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Das Parlament
Nr. 47 / 15.11.2004

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Günter Pursch

Europa braucht starke Führung

Schäuble: Keine Außenpolitk auf nationalen Sonderwegen
Europa braucht eine starke und handlungsfähige Führung. Dies hob Bundesaußenminister Joseph Fischer in einer Regierungserklärung am 11. November vor dem Bundestag in Berlin zu den Ergebnissen des Treffens der EU-Staats- und Regierungschefs am 4. und 5. November in Brüssel hervor. Die Bundesregierung unterstütze die neue Kommission von José Manuel Barroso. Zugleich lobte er das Europäische Parlament, das mit seinem Widerstand gegen das erste Personalpaket des neuen Kommissionspräsidenten zu seiner eigenen Stärkung beigetragen habe.

Fischer ging auch auf den Tod des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat ein. Es müsse sichergestellt werden, dass kein Machtvakuum entsteht. Der israelische Rückzugsplan für Gaza eröffne eine Chance, einen beispielhaften Schritt auf dem Weg zu zwei Staaten nach dem Friedensplan Roadmap zu machen.

Den Iran forderte Fischer auf, im Atomstreit einzulenken. Eine "militärische Nuklearisierung" des Landes würde zu einer "gefährlichen Entwicklung" in der gesamten Region führen. Sie gehöre schon heute zu den gefährlichsten Regionen. Er bedauerte gleichzeitig, dass bislang bei den Verhandlungen der EU mit der iranischen Regierung in Paris noch kein Durchbruch erzielt werden konnte.

Der Außenminister bestritt, dass es auf dem Gipfel zu Kontroversen mit dem als Gast teilnehmenden irakischen Ministerpräsidenten Ajad Alawi gekommen sei. Dieser habe sich vielmehr für die Zukunftsinvestitionen aus Europa bedankt. Hier erntete Fischer heftigen Widerspruch des stellvertretenden CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Schäuble. Wenn dem so sei, warum habe dann Bundeskanzler Schröder von einem "Lapsus sprachlicher Art" gesprochen, so Schäuble. Alawi habe nämlich zuvor Deutschland und Frankreich wegen ihrer "Zuschauerhaltung" während des Krieges kritisiert. "Beim Problem Irak können wir aber keine Zuschauerhaltung gebrauchen", erkärte der Unionspolitiker. Weiter kritisierte Schäuble, dass Fischer in seiner Regierungserklärung mit "keinem Wort" das Verhältnis zwischen Europa und den Vereinigten Staaten nach der Wiederwahl von US-Präsident George W. Bush erwähnt habe. Schäuble wörtlich: "Das ist ein Skandal." Er forderte daher die Bundesregierung auf, nicht "Außenpolitik auf nationalen Sonderwegen" zu machen. Sie solle auf verlässliche europäische Zusammenarbeit, auf die Gemeinsamkeit aller und auf verlässliche atlantische Partnerschaft, nicht jedoch auf die Dominanz von Achsen setzen.

Für die SPD hob die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Angelica Schwall-Düren hervor, der EU-Binnenmarkt brauche im Dienstleistungsbereich "noch eine Vereinheitlichung, eine konkrete Dynamiserung". Die Entwicklung dieses Wachstumspotenzials sei eine ganz entscheidende Zukunftsinvestition. Dabei dürften keine Sozial-, Qualitäts- und Sicherheitsstandards aufgegeben werden. Sie wies ferner darauf hin, dass nach einer dreijährigen Phase wirtschaftlicher Stagnation bei der Gestaltung des einheitlichen europäischen Binnenmarktes eine Reihe "richtungsweisender Reformen" auf den Weg gebracht wurden. Hier nannte sie die Integration der Energie-, Finanz- und Kapitalmärkte.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Gerhardt bemerkte, dass nach der Wiederwahl von US-Präsident Bush auf dem Gipfel eine Diskussion darüber hätte geführt werden müssen, wie jetzt das transatlantische Potenzial eingesetzt werden kann, um die weltweit anstehenden Probleme zu lösen. Es könnten weder die Fragen des Iraks, die des Irans noch die Palästinas und Israels gelöst werden, "ohne dass dieses geostrategische Potenzial gewinnbringend" eingesetzt werde.

Um "Europa den Menschen" vermitteln zu können, ist nach den Worten der Abgeordneten Ulrike Höfken von Bündnis 90/Die Grünen erforderlich, dass "wichtige und positive Entwicklungen" in der Europäischen Union in den Vordergrund gestellt werden. Dazu gehöre die "Unterzeichnung der EU-Verfassung durch die Regierungschefs". Diese Verfassung bedeute für die Menschen auf diesem Kontinent mehr Demokratie, mehr Transparenz und die Stärkung des Europäischen Parlamentes. Die Grundrechte-Charta der EU verstehe Europa nicht nur als Wirtschaftsgemeinschaft, sondern auch als Wertegemeinschaft.

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