Wann, liebe Kolleginnen und Kollegen, lernen wir Deutschen
endlich, uns normal zu benehmen,
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Hoi!)
so normal wie die Franzosen und die Briten? Sie haben eine
freiheitliche Lebensform für das souveräne Staatsvolk
geschaffen und behandeln die nicht zum Volk gehörenden fremden
Bewohner des Landes dennoch würdig. Hier in Deutschland
glauben aber immer noch einige, dass man das deutsche Volk in einem
negativen Licht darstellen muss, um ein guter Mensch zu sein. Dies
ist nicht meine Auffassung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich sage deshalb - und dies sage ich für die
überwiegende Zahl der Kolleginnen und Kollegen der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion - Nein zu diesem simplen und für
unser Haus unwürdigen Kunstwerk. Ich sage Nein dazu, dass der
Versuch unternommen wird, das deutsche Volk verächtlich zu
machen, auf eine kurze Zeit seiner Geschichte zu reduzieren.
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Buh!)
Ich sage Nein zu dem Versuch der Distanzierung des Deutschen
Bundestages von seinem eigenen Volk. Ich bitte Sie, dem
Gruppenantrag zuzustimmen.
(Beifall bei der CDU/CSU - Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN: Buh! - Pfui!)
Vizepräsidentin Petra Bläss: Letzter Redner in dieser
Debatte ist der Abgeordnete Wolfgang Thierse, SPD-Fraktion.
Wolfgang Thierse (SPD): Frau Präsidentin! Meine
lieben Kolleginnen und Kollegen! Kunst ist Freiheit. Das ist ihr
inneres Wesen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN)
Sie lässt Unterschiede zu, lädt ein zu Streit, zur
Diskussion, zur Subjektivität und zur Artikulation unseres je
eigenen Geschmacks, Empfindens, Fühlens und Denkens. Deshalb
ist unterschiedliches ästhetisches Urteil legitim, sind
gegensätzliche Meinungsäußerungen
selbstverständlich, auch von Politikern und natürlich
auch von Parlamentariern. Aber, lieber Kollege Lammert, lieber
Kollege Kauder, warum müssen sie mit dieser schneidenden
Schärfe ausgetragen werden?
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN und der F.D.P.)
Frau Kollegin Vollmer, wenn Sie die Aufrüstung beklagen - wer
hat sie betrieben? Unterschiede, Meinungsverschiedenheiten in
Kunstfragen sind also normal und angemessen, gerade auch dann, wenn
Sie, wenn wir vom Künstler ausdrücklich zum Mittun
eingeladen sind.
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