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Föderalismus und Finanzverwaltung

Die künftige Struktur und Macht der Zweiten Kammer und die Hoheit über die Finanzverwaltung sorgen während der Verhandlungen des Parlamentarischen Rats 1948/49 für politischen Zündstoff.

Nach amerikanischem Vorbild diskutiert der Rat das Modell eines "Senats" als Vertretung der Länder und Zweite Kammer. Seine Befürworter betonen die regulative Funktion der zweiten Kammer, warnen jedoch vor der Gefahr, daß weitreichende Machtbefugnisse der zweiten Kammer die Handlungsfähigkeit des Parlaments blockieren können, wenn dort andere politische Mehrheiten herrschen als im Bundestag. Demgegenüber steht in Anlehnung an den "Reichsrat" der Weimarer Republik das Modell eines "Bundesrats", das eine weitgehend gleichberechtigte Beteiligung der Länder vorsieht.

Zuschauer blicken von draußen durch die Glasscheiben der Pädagogischen Akademie, in der der Parlamentarische Rat tagt.
Mit Spannung schauen die Bonner und Interessierte aus ganz Deutschland den Debatten zu.
Bild: Haus der Geschichte, Archiv Hehmke-Winterer

Die Alliierten und die Landesregierungen befürworten ein möglichst großes Mitspracherecht der Länderkammer bei der Gesetzgebung. Die Fraktionen sind hingegen gespalten. Konrad Adenauer (CDU) und die Mehrheit der SPD stehen dem Senatsgedanken nahe.

An der Vermittlung eines Kompromisses wirken insbesondere auch die Abgeordneten Walter Menzel und Rudolf Katz (beide SPD) sowie Robert Lehr (CDU) und der bayrische Ministerpräsident Hans Ehard (CSU) mit. Demnach wirken die Bundesländer durch den Bundesrat bei der Gesetzgebung des Bundes mit (Artikel 50):

Der Bundesrat kann im Regelfall gegen ein Gesetz des Bundestages Einspruch erheben. Einen Einspruch des Bundesrates kann der Bundestag mit den Stimmen der Mehrheit seiner Mitglieder zurückweisen.

Entscheidende Gesetze, die wesentliche Länderinteressen berühren, scheitern jedoch, wenn der Bundesrat ihnen nicht zustimmt. Welche Gesetze der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, regelt das Grundgesetz.

Damit eng verbunden ist auch die Frage nach der Steuerhoheit. Die Mehrheit des Rates plädiert für eine zentrale Finanzverwaltung und für einen Lastenausgleich zwischen armen und reichen Ländern, da die Steuereinnahmen 1949 stark differieren (1078 DM pro Kopf und Jahr in Hamburg und 223 DM in Schleswig-Holstein). In dieser Frage legen die Alliierten jedoch ihr Veto ein. Sie sehen die Eigenständigkeit der Länder gefährdet. SPD, FDP und große Teile der CDU bestehen jedoch auf einer zentralen Finanzverwaltung.

Walter Menzel und Carlo Schmid (beide SPD), Heinrich von Brentano und Theophil Heinrich Kaufmann (beide CDU) sowie Hermann Schäfer (FDP) erarbeiten in einem Fünferausschuß einen Kompromiß. Sie schaffen darin die Grundlage für die spätere Regelung einer Misch-Finanzverwaltung von Bund und Ländern (Artikel 72) und eines Finanzausgleiches zwischen den Ländern, der von Bundeszuschüssen ergänzt wird (Artikel 106). Nach mehrwöchigen öffentlichen Auseinandersetzungen geben die Alliierten schließlich im wesentlichen nach: Ein großer Achtungsgewinn für die Arbeit des Rates.

Schließlich einigt sich der Rat auf die Bezeichnung "Bundesrepublik" für die Staatsform mit der den Bundesstaat kennzeichnenden Aufteilung der staatlichen Aufgaben zwischen dem Bund als Gesamtstaat und den Ländern als Gliedstaaten. Das Modell und der Begriff "Vereinigte Staaten von Deutschland", das bayrische Vertreter erstmals 1946 vorschlugen, setzt sich nicht durch.

Quelle: http://www.bundestag.de/parlament/geschichte/parlhist/g1945_41
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