Anonyme Geburten kontrovers beurteilt
Berlin: (hib/KAG) Unterschiedliche Resonanz ruft ein Gesetzentwurf der CDU/CSU zur Änderung des Personenstandsgesetzes "Anonyme Geburten" (14/4425) hervor. Dies wird in den schriftlichen Stellungnahmen der Sachverständigen zur Anhörung am Mittwoch deutlich. Laut Professor Reinhard Hepting von der Universität Mainz bringt der Reformentwurf keine wesentlichen Änderungen des Personenstandsgesetzes und ermöglicht der Mutter nicht, ihre Anonymität zu wahren. Daher sei die Initiative der Union eine wenig attraktive Alternative zum Schwangerschaftsabbruch. Nach Ansicht der Professorin Christine Swientek von der Universität Hannover bleibt im Entwurf offen, wem gegenüber Anonymität bestehen soll. Im Interesse der adoptierten Kinder führt sie aus, diese hätten ein garantiertes Recht und das subjektive Bedürfnis, ihre Herkunft zu kennen. Dem widerspricht Frau Geiss-Wittmann vom Sozialdienst Katholischer Frauen (SKF), Amberg, da ein Grundrecht auf "seelische Entfaltung" des Kindes wichtig, aber das Recht der Mutter auf Überleben höherrangig sei. Der Staatsauftrag zum Schutz des Lebens werde durch ein Angebot der anonymen Geburt verwirklicht. Jedoch sollte diese nicht von einer Fachberatung abhängig gemacht werden, wie im Gesetzentwurf gefordert, sondern eher Angebot als Pflicht für die werdenden Mütter sein. Auch Jürgen Moysich vom Sterni Park Hamburg hält die Pflichtberatung für ein "schwer überwindbares Hindernis". Die Frauen bräuchten anonyme Beratung vor, während und nach der Geburt des Kindes. Nur so könnten anonyme Geburt und Babyklappen, bei denen Mütter ihre Säuglinge abgeben können und das Kind umgehend versorgt wird, sinnvolle Einrichtungen zum Schutz der Mütter und Kinder werden.
Die Präsidentin des Bundes Deutscher Hebammen, Magdalena Weiß, meint, es bedürfe sowohl einer begleiteten anonymen Geburt, als auch der Babyklappe, bei der aber weder die Mutter noch das Neugeborene kompetent versorgt seien. Einen Missbrauch in Hinsicht auf Kinderhandel hält Weiß für ausgeschlossen, da das Kind zur Adoption freigegeben werde. Es fehle an Maßnahmen für die Mütter, sich mit der ungewollten Schwangerschaft auseinanderzusetzen, erläutert Ines Kurek-Bender vom Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien. Sie fordert im Sinne der Adoptierten so viel Offenheit wie möglich, "so wenig Incognito wie nötig". Dagegen setzt sich Maria Elisabeth Thoma vom SKF/Dortmund für eine Regelung der anonymen Geburt im deutschen Rechtssystem ein, wenn ein Verfahren zur Sicherung erlangbarer Informationen über die Herkunft des Kindes geschaffen werde, wie es in Frankreich und anderen Ländern der Fall sei.