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Über die Anwendung neu nachdenken
Christa Randzio-Plath zum
EU-Stabilitätspakt
Finanzen. Im Europäischen Parlament gibt es
derzeit keine Bewegung, den Europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspakt abzuschaffen. Dies betonte die Vorsitzende des
Ausschusses für Wirtschaft und Währung des
Europaparlaments, Christa Randzio-Plath (SPD), am 26. Mai im
Finanzausschuss. Der Ausschuss hatte die Europapolitikerin
eingeladen, um mit ihr über Finanzmarktthemen in der EU zu
sprechen. Es gibt nach den Worten Randzio-Plaths jedoch eine
Debatte darüber, wie der Stabilitäts- und Wachstumspakt
künftig angewendet werden soll.
Ausgeglichene Haushalte nützten nichts,
wenn die Arbeitslosenzahl in der EU noch höher wären als
jetzt mit 19 Millionen. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt
müsse als ein Instrument neben anderen in der
Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion gesehen
werden, und es müsse um seine praktische Handhabung gehen,
sagte die Politikerin. Die EU befinde sich in einer Phase der
Schwäche im Vergleich mit anderen Weltregionen. Es gehe darum,
Wachstum zu erzeugen, auch über die Binnennachfrage, und
Investitionen zu finanzieren, und zwar nicht nur öffentliche,
sondern auch private Investitionen. Ins-trumente wie die
Europäische Investitionsbank müssten genutzt werden
für öffentlich-private Partnerschaften bei der
Finanzierung von Investitionen.
Sie betonte, es komme nicht nur auf das
Haushaltsdefizit an, sondern auch der Stand der Verschuldung
insgesamt müsse in die Überlegungen einbezogen werden.
Das Verhältnis von Investitionen und Haushaltsdefiziten
müsse zusammen gesehen werden, so die Europaparlamentarierin.
Sechs Staaten hätten inzwischen ein Problem mit den Vorgaben
des Stabilitätspakts. Die Mehrheit im Europaparlament sei
dafür, den Pakt strikt einzuhalten. Eine stattliche Minderheit
dringe jedoch auf eine andere Handhabung dieses Paktes. Die Debatte
sei derzeit wegen der anstehenden Wahlen unterbrochen und werde
wohl erst im kommenden Jahr wieder aufgenommen. Beunruhigt zeigte
sie sich über Hinterziehung von Mehrwertsteuern in der EU, die
eine Größenordnung von 130 bis 150 Millionen Euro
jährlich erreicht hätte. Die Bekämpfung von
Steuerhinterziehung sei in der EU bislang nicht koordiniert worden,
bedauerte sie. Große Betrugsentwicklungen bei
Verbrauchssteuern auf Autos, Auto-Ersatzteile, Zigaretten oder
Medikamente würden mit der EU-Erweiterung noch zunehmen. Von
einer Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung rede inzwischen
niemand mehr in der EU, vielmehr gehe es nur noch um
Koordinierung.
Randzio-Plath verwies darauf, dass die Spanne
bei der Mehrwertsteuer zwischen 15 und 25 Prozent in den letzten 15
Jahren unverändert geblieben sei. Der Versuch, wenigstens beim
ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu Annäherungen zu
kommen, sei komplett gescheitert. Realistisch sei, sich über
gleiche Definitionen zu einigen. Auch die Debatte über eine
Mindestbesteuerung sei unterentwickelt, weil niemand dieses Thema
gerne aufgreife. Auf EU-Ebene gebe es kein politisch gewolltes,
gestaltetes Steuerrecht, sondern nur ein Richterrecht. Der
Europäische Gerichtshof fordere die Politik auf, hier selber
gestaltend tätig zu werden und dies nicht den Richtern zu
überlassen. vom
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