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Claudia Heine
Erhebliche Kratzer im Aufbruch-Image
Der größte Betreiber von
Personal-Service-Agenturen musste Insolvenz beantragen
Personal-Service-Agentur (PSA). Wer denkt da schon an
Arbeitslose, noch dazu an solche, die als schwer vermittelbar in
den Karteien der Bundesagentur für Arbeit vermerkt sind? Wer
denkt da schon an Leiharbeit von kurzer Dauer? Der Begriff klingt
modern und optimistisch und macht Langzeitarbeitslose zu Kunden -
eben dieser Leiharbeitsfirmen. Er ist einer von vielen, mit denen
der Aufbruch am Arbeitsmarkt verkündet wurde: Ich-AG,
Job-Center und die Umbenennung der Bundesanstalt in Bundesagentur
für Arbeit (BA) sind seine Schlagwörter.
Mit dem Insolvenzantrag des größten PSA-Betreibers in
der Bundesrepublik, der Maatwerk Gesellschaft für
Arbeitsvermittlung mbH, am 16. Februar 2004, hat das Aufbruch-Image
erhebliche Kratzer bekommen. Das Unternehmen hatte im Auftrag der
BA bundesweit an 66 Standorten 201 von insgesamt 1.000 PSA
betrieben. Nun verbindet sich mit den Begriff der
Personal-Service-Agentur die plötzliche Arbeitslosigkeit von
mehreren tausend Menschen: Neben den 9.500 PSA-Leiharbeitern sind
auch ungefähr 600 Arbeitnehmer der Stammbelegschaft
betroffen.
Die ersten Personal-Service-Agenturen wurden im April 2003
eingerichtet und sind ein Kernstück der Hartz-Gesetze. Die
Agenturen verpflichten sich durch einen Vertrag mit dem Arbeitsamt,
Arbeitslose mit "Vermittlungshemmnissen" einzustellen und als
Leiharbeitnehmer in unterschiedlichen Firmen einzusetzen.
Grundgedanke des Konzeptes ist es, den Menschen so eine Chance zum
Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt zu bieten, ein
Sprungbrett ins normale Berufsleben. Denn Ziel soll deren
dauerhafte Anstellung in den jeweiligen Betrieben sein. Nach den
ursprünglichen Plänen wollte die rot-grüne Regierung
500.000 Arbeitslose in die PSA schieben. 150.000 bis 250.000 von
ihnen sollten durch den "Klebeeffekt" einen dauerhaften Job finden.
Im Sommer vergangenen Jahres war dann nur noch von 50.000 Menschen
die Rede, die bis Ende 2003 in die staatlichen Zeitarbeitsfirmen
ausgegliedert werden sollten.
Anfangsschwierigkeiten - bis August 2003 waren lediglich 6.500
Menschen bei den PSA untergekommen, und nur 177 hatten neue, feste
Arbeitsplätze gefunden - machten solche Kurskorrekturen
nötig. Sie forderten allerdings auch die Kritiker heraus. So
verlangte die Bundesvereinigung der Deutschen
Arbeitgeberverbände (BDA) schon damals die "zügige
Abschaffung" der PSA. Der Hauptgeschäftsführer der
Bundesvereinigung, Reinhard Göhner, begründete dies mit
Subventionsmissbrauch von einzelnen PSA-Betreibern, da diese die
Arbeitslosen zu deutlich geringeren Preisen vermitteln, als dies
Zeitarbeitsfirmen ohne Förderung können. Die PSA bekommen
pro angestelltem Langzeitarbeitslosen eine monatliche
"Fallpauschale", die maximal neun Monate gezahlt wird.
Zusätzlich dazu werden die PSA für die Vermittlung ihrer
Leiharbeitnehmer in feste Anstellungen mit einer Prämie
belohnt, die umso höher ist, je schneller die Vermittlung
erfolgt. In den Zeiten, in denen die Arbeitslosen nicht
weiterverliehen werden können, haben die PSA die Pflicht,
ihnen Qualifizierungskurse anzubieten.
Grundlegende Kritik am Konzept
Nach der Pleite von Maatwerk hat sich sowohl die grundlegende
Kritik am Konzept der PSA verstärkt als auch die spezielle am
Personaldienstleister Maatwerk. Nach Einschätzung des
Bundesverbandes Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen (BZA) habe
Maatwerk offenbar den Aufwand für die Vermittlung von
Langzeitarbeitslosen unterschätzt. Am Ende hätten die mit
der BA ausgehandelten Preise nicht einmal die Kosten für die
Betreuung der Betroffenen gedeckt, vermutete BZA-Vorstandsmitglied
Ingrid Hofman. Zudem hätte der Dienstleister Agenturen in
Regionen eröffnet, in denen er über keinen einzigen
Firmenkontakt verfügte: "Und nur wenn ich solche Kontakte
habe, kann ich sinnvoll Zeitarbeitnehmer vermitteln", sagte
Hofman.
Die Einhaltung bestimmter Qualitätsstandards, zu denen eben
diese gute regionale Verankerung zählt, verlangte auch die
Arbeitsmarktexpertin der Grünen, Thea Dückert. Dazu
gehörten außerdem hohe Erfolgsquoten und nachweislich
gute Erfahrungen in der Praxis, so die Politikerin weiter. Sie
kritisierte, dass bisher bei den Ausschreibungen für die
Agenturen jene Firma den Zuschlag bekommen habe, die ihre
Leistungen besonders günstig angeboten hat. Vertreter von
Union und FDP forderten nach Bekanntwerden der Insolvenz
grundsätzliche Konsequenzen. Karl-Josef-Laumann, Vorsitzender
der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Arbeit der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sprach am 17. Februar von einem
Scheitern des "Herzstückes" der Hartz-Reform "auf ganzer
Linie". Der FDP-Arbeitsmarkt-Experte Dirk Niebel wies darauf hin,
dass nur ein Bruchteil der erwarteten 50.000
Dauerarbeitsverhältnisse realisiert worden sei. Bislang
existieren bei den PSA insgesamt 44.000 Stellen, von denen nur
32.000 besetzt sind. Lediglich 6.375 Arbeitslose konnte in eine
feste Beschäftigung vermittelt werden.
Die SPD teilte diesen pessimistischen Ton nicht. Ihr
Arbeitsmarkt-Experte Klaus Brandner sprach zwar von einem
"Rückschlag", der jedoch "kein Beinbruch" sei und das Konzept
der PSA nicht grundsätzlich in Frage stelle. Ähnlich
reagierte auch die Bundesagentur für Arbeit: "Die
wirtschaftlichen Probleme der Maatwerk GmbH bedeuten nicht das Ende
des Instruments PSA. Man kann von Maatwerk nicht auf andere
Betreiber schließen", kommentierte Heinrich Alt,
Vorstandsmitglied der BA die aktuelle Entwicklung. Andere PSA
würden durchaus erfolgreich am Markt bestehen, so Alt weiter.
Ein neues Vergabeverfahren sei nicht nötig, stellte auch
BA-Chef Frank-Jürgen Weise fest, räumte aber zugleich
ein, dass die Insolvenz die BA in ihren Vermittlungsbemühungen
zurückwerfe. Man versuche nun, schnellstmöglich
Verträge mit anderen Personaldienstleistern
abzuschließen, erklärte Weise. Er gehe davon aus, dass 60
Prozent der Maatwerk-Leiharbeiter schnell von anderen PSA
übernommen werden. Konkreter wurde das Prinzip Hoffnung zwar
nicht, aber offenbar regiert es weiter.
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