DELEGATION REISTE IN DIE VOLKSREPUBLIK CHINA
"Peking ist zu offener Diskussion über die Lage der Menschenrechte bereit"
(mr) Nach Ansicht der Vorsitzenden des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, Christa Nickels (Bündnis 90/Die Grünen), ist die Volksrepublik China heute – anders als noch vor wenigen Jahren – bereit, menschenrechtsrelevante Themen offen zu diskutieren. Peking setze sich dabei auch mit Kritik und unterschiedlichen Standpunkten auseinander, erklärte Nickels nach Rückkehr einer Delegation des Ausschusses von einer neuntägigen Reise nach China Ende April. Neben der Ausschussvorsitzenden gehörten der Delegation die Abgeordneten Heide Mattischeck und Lilo Friedrich (beide SPD), Christian Schwarz-Schilling, Heiner Geißler und Erika Schuchardt (alle CDU/CSU) sowie Ulla Jelpke (PDS) an.
Die Delegation teilte zugleich mit, in den für Deutschland und die Europäische Union insgesamt wichtigen Sachfragen im Bereich der Menschenrechte gebe es in China keine substanziellen Fortschritte. Vertreter von Regierung und dem Nationalen Volkskongress hätten zwar in Einzelfällen durchaus Missstände und Reformbedarf eingeräumt, insgesamt jedoch die Behauptung aufrecht erhalten, China sei ein Rechtsstaat, in dem Menschenrechte und bürgerliche Grund- und Freiheitsrechte gewährleistet seien.
Hervorzuheben sei ferner, dass Peking nicht bereit sei, die Todesstrafe in Frage zu stellen, geschweige denn, sie abzuschaffen. Vertreter des Volkskongresses hätten zwar eingeräumt, dass es in Parlament und Regierung einzelne Stimmen für die Abschaffung der Todesstrafe gebe. Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung und die Führungsspitze des Landes seien jedoch davon überzeugt, dass diese Strafnorm unverzichtbar bleibe, um die innere Sicherheit zu gewährleisten. Im Übrigen sei die chinesische Regierung nicht bereit gewesen, konkrete Zahlen über die jährlich vollstreckten Todesstrafen zu veröffentlichen.
Kein Umdenken, so die Parlamentarier weiter, habe es auf chinesischer Seite auch bei der so genannten Administrativhaft ("Umerziehung durch Arbeit") gegeben. Vertreter des Volkskongresses, der obersten Staatsanwaltschaft und des Außenministeriums hätten auf der bisher vertretenen Linie beharrt, die Administrativhaft sei unverzichtbar, um Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Sie werde nur in minderschweren Fällen verhängt und diene dem Ziel, eine Resozialisierung der Täter zu erleichtern.
Beim Thema Folter hätten demgegenüber alle Gesprächspartner auf chinesischer Seite Missstände eingeräumt. Allerdings seien dies Einzelfälle mit abnehmender Tendenz. Zentral- und Provinzregierung bemühten sich intensiv um berufliche Fortbildung der Vollzugsbeamten. Im Jahr 2000, so die chinesische Seite weiter, seien 1.200 im Strafvollzug beschäftigte Personen bestraft worden.
Die deutsche Delegation teilte des Weiteren mit, sie hätte ihren Gesprächspartnern deutlich gemacht, es sei ebenso unakzeptabel, dass Menschen auf Grund ihres Glaubens verfolgt würden. Dies gelte auch für die romtreue katholische Untergrundkirche in China. Mit Blick auf die Situation in Tibet zeichnete sich nach Angaben der Delegation keinerlei Kompromissbereitschaft Pekings ab. Der Dalai Lama betreibe eine separatistische Politik, die auf die Unabhängigkeit Tibets ziele, so Peking.