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Nr. 14 / 29.03.2004

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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vom

Sachverständige fordern eine familienfreundlichere Ferienordnung

Öffentliche Anhörung

Tourismus. Die Ferienordnung in Deutschland muss flexibler werden, um Familien und Betriebe zu entlas-ten. Diese Auffassung hat Professor Axel Dreyer von der Hochschule Harz in Wernigerode in einer öffentlichen Anhörung des Tourismusausschusses zum Thema "Familienurlaub in Deutschland" vertreten. Die Anhörung fand am 15. März während der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin statt. Wenn sich die Nachfrage besser verteilen würde, so Dreyer, könnten auch die Preise nachgeben.

Er verwies darauf, dass der Anteil der Alleinerziehenden und der Familien mit einem Kind an den Reisenden zunimmt. Fast jede zehnte Urlaubsreise werde mit über 50-jährigen Erwachsenen unternommen, sagte der Experte, der in diesem Zusammenhang von "Oma-Opa-Kind"-Reisen sprach. Dreyer befürwortete im Übrigen eine Aufklärungskampagne zugunsten von mehr Kinderfreundlichkeit und trat für Qualitätsverbesserungen bei Familienangeboten sowie für eine Produktoffensive ein.

Uwe Lenz, Geschäftsführer des Integrationsdorfs Arendsee (Sachsen-Anhalt), sieht die Wachstumschance darin, die vielfältigen Bedürfnisse zu erkennen und zu realisieren. Voraussetzung sei, die Wirtschaftskraft der Familien zu stabilisieren, damit diese überhaupt Urlaub machen können. Die Träger der Familienerholungsstätten sollten offensiver werben und auf Reisemessen präsent sein. Skeptisch äußerte er sich zu Ferienparks und "Animationstempeln" sowie gegenüber dem Vorschlag, mehr "All-inclusive"-Angebote zu machen. Die Urlauber sollten noch Entscheidungsmöglichkeiten behalten, so Lenz. "Wir wollen der Dreigenerationenfamilie eine Chance geben", sagte er.

Der Präsident des Deutschen Reisebüro- und Reiseveranstalter-Verbandes (DRV), Klaus Laepple, schätzte, dass die Tendenz zu "All-inclusive"-Angeboten nziell zunehmen werde. 35 Prozent der in Reisebüros gebuchten Urlaube seien Familienurlaube. Kritisch äußerte er sich zur aktuellen Ferienordnung. Wenn Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern parallel späte Sommerferien hätten, stünden im Juni und Juli die Betten leer. Die Politik müsse hier aktiv werden und zu einer vernünftigen Koordination finden. Die Kultusministerkonferenz bewege sich nur langsam, damit werde ein "unglaublicher Schaden" angerichtet. Familien, Senioren und Singles müssten als Urlauber gleichermaßen zufriedengestellt werden.

"Echtes Nischenprodukt"

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, Christian Ehlers, nannte Urlaub mit Kindern ein "echtes Nischenprodukt". Damit sollte man sich nicht nur im Niedrigpreisbereich bewegen. Dass Toleranz und Kinderfreundlichkeit zunehmen, nannte er eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. Professor Rolf Bietmann von der Bundesarbeitsgemeinschaft Familienerholung bezeichnete die Familienerholung als Aufgabe der Jugendhilfe, die staatlicher Zuschüsse bedürfe. Er appellierte an Bund und Länder, keine weiteren Kürzungen bei den Investitionen mehr vorzunehmen. Die Einrichtungen hätten zum Teil einen Standard, der sich im Viersternebereich bewegt. Auch die Individualförderung sollte nicht mehr zurückgefahren werden.

Markus Ostermann vom Deutschen Familienverband stellte fest, dass der Urlaub für kinderreiche Familien zu teuer sei. Sie brauchten faire Preise. Ostermann schlug in diesem Zusammenhang "All-inclusive"-Angebote vor. Ausgerechnet in den Familienstätten seien die Preise wegen der reduzierten Förderung stark gestiegen, stellt er fest. Länder und Kommunen senkten auch die Individualzuschüsse, sodass viele sozial Schwache die Erholungsmaßnahmen gar nicht mehr nutzen könnten. Die Zuschüsse seien so gering, dass sich Familien den Urlaub wegen des zu hohen Eigenanteils nicht mehr leisten könnten. Der Bedarf sei vorhanden, aber nicht finanzierbar. Komplettangebote hielt Ostermann für eine Möglichkeit, die Kosten überschaubar zu machen. vom

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