Robert Luchs
Der Teufelskreis Entwicklungsland
Wenn die armen Staaten immer ärmer
werden
Nur ein Abbau von Subventionen kann den Markt für viele
arme Länder vor allem in Afrika wieder in Ordnung bringen.
Subventionen in Milliardenhöhe für die Baumwollproduktion
in den Industriestaaten und der Volksrepublik China sorgen hingegen
für schwere Wettbewerbsverzerrungen in der Dritten Welt und
machen die armen Länder noch ärmer. Daher haben die
europäischen Entwicklungsministerinnen und Minister
beschlossen, die baumwollproduzierenden Länder Afrikas mit
einer besonderen Initiative zu unterstützen.
Diese jetzt als "Baumwollpartnerschaft" verabschiedete
Initiative war von der Bundesregierung nach dem Scheitern der
Verhandlungen der Welthandelsorganisation (WTO) im vergangenen Jahr
angeregt worden. "Damit unterstützt Europa 15 Millionen
Menschen in Afrika, die mittelbar oder unmittelbar von der
Baum-wollproduktion leben und leistet somit ei-nen wesentlichen
Beitrag zur Reduzierung der Armut in diesen Ländern", betonte
Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). Diese
Partnerschaft besteht aus technischer Hilfe, Be-ratung in
Umweltfragen und bei Verhandlungen innerhalb der WTO. Darüber
hinaus gelte es nun, international, vor allem gegenüber den
USA, auf einen stärkeren Abbau der Subventionen zu
drängen.
Durch die Subventionen der Industrieländer wird den
afrikanischen Baumwollbauern unfaire Konkurrenz gemacht. Sie
produzieren zwar hochwertige Baumwolle, leiden aber unter dem
starken Preisdruck auf den Weltmärkten, der durch die
Subventionen verursacht wird. Allein dadurch sei in einigen
afrikanischen Ländern wie Benin im vergangenen Jahr der Anteil
der Armut um vier Prozent gestiegen, erläuterte die
Ministerin. Die Zahl der Menschen, die von weniger als einem Dollar
am Tag leben müssten, sei von 800.000 auf über eine
Million gestiegen. Sie wies darauf hin, dass die USA für ihre
rund 25.000 Baumwollgroßfarmer pro Jahr 3,7 Milliarden Dollar
an Subventionen bereitstellen.
Keine Almosen
Bei einem Besuch in Benin bekräftigte die
Entwick-lungsministerin, sie werde die Forderungen des Landes und
der anderen west- und zentralafrikanischen Länder
unterstützen, die sich in einer Baumwollinitiative
zusammengeschlossen haben. Benin fordere für seine
Baumwollproduzenten gerechte Welthandelsbedingungen und keine
Almosen. "Wenn wir den Ent-wicklungsländern eine ehrliche
Chance geben wollen, dann müssen wir ihre For-derungen
erfüllen", unterstrich Frau Wieczorek-Zeul.
Der Abbau der Baumwollsubventionen würde neben Benin vor
allem den west-afrikanischen Ländern Mali, Burkina Faso und
dem Tschad zugute kommen. Die Bundesregierung hat Burkina Faso
für 2003 und 2004 insgesamt 36 Millionen Euro zugesagt. Mit
dieser Unterstützung bemüht sich die deutsch-burkinische
Zusammenarbeit um die Verringerung der Armut. Für Burkina Faso
ist Baumwolle mit ihrer guten Qualität das wichtigste
Ausfuhrgut, die jedoch auf dem Weltmarkt mit hochsubventionierter
Baumwolle aus Industrieländern konkurrieren muss und deshalb
nur noch zu Dumpingpreisen abgesetzt werden kann. Die Leidtragenden
sind rund zwei Millionen burkinische Bauern. Für viele von
ihnen ist Baumwolle das einzige Produkt, das sie exportieren
können.
Die Einnahmen aus der Baumwollproduktion finanzieren
außerdem einen großen Teil der wirtschaftlichen und
sozialen Entwicklung in den ländlichen Ge-bieten, wie das
UN-Entwicklungsprogramm UNDP festgestellt hat. In den vergangenen
Jahren haben die westafrikanischen Erzeugerländer Reformen in
Angriff genommen und die Produktivität deutlich steigern
können. Ihren Anteil am weltweiten Baumwollhandel konnten sie
mittlerweile auf 15 Prozent erhöhen - dieser ist allerdings
durch die Subventionspolitik der reichen Länder und Chinas
zunehmend in Gefahr.
Mit einem Verbrauch von mehr als 30 Millionen Ballen wird China
in diesem Jahr fast ein Drittel des gesamten Baumwollaufkommens in
der Welt aufnehmen. Die Volksrepublik hat diesen Boom vor allem dem
im Dezember 2001 erfolgten Beitritt zum Welthandelsabkommen zu
verdanken.
Die armen Exportländer müssen ihre Ware zu Preisen
verkaufen, die ihre Produktionskosten nicht mehr decken. Die an
anderen Ressourcen armen Länder haben keine Chance, dem
Teufelskreis der Unterentwicklung zu entkommen.
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