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Hartmut Hausmann
Neue Hoffnung nach der Spanien-Wahl
Europa wartet auf Zapatero
Wesentliche neue Beschlüsse, über die intensiv
hätte gestritten werden können, waren vom jüngsten
EU-Gipfeltreffen von vornherein nicht zu erwarten. Zu gut waren die
Erklärungen zum Terrorismus und den Wirtschaftsreformen von
den Außen-, Innen- und Wirtschaftsministern vorbereitet
worden. Deshalb war auch von der frostigen Atmosphäre des
letzten Gipfeltreffens nichts mehr zu spüren. Hatten sich die
Regierungschefs der EU im Dezember noch zutiefst über die neue
Verfassung der Union zerstritten, stand nun demonstrative Einigkeit
auf dem Programm.
Dazu hatte neben den grausamen Ereignissen von Madrid vor allem
der von nahezu allen anderen Regierungschefs als ungewöhnlich
geschickt gelobte derzeitige irische Ratspräsident Bertie
Ahern beigetragen.
Dennoch haben die Terroranschläge vom 11. März auch im
Umfeld des Gipfels ihre Spuren durch erheblich verschärfte
Sicherheitsvorkehrungen hinterlassen. Unter den Teilnehmern selbst
rückt die Erkenntnis in den Vordergrund, dass man zur
Zusammenarbeit verpflichtet ist. Maßnahmen im Kampf gegen den
Terrorismus, die bisher auf die lange Bank geschoben wurden, sollen
jetzt im Schnelldurchlauf in Kraft gesetzt werden, wobei im Notfall
auch die nationalen Streitkräfte im Innern eingesetzt werden
sollen. Ob die Mitgliedstaaten der EU, wenn der erste Schock
über die Anschläge vorüber ist, allerdings mehr tun
als nach den Anschlägen des 11. September 2001, wird
weitgehend von dem neu eingesetzten Sicherheitskoordinator
abhängen. Über dessen Rechte und Zuständigkeiten
soll allerdings erst im Juni entscheiden werden.
Bereits nach den Anschlägen von New York hatte die EU ein
Aktionsprogramm beschlossen, das von nicht einem einzigen Land
vollständig umgesetzt wurde. Nach der Diskussion auf dem
Gipfel befürchtet die Luxemburgische Außenministerin
Lydie Polfer für die Zukunft allerdings wenig Besserung. Zu
unverbindlich und ohne jede Selbstkritik sei die Aussprache
verlaufen. Dabei beinhalte jeder Absatz ausreichend Problematik
für mehrstündige Diskussionen.
Hoffnung gibt es aber in der Frage der im Dezember zunächst
gescheiterten Verfassung. Vor drei Monaten hatten Polen und Spanien
die Einigung blockiert, weil ihnen durch das System der doppelten
Mehrheit, bei der neben den Staaten selbst auf deren
Bevölkerungsstärke bei Ministerratsabstimmungen
berücksichtigt wird, der Verlust an Einfluss bei
EU-Entscheidungen zu groß erschien. Jetzt gebe es die
notwendige Flexibilität und den politischen Willen, in den
kommenden Monaten abzuschließen, stellte Polens
Außenminister Wlodzimierz Cimoszewski in Brüssel fest:
Ein Signal des Durchbruchs für alle anderen Partner. Spaniens
Premierminister José Aznar, der zweite Blockierer beim
Dezembergipfel, ist in Brüssel nach seiner Wahlniederlage zwar
noch dabei, Beachtung findet er bei seinen Kollegen kaum noch.
Seine Kollegen richten ihre Blicke bereits auf seinen
sozialistischen Nachfolger José Luis Rodriguez Zapatero. Der
hatte nach den Madrider Anschlägen und Aznars Versuchen, diese
der baskischen Terrororganisation ETA durch eine gezielte
Medienbeeinflussung in die Schuhe zu schieben, überraschend
die Parlamentswahlen gewonnen und direkt danach den Politikwechsel
angekündigt: Spanien werde seine Soldaten aus dem Irak
abziehen, sich innerhalb der EU Deutschland und Frankreich
annähern und auch die Verfassung nicht weiterhin blockieren.
Das ist nicht mehr Aznars Sicht der EU, der er mit seiner starren
Haltung auf den Gipfeln in Berlin und Nizza Milliarden Euro und
spanisches Gewicht bei Abstimmungen abgetrotzt hatte. Frustriert,
so meldeten Agenturen, habe er am Freitag das Abendessen der
Chefrunde vorzeitig verlassen.
Innerhalb der EU haben sich damit die Gewichte entscheidend
verschoben. Vor allem aber wurde damit auch das nunmehr isolierte
Polen zum Einlenken bewegt. Für den Brüsseler EU-Gipfel
war so das Signal zu neuer Einmütigkeit gegeben. Dass man sich
nicht schon an einem Durchbruch bei der Verfassungsfrage versuchte,
lag aber nicht nur an der Anwesenheit Aznars. Europa wartet zwar
auf dessen Nachfolger Zapa-tero, dessen Regierung aber wohl erst
nach Ostern ihr Amt übernimmt, doch mehrere Länder wollen
eine Einigung erst nach der Europawahl im Juni, weil sie durch Ihre
Aufgabe früherer Positionen das Wahlergebnis nicht
gefährden wollen. Dazu gehört neben Warschau vor allem
auch Paris. Hartmut Hausmann
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