet, dass wir auf erneuerbare Energien umsteigen müssen, dass wir mit Holzpellets und Solarthermie heizen und nicht mehr mit Heizöl, was sich für die Bürger rechnet, dass wir dem Treibstoff Schritt für Schritt Ethanol beimischen; Brasilien macht uns vor, dass das geht. Wir müssen auch auf synthetische Kraftstoffe, auf dem Acker produziert, setzen und diese Schritt für Schritt in Deutschland einführen, und zwar in Zusammenarbeit mit der Mineralölwirtschaft und der Automobilwirtschaft. Wir müssen auch eine dritte Säule entwickeln und die Abhängigkeit vom Öl vonseiten der chemischen Industrie reduzieren, also auf nachwachsende Rohstoffe vom Acker auch bei der chemischen Produktion setzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Frau Kollegin, Ihre Redezeit!

Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich komme zum Schluss. – Das ist ein Weg, der in die Zukunft weist.

   Ich möchte Sie bitten, anstatt nur Fragen zu stellen, ebenso wie wir eigene Antworten zu entwickeln. Nur dann sind Sie glaubwürdig.

   Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Das Wort hat der Kollege Dr. Joachim Pfeiffer, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich etwas Positives feststellen, und zwar dass das Thema Energie und die damit verbundenen Fragen der Energiewirtschaft und der Energieversorgung wieder zentrale Punkte der politischen Agenda geworden sind. Sowohl Politik als auch Wirtschaft und Öffentlichkeit realisieren wieder, dass eine sichere und wettbewerbsfähige Energieversorgung für Wirtschaft und Verbraucher von zentraler Bedeutung für Deutschland ist. Das ist allerdings auch das einzig Positive, das ich als Ergebnis der rot-grünen Energiepolitik feststellen kann. Ansonsten schadet diese Bundesregierung dem Standort Deutschland durch eine konzeptionslose und leider ideologisch einseitige Politik; das ist heute bereits mehrfach angesprochen worden.

   Herr Hempelmann, ich möchte gerne, weil Sie dies angesprochen haben, zur Versachlichung beitragen. Dazu ist es hilfreich, einmal Zahlen und Fakten zu nennen.

   Es ist Tatsache, dass durch Ihre Politik dem Standort Deutschland geschadet wird. Frau Hustedt, Sie haben gerade versucht, das zu relativieren; das wird aber auch durch mehrfaches Wiederholen nicht wahr. Wir haben heute, im Jahre 2004, in der Summe eine Belastung durch staatliche Abgaben allein im Strombereich von knapp 15 Milliarden Euro.

(Ulrich Kelber (SPD): Frau Wöhrl hat eine andere Zahl genannt!)

– Das war für das Jahr 2003. Dieses Jahr wird sich der Wert inklusive Mehrwertsteuer auf knapp 15 Milliarden Euro belaufen. Das wird nicht einmal vom Kollegen Hempelmann bestritten.

   Dem stehen Liberalisierungs- und Rationalisierungseffekte in einer Größenordnung von 7,5 Milliarden Euro gegenüber, die noch durch die Regierung Kohl initiiert wurden.

   Diese, durch Ihre Politik verursachte drastische Verteuerung des Faktors Energie führt zu einer weiteren Verschlechterung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, zu Wachstumsverlusten und trägt letztlich auch zum Anstieg der Arbeitslosigkeit bei.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Kelber (SPD): Gut abgelesen!)

Sie nehmen den Konsumenten mit dieser Politik Kaufkraft und beschneiden ihre Souveränität. Ich will Ihnen einmal vorrechnen, welche Auswirkungen Ihre Politik hat: Ein Drei-Personen-Haushalt in Deutschland mit einer 100-Quadratmeter-Wohnung und einem PKW – 10 000 km Fahrleistung, Durchschnittsverbrauch von 8,9 Litern – hat durch Ihre Politik pro Jahr über 430 Euro weniger in der Tasche als vorher.

(Ulrich Kelber (SPD): Falsch!)

– Das sind die Fakten, denen Sie sich stellen müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Kelber (SPD): Bewusst unwahr!)

Die so zustande gekommenen Beträge speisen Sie in die staatliche Umverteilungsmaschinerie; zuvor haben Sie sie den Konsumenten weggenommen.

(Ulrich Kelber (SPD): Taschenspielertricks!)

   Diese Bundesregierung schadet durch ihre Politik aber auch dem Standort Deutschland. Ich darf dazu auf das Kompetenzgerangel im Frühjahr verweisen. Der Emissionshandel wurde ja vorhin als positives Beispiel angesprochen. Was ist das Ergebnis? – Einseitige Belastungen für Deutschland; die flexiblen Instrumente, die das Kioto-Protokoll bietet, werden wir, so war heute zu lesen, nicht im notwendigen Umfang

(Ulrich Kelber (SPD): Was?)

– nicht im notwendigen Umfang; jawohl, Herr Kelber, wenn Sie das noch nicht wissen – einsetzen.

(Ulrich Kelber (SPD): Überhaupt keine Ahnung vom Thema!)

– Wollen Sie etwa sagen, dass wir CDM und JI unbegrenzt in Deutschland anwenden?

(Ulrich Kelber (SPD): Ja! So ist das!)

– Das können wir für das Protokoll festhalten.

   Darüber hinaus ist das EEG schon angesprochen worden. Herr Clement, Sie haben ja dankenswerter Weise versucht, im Frühjahr dieses Jahres manchen Unsinn abzustellen, indem Sie die Kosten und die Kosteneffizienz in den Vordergrund gerückt haben. Als Ergebnis muss man leider festhalten: Sie sind als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet. Durch die Novellierung des EEG ist weiterer Unsinn festgeschrieben worden. Ein Beispiel dafür: Sie sprechen ja davon, dass die Solartechnik besonders gefördert werden soll. In diesem Jahr wird die Umlage im Bereich der erneuerbaren Energien drastisch zugunsten der Photovoltaik erhöht, ohne dass dies eine nennenswerte Erhöhung der netzgekoppelten Energieeinspeisung bringt.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Hustedt?

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Ja, gerne.

Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Pfeiffer, erstens habe ich die Frage: Wie hat die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag beim Vorschaltgesetz zum EEG abgestimmt, das ja die Förderung für die Photovoltaik beinhaltet?

(Volker Kauder (CDU/CSU): Waren Sie nicht dabei? Haben Sie gefehlt?)

Zweite Frage: Wie haben die CDU-geführten B-Länder im Bundesrat beim EEG abgestimmt?

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Frau Hustedt, wir haben, wie Sie wissen, dem Photovoltaik-Vorschaltgesetz im letzten Jahr im Bundestag zugestimmt.

(Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aha! Interessant!)

Wir haben das getan, damit kein Bruch entsteht. Wir haben aber gleichzeitig gesagt, dass mit der Novellierung des EEG zum 1. Juli dieses Jahres der Unsinn beendet werden muss.

(Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Noch drei Monate verlängerter Unsinn!)

Mit Photovoltaik wird nämlich im Wesentlichen Technologieförderung betrieben. Selbst Herr Matthes vom Öko-Institut stellt fest

(Abg. Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) spricht mit Abg. Volker Kauder (CDU/CSU))

– hören Sie mir doch wenigstens zu; wenn Sie mir Fragen stellen, dann darf ich sie beantworten, oder? –,

(Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich habe gefragt, wie Sie abgestimmt haben, nicht, wie Ihre Meinung ist!)

dass das, was mit der Photovoltaik im EEG passiert, der falsche Weg ist. Nicht ausgereifte Technologien werden mithilfe eines Preises, der mehr als das Zehnfache des Marktpreises der anderen Energiearten beträgt, in den Markt gedrückt. Stattdessen sollte die technologische Entwicklung vorangetrieben werden.

(Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben aber zugestimmt!)

– Ich habe gerade versucht, Ihnen zu erläutern, warum wir dem Vorschaltgesetz zugestimmt haben: weil wir der guten Hoffnung waren, mit Ihnen für das gesamte EEG zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen. Das ist leider nicht eingetreten.

(Rolf Hempelmann (SPD): Das ist die übliche Antwort! – Volker Kauder (CDU/CSU), zu Abg. Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gewandt: Setzen! Sechs! – Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Peinlich!)

   Jetzt zum Thema Wettbewerb. Herr Clement, Sie haben in der vorletzten Sitzungswoche im Bundestag beklagt, dass die etablierte Energiewirtschaft Abzocke betreibe und im Vorgriff auf die anstehende Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes jetzt noch Kasse machen wolle.

Ich widerspreche gar nicht, dass es hierzu Ansätze gibt. Sie haben aber zugleich verschwiegen, dass Ihr Haus wenig unternommen hat, damit diese EU-Richtlinie – für deren Umsetzung Sie verantwortlich sind –, die den Wettbewerb in den Netzmonopolen dort erzeugen soll, wo er bisher nicht im notwendigen Umfang eingetreten ist, zum 1. Juli dieses Jahres umgesetzt werden konnte. Die Richtlinie hätte zum 1. Juli 2004 umgesetzt werden müssen, aber Sie haben erst Ende Juli eine Kabinettsentscheidung dazu getroffen.

   Auf der einen Seite beklagen Sie mit Krokodilstränen, dass der Wettbewerb nicht groß genug sei. Auf der anderen Seite schlagen Sie nun Instrumente vor, die gar nicht geeignet sind, den Wettbewerb im notwendigen Umfang zu gewährleisten. Hier greife ich das auf, was der Kollege Hempelmann gesagt hat. Ich freue mich, dass er erklärt hat, die Koalition werde auf uns zukommen. Dies ist bisher noch nicht geschehen. Bisher hatten Sie gehofft, Ihren Vorschlag realisieren zu können, der aber überhaupt nicht geeignet ist, den notwendigen Wettbewerb im Netzbereich herbeizuführen. Wir werden uns dem nicht verweigern, sondern im Vermittlungsausschuss, wie wir es beim Telekommunikationsgesetz auch getan haben, konstruktiv mitarbeiten und unsere Vorschläge im Interesse von Wirtschaft und Verbrauchern einbringen, damit wir auf diesem Gebiet mehr Wettbewerb bekommen.

(Rolf Hempelmann (SPD): Aber möglichst einen!)

   Wir wollen die Regulierung auf den Netzbereich beschränken. Wir wollen keine Regulierungen im Bereich der Erzeugung. Dort gibt es bereits Wettbewerb; das können die Privaten in diesem Bereich allein regeln. Wir wollen eine Ex-ante-Lösung, die im Vorhinein Klarheit, Sicherheit und Transparenz schafft. Wir wollen bei den Netznutzungsentgelten – hier sehen wir die größte Krux – weg von der reinen Kostenorientierung und hin zu marktorientierten Preisfindungen, damit wir, auf verschiedene Cluster bezogen, zu Höchstpreisen kommen. Im Ergebnis wollen wir eine schlanke, schlagkräftige Regulierung, die auch im Netzbereich die Mobilisierungseffekte ermöglicht, die dort notwendig sind.

   Dort sind Potenziale vorhanden, die wir heben müssen; darin sind wir uns einig. Nur bewegen sich diese Potenziale – deshalb habe ich vorhin die Zahlen noch einmal genannt – leider nur in einer Größenordnung von einem Fünfzehntel oder höchstens einem Zehntel dessen, was Sie durch staatlich verursachte Abgaben auf den Strompreis an Mehrbelastung geschaffen haben. Das müssen Sie den Bürgern und der Wirtschaft in diesem Lande auch einmal sagen. Sie dürfen sich nicht nur einseitig das heraussuchen, was Ihnen gerade in den Kram passt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

   Frau Wöhrl hat bereits angesprochen – ich vertiefe es an dieser Stelle –, dass Sie Deutschland auch dadurch schaden, dass Sie kein geschlossenes und in sich stimmiges Energiekonzept haben.

(Rolf Hempelmann (SPD): Das tut uns aber weh!)

Alles andere stimmt nicht. Das letzte Energieprogramm einer Bundesregierung stammt von der Regierung Kohl.

(Lachen bei der SPD)

– Ja, vom Anfang der 90er-Jahre.

(Ulrich Kelber (SPD): 1981, Regierung Schmidt!)

– Das stimmt doch überhaupt nicht. Herr Kelber, lesen Sie es einmal nach! Das ist doch dummes Geschwätz. Das ist nicht nur dumm und dämlich, das ist schon völlig unerträglich. Wenn ich Sie so sehe und höre, fällt mir immer der Satz ein: Nur die dümmsten Kälber wählen ihren Schlächter selber.

(Ulrich Kelber (SPD): Das war ein Pfeifen im Wald!)

   Bei der Energiepolitik verfolgen Sie die Strategie „rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“. Ihre Energiepolitik gefährdet in diesem Land 600 000 Arbeitsplätze in den energieintensiven Branchen. Demgegenüber sind die von Ihnen mit Jubelfanfaren begrüßten Arbeitsplatzgewinne bei den erneuerbaren Energien leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein. In der Summe gefährden Sie mit Ihrer Energiepolitik den Standort Deutschland.

Lassen Sie mich noch etwas zum Energie-Mix und zur CO2-Reduktion sagen. Frau Hustedt, wir sind übereinstimmend der Meinung, dass die CO2-Emissionen reduziert werden müssen. Diese CO2-Reduktion darf aber nicht ideologisch betrieben werden; vielmehr muss sie kosteneffizient verfolgt werden. Wie können wir mit den vorhandenen Mitteln das CO2 am meisten reduzieren? Fakt ist eben: Wenn wir bestehende Kraftwerke – auch solche für fossile Brennstoffe – optimieren, kostet die Reduzierung des CO2-Ausstoßes je Tonne ungefähr 5 Euro. Im Bereich der erneuerbaren Energien bewegen wir uns beim heutigen Stand der Technik – es ist ja richtig, dass dies in 20 Jahren anders sein könnte – bei der Windkraft in einer Größenordnung zwischen 90 und 110 Euro je Tonne und bei der Photovoltaik bei 500 Euro je Tonne. Auf diesem Wege zu reduzieren ist alles andere als kosteneffizient; es liegt auch nicht im Interesse der Ökologie. Sehen Sie das doch endlich einmal ein und versuchen Sie es mit uns gemeinsam umzusetzen, statt es abzulehnen, weil es ideologisch nicht in Ihren Instrumentenkasten passt oder Ihren politischen Zielsetzungen widerspricht.

   Lassen Sie mich auch noch etwas zum Thema Kernenergie sagen. Es ist schon erstaunlich, wie Sie die Augen verschließen und Vogel-Strauß-Politik betreiben. Vorhin wurde der Weltenergiegipfel von Sydney angesprochen. Vielleicht können Sie, Herr Clement, als zuständiger Ressortminister nachher etwas dazu sagen, warum kein Vertreter der Bundesregierung bei diesem Weltenergiegipfel war; alle anderen Länder waren dort vertreten.

(Ulrich Kelber (SPD): Alle anderen?)

Auf diesem Gipfel wurden nicht nur Szenarien für die Entwicklung des weltweiten Energieverbrauch diskutiert, sondern es wurde auch festgestellt, dass wir mit unserem Ausstieg aus der Kernenergie in der Welt ziemlich allein dastehen. Sie versuchen uns einzureden, dass wir in Deutschland an der Spitze der Bewegung seien. Das Gegenteil ist der Fall. Wir bzw. Sie sind in diesem Fall die letzten Mohikaner.

(Wilhelm Schmidt (Salzgitter): Lächerlich!)

Selbst in Europa, in Schweden und in Finnland, werden jetzt – nicht zuletzt aus dem genannten Grund der Kosteneffizienz bei der CO2-Reduktion – der Ausbau von bestehenden Kernkraftwerken und der Neubau solcher Kraftwerke betrieben.

(Ulrich Kelber (SPD): In Schweden?)

– In Finnland, habe ich gesagt. Hören Sie halt zu, Herr Kelber.

(Ulrich Kelber (SPD): Sie haben „Schweden und Finnland“ gesagt!)

– In Finnland findet ein Neubau statt, in Schweden wird der beschlossene Ausstieg aus der Kernenergie nicht umgesetzt. In China werden neue Kapazitäten errichtet, in den USA werden die Laufzeiten verlängert.

   Das heißt, nicht nur aus Gründen der Versorgungssicherheit, sondern auch aus Gründen der Klimavorsorge wäre es dringend geboten, dass wir hier in Deutschland diesen von Ihnen betriebenen Ausstieg überdenken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Wir verlieren wertvolles technologisches Kapital und fachliches Know-how.

   Ich komme zum Ende. Ich hoffe, dass wir beim Energiewirtschaftsgesetz im Interesse der langfristigen Entwicklung zusammenzufinden. Das ist wichtig und notwendig; die Zahlen sind genannt worden.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege, Sie reden zulasten Ihrer nachfolgenden Kollegen.

(Hubertus Heil (SPD): Zulasten der nachfolgenden Generationen!)

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Wir sind bereit dazu, mit Ihnen im Interesse des Standortes Deutschland an einer langfristigen Energiepolitik zu arbeiten, denn das Schlechteste, das uns passieren kann, ist eine Politik, die alle vier Jahre wechselt, also eine Strategie „rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“. Deshalb brauchen wir eine in sich konsistente, langfristig angelegte Energiepolitik. Wir sind bereit dazu und fordern Sie auf, dies mit uns zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Das Wort hat der Kollege Michael Müller, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Michael Müller (Düsseldorf) (SPD):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man die Beiträge der Oppositionsparteien hört, dann scheint es nur darum zu gehen, dass wir einen großen Plan der Energiepolitik vorlegen müssen. Interessanterweise sagen das gerade die Parteien, die sonst immer so nachdrücklich für den Wettbewerb plädieren. Ich kann das nicht nachvollziehen. Ich glaube auch nicht, dass das der eigentliche Streitpunkt ist. Der eigentliche Streit bezieht sich nicht darauf, ob man ein fertiges Energiekonzept hat, sondern darauf, dass wir in der Energiepolitik völlig unterschiedliche Konzepte vertreten. Sie sind aber nicht bereit, sich wirklich mit unserem neuen Konzept auseinander zu setzen.

(Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Sie haben doch gar keines!)

Der Grund ist einfach: Aus meiner Sicht haben Sie die historische Situation, in der sich die Energiepolitik befindet, nicht begriffen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der eigentliche Streitpunkt liegt darin, dass Sie in der antiquierten Philosophie der Versorgungswirtschaft des 20. Jahrhunderts stehen, aber nicht in der modernen Energiepolitik der Effizienz, der Umweltverträglichkeit und der Nutzung der Solarenergie des 21. Jahrhunderts. Sie sind rückständig; genau dies können wir Ihnen präzise nachweisen.

Meine Damen und Herren, wir sind heute wie nie zuvor an einem Punkt angelangt, an dem sich der Weg der Energiepolitik verzweigt. Unser derzeitiges Energiesystem bewegt sich an der Grenze dessen, was die Erde vertragen kann, obwohl es eigentlich nur auf 1 Milliarde Menschen ausgerichtet ist. Dieses so genannte Dualsystem, das Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde, ist im Kern – um es einmal mit Rockefellers Worten von den „Tränen des Teufels“ zu begründen – nichts anderes als die Herrschaft der Industrieländer über den Rest der Welt.

   Da aber auch der Rest der Welt beginnt, sich zu industrialisieren, stellt sich die Frage: Was machen wir angesichts der Tatsache, dass unser Energiesystem nur auf 1 Milliarde Menschen ausgerichtet ist und höchst verschwenderisch und ineffizient ist, wir aber ein Energiesystem brauchen, das auf 6 bis 7 Milliarden Menschen ausgerichtet ist? An dieser Stelle kommen Sie mit Ihren alten Ansätzen nicht weiter. Hier muss man ehrlich sagen, dass umgebaut werden muss.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das ist der eigentliche Punkt. Sie laufen vor der Aufgabe weg und haben Angst.

   Eines muss man klar sagen: Es gibt keinen Umbau, der nicht teuer ist und der nicht mit Konflikten verbunden ist. Sie können nicht so tun, als ob Sie das Alte einfach fortschreiben können, und dann meinen, das sei modern. Nein, das ist nicht modern! Sie betreiben eine Energiepolitik, mit der Sie genau das fortschreiben wollen, was uns in die Sackgasse geführt hat: die Verschwendungs- und Versorgungswirtschaft. Was wir aber brauchen, ist die Solar- und Vermeidungswirtschaft. Das ist ein völlig anderer Ansatz.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Alles Worthülsen!)

– Nein, das sind keine Worthülsen. Ich empfehle Ihnen, einmal die Berichte der Enquete-Kommission zu lesen. Auch CDU und CSU waren in dieser Frage schon einmal viel weiter. Bei der FDP war das schwieriger und hat dort zu internen Konflikten geführt. Herr Schmidbauer und Herr Lippold von der CDU haben die Position mit vertreten, dass man 40 Prozent einsparen kann. Heute nehmen Sie das nicht mehr zur Kenntnis. Sie reden nur noch über die Angebotsseite, obwohl das eigentlich Interessante die Nachfrageseite ist. Aber was tun Sie an dieser Stelle? Über den Bundesrat, wo Sie die Mehrheit haben, streichen Sie den Verbraucherschutz. Was ist das nur für ein Verständnis von Marktwirtschaft?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   In den letzten Jahren gab es in der Energiepolitik drei ökologische Hauptprobleme: die Umweltproblematik, die Unordnung in den Stoffkreisläufen und die Ressourcenknappheit. Aber jetzt ist die Situation eine ganz andere; denn die Ressourcenknappheit wird zur zentralen ökonomischen Frage. Wenn man meint, wir könnten alles billig machen und die Energiefragen im Wege der so genannten Risikostreuung lösen, wäre das sehr kurzsichtig. Das ist keine Lösung. Wir müssen einerseits die Effizienz- und Einsparpotenziale so weit wie möglich ausnutzen und andererseits den Weg in Richtung Solarenergie gehen. Aber alle Initiativen, die in diesen beiden Bereichen ergriffen worden sind, haben Sie abgelehnt. Das ist die Wirklichkeit. Sie haben sich einer modernen Energiepolitik verweigert. Das ist der eigentliche Punkt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Im Übrigen versuchen wir – Herr Pfeiffer, auch das möchte ich noch sagen, weil Sie es angesprochen haben –, diesen Übergang so sozial- und wirtschaftsverträglich wie möglich zu gestalten. Ich sage noch einmal: Es wird keine billige Energie mehr geben.

(Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Noch einmal 23 Milliarden Euro für die Steinkohle!)

Aber sie muss, soweit es geht, wirtschaftsverträglich und preiswert sein. Mit der billigen Energie ist es allerdings vorbei.

(Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Nicht „billig“, sondern „wettbewerbsfähig“ habe ich gesagt!)

– Ja, aber im Grunde genommen wollen Sie alle Umbaumaßnahmen beseitigen, reden von möglichst billiger Energie und stimmen ein in die Jubelarien der Monopolisten, die in Wahrheit keinen wirklichen Wettbewerb wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Stimmt überhaupt nicht!)

   Wenn Sie über Wettbewerb reden, dann müssen Sie auch über unterschiedliche Energieformen und über den Wettbewerb auf den Energiemärkten sprechen, anstatt nur die Politik anzugreifen, die versucht, in diesem Bereich für mehr Wettbewerb zu sorgen. Das ist doch unser Ansatz.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Wir wollen den Wettbewerb! Das ist es doch, was ich vorhin gesagt habe!)

Ihr Wettbewerbsverständnis ist dermaßen verengt! Zum Thema Wettbewerb gehört auch die Frage, ob man weiterhin die Verschwendungswirtschaft betreibt oder ob man ihr Vermeidungsalternativen entgegenhält. Wettbewerb ist nicht nur eine Frage von Unternehmen, sondern auch eine Frage unterschiedlicher energiepolitischer Ansätze. Aber das haben Sie bis heute nicht begriffen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Wir haben, beispielsweise durch die Ausnahme der export- und energieintensiven Branchen, versucht, den Übergang, soweit es geht, verträglich zu gestalten. Das tun wir auch weiterhin. Richtig ist aber auch: Sie müssen sich in der Grundsatzfrage entscheiden, ob Sie das heutige System fortführen oder ob Sie den Umbau wollen. Dies gilt für alle drei Bereiche.

   Um das einmal auf den Punkt zu bringen: In Saudi-Arabien ist der Höhepunkt der Ölförderung bereits überschritten. Der Druck in den Ölquellen lässt nach. Das ist unbestritten. Wollen Sie trotzdem weiterhin auf die Strategie der grenzenlosen Ausbeutung fossiler Energiequellen setzen?

   Oder: Nach Angaben des VDEW wird in spätestens 25 Jahren die Uransicherheit zu einem riesigen Problem werden, wenn die Atomkraft ausgebaut wird.

Wollen Sie trotzdem Ihren Weg eines Ausbaus der Atomanlagen weiter gehen? Dann sagen Sie aber bitte auch, dass Sie in die Plutoniumswirtschaft wollen. Seien Sie dann auch ehrlich und tun Sie nicht so, als sei das nur eine technische Frage. Der Weg, den Sie dann einschlagen, ist hoch riskant. Da müssen Sie die Konsequenzen auf den Tisch legen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Dasselbe gilt beim Gas, dessen Vorräte begrenzt sind. Es gibt keine realistische Alternative zu unserem Weg: Effizienzsteigerung, Förderung der Solarenergie und Einsparung. Die Potenziale sind klar: 15 Prozent beim Einsparen und, je nach Szenario, 30 bis 40 Prozent bei der Effizienzsteigerung; was die Nutzung von Solarenergie angeht, wurde jede Prognose – auch jene, die Sie aufgestellt hatten – bei weitem übertroffen.

(Ulrich Kelber (SPD): Frau Merkel sprach von 6 Prozent!)

Unsere energiepolitische Linie ist richtig.

   Natürlich ist das nicht einfach und natürlich gibt es keinen goldenen Plan, in dem alles bis zur letzten Kleinigkeit vorher aufgezeigt wird. Es sind aber klare Ziele, eindeutige Prinzipien und grundlegende Regeln. Überall wird das mit großem Interesse gesehen, weil wir als Bundesrepublik in dieser Frage eine Pionierrolle haben. Diese Pionierrolle ist gut für unser Land.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Man muss sich nur eine Zahl der IAEO vor Augen führen: Die IAEO prognostiziert, dass Verbrauch von Öl von 2000 bis 2010 um 20 Millionen Barrel pro Tag steigen wird. Das bedeutet, dass die elf OPEC-Länder 80 Prozent mehr fördern müssten. Wer kann sich das überhaupt vorstellen? Es wäre wahnsinnig, diese Verschwendungswirtschaft fortzuführen. Deshalb ist das, was wir machen, nämlich die Kombination aus Energieeinsparung, Effizienzsteigerung und Förderung der Solarenergie in das Zentrum unserer Bemühungen zu stellen, nicht nur aus Klimaschutz-, sondern auch aus ökonomischen Gründen richtig. Das sind die Märkte der Zukunft.

   Wir begehen einen historischen Fehler, wenn wir nicht aufhören, die ganze Produktivität wie bisher nur am Faktor Arbeit festzumachen. Wir müssen sie auch in der Ressourcenwirtschaft berücksichtigen, die seit jeher ein Motor der wirtschaftlichen Entwicklung war, bisher aber leider viel zu wenig im Interesse der Wirtschaftspolitiker stand. Ein solches Versäumnis würde uns in der Zukunft einholen.

   Der Kurs des Umbaus ist richtig. Lasst uns doch bitte über den Umbau streiten. Natürlich machen wir dabei Fehler; das will ich gar nicht abstreiten. Es ist gar keine Frage: Wenn man neue Wege geht, dann macht man immer auch Fehler.

(Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nur wer nichts macht, macht keine Fehler!)

Es ist aber besser, etwas Neues zu machen, als an etwas festzuhalten, was nicht mehr geht. Deshalb wollen wir auf diesem Weg fortschreiten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Der einzige, der in den USA einmal versucht hat, einen anderen Kurs einzuschlagen, war Jimmy Carter im Jahre 1979 mit seinem Programm „Alternativen zur Verletzbarkeit der Nation“, als er den Ölimport um 40 Millionen Barrel reduzieren wollte. Er ist damals am Widerstand der Industrie gescheitert. Die Folgen der ganzen Geschichte spüren wir bis heute. Es wird nämlich mit immer größerem Aufwand versucht, die Interessen in den Ölregionen zu sichern. Wenn man so etwas tut, kann man nicht von einer friedlichen Welt sprechen, siehe Golfregion.

   Wir können uns über jedes Detail streiten. Lasst uns aber bitte zunächst einmal darüber streiten, ob der alte energiepolitische Kurs noch möglich ist oder ob wir aus gesellschaftspolitischer Verantwortung und aus Verantwortung vor der Zukunft einen anderen Weg gehen müssen, nämlich den, den wir eingeschlagen haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Das Wort hat der Kollege Rainer Brüderle, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)

Rainer Brüderle (FDP):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben in den letzten Tagen einen historischen Höchststand beim Ölpreis gesehen: 50 Dollar je Barrel. In der „Wirtschafswoche“ warnt der amerikanische Ökonom Robert Shiller heute vor einer weltweiten Rezession. Immerhin hat er 2000 das Platzen der Börsenblase prognostiziert. Ich teile diese Sicht zwar nicht, die Energiepreise sind derzeit aber das größte Konjunkturrisiko.

(Beifall bei der SPD)

   Es gibt exogene Faktoren, also Faktoren von draußen, die wir nicht beeinflussen können, und es gibt viele Faktoren, die wir sehr wohl beeinflussen können. Damit müssen wir uns befassen. Die Bahn erhöht ihre Preise, weil die Energiepreise steigen, und die Nebenkosten für Mieter – für Warmwasser und Heizung – explodieren.

Da liegen die Risiken für die weitere Entwicklung.

   Der Grundgedanke Ihrer Energiepolitik ist falsch. Statt die Wahrnehmung aller Wettbewerbsfragen dem Kartellamt zuzuordnen, das die Vorgaben der Europäischen Union in einer Instanz umsetzen könnte, entschließen Sie sich erneut zur Einrichtung einer Sonderbehörde. Bei der Telekommunikation gehen Sie so weit, dass Sie Einzelweisungsrechte des Ministers für den Markt in das Gesetz aufnehmen. Das ist der falsche Ansatz. Sie dürfen sich dann nicht wundern, wenn das Ergebnis entsprechend ist.

(Beifall bei der FDP)

   Die Vorgaben der Europäischen Union werden Sie, wie vorgesehen, zum 1. Januar nächsten Jahres nicht mehr termingerecht umsetzen können. Das werden Sie nicht mehr hinbekommen. Mit der Fusion von Eon und Ruhrgas haben Sie zugelassen, dass ein Wettbewerber einen Marktanteil von 85 Prozent am Gasmarkt hat. Gleichzeitig beklagen Sie sich, dass die Gaspreise steigen. Das ist der Gipfel der Unaufrichtigkeit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie waren dafür!)

Hingefummelt wurde die Genehmigung mit einer Ministererlaubnis, gegen das Kartellamt, gegen die Monopolkommission.

(Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Verlogene Position!)

   Sie steigen ohne Logik aus der Nukleartechnologie aus. Wenn Sie mir nicht glauben, dann hören Sie vielleicht auf den Lieblingsgewerkschafter des Bundeskanzlers, Herrn Schmoldt, Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie. Er fordert, sich die Option der Nukleartechnologie zu erhalten und nicht einfach auszusteigen.

(Beifall bei der FDP – Ulrich Kelber (SPD): Ist Herr Schmoldt Ihr neues Vorbild?)

Sie begeben sich der Möglichkeit eines breiteren Energiemixes. Ich hoffe, dass der Energiegipfel nicht, wie das Bündnis für Arbeit, zu einer Showveranstaltung wird nach dem Motto: Förderst du meine grünen Windrädchen, fördere ich deine rote Steinkohle. Das bringt uns nicht weiter.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es muss grundlegend über die Verwerfungen auf dem Energiemarkt gesprochen werden.

   Sie müssen auch zusehen, dass Europa weiterhin wettbewerbsfähig bleibt. Sie hätten sehr wohl die Vorgaben zur Regulierung, die Sie jetzt umsetzen müssen, verhindern können. Sie sollten auch dafür sorgen, dass sich in Frankreich die Märkte öffnen, dass europaweit Marktstrukturen durchgesetzt werden und ein europäisches Kartellamt eingerichtet wird. Ansonsten wird das Ganze in einer Regulierungsbehörde enden, bei der letztlich nur ein paar politische Problemfälle versorgt werden. Ähnliches haben wir in der Energiewirtschaft immer wieder feststellen müssen.

(Beifall bei der FDP)

   Wenn wir es nicht schaffen, durch eine seriöse Politik im Energiesektor Marktstrukturen auf den Weg zu bringen, werden wir in eine Schieflage geraten, die zu einer weiteren Behinderung des Wirtschaftsstandorts führen wird. Das haben Sie in vielen Sektoren fertig gebracht. Es kann aber nicht funktionieren, einerseits zu sagen, dass es die Marktwirtschaft allein nicht schafft, aber andererseits permanent gegen die Grundregeln der sozialen Marktwirtschaft zu verstoßen.

   Schon die Gründungsväter des neoliberalen Konzepts – als Antwort auf die Nazizeit – Eucken, Hayek, Müller-Armack, Röpke haben vor zwei Dingen gewarnt, vor der Kartellierung, die mit Ihrer Hilfe massiv betrieben wird, und dem, was in der Sprache der damaligen Zeit Punktualismus genannt wurde, nämlich die Intervention in Einzelfällen.

   Herr Clement, Sie sollten im Fall Karstadt redlich sein. Ich habe keine Intervention zugunsten von Karstadt gefordert. Ich habe gefordert, dass Sie den Handel insgesamt unterstützen, indem Sie die Ladenöffnungszeiten freigeben, anstatt diese Regelung in die Föderalismuskommission zu verschieben, den Unsinn mit dem Dosenpfand beenden und eine steuerliche Entlastung so gestalten, dass Nachfrage entstehen kann.

(Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Ach, daran geht Karstadt pleite?)

– Herr Schmidt, wenn Sie eines können, außer dazwischenzurufen, dann ist das Lesen.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege Brüderle, bitte denken Sie an Ihre Zeit.

Rainer Brüderle (FDP):

Ich denke immer an meine Zeit, Frau Präsidentin.

   Ich bedanke mich.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Ihre Zeit ist schon vor Jahren abgelaufen!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Das Wort hat der Kollege Reinhard Loske, Bündnis 90/Die Grünen.

Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich hätte gerne noch erfahren, was die Karstadt-Krise mit dem Dosenpfand zu tun hat. Schade, dass uns das nicht mehr zuteil geworden ist!

   Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will hier eine sehr erfreuliche Mitteilung vortragen, die gegen 12 Uhr über den Ticker gelaufen ist und in einer energiepolitischen Debatte genannt werden muss. Dort heißt es:

Die russische Regierung hat den Beitritt zum Klimaschutz-Abkommen von Kyoto gebilligt. Das Protokoll werde dem Parlament zur Ratifizierung vorgelegt, beschlossen die Minister am Donnerstag auf einer Kabinettssitzung in Moskau.
(Beifall im ganzen Hause)

   Ich glaube, das ist eine sehr gute Nachricht. Dazu kann man nur sagen: Es war gut, dass wir alle uns dafür eingesetzt haben: der Deutsche Bundestag, die Bundesregierung und vor allen Dingen der Bundeskanzler selber und Bundespräsident Rau.

Ich glaube, dass der internationale Klimaschutzprozess jetzt wieder einen Take-off vollzieht, also Wind unter die Flügel bekommt, und das brauchen wir. Deswegen müssen wir – damit will ich unmittelbar an das anknüpfen, was Michael Müller gesagt hat – in Zukunft Klima- und Energiepolitik zusammensehen. Es sind zwei Seiten einer Medaille. Eine Melodie, die Sie hier häufig anschlagen, nach der wir zu den goldenen alten Zeiten zurückkehren, als alles billig, billig, billig war, können wir einfach vergessen! Wir stehen vor Problemen und vor Gestaltungsaufgaben, die wir nicht mit billiger Polemik aus der Welt schaffen können. Das möchte ich noch einmal an die Adresse der Union und der FDP sagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

   Wenn man volkswirtschaftlich argumentiert und sagt, man wolle erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Energieeinsparung fördern – bei allem unterstützen Sie uns nicht –, heißt das doch im Grunde nichts anderes, als dass wir teure Ölimporte durch inländischen Ingenieursverstand, durch inländische Handwerksleistungen und durch inländische Industrieproduktion ersetzen. Wir sind von dieser Strategie der Energieeffizienz so sehr überzeugt, weil sie sowohl beschäftigungspolitisch als auch klima- und energiepolitisch gut ist. Das ist ein wichtiger Unterschied zwischen uns.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

   Herr Pfeiffer, Sie haben vorhin die Frage von Frau Hustedt nicht beantwortet. Sie hat gefragt, wie der Bundesrat in Sachen Eneuerbare-Energien-Gesetz abgestimmt hat. Wenn Sie geantwortet hätten, hätten Sie sagen müssen, der Bundesrat habe zugestimmt, weil er im Gegensatz zur Bundestagsfraktion der CDU/CSU erkannt hat, dass das EEG ein gutes und wichtiges Gesetz ist. In Zukunft werden Sie nackt dastehen; einige Länder werden nicht nackt dastehen, weil sie am Ende des Tages, wenn abgerechnet und geprüft wird, was durch dieses Gesetz bewirkt worden ist, gern auf der Seite der Gewinner sein möchten. Ich habe auch gar nichts dagegen, ich habe mich sehr darüber gefreut.

   Als dritten Punkt möchte ich den Wettbewerb ansprechen, den zu Recht auch Herr Brüderle gerade schon angesprochen hat. Im Moment tun wir im Prinzip nichts anderes, als einen Ordnungsrahmen zu schaffen. Wir kommen weg von der Tradition der Energiepolitik, bei der der große Staat mit der großen Industrie große Absprachen getroffen hat, häufig unter Beteiligung der großen Gewerkschaften, manchmal allerdings zu Lasten Dritter. Wir kommen jetzt zu einem geregelten Ordnungsrahmen. Der Staat zieht sich zurück und wir kommen auch ein bisschen weg von dem Korporatismus. Wir brauchen – das ist für uns wichtig – fairen Wettbewerb. Wir brauchen und wollen in Zukunft keine Monopolgewinne. Wir wollen aber Investitionen und Planungssicherheit. Darauf haben die Unternehmen einen Anspruch; das ist sehr wichtig, wie Rolf Hempelmann eben zu Recht gesagt hat.

   Ich möchte aber noch einmal die Notwendigkeit eines Wettbewerbs um Qualitätsziele betonen. Es geht nicht darum, die Illusion zu schüren, es könne alles immer billiger werden, sondern es geht darum, einerseits Investitionen sicherzustellen und andererseits Monopolrenditen zu verhindern. Das ist unsere Gestaltungsaufgabe, bei der wir auch auf Ihre Unterstützung setzen.

   Abschließend möchte ich noch sagen: Ich glaube, es ist ganz wichtig, auch die Verbraucherinnen und Verbraucher verstärkt einzubeziehen. Wir hatten vor wenigen Tagen eine Veranstaltung hier in Berlin, bei der es um das englische Modell ging. Auch wir müssen verstärkt darüber nachdenken, wie wir neben der Regulierungsbehörde, die sehr wichtig ist, die Verbraucherinteressen stärker berücksichtigen können.

   Letzter Punkt: Ihre Forderung, wir brauchten endlich eine Energiestrategie, ist natürlich ein bisschen populistisch, obwohl schon etwas Wahres dran ist.

(Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Aha!)

– Nicht „aha“, nicht immer so billig! – Zurzeit liegen viele Fäden verbindungslos herum. Wir haben Ziele bei den erneuerbaren Energien, bei der Kraft-Wärme-Kopplung und beim Atomausstieg. Es ist schon eine Anstrengung wert, zu versuchen, die Enden dieser verschiedenen Fäden, die in der Landschaft herumliegen, zusammenzubinden, um zu einer integrierten Klimaschutz- und Energiestrategie zu kommen. Diese Strategie brauchen wir in der Tat und wir brauchen auch einen großen Konsens.

   Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Nächster Redner ist der Kollege Professor Dr. Rolf Bietmann, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Rolf Bietmann (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Loske, dass Energiepolitik und Klimaschutz zusammengehören, ist völlig unstreitig; aber das energiepolitische Dreieck, von dem wir sprechen, umfasst auch die Wirtschaftlichkeit. Dieses Argument der Wirtschaftlichkeit scheinen Sie in Ihren Betrachtungen regelmäßig zu vergessen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dirk Manzewski (SPD): Heute haben wir aber darüber gesprochen! – Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wettbewerb hat aber doch etwas mit Wirtschaftlichkeit zu tun!)

Das wundert mich auch nicht, denn bis heute haben es SPD und Grüne nicht geschafft, ein abgestimmtes Energiekonzept der Bundesregierung vorzulegen. Die Interessengegensätze zwischen einem der Steinkohle verpflichteten Wirtschaftsminister und einem auf Windkraft setzenden Umweltminister lassen sich offenkundig nicht überbrücken.

(Rolf Hempelmann (SPD): Wir bekommen beides sehr gut miteinander vereinbart!)

Folge ist ein Ausufern von Fehlentwicklungen mit katastrophalen Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Immer mehr Menschen in unserem Land kapieren, dass diese Politik die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, die Schaffung von Arbeitsplätzen und den privaten finanziellen Bewegungsspielraum der Bürger einschränkt.

Die Bürger werden das staatliche Abkassieren über den Strompreis nicht mehr mitmachen.

   Grundlage für eine nachhaltige Energieversorgung in Deutschland muss ein ausgewogener Energiemix sein. Hierzu gehört, dass einzelne Energieträger weder privilegiert noch willkürlich ausgegrenzt werden. Es müssen vielmehr alle Optionen für die Nutzung der verfügbaren Energieträger offen gehalten werden, gerade wegen der Ressourcenproblematik, Herr Kollege Müller. Hierzu zählen sowohl die erneuerbaren Energien als auch die Kernenergie. Immer deutlicher wird, dass die mit dem Beschluss über den Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie verbundene Vision über die Zukunft der deutschen Energiepolitik scheitern wird. Bis heute hat die Bundesregierung die Frage nicht beantwortet, Herr Minister Clement, wie 30 Prozent der deutschen Stromerzeugung wirtschaftlich und klimaverträglich ersetzt werden können. Wer die Antwort darauf nicht geben kann, der muss über den Ausstiegsbeschluss nachdenken.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber (SPD): Das stimmt doch nicht! Natürlich ist das beantwortet!)

– Sie wollen doch wohl nicht glauben, dass Sie tatsächlich mit erneuerbaren Energien, deren Anteil, wenn alles gut läuft, auf 12,5 Prozent gesteigert werden kann, den Ersatz für den Ausfall von 30 Prozent Kernenergie leisten können.

(Michael Müller (Düsseldorf) (SPD): Sie kennen die Szenarien doch gar nicht!)

Sie glauben doch nicht, dass der Kraftwerkspark in Deutschland, der ohnehin in den Jahren 2010 bis 2020 mit einem Kostenaufwand von 40 bis 50 Milliarden Euro erneuert werden muss, über dieses Maß hinaus erneuerungsfähig ist. Das glauben Sie selbst nicht. Sie führen uns in eine energiepolitische Sackgasse und damit schaden Sie dem Standort Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Müller (Düsseldorf) (SPD): Lesen Sie mal! Wir sind viel weiter! – Ulrich Kelber (SPD): Haben Sie die Szenarien der Enquete-Kommission gelesen oder nicht?)

   Die Union hat sich zu den erneuerbaren Energien bekannt. In den letzten Jahren konnten große technische Fortschritte und Effizienzsteigerungen erzielt werden. Ziel der Förderung muss es sein, neue Anreize zur Weiter- bzw. Neuentwicklung zu schaffen und gleichzeitig die erneuerbaren Energien möglichst schnell zu Wirtschaftlichkeit hinzuführen, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dabei muss eine Verzahnung mit anderen Instrumenten – das ist ganz entscheidend für die Zukunft – wie dem Emissionshandel und der Ökosteuer im Rahmen eines langfristigen, in sich geschlossenen energiepolitischen Konzeptes erfolgen. Die derzeitige Praxis der Überförderung von Windkraftanlagen an windgünstigen Standorten und der gleichzeitige Ausbau von windungünstigen Standorten sind weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll.

   Ich sage aus langjähriger Kenntnis von kommunaler Politik, dass insbesondere unsere bereits industriell geprägten großen Städte heute über das Bundesbaugesetzbuch gezwungen werden, letzte verfügbare Freiflächen als privilegierte Vorhaben für Windparkanlagen und nicht für die Freizeit der Menschen zur Verfügung zu stellen. Das ist für mich ein nicht nachvollziehbarer politischer Unfug.

(Ulrich Kelber (SPD): Quark!)

Die Förderung erneuerbarer Energien muss sich an den Kriterien Wirtschaftlichkeit und Effizienz und darf sich nicht an der wirtschaftlichen Beglückung kapitalstarker Fondsanleger für Windkraftparks orientieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   Frau Hustedt, Sie haben die Photovoltaik angesprochen. Das ist ein spannendes Thema. Mit der Förderung, die wir zurzeit in der Bundesrepublik Deutschland praktizieren, erleben wir in der Tat einen Boom.

(Gudrun Kopp (FDP): Zu welchen Preisen?)

Nur, dieser Boom führt dazu, dass Solarzellen in Deutschland nicht hinreichend produziert und aus Japan importiert werden. Ihr Förderungsprogramm für Photovoltaik

(Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben zugestimmt!)

ist das beste Wirtschaftsförderungsprogramm für Photovoltaik in Japan, aber leider nicht in Deutschland. Das ist die Realität, mit der wir es zu tun haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Wir brauchen eine neue Energiepolitik in Deutschland mit verlässlichen Rahmenbedingungen. Energiewirtschaft ist eine der Schlüsselindustrien unseres Landes. Darum darf sie nicht länger Experimentierfeld einer konzeptionslosen Politik sein.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zusatzfrage des Kollegen Kelber?

Dr. Rolf Bietmann (CDU/CSU):

Von Herrn Kelber immer.

Ulrich Kelber (SPD):

Vielen Dank. – Es gäbe viele Zwischenfragen, aber ich beschränke mich auf eine. Sie haben den Kapazitätsausbau in der Photovoltaikindustrie angesprochen. Ist Ihnen bekannt, dass die deutschen Firmen bis Ende 2006 eine Vervierfachung der Kapazitäten in Angriff genommen haben? Ein Beispiel ist das Bonner Unternehmen Solar-World, das in Sachsen produziert.

Dr. Rolf Bietmann (CDU/CSU):

Herr Kelber, mir ist insbesondere bekannt, dass deutsche Banken und deutsche Sparkassen Programme aufgelegt haben, die da lauten: Wenn du Photovoltaik finanzierst und dies über uns kreditieren lässt, dann haben wir nach zehn Jahren die Finanzierung deiner Maßnahme gesichert und in weiteren zehn Jahren können wir aus dieser Förderung der Photovoltaik deine Rente mitfinanzieren.

(Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So billig!)

Das ist ein falscher Förderungsansatz und das wissen Sie auch.

   Hinzu kommt, dass der gerade entstehende Boom – das ist unbestreitbar – der deutschen Wirtschaft nur bedingt zugute kommt, weil zurzeit japanischen Solarzellen den Markt beherrschen, die in der Bundesrepublik Deutschland massiv eingesetzt werden. Wir fördern durch diese Politik massiv den Wirtschaftsstandort Japan, aber nicht den Wirtschaftsstandort Deutschland.

(Beifall des Abg. Dirk Niebel (FDP) – Ulrich Kelber (SPD): Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet!)

   Energiepolitik ist Klimapolitik. Das ist keine Frage. Aber Energiepolitik ist auch Wirtschaftspolitik. Wer Energiepolitik betreibt, muss Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit sinnvoll verbinden. Das funktioniert bei dem Tandem Trittin/Clement nicht. Das ist die eigentliche Problematik der Energiepolitik in Deutschland.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Sie haben kein Konzept, weil Sie die Ministerien nicht zusammenbringen. Das können Sie auch durch noch so schönes Gerede über internationale Zusammenhänge nicht vertuschen, Herr Müller.

(Beifall bei der CDU/CSU – Rezzo Schlauch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Erzählen Sie lieber mal was über Köln!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Das Wort hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement.

(Beifall bei der SPD)

Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit:

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist klar, dass die Energiepolitik jetzt unsere zentrale Aufmerksamkeit erfordert. Wir brauchen in dieser Phase mehr Wachstum und Beschäftigung. Die Energiepolitik muss in diesen Prozess eingebunden werden und ihn nach Möglichkeit unterstützen. Dabei ist es notwendig – darin besteht, wenn ich es richtig sehe, allgemeine Übereinstimmung –, dass die Energieversorgung sicher – das ist in der heutigen Zeit von besonderer Bedeutung –, umwelt- und klimaverträglich und auch wirtschaftlich ist.

   Die gegenwärtige Situation ist von einer weltweit steigenden Energienachfrage und weltweit zunehmenden Versorgungsengpässen geprägt. Deshalb ist es mir unverständlich, Frau Abgeordnete Wöhrl, wie Sie beispielsweise über die Kohle- und Koksfragen so hinweghuschen können; denn in ganz Deutschland – ob in Hessen, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg oder anderswo – stoßen gerade Metall verarbeitende Unternehmen an die Grenzen ihrer Produktionsfähigkeit und warnen ebenso wie der gesamte Mittelstand, der mit Metallverarbeitung zu tun hat, dringend davor, die von Ihnen empfohlene Richtung einzuschlagen.

   Hinzu kommt, dass die Rohstoffpreise steigen. In dieser Situation bewegen wir uns zurzeit.

   Auch mir ist klar, dass eine weitere Verengung unseres Energiemixes keinesfalls eine Antwort sein kann. Wir diskutieren allerdings über unterschiedliche Vorstellungen von Energiemix, Herr Kollege Bietmann. Für uns, die Koalition, ist das Auslaufen der Kernenergie beschlossen. Sie haben die von dem Kollegen Müller angesprochenen Fragen nicht beantwortet. Wie stellen Sie sich den weiteren Fortgang der Kernenergie in Deutschland vor? Sind Sie tatsächlich für die Fortsetzung bzw. das Wiederaufnehmen des Prozesses einschließlich des Einstiegs in die Plutoniumwirtschaft? Wie beantworten Sie die Entsorgungsfrage in Deutschland? Welche Position vertritt die Union in diesem Zusammenhang? Sie verwenden immer wieder die gleichen Vokabeln, sagen aber letztlich wenig Konkretes über die Gestaltung des Energiemixes.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Sie reden ständig von Energieprogrammen. Nennen Sie mir ein Unternehmen in Deutschland, das in die Atomenergie investieren will. Kein einziges Unternehmen ist dazu bereit.

(Widerspruch bei der CDU/CSU)

Sie haben doch jeglichen Schiffbruch in dieser Hinsicht miterlebt. So, wie Sie agieren, ist das in der Opposition möglich. Sie könnten das aber keine einzige Sekunde fortsetzen, wenn Sie Regierungsverantwortung tragen würden.

(Gudrun Kopp (FDP): Selbstverständlich!)

Das ist das Problem.

   Wir haben den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Er wird wie beschlossen stattfinden, und zwar in sehr übersichtlicher Form und in der Weise, dass die Energiepolitik entsprechend angepasst werden kann. Dafür ist der Energiemix – allerdings in anderer Form – notwendig, wie wir ihn im Blick haben. Das heißt, alles andere, das zur Verfügung stehen muss, steht nicht zur Disposition. Im Gegenteil: Ansonsten brauchen wir von allem mehr. Wir brauchen erneuerbare Energien und wollen deshalb bis 2020 ihren Anteil an der Stromversorgung auf 20 Prozent steigern.

   Sie sprechen sich auf der einen Seite für erneuerbare Energien aus – das müssen Sie auch, weil Sie wissen, dass die Bürgerinnen und Bürger dafür sind –, aber auf der anderen Seite polemisieren Sie ständig gegen die Finanzierungsbedingungen, die für die Förderung der erneuerbaren Energien notwendig sind. Wie stellen Sie sich die Finanzierung vor? Ich habe diese Frage schon im Bundesrat gestellt und hätte sie gerne auch von Ihnen beantwortet.

Wie sieht eigentlich Ihr Modell aus? Sie können nicht ständig nur gegen die politische Preisgestaltung polemisieren. Selbstverständlich kostet das alles Geld. Das wissen alle Bürgerinnen und Bürger und sie sind auch bereit, zu zahlen. Aber Sie wollen gerne Ihre bisherige Polemik aufrechterhalten. Das werde ich Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Kopp?

Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit:

Frau Präsidentin, das gestatte ich nicht.

   Wir werden des Weiteren mehr fossile Energieträger einsetzen müssen; denn der Ausstieg aus der Kernenergie erzwingt einen steigenden Anteil der Kohleverstromung. Das wird auch geschehen. Da es so beliebt ist, mit mir die Steinkohle zu verbinden, sage ich Ihnen, Herr Kollege Bietmann: Als Kölner wissen Sie, dass ich mich nicht nur für die Steinkohle, sondern auch – anders als viele Ihrer „mutigen“ Kollegen – für die Braunkohle eingesetzt habe. Wie Sie wissen, wird die Braunkohle nicht subventioniert und ist außerordentlich wirtschaftlich einsetzbar. Wenn wir diskutieren, täte also ein Schuss mehr Fairness Ihrerseits gut.

(Beifall bei der SPD)

   Wir brauchen mehr Klimaschutz. Auch er muss wirtschaftlich betrieben werden. Deshalb brauchen wir zusätzlich zu dem, was ich bereits angesprochen habe, mehr Energieeinsparungen sowie mehr Forschung auf all diesen Feldern, insbesondere in Richtung schadstoffärmerer Kohleverstromung. Wir haben bereits Regelungen zur Förderung der erneuerbaren Energien im Erneuerbare-Energien-Gesetz und Regelungen zum EU-weiten Emissionshandel getroffen. Die Bedingungen, unter denen in Deutschland Energiepolitik betrieben wird – ob Sie das nun Energieprogramm nennen oder nicht; ich bin in der Lage, Ihnen binnen zehn Minuten darzulegen, wie unser Energieprogramm aussieht –, sind für alle absolut klar. Das ist im Grunde genommen in wenigen Sätzen, worum es geht.

   Entscheidend ist natürlich bei allem, dass die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie, und zwar selbstverständlich einschließlich der energieintensiven Unternehmen, erhalten und mit dem Klimaschutz vereinbar bleibt. Das ist die Kunst, die wir vollbringen müssen. Wir sind gegenwärtig dabei, das umzusetzen. Dabei können und wollen wir uns die höchsten Strompreise in Europa nicht leisten. Deutschland ist schließlich keine Insel. Um Marktpreise für Strom- und Gas zu erreichen, müssen wir das Energiewirtschaftsgesetz novellieren. Da der Prozess der Selbstregulierung der Marktkräfte bzw. der Marktpartner, auf den wir bisher gesetzt haben, ausgereizt ist, gehen wir nun zu einem anderen System, dem Regulierungssystem, über. Dieses System ist bereits sowohl im Bundesrat als auch hier im Parlament unter allen Aspekten dargestellt worden.

   Wir sehen einen völlig neuen Rechtsrahmen für die Strompreis- und Gaspreisregulierung vor. Ich denke, dass die von uns vorgeschlagenen Instrumente für die Lösung der spezifischen Probleme in Deutschland maßgeschneidert sind. Es gibt insbesondere klare Entflechtungsvorgaben, die die Neutralität des Netzbetriebs gewährleisten werden, damit es nicht länger heißt: Wer das Netz hat, hat die Macht. Wir müssen mit Gesetzen und Verordnungen zur Netzregulierung für Rechtssicherheit und einheitliche Wettbewerbsbedingungen sorgen. Das wird mithilfe des von uns vorgeschlagenen Benchmarking– und Vergleichsmarktverfahrens – wie es in modernen Kontrollverfahren üblich ist – garantiert. Das bedeutet, dass schwarze Schafe bei der Preisgestaltung sehr rasch identifiziert werden können und dass ein entsprechendes Missbrauchsverfahren eingeleitet werden kann, das sehr wohl Zähne haben wird.

   Diese Aufgabe soll die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post übernehmen. Ich wundere mich ein bisschen über Ihre Einwände dagegen; denn sie ist weltweit als eine außerordentlich erfolgreiche Regulierungsbehörde anerkannt. Sie ist in der Regulierung solcher Prozesse erfahren wie keine andere. Sie wird für die Erfüllung dieser neuen Aufgabe keineswegs mehr Personal benötigen als das Bundeskartellamt, wenn es diese Aufgabe übernommen hätte. Selbstverständlich wird mehr Personal benötigt. Aber wir haben den Personalmehraufwand äußerst knapp kalkuliert, weil wir nicht auf einen solchen Kontrollmoloch setzen, wie Sie ihn offensichtlich vorsehen.

(Beifall bei der SPD)

   Die Effizienz der Missbrauchsverfahren der Regulierungsbehörde ist gesichert. Die Behörde wird über umfassende Ermittlungsrechte verfügen. Es gibt außerdem Mitwirkungspflichten der Netzbetreiber und kurze Verfahrensfristen. Die Missbrauchsentscheidungen der Behörde werden sofort vollzogen. Des Weiteren gibt es umfangreiche Schadenersatzpflichten der Netzbetreiber einschließlich der Pflicht zur Verzinsung vom Schadenseintritt an. Vor allen Dingen hat die Regulierungsbehörde die Möglichkeit, rückwirkend ungerechtfertigte Vorteile, die sich die Energieversorger verschafft haben, über fünf Jahre abzuschöpfen.

   Alles, was wir vorgeschlagen haben, wird aus meiner Sicht zu einer sehr effizienten Regulierung führen. Es ist alles andere als eine Gefälligkeitsregulierung. Es ist aber auch keine Superregulierung.

   Ich hatte schon im Bundesrat das Vergnügen, darstellen zu können, was ich von der so genannten Ex-ante-Prüfung halte. Dieser Begriff soll kernig klingen und das Ganze soll gut gemeint sein. Tatsächlich ist das, was Sie vorschlagen, etwas Superbürokratisches. Das habe ich schon im Bundesrat gesagt. Es handelt sich um etwas völlig anderes als die Regulierung von Post und Telekommunikation. Wenn man die Preisgestaltung von 1 700 Unternehmen im Vorhinein überprüfen will, dann bekommt man eine Superbehörde. Wenn man dann noch davon spricht, dass man Rechtssicherheit schaffen will, dann muss man sich darauf einstellen, dass jedes zweite Verfahren rechtlich angegriffen wird; es wird zu Grundsatzstreitigkeiten kommen. Was Sie vorhaben, ist der absolut falsche Weg.

   Es ist schon darauf hingewiesen worden – ich glaube, von Herrn Kollegen Hempelmann –, dass es in den Bundesländern bei den Genehmigungsverfahren eine solche Ex-ante-Prüfung gibt. Ich selbst war einmal für eine solche Genehmigungsbehörde verantwortlich und weiß, wie zahnlos dieser Tiger in Wahrheit gewesen ist. Deshalb kann ich nicht empfehlen, diesen Weg zu gehen.

   Wir haben eine Anreizregulierung vorgesehen. Sie werden das im parlamentarischen Verfahren diskutieren. Im Bundesrat wird das ebenfalls ausreichend diskutiert. Ich gehe davon aus, dass es zu einer Verständigung kommen kann und muss und dass wir diese Verständigung bei gutem Willen, den ich bei allen Beteiligten voraussetze, auch finden können. Wir müssen hier für eine Regulierung sorgen, nachdem sich der Weg der freiwilligen Selbstverpflichtung als nicht erfolgversprechend erwiesen hat.

   Meine Bitte ist, dass dieser Weg schnell beschritten wird. Wenn man in ungewöhnlicher Weise vorgeht, ist es möglich, hier zum 1. Januar 2005 zu einer Verständigung zu kommen. Wenn es zu einer solchen raschen Verständigung kommt und die Regulierungsbehörde ihre Arbeit so rasch wie möglich aufnehmen kann, ist es für uns und für alle Beteiligten gut.

(Gudrun Kopp (FDP): Wann kommen denn die Verordnungen?)

– Die dazugehörigen Verordnungen werden von nun an Schritt für Schritt erlassen. Ich glaube, am 4. Oktober liegt die nächste vor. Sie werden das natürlich mitgeteilt bekommen. Über diese Verordnungen wird eine ausreichende und vernünftige Diskussion möglich sein.

   Meine Bitte ist: Was man innerhalb von drei Monaten lösen kann, sollte man auch innerhalb von drei Monaten zu lösen versuchen. Das wäre jedenfalls für die Strom- und Gaspreisentwicklung und für den Markt in Deutschland insgesamt gut.

   Lassen Sie mich darauf hinweisen, dass vor diesem Hintergrund die Ankündigungen von Strom- und Gasunternehmen, die Preise und die Tarife zu erhöhen, für die Konjunktur und die gegenwärtige Entwicklung nicht gut sind. Das haben wir in ausreichender Weise deutlich gemacht. Es gibt darüber Gespräche mit den Energieversorgern. Es wird weitere Gespräche geben, nicht zuletzt beim Bundeskanzler. In diesen Gesprächen werden wir die Energieversorgungsunternehmen auch an ihre Verantwortung für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland erinnern und erinnern müssen. Ich bitte sie ausdrücklich darum, auf die angekündigten Strom- und Gaspreiserhöhungen zu verzichten, bis der Regulierer sein Handwerk beginnen und seine Arbeit aufnehmen kann.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich denke, es ist recht und billig, dass dies geschieht.

   Wir müssen in den weiteren Gesprächen darüber reden, wie die Energieversorgungsunternehmen mit den energieintensiven Unternehmen in Deutschland umgehen und wie wir die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Industrie in Deutschland auf Dauer und verlässlich sichern. Das sind sehr wichtige Fragen, die beantwortet werden müssen.

   Die Abfolge ist völlig klar: Wir werden mit den Energieversorgern über die aktuelle Preisgestaltung sprechen, und zwar mit der Aufforderung, ihrer Verantwortung in der gegenwärtigen konjunkturellen Situation gerecht zu werden. Nach den Ankündigungen, die Preise und Tarife zu erhöhen, will die Kartellbehörde klärend tätig werden, um festzustellen – ich begrüße das sehr –, ob Marktmissbrauch stattgefunden hat.

   Wir erwarten, dass mit weiteren Maßnahmen gewartet wird, bis die Regulierungsbehörde in Deutschland ihre Arbeit aufgenommen hat, um die Netzregulierung dann entsprechend vornehmen und um Wettbewerb in den Netzen herstellen zu können. Ich denke, das ist eine vernünftige Abfolge der Schritte. Ich wäre sehr dankbar, wenn dies – bei allen Meinungsunterschieden, die wir nicht überwinden werden – gemeinsam so gesehen werden könnte. Diese Schritte sind eigentlich vor aller Augen. Sie sind erreichbar, insbesondere dann, wenn auch Sie sich unter Zeitdruck setzen lassen und mit dafür sorgen, dass wir dieses Ziel zum 1. Januar 2005 erreichen.

   Herr Professor Bietmann, ich bin davon überzeugt, dass wir die Weichen in der Energiepolitik richtig stellen. Übrigens, dass es Spannungen gibt, beispielsweise zwischen Kabinettskollegen, das finde ich nicht unwichtig. Man schafft Ressorts, beispielsweise für Wirtschaft, Energiepolitik und Umwelt, um solche Spannungen zu haben. Wenn man keine Spannungen möchte, dann braucht man nicht mehrere Ressorts. Verschiedene Ressorts sind notwendig, um bestimmte Konflikte innerhalb einer Gesellschaft auszutragen.

Das ist notwendig und auch richtig. Sie werden das auf kommunaler und auf Landesebene erleben. Ich praktiziere das bis heute und denke, das ist auch absolut richtig.

(Rolf Hempelmann (SPD): Und innerhalb von Fraktionen!)

– Es funktioniert manchmal sogar innerhalb von Fraktionen, wenn auch nur unter Aufwendung von großen Mühen. Im Moment ist davon die Opposition betroffen, wie wir an vielen Fällen feststellen können. Wir haben deshalb Verständnis dafür, dass Sie viel Kraft in diesen Sektor investieren müssen.

   Ich meine, dass wir die Weichen grundsätzlich richtig stellen, auch wenn natürlich über viele Einzelheiten diskutiert werden kann. Es geht um den Erhalt eines breiten Energiemix in Deutschland, und zwar langfristig ohne die Kernenergie. Es geht um einen wachstumsverträglichen Klimaschutz; das ist ein außerordentlich schwer zu erreichendes Ziel, das wir aber immer beachten müssen. Wir brauchen Umwelt- und Klimaschutz; der Weg dahin muss aber wachstumsverträglich sein. Schließlich brauchen wir offene Märkte, auf denen Wettbewerb herrscht. Damit geben wir Investoren die nötige Planungssicherheit.

   Entsprechende Investitionen werden natürlich, um das auch einmal klarzustellen, Frau Kollegin Wöhrl, getätigt werden. Von der Tatsache, dass es solche Investitionen in Deutschland geben wird – ich könnte Ihnen konkrete Beispiele hierfür benennen – und in Milliardenhöhe auch schon gibt, werden all Ihre Sprüche über die angebliche Investitionsunsicherheit, die unsere Energiepolitik verursache, widerlegt. Das ist das Interessante.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

   Sie müssen sich von Ihren Bildern lösen, denn so, wie Sie sie darstellen, stimmen sie nicht. Es wird im Bereich der erneuerbaren Energien in einer Form investiert, wie es sie bisher nicht gegeben hat. Sie haben solche Investitionen mit Ihrer Politik nicht hervorgerufen. Noch viel stärker wird im Bereich der fossilen Energieträger, etwa im Bereich der Braunkohle, investiert werden. Das ist ja im Braunkohleprozess angelegt. Es finden also Investitionen in Milliardenhöhe statt. Ich wäre froh, wenn es sie in anderen Wirtschaftssektoren ebenso gäbe. Auf diesem Feld jedenfalls gehen Ihre Angriffe fehl. Sie folgen hier aus meiner Sicht überholten Bildern. Von diesen sollten Sie sich lösen, jedenfalls dann, wenn Sie auf der Höhe der klimapolitischen und energiepolitischen Diskussion bleiben wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

   Ich wünsche mir, dass Sie ungeachtet dieser Meinungsunterschiede, die ausgetragen werden müssen – das ist auch richtig und wichtig so –, zur Zusammenarbeit bereit sind. Auch im Bundesrat habe ich diese erbeten. Wir werden auf die Länder zugehen und sie dann fragen, ob es noch sinnvoll und zeitgemäß ist, Länderregulierungsbehörden zu unterhalten, wenn es eine schlanke Regulierungsbehörde auf Bundesebene gibt. Wenn man sich von solchen Mischverwaltungs- bzw. Mischbehördensystemen verabschieden will – und das wollen wir ja auch –, dann sollte man so etwas nicht neu aufbauen. Ebenso sollten wir uns über die Form und Art einer effektiven Regulierung verständigen und dafür sorgen, dass diese so rasch wie möglich erfolgt.

   Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin Julia Klöckner, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Julia Klöckner (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Clement, Sie haben eben mit gebremstem Engagement von Ihrer Hoffnung gesprochen, dass man sich über die Frage der Regulierung verständigt. Ich glaube, Sie müssten sich erst einmal mit Ihrem kleinen Koalitionspartner darüber verständigen. Dessen Redner haben heute die Frage, ob es eine Ex-ante- oder eine Ex-post-Regelung geben soll, ganz geschickt umschifft. Sie, Herr Clement, sind gegen eine Ex-ante-Regelung, die Grünen sind für eine Ex-ante-Regelung. Es wäre vielleicht ganz gut, wenn Sie erst einmal schauen, in welche Richtung es gehen soll. Vielleicht ist diese Differenz auch ein Grund, warum heute Herr Trittin und Frau Künast nicht da sind. Haben sie Redeverbot? Ich weiß es nicht.

(Karl-Josef Laumann (CDU/CSU): Ohne die geht es gut! – Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das kann ich Ihnen erklären! – Zuruf von der SPD: Was soll der Quatsch denn?)

   Energiepreise und Standortsicherung haben auch etwas mit der Lage der privaten Haushalte und damit aller Verbraucherinnen und Verbraucher hier in Deutschland zu tun. Die Energiepreise sind erheblich gestiegen. Ich habe hierzu sehr wenig von den Kollegen der SPD gehört. Vielleicht können Sie sich diese Preise sehr gut leisten. Doch dass die Heizölpreise in den vergangenen acht Monaten um fast 30 Prozent angestiegen sind, wird uns alle betreffen: Sie, Herr Minister, uns Abgeordnete und die Bürgerinnen und Bürger. Nur: Von diesen können sich sehr viele dieses nicht so gut wie wir leisten. Sollen die Familien, die die Bundesregierung sowieso schon ziemlich schamlos abzockt,

(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)

jetzt ihre Energiepreise dadurch senken, dass sie die Heizung abstellen oder dicke Wollpullover anziehen?

Das wäre sehr zynisch.

   Energiepolitik ist auch ein Thema des Verbraucherschutzes. Deshalb frage ich mich: Wo ist denn eigentlich Ihre Ministerin Frau Künast, die selbst ernannte Jeanne d’Arc des Verbraucherschutzes, die immer und überall etwas zum Verbraucherschutz sagt?

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)

Man hört diesmal nichts von ihr. Aber ich hätte gern einmal etwas zum Thema Verbraucherpreise von ihr vernommen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Kelber (SPD): Wo ist denn eine steuerliche Belastung beim Heizöl?)

Wo ist sie denn heute? Vielleicht ist sie noch zu sehr mit ihrem Ernährungskongress beschäftigt. Das Energiethema kann man vielleicht nicht so gut populistisch besetzen. Hier geht es ganz klar um Verbraucherinteressen, die unterstützt werden müssen. Deshalb danken wir auch den Verbraucherzentralen, die sich der Verbraucher angenommen haben;

(Ulrich Kelber (SPD): Beim Heizöl?)

auch wir tun das hier.

   Nach sechs Jahren rot-grüner Energiepolitik müssen wir Grundsätzliches hinterfragen. Die Preisspirale bei Strom und Gas wird von ganz klar umrissenen Faktoren nach oben getrieben. Zum einen sind es die gestiegenen Weltmarktpreise für Öl, Kohle und Gas, auf die sich die Bundesregierung allzu gerne beruft. Das darf sie auch. Aber sie sollte ebenso zur Kenntnis nehmen, dass zum anderen die eigenen staatlichen Kosten eine große Rolle spielen; diese werden jedoch allzu gerne unterschlagen.

(Dagmar Wöhrl (CDU/CSU): So ist es!)

   Die Frage nach der Energiepolitik hängt auch mit der Frage zusammen, wofür was Herr Trittin das Geld hinauswirft.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Beispiele dafür gibt es genügend. Seine Politik ist, gelinde gesagt, nur suboptimal für unser Land. Schauen wir uns doch einmal einige Beispiele an.

   Vielleicht waren Sie ja bei der Party dabei oder ärgern sich, dass Sie nicht eingeladen wurden. Jedenfalls hat Herr Trittin, als das Kernkraftwerk in Stade abgeschaltet wurde, eine Party gegeben; auf Steuerkosten gab es eine schöne Torte. Kostenpunkt: 30 411 Euro. Zusätzlich gab es eine Anzeigenserie. Kostenpunkt: 191 000 Euro. Und da sprechen Sie davon, dass wir keinen Spielraum hätten! Für die Bürgerinnen und Bürger gäbe es bei den Steuerbelastungen kaum einen Spielraum; aber für so etwas ist Geld da.

   Wenn wir über den wunderbaren Energiemix reden, der Sicherheit für die Verbraucher bringt, sollten Sie wieder von unten anfangen und logisch diskutieren, statt einfach so reinzublöken, nur weil Sie sich die Energiekosten finanziell leisten können.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Kelber (SPD): Die schlechteste Rede der ganzen Debatte!)

   Hinterfragen müssen wir ganz offen die staatliche Verteuerung von Energie, nicht zuletzt weil diese auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hat. So schwer sind doch die Zusammenhänge gar nicht zu verstehen. Vielleicht hören Sie einmal zu; auch des Lesens sind Sie ja, glaube ich, mächtig.

   Das novellierte EEG hat zu einem Ausbau hoch subventionierter Stromerzeugung geführt. Der politisch gewollte Ausbau der Windkraft bringt zudem erhebliche Kosten mit sich, die an die Bürgerinnen und Bürger weitergegeben werden. Wenn Sie, Frau Hustedt, davon sprechen, dass die überwiegende Zahl der Deutschen auf Windenergie setzt – so ein Windrad ist ja etwas Schönes –, dann klären Sie die Bürgerinnen und Bürger bitte auch über die Windenergie auf

(Michael Müller (Düsseldorf) (SPD): Die sind nicht so blöd wie Sie!)

und sagen Sie, was zum Beispiel ist, wenn es windstill ist; das Gleiche gilt für die Sonnenenergie, wenn die Sonne nicht scheint. Man kann gerne einmal bei Kerzenschein zusammensitzen; aber irgendwann macht das keinen Spaß mehr.

(Zurufe von der SPD: Helau!)

   Es geht um das Portemonnaie unserer Bürgerinnen und Bürger. Ich bin schon etwas erstaunt, dass das hier keine Rolle spielt. Der Strompreis ist in Deutschland doppelt so hoch wie zum Beispiel der in England. Deswegen treten wir dafür ein, dass ex ante reguliert wird, dass nicht ausgebeutet wird, dass es keine Quersubventionen gibt, dass die Verbraucherinteressen vertreten werden und dass der zur Energiedurchleitung notwendige Wettbewerb entsteht, aber auch dafür, dass eine gute Wirtschaftspolitik, eine gute Verbraucherpolitik und eine gute Umweltpolitik vernünftig gebündelt werden, statt das Ganze lediglich einem Ressort zu überlassen, was dazu führt, dass die anderen nur dann reden, wenn es ihnen gerade gut passt.

   Die Union ist auf der Seite der Verbraucher.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Wenn das auch für Sie gilt und Sie die Familien unterstützen und entlasten wollen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu und folgen Sie dem, was auch der Bundesrat gefordert hat. So schwer ist das doch gar nicht!

(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Kelber (SPD): Das war die lustigste Rede der ganzen Debatte!)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:

Ich schließe die Aussprache.

   Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit auf Drucksache 15/3389. Unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrages der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/1349 mit dem Titel „Energiepolitik ist Standortpolitik“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen.

   Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrages der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/367 mit dem Titel „Zukunftsprogramm Energie vorlegen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen.

   Weiterhin empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrages der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/761 mit dem Titel „Stromrechnungen transparent gestalten“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion angenommen.

   Schließlich empfiehlt der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit unter Buchstabe d seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/3389 die Ablehnung des Antrages der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/2760 mit dem Titel „Nationales Energieprogramm vorlegen – Planungssicherheit für Wirtschaft und Verbraucher herstellen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen.

   Tagesordnungspunkte 4 b und 4 c sowie Zusatzpunkt 1: Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 15/823, 15/3509 und 15/3809 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

   Ich rufe die Tagesordnungspunkte 30 a bis 30 g sowie die Zusatzpunkte 2 a und 2 b auf:

30. a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Ausschluss von Dienst-, Amts- und Versorgungsbezügen von den Einkommensanpassungen 2003/2004 (Anpassungsausschlussgesetz)

– Drucksache 15/3783 –

Überweisungsvorschlag:Innenausschuss (f)Verteidigungsausschuss

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und weiterer Gesetze

– Drucksache 15/3784 –

Überweisungsvorschlag:Innenausschuss (f)FinanzausschussAusschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Übereinkommens vom 29. Mai 1990 zur Errichtung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung

– Drucksache 15/3785 –

Überweisungsvorschlag:Finanzausschuss

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gräbergesetzes

– Drucksache 15/3753 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)Innenausschuss

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum EU-Truppenstatut vom 17. November 2003

– Drucksache 15/3786 –

Überweisungsvorschlag:Auswärtiger Ausschuss (f)VerteidigungsausschussAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Beschluss der im Rat der Europäischen Union vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 28. April 2004 betreffend die Vorrechte und Immunitäten von ATHENA

– Drucksache 15/3787 –

Überweisungsvorschlag:Auswärtiger Ausschuss (f)Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

g) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Weltbevölkerung und Entwicklung – zehn Jahre nach Kairo

– Drucksache 15/3812 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (f)Auswärtiger Ausschuss InnenausschussAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Gesundheit und Soziale SicherungAusschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

ZP 2 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sibylle Pfeiffer, Dr. Christian Ruck, Annette Widmann-Mauz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU

Weltbevölkerungspolitik zehn Jahre nach Kairo

– Drucksache 15/3798 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (f)Auswärtiger Ausschuss InnenausschussAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendGesundheit und Soziale SicherungAusschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas Strobl (Heilbronn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU

Fototafeln zum 17. Juni 1953 erhalten

– Drucksache 15/3800 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Kultur und Medien (f)Innenausschuss

   Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachten Verfahren ohne Debatte.

   Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu überweisen. Der nunmehr ausschließlich von den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen eingebrachte Entwurf auf Drucksache 15/3812 mit dem neuen Titel „Weltbevölkerung und Entwicklung – zehn Jahre nach Kairo“ soll an dieselben Ausschüsse wie die Vorlage auf Drucksache 15/3798 überwiesen werden. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

   Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten 31 a und 31 b sowie 31 e bis 31 h. Es handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist.

   Tagesordnungspunkt 31 a:

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 29. Januar 2003 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Schweizerischen Bundesrat über Bau und Erhaltung einer Autobahnbrücke über den Rhein zwischen Rheinfelden (Baden-Württemberg) und Rheinfelden (Aargau)

– Drucksache 15/3178 –

(Erste Beratung 118. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (14. Ausschuss)

– Drucksache 15/3833 –

Berichterstattung:Abgeordneter Georg Brunnhuber

   Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen empfiehlt auf Drucksache 15/3833, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.

   Tagesordnungspunkt 31 b:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften über die Amtshilfe im Bereich der Europäischen Union sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2003/49/EG des Rates vom 3. Juni 2003 über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten (EG-Amtshilfe-Anpassungsgesetz)

– Drucksachen 15/3679, 15/3788, 15/3820 –

(Erste Beratung 121. Sitzung)

aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

– Drucksache 15/3827 –

Berichterstattung:Abgeordnete Florian Pronold Peter Rzepka

bb) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 15/3845 –

Berichterstattung:Abgeordnete Steffen KampeterWaltraud LehnAlexander BondeOtto Fricke

   Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/3827, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung einstimmig angenommen.

[Der folgende Berichtsteil – und damit der gesamte Stenografische Bericht der 129. Sitzung – wird morgen,
Freitag, den 1. Oktober 2004,
an dieser Stelle veröffentlicht.]
Quelle: http://www.bundestag.de/bic/plenarprotokolle/plenarprotokolle/15129
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