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Nr. 28 / 05.07.2004

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Martin Peter

PDS macht die Wahl spannend

Brandenburg vor der Landtagswahl

Schönen Urlaub" wünscht die brandenburgische CDU in diesen Tagen landesweit auf großen Plakaten, deren Hauptbotschaft freilich lautet: "Brandenburg ist sexy." Für den offensichtlich humorlosen PDS-Chef Lothar Bisky handelt es sich bei diesem Plakat, auf dem die Umrisse des Landes als züchtiger weiblicher Torso mit einem konservativen Bikini als Blickfang zu sehen sind, um eine "sexuelle Belästigung auf dem Weg zum Arbeitsplatz". Dabei hat die PDS seit der Europawahl eigentlich gut Lachen. Denn entgegengesetzt zu den Prognosen aller Demoskopen wurde sie in Brandenburg erstmals stärkste Partei.

Hat dieses Wahlergebnis Auswirkungen auf die Landtagswahl am 19. September? Forsa-Chef Manfred Güllner sieht in den 30,83 Prozent Stimmen für die PDS - prophezeit hatte er der CDU 33 Prozent, die aber mit lediglich 23,98 Prozent auf Platz 2 landete - vor allem eine Auswirkung der extrem niedrigen Wahlbeteiligung von 26,9 Prozent, der niedrigsten bei dieser Europawahl überhaupt in allen 16 Bundesländern. Doch schon bei der Europawahl 1999 bildete Brandenburg mit einer Wahlbeteiligung von 30,3 Prozent das Schlusslicht.

SPD und CDU mit Verlusten

Gleichzeitig überrascht der Einbruch der SPD unter ihrem populären Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten Matthias Platzeck. Sie kommt nur noch auf 20,61 Prozent. Schaut man auf die absoluten Zahlen der Europawahl 1999, dann hat die CDU 42.500 Stimmen verloren, die SPD 76.000, während die PDS 15.860 Stimmen hinzugewonnen hat. Erstaunlich das Abschneiden der Grünen, die insgesamt 23.600 Stimmen mehr erhalten als 1999. Vor allem im Berliner Umland. Sie kommen insgesamt auf 7,8 Prozent der Stimmen, während sich die FDP mit 4,7 Prozent zufrieden geben muss. Die "Sonstigen" mit 12,1 Prozent (einem Plus von acht Punkten gegenüber 1999) bilden die viertgrößte "Partei", was sich allerdings nicht in Mandaten für das Europaparlament niederschlägt.

Lothar Bisky, der am 19. September wieder für den Landtag kandidiert, aber nicht mehr Fraktionschef werden will, gibt sich zuversichtlich: "Die PDS hat sich konsolidiert und gezeigt, dass sie Wahlen auch noch gewinnen kann." Zurückhaltender gibt sich PDS-Ehrenvorsitzender Hans Modrow, der kein Verständnis für innerparteilichen Jubel über die Niederlage der SPD hat: "Das war keine politische Klugheit."

Denn die PDS weiß sehr wohl, dass am 19. September die Situation anders aussieht: Wenn es um den neuen Landtag geht, wird die Wahlbeteiligung erheblich höher sein. Das kommt dann vor allem den beiden Volksparteien CDU und SPD zugute, obwohl der thüringische PDS-Wahlsieger Bodo Ramelow bereits von einer "ostdeutschen Volkspartei" spricht. Auch wenn sich die brandenburgische CDU bei der Europawahl in Brandenburg als einzigem Bundesland mit Platz 2 begnügen muss, setzt sie doch im September auf den allgemeinen Bundestrend zugunsten der CDU.

Sowohl die SPD, die bei der Landtagswahl vor fünf Jahren knapp stärkste Partei geblieben war, als auch die CDU unter ihrem Vorsitzenden und stellvertretenden Ministerpräsidenten Jörg Schönbohm haben keine Lust mehr, die große Koalition fortzusetzen - nach einer Umfrage wird ihre Arbeit, die zum Teil von erheblichen Zerreißproben begleitet war, von 71 Prozent der Bevölkerung als nicht sonderlich erfolgreich bewertet.

Wer hat die besseren Chancen?

Die CDU hat - wiederum nach Umfragen - die besten Chancen, am 19. September erstmals zwischen Prignitz und Spreewald stärkste Fraktion im Potsdamer Landtag zu werden. Doch wird sie dann auch regieren können? Gegenwärtig werden der FDP nur geringe Chancen eingeräumt, nach zehnjähriger Abwesenheit wieder in den Landtag zurückzukehren. Im Gegensatz zu den Grünen, die als Spitzenkandidaten den früheren Berliner Justizsenator Wolfgang Wieland gewonnen haben. Doch die Grünen würden dann wohl lieber mit der SPD zusammengehen - wenn das Wahlergebnis dafür reicht.

Die PDS hofft auf ein Erstarken der SPD bis zum Wahltag im September, damit es nach Mecklenburg-Vorpommern und Berlin für eine dritte rot-rote Koalition reicht. Nach dem Desaster der Europawahl für die Sozialdemokraten kann es aber sein, dass es selbst bei einer starken PDS nicht mehr für eine rot-rote Mehrheit reicht. Vielleicht mit den Grünen als drittem Partner im Bunde? Damit würden sich wohl wiederum die Grünen sehr schwer tun.

Nur geringe Neigung zu Reformen

Nicht auszuschließen ist, dass es erneut zu einer großen Koalition zwischen SPD und CDU kommt, dann wahrscheinlich unter umgekehrten Vorzeichen. Ob dann Matthias Platzeck - der bei einer Direktwahl des Ministerpräsidenten eine klare Mehrheit für sich verbuchen könnte - als stellvertretender Regierungschef zur Verfügung stehen würde, ist ziemlich schwer vorzustellen. Doch die brandenburgische SPD ohne ihr Zugpferd Platzeck würde anschließend noch tiefer in der Wählergunst fallen.

Brandenburg, wegen seines hohen linken Wähleranteils und seiner geringen Neigung zu dringend notwendigen Reformen oft auch sarkastisch "kleine DDR" genannt, steht vor einer schwierigen Entscheidung. CDU-Chef Jörg Schönbohm spricht von einer "Richtungsentscheidung" am 19. September. Jedenfalls dürfte es politisch bald mit dem "Schönen Urlaub" in Brandenburg ein Ende haben.

Büßt die SPD in Brandenburg ihren Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (der zu den Hoffnungsträgern der Gesamtpartei zählt) ein, dann wird die Partei bundespolitisch noch tiefer in die Depression gestürzt - auch wenn dies im Bundesrat nicht ganz so entscheidend ist. Denn große Koalitionen verhalten sich gegenüber der Bundesregierung (gleich welcher Farbe sie ist), meist neutral. Hier ist der Imageverlust entscheidend. Es sei denn, die CDU könnte sogar in Potsdam allein regieren. Doch dieser geheime Traum ist spätestens seit der Europawahl ausgeträumt.

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