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Das Parlament
Nr. 47 / 15.11.2004

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Dirk Klose

Abwanderung aus dem Osten stoppen

Debatte über den Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit

"Der Aufbau Ost ist noch nicht beendet. Die Zukunft Ostdeutschlands ist die Zukunft ganz Deutschlands. Betroffen sind alle Deutschen." Das erklärte Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) anlässlich einer Debatte am 11. November im Bundestag über den Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2004 (15/3796). Stolpe weiter: "Der Weg ist ohne Alternative. Wir müssen den Aufbau Ost konsequent fortsetzen."

Der Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit ist traditionell Anlass zu einer Generalaussprache über diese Thematik. Nach dem Willen aller Fraktionen soll die jährliche Unterrichtung fortgesetzt werden. Im Mittelpunkt standen diesmal Fragen des Arbeitsmarktes und der Investitionslenkung in den neuen Bundesländern. Dabei klang bei allen Rednern Genugtuung über die Entscheidung der Post an, den Flughafen Leipzig/Halle zu einem zentralen Logistikdrehkreuz für ganz Europa auszubauen.

Stolpe nannte für den weiteren Aufbau Ost drei Hauptaufgaben: "Arbeit schaffen, Abwanderung stoppen und das Schlechtreden beenden." Er kündigte eine Planungsvereinfachung bei den Verkehrsträgern für ganz Deutschland an; die Bundesregierung werde sich ferner auch weiterhin für eine Vereinfachung investitionshemmender Verwaltungsverfahren einsetzen. "Absolut vordringlich" sei nach wie vor die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.

Der Abgeordnete Peter Hettlich (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte die "Fehlverwendung der Solidarpaktmittel" in mehreren neuen Ländern, die statt für Investitionen häufig nur zur Stopfung von Haushaltslöchern verwendet würden. Generell sollte überlegt werden, ob der bis zum Jahre 2019 geltende Solidarpakt II nicht dahingehend ergänzt wird, "dass wir den Ländern eine bessere Planung für die Mittelverwendung abverlangen, möglicherweise eine stärkere Kontrolle einführen und gegebenenfalls auch Sanktionen vereinbaren".

Für die Union bemängelten deren Redner Arnold Vaatz und Werner Kuhn, dass der Jahresbericht in vielen Punkten zu unverbindlich und allgemein gehalten sei. Nach den Worten von Vaatz "beschönigt" der Regierungsbericht eher noch die Lage, "weil sich die Schere zwischen Ost und West, was die Positionen Arbeitsplatzdichte, Wachstum, Konsequenzen der demographischen Entwicklung, Kaufkraftentwicklung angeht, in den letzten Jahren eben nicht weiter geschlossen, sondern weiter geöffnet hat". Den Bundesländern müssten generell mehr Gestaltungsspielräume in Sachen Bürokratieabbau und Verwaltungsvereinfachung eingeräumt werden. Die Bürger, so Vaatz, erwarten keine Veränderung von heute auf morgen, "aber sie erwarten, dass die Tendenz in Richtung Anstieg, Verbesserung, Normalisierung geht. Leider ist immer noch das Gegenteil zu verzeichnen".

Der aus Zingst kommende Unionspolitiker Werner Kuhn warf der Regierung vor, zu wenig für den inneren Zusammenhalt der Deutschen zu tun: "Es muss auch mental, also in den Köpfen, klar werden, dass wir ein Volk sind, dass wir die Wiedervereinigung wollen und dass wir diese schwere Aufgabe gemeinsam schultern werden." Die vielzitierte Aufholjagd des Ostens sei eigentlich nur im verarbeitenden Gewerbe tatsächlich feststellbar. Für die dringend nötige Verbesserung der Auftragslage im Binnenmarkt sollten "ganz gezielt" Investitionsprogramme aufgelegt werden.

Der aus Plauen stammende FDP-Abgeordnete Joachim Günther kritisierte ebenfalls das Fehlen klarer Aussagen insbesondere zu den von der EU-Erweiterung betroffenen Grenzregionen. Er schlug vor, in derart strukturschwachen Gebieten "Modellregionen" zu schaffen, in denen etwa im Arbeits- und Baurecht Sonderregelungen ermöglicht werden sollten, um die Wirtschaft anzukurbeln und um die dramatische Abwanderung zu stoppen. Angesichts der "dramatischen Folgen" der Abwanderung müssten Bund, Länder und Kommunen jetzt schnell reagieren.

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