Egon C. Heinrich
Landesvertretung neu in Brüssel
Baden-Württemberg zeigt Flagge
Eine überlebensgroße Büste des schwäbischen
Dichterfürsten Friedrich Schiller empfängt die Besucher
in der Eingangshalle der neuen Vertretung des Landes
Baden-Württemberg in Brüssel. Gleich neben Schiller sieht
man Glasvitrinen mit handschriftlichen Gedichten des Tübinger
Dichters Friedrich Hölderlin sowie mit Spitzenprodukten des
Kunsthandwerks aus dem "Ländle", der Majolica-Manufaktur
Karlsruhe und der Porzellan-Manufaktur Ludwigsburg. Im
Nachbargebäude ist seit Jahrzehnten das Goethe-Institut in der
belgischen Hauptstadt untergebracht. Ähnlich wie in Weimar
residieren jetzt also auch in Brüssel die beiden Klassiker
Seite an Seite.
Ein Schaufenster
In diesem Sinne bezeichneten Ministerpräsident Erwin Teufel
und sein Europaminister Christoph-E. Palmer bei der
Einweihungsfeier die neue EU-Vertretung auch als ein Schaufenster
für ihr Land. An der Eröffnung nahmen
EU-Kommissionspräsident Romano Prodi und der türkische
Aussenminister Abdullah Gül sowie 400 Gäste teil. Der
Ministerpräsident hatte sein gesamtes Kabinett mitgebracht, um
anderntags eine spezielle Kabinettsitzung dem Thema Europa zu
widmen. Dazu waren die EU-Kommissare Günter Verheugen
(Beitritt) und Michel Barnier (Regionalpolitik) eingeladen. Die
Segnung des neuen Hauses Baden-Württemberg in der
Europa-Metropole zelebrierten in ökumenischer Eintracht der
evangelische Landesbischof Gerhard Meier aus Stuttgart und sein
katholischer Amtsbruder Bernd Uhl aus Freiburg.
Mit seiner neuen Vertretung ist Baden-Württemberg in die
unmittelbare Nähe aller wichtigen EU-Institutionen
gerückt. Es will dort künftig noch mehr Flagge zeigen und
generell seine Präsenz bei den Einrichtungen der EU
verstärken. Mit dem Umzug in ein größeres
Gebäude wurden dafür die Voraussetzungen geschaffen. Die
Vertretung zählt inzwischen 23 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter; jedes Ministerium ist durch einen Beamten vertreten.
Insgesamt stehen 40 Büroarbeitsplatze zur Verfügung.
Baden-Württemberg hat jetzt, zumindest räumlich
gesehen, die größte Vertretung unter den
Bundesländern in Brüssel. Dies dürfte sich
allerdings im Herbst ändern, wenn die neue Vertretung des
Freistaates Bayern eingeweiht wird.
Der Unterschied zwischen beiden Gebäuden spiegelt auch den
Unterschied in der Mentalität beider Länder. Die
Vertretung des Südweststaats sieht von außen aus wie
viele andere Bürogebäude, im Innern ist sie jedoch
großzügig, modern und multifunktional, die Politiker
nennen dies "dem Lande angemessen". Die bayerische Vertretung
dagegen, das ehemalige Institut Pasteur aus der Wende vom 19. zum
20. Jahrhundert, macht eher den Eindruck eines kleineren
Schlosses.
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