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Peter Manstein
Ein unentbehrlicher Ratgeber
Das Jahrbuch Ökologie 2004
Das Coverfoto des neuen Ökologie-Jahrbuches
zeigt den Spiegel der Elbe-Jahrhundertflut knapp unter
"Semperoper", "Messe" und "Landtag" auf einem Hinweisschild in
Dresden: Ein sinnfälliges Bild zu den zunehmenden
Umweltkatastrophen auch in unseren, normalerweise
"gemäßigten" Breitengraden: Unsere Kultur und Lebensweise
ist bedroht. Allerdings - und das macht insbesondere ein Beitrag
zur globalen Klimaerwärmung deutlich - sind die Lasten dieses
Wandels nach wie vor sehr ungleich verteilt.
Während die Entwicklungsländer des
Südens permanent mit der Ausbreitung von Trockensteppe und
Wüste und in der Folge mit Landflucht/Slumelend, Wassermangel,
Hunger und Krankheiten zu kämpfen haben und dem wenig
entgegenstellen können, wird der reiche Norden bisher nur
sporadisch von Wetterkatastrophen heimgesucht und hat zugleich
wesentlich mehr Mittel, damit fertig zu werden.
Das Ungerechte daran liegt insbesondere bei
den Ursachen. Nach allem, was man weiß, beruht die globale
Klimaverschlechterung auf dem fossilen Energieverbrauch. Hierbei
ist der reiche Norden Weltmeister: Nur 25 Prozent der
Weltbevölkerung verbraucht 75 Prozent der Energie. Treffend
spricht Klaus Töpfer, Direktor der UN-Umweltorganisation, von
der "ökologischen Aggression des Nordens gegen den
Süden".
Das auch für den Norden Fatale an der
Erwärmung ist, dass mittlerweile selbst bei drastischen
CO2-Minderungen die Klimalasten immer schwerer werden. Je
länger man zuwartet und im alten Stil mit der Energie prasst,
umso radikalerer Gegenmaßnahmen bedarf es später. Es ist
ein sich zum Teil selbstaufschaukelndes System: Die CO2-Schlucker
Ozeane und Böden nehmen umso weniger von dem Treibhausgas auf,
je wärmer sie werden.
In Versuchung
Fatal ist aber auch, dass einer der
größten Energieverbraucher, die USA, als Bremser
energischer Gegenmaßnahmen auftritt und dass die anderen
reichen Länder dadurch immer wieder versucht sind, die eigene
Verantwortung abzuschieben (oder man schiebt sie auf die
Schwierigkeiten des internationalen Aushandlungsprozesses). Denn
auch das macht ein Beitrag deutlich: Der Nationalstaat bleibt -
auch in der um sich greifenden Globalisierung - der entscheidende
umweltpolitische Akteur.
Das Jahrbuch legt solcherart erneut die
Finger auf unsere großen Umweltprobleme. Und es wird klar: Sie
sind auch damit nicht aus der Welt geschafft, dass es schon sehr
viele internationale Umweltabkommen und nationale
Nachhaltigkeitsstrategien gibt: Sie leiden allermeist an einem
Umsetzungsdefizit - die erfolgreiche Bekämpfung der
Ozonzerstörung, von der ein Beitrag handelt, ist da schon die
Ausnahme.
Das Jahrbuch beweist auch erneut seine
politische Unabhängigkeit: Angelika Zahrnt, die Vorsitzende
des BUND, zeigt in aller Klarheit, wie Rot-Grün "Ja" zur
Nachhaltigkeit und zugleich zur Verschwendung sagt. Sehr instruktiv
auch der Blick von Hansvolker Ziegler, einem Ministerialdirigenten
a. D., hinter die Kulissen der Umwelträte der Bundesregierung:
Bei allen Beschränkungen und Zufälligkeiten (etwa bei der
Berufung ihrer Mitglieder), denen sie unterliegen würden, sei
hier bisher doch eine gehörige Portion unabhängiger
Sachverstand vereinigt, auf dessen Rat die Politik nicht verzichten
könne.
Apropos Nachhaltigkeit: Ein Beitrag gibt zu
bedenken, dass die Rede von den drei gleichstark tragenden
Säulen der Nachhaltigkeit: Ökologie, Ökonomie und
Soziales den Begriff mittlerweile zum Verdorren gebracht habe, und
zwar soweit, dass im bisherigen europäischen
Verfassungsentwurf unter "Nachhaltigkeit" Ökologie schon gar
nicht mehr auftauche. Für die (erneute) "Begrünung" der
Nachhaltigkeit stehen viele weitereBuchbeiträge: Portraits von
Umweltinstituten, ökologischen Vordenkern und -reitern (so A.
Schweitzer), naturnahe Waldnutzung, Produktinnovationen (so das
wasserlose Pissoir), Stadtinitiativen (im Einzelnen:
www.jahrbuch-oekologie.de). Insgesamt ist die neue Ausgebe des
Jahrbuchs erneut unentbehrlich für jeden, der in Sachen Umwelt
auf dem Laufenden und aktiv bleiben will.
Jahrbuch Ökologie 2004
C. H. Beck, München 2003; 288 S., 14,90
Euro
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