Hans-Joachim Werbke
Gelingt eine Konfliktlösung?
Unterwegs in Indien und Pakistan
Das Eis schmilzt. Ein Permanenzkonflikt der Weltpolitik
könnte mit der Zeit einer Lösung zugeführt werden.
Keine Übereilung jedoch, keine überhohen Erwartungen.
Dazu hat es zu viele Enttäuschungen und Rückschläge
gegeben in dem halben Jahrhundert der Beziehungen zwischen Indien
and Pakistan. Der Widersinn einer Grenzziehung, mit der sich die
Kolonialherrschaft aus ihrer Verantwortung stehlen wollte, wirkt
immer noch nach.
Die Labour Regierung Atlee-Bevin glaubte damals, in Lord
Mountbatten einen Vize-König gefunden zu haben, der ihr die
Kastanien aus dem Feuer holte und mit einer
Zwei-Staaten-Gründung das Miteinander von Hindus and Muslimen
auf eine neue Basis stellte. Umsiedlungen im Stil einer
Völkerwandlung brachten Meuchelei, Gemetzel, Hass und
Todfeindschaft, schließlich gar drei Kriege mit sich.
Die absurdeste Lösung, die Aufspaltung Pakistans in ein
Ost-und West-Pakistan mit 3.000 Kilometern Indien dazwischen,
beendete 1971 Indira Gandhi mit einem Blitzkrieg, nachdem sie den
Sezessionisten Mujibur Rahman in das neukreierte Bangladesch, sein
"goldenes Bengalen", auf den Thron setzte. Rest-Pakistan konnte in
einem hektischen Wechsel von Zivilregierungen und Militärmacht
nie zur Ruhe gelangen. Hier war es namentlich der Kaschmir-Konflikt
an dem sich die Spannungen immer wieder entzündeten. Beide
Länder rüsteten sich mit Atomwaffen auf.
Nun soll all dies nach dem Willen des indischen
Ministerpräsidenten Atal Bhari Vajpayee und des pakistanischen
Staatschef Pervez Musharraf anders werden. Sie trafen sich vor
kurzem und setzten eine Verhandlungskommission auf der Ebene ihrer
Außenminister ein, die bereits tagte und sich in realistischen
und von Emotionen freien Formen auf eine friedlich Lösung hin
zubewegt. Verkehrs-und Handelswege könnten geöffnet
werden. Die Kaschmiris aus dem indischen und pakistanischen Gebiet
können zueinanderfinden.
Trotz der schon darüber hinausgehenden weltpolitischen
Entwicklungen sind die beiden Bändchen doch hilfreiche
Handreichungen zum Verständnis der menschlichen Problematikt.
Beide Autoren, Brigitte Voykowitsch und Andres Altmann, haben sich
als Reisende zu Fuß, per Bus und mit der Eisenbahn unter die
Menschen gemischt und in Gesprächen und Beobachtungen die
Vorraussetzungen geortet, die zu einer Annäherung führen
können.
Voykowitsch tut es in der ruhigen Manier einer routinierten
Reporterin, sachlich, abgewogen, nüchtern. Andreas Altmann ist
ambitionierter. Er lehnt sich etwas an die poetisierenden
Reisebeschreibungen eines Bruce Chadwin an. Das liest sich
amüsanter. Der Vorteil beider Bücher besteht darin, dass
sie zu einer Zeit auf den Markt gelangen, wo die großen
Zusammenhänge diskutiert werden. Die Leserschaft wird für
die gewonnenen Einblicke und Einsichten dankbar sein.
Brigitte Voykowitsch
Allah, Ram und Kricket - Indisch-Pakistanische
Konfrontationen.
Picus Verlag, Wien 2004; 144 S., 14,90 Euro
Andreas Altmann
Notbremse nicht zu früh ziehen! Mit dem Zug durch
Indien.
Rowohlt Verlag, Reinbek 2004; 188 S., 12,20 Euro
Der Autor war viele Jahre Südasien-Korrespondent der ARD.
Heute lebt er im Ruhestand in Berlin.
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