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Die Enquete-Kommission „Ethik und Recht der modernen Medizin“ knüpft unmittelbar an die Vorgänger-Enquete „Recht und Ethik der modernen Medizin“ der zurückliegenden Wahlperiode an. Die veränderte Reihenfolge im Namen könnte suggerieren, dass bei der ersten Enquete die gesetzliche Arbeit im Vordergrund stand, während es nun eher um die Ethik gehe. Tendenziell kann dies so gesehen werden. Doch um Ethik ging es auch schon in der ersten Kommission, und Vorschläge für gesetzliche Grenzziehungen werden auch von den Mitgliedern (1) der neuen Kommission erwartet. Und das nicht erst durch den abschließenden Bericht, sondern in punktueller Begleitung der aktuellen Gesetzgebung auch schon im Vorfeld – beispielsweise aktuell bei der EU-Zell- und Geweberichtlinie.
Die wesentliche Akzentverschiebung liegt im Fokus der Kommission: Während die erste Kommission vor allem den Beginn des Lebens betrachtete und sich intensiv um Stammzellen (2) und Präimplantationsdiagnostik (3) gekümmert hatte, geht es nun insbesondere um die letzte Phase des Menschen, also etwa um Sterbebegleitung, Palliativmedizin (4) oder die Auswahl und Finanzierung medizinischer Leistungen (Allokation). Die Kommission ging zu Beginn ihrer Arbeit den Fragen nach, welche Themen binnen drei Jahren behandelt werden können, die gesellschaftlich relevant sind, wo es Diskussions- und Handlungsbedarf gibt. Herausgekommen sind fünf Themengruppen, in denen sich Abgeordnete und Experten in wechselnder Zusammensetzung insbesondere beschäftigen mit:
Die Debatte zur Einsetzung dieser Enquete-Kommission verband der Bundestag mit Beratungen über ein weltweites Klonverbot. Damit sollte Deutschlands Haltung für die internationalen Verhandlungen klar gemacht werden. Schon aus dieser Verknüpfung ging hervor, dass die Schwerpunkte der ersten Kommission auch in der zweiten nicht aus dem Blick verloren werden sollen. Insofern sieht sich die neue Kommission auch in der Rolle einer Beobachterin, die den weiteren Gang verfolgt. In einer Anhörung zur Stammzellforschung ließen sich die Mitglieder inzwischen die neuesten Erkenntnisse auf diesem Feld vorstellen. René Röspel: „Wir halten das im Auge, damit uns nichts verloren geht.“
Eine weitere Anhörung drehte sich um die Forschung an nicht einwilligungsfähigen Menschen, und für den März ist ein Hearing zur Organspende und zum Handel mit Organen vorgesehen. Angesichts der mehr oder weniger willkürlichen Kriterien bei der Auswahl medizinischer Leistungen wird für die Kommission eine intensive Betrachtung der Verhältnisse im Ausland ebenfalls interessant sein: Gibt es dort Vorarbeiten, die auch für den deutschen Gesetzgeber als Leitschnur dienen können? Es zeichnet sich ab, dass die Arbeit der Kommission wieder von intensiven öffentlichen Diskussionen begleitet wird. Die Gesundheit in menschlichen Extremsituationen geht schließlich jeden Einzelnen an. Dass über das Herangehen unterschiedliche Auffassungen bestehen, kam auch im Antrag zur Einsetzung der Kommission zum Ausdruck: SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen formulierten ihn gemeinsam, also ohne die FDP, die die Chancen und Risiken auf diesem Feld „offen und tabulos“ behandeln will.
Das Gremium könnte nach den Erwartungen des Bundestages in seiner Wirkung nach außen durch seine öffentlichen Sitzungen und jederzeit im Internet nachzulesenden Erkenntnisse auch dazu beitragen, die öffentliche Auseinandersetzung inhaltlich zu qualifizieren und das Wissen um die Hintergründe zu vertiefen. Der Bundestag richtet sich insbesondere darauf ein, mit Hilfe der Enquete Grenzen zu definieren, die sich aus dem Verfassungsgebot zur unbedingten Wahrung der Menschenwürde und Grundrechte für die medizinische Forschung, Diagnostik und Therapie ergeben. Während der Aussprache im Plenum wies die Abgeordnete Christa Nickels (Bündnis 90/Die Grünen) darauf hin, wie wichtig die Beschäftigung mit der zumeist verdrängten Sterbephase ist: „Täuschen wir uns nicht! Das ist keine rein ethisch-moralische Frage.“ Sie werde das Parlament noch oft, etwa in vielen einzelnen Punkten der Gesundheitsreform, einholen. Nickels sagte voraus: „Ohne klare Grundsätze werden wir als Gesellschaft diese Debatte nicht unbeschadet überstehen.“