Maßnahmen zur Änderung der Arzneimittelversorgung kontrovers diskutiert
Berlin: (hib/HAU) Unterschiedlich bewertet wurden die im Entwurf zur Reform des Gesundheitswesens (15/1170) von der Regierungskoalition vorgeschlagenen Maßnahmen zur Änderung der Arzneimittelversorgung von Experten und Sachverständigen. Dies wurde anlässlich einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung am Mittwochvormittag deutlich. Ebenfalls diskutiert wurden Anträge der CDU/CSU-Fraktion (15/1174) sowie der Fraktion der FDP (15/1175). Der Regierungsentwurf sieht unter anderem die Aufhebung des Mehrbesitzverbotes von Apotheken sowie die Zulassung des Versandhandels von Arzneimitteln vor. In den Anträgen der Oppositionsfraktionen wird dies jedoch abgelehnt.
Der Gesundheitsexperte Professor Karl Lauterbach sprach sich für den Gesetzentwurf aus, der seiner Ansicht nach durch den Abschluss von Einzelverträgen zwischen Kassen und Apotheken ein sinkendes Preisniveau bei Arzneimitteln mit sich bringe. Außerdem würden durch die Herausnahme der Erstattungsfähigkeit nicht verschreibungspflichtiger Medikamente Arztbesuche unnötig, die nur auf die Ausstellung eines Rezeptes zielten. Dies senke die administrativen Kosten der Kassen. Heftige Kritik gab es hingegen von Seiten der Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände (ABDA). Die Gestattung des Mehrbesitzes an Apotheken hätte nach Ansicht der Experten eine rasche Kettenbildung durch internationale Konzerne mit dem Aufbau von Oligopolstrukturen bei gleichzeitigem Niedergang des Apothekerberufes als freier Heilberuf zur Folge. Ebenfalls abgelehnt wird der Versandhandel von Arzneimitteln und der Abschluss von Einzelverträgen zwischen Kassen und Apotheken. Beides führe weder zu Einsparungen noch zu einer verbesserten Qualität der Versorgung. Dem schloss sich der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels (PHARGO) an. Die Mehrbesitzerlaubnis und der Versandhandel bedeuteten eine Abkehr vom bisherigen Leitbild der flächendeckenden Arzneimittelversorgung durch örtliche Apotheken unter der Leitung des freiberuflichen, persönlich haftenden und örtlich gebundenen Apothekers. Das Ergebnis wäre ein Verdrängungswettbewerb kapitalkräftiger Kettenbetreiber an dessen Ende die flächendeckende Arzneimittelversorgung nicht mehr gewährleistet wäre.
Der AOK-Bundesverband forderte hingegen, dringend die Vertriebs- und Versorgungswege im GKV-Arzneimittelmarkt zu reformieren. Festbeträge, neue Instrumente der Mengensteuerung, die Positivliste und der Versandhandel seien Werkzeuge für mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit. Insbesondere der Versandhandel könne, unter Voraussetzung von zu installierenden Rahmenbedingungen zur Arzneimittelsicherheit, zu erheblichen Einsparungen im Arzneimittelbereich beitragen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Einführung des Arzneimittelversandhandels eine Bedrohung des Apothekerstandes darstellen solle. Der Versandhandel biete die Chance, verkrustete Vertriebsstrukturen zum Wohle des Versicherten aufzubrechen. Keine Risiken durch den Versandhandel von Arzneimitteln sieht der Bundesvorstand der Deutschen Versandapotheker. Versandapotheken würden von den lokalen Aufsichtsbehörden ebenso kontrolliert wie herkömmliche Apotheken. Im Übrigen würde der Versandhandel nicht den Untergang der traditionellen Apotheke bedeuten, sondern lediglich eine Ergänzung darstellen.