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"Die Arbeitsteilung wird zu mehr Geschlossenheit
und Stärke führen"
Aus der Rede Gerhard Schröders
Immer, wenn es in Zeiten schwieriger Zäsuren galt,
Veränderungen vorzunehmen und dafür die Verantwortung zu
tragen, dann waren wir es, die stets bereit waren, das Wichtige und
das Richtige zu tun. Häufig war es so, dass die
Entscheidungen, die dann zu treffen waren, am Anfang sehr
umstritten gewesen sind. Aber wir sind niemals davongelaufen und
werden das auch in Zukunft nicht tun. Am Ende haben sich unsere
Entscheidungen als richtig, als für Deutschland verantwortbar
erwiesen. Diese große historische Tradition meinen wir, wenn
wir heute die Kontinuität unserer Politik betonen.
Denkt daran: es waren Sozialdemokraten, allen voran Willy
Brandt, aber auch Herbert Wehner und Helmut Schmidt, die den Mut
zur Entspannungspolitik hatten. Sie hatten ihn, weil sie wussten,
dass der Versöhnung im Westen die Nachbarschaft im Osten zu
folgen hat. Auch damals ging das nur gegen den erbitterten
Widerstand der Rechten in unserer Gesellschaft und unter schlimmen
Diffamierungen. Am Ende haben wir, hat unser Volk die Früchte
ernten können, zunächst die deutsche Einheit und dann, ab
1. Mai dieses Jahres, auch die europäische Einigung im Osten
und im Westen unseres Kontinents. (...)
Wir hatten zu entscheiden, ob es gerechtfertigt ist, zum Schutz
von Menschenwürde und Menschenrechten auf dem Balkan auch
militärisch zu intervenieren. Ich weiß wohl, dass das
niemandem von euch, auch niemandem von uns leicht gefallen ist.
Aber wir hatten zu begreifen, dass unsere Arbeit in der
Völkergemeinschaft nicht nur Rechte begründet, sondern
auch die Erfüllung von Pflichten erfordert. Vor diesem
Hintergrund waren wir es, die Deutschlands gewachsene
internationale Verantwortung formuliert und auch wahrgenommen
haben, nicht zuletzt im Kampf gegen den internationalen
Terrorismus. Wir alle erinnern uns an die manchmal schmerzlichen
Diskussionen, die wir darüber zu führen hatten, und ich
erinnere mich besonders daran. Wir haben sie bewusst, auch stolz,
ernsthaft und selbstbewusst geführt. Ich denke, unser Volk hat
verstanden, warum das, was wir zu entscheiden hatten, wichtig und
richtig war. (...)
Mit der Übernahme dieser Pflichten haben wir uns als ein
souveränes Land auch das Recht erworben, Nein zu sagen, wenn
wir vom Sinn einer militärischen Intervention nicht
überzeugt sind. Wir sollten den Menschen vor Augen
führen, was gewesen wäre, wenn in dieser Zeit die anderen
regiert hätten. Dann hätte Deutschland nicht gewagt, Nein
zu sagen. Deutsche Soldaten stünden heute im Irak. (...)
Uns als Sozialdemokraten hat es immer ausgezeichnet, nicht etwas
zu fordern, sondern auch durchzusetzen. Das ist der Sinn von
Regierungsmacht und Regierungshandeln. Es ist auch unser Verdienst,
dass der deutsche Sozialstaat kein bloßer Fürsorgestaat
mehr ist, sondern dass er in gutem Sinne ein Teilhabestaat ist. Er
ist ein Staat, der die Schwachen schützt und dem Einzelnen
hilft, wenn er sich nicht selber helfen kann, ein Staat, der
Solidarität so organisiert, dass mehr Mitsprache, mehr
Freiheit und mehr Chancen für alle gewonnen werden, vor allem
für diejenigen, die Wohlstand nicht von zu Hause mitbringen,
sondern den Wohlstand unseres Landes erst mit ihrer Leistung
erwirtschaften. Deshalb haben wir immer beides im Blick gehabt und
werden es auch weiterhin im Blick haben: sozialen Ausgleich und
Teilhabe durch eigene Leistung und Leistungsbereitschaft. (...)
Liebe Genossinnen und Genossen, gestattet mir ein paar
persönliche Worte: Mir fällt der Abschied vom Vorsitz
unserer Partei nicht leicht. In der Nachfolge von August Bebel und
Willy Brandt zu stehen, das war für mich eine große Ehre.
Ich habe es als eine Verpflichtung verstanden und es so gut zu
machen versucht, wie ich es konnte. Ja, ich kann sagen - ich
möchte, dass ihr das wisst -: Ich war stolz darauf
Vorsitzender dieser großen, ältesten demokratischen
Partei Deutschlands sein zu dürfen. Aber die Aufgabe als
Bundeskanzler, sozialdemokratische Politik eben nicht nur in
Deutschland, für Europa und darüber hinaus zu gestalten,
erfordert schon die ganze Kraft eines Menschen - übrigens
gestützt auf die, die ich liebe und die mich lieben. (...)
Ich bin sicher: Die Arbeitsteilung wird zu mehr Geschlossenheit
und als Folge dessen zu neuer Stärke führen.
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