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Detlev Lücke
...aufgekehrt
Wer die "Bild-Zeitung" liebt, erfreut sich an den weiblichen
Nackedeis, die tagein, tagaus die Frontseite dieser Frontzeitung
der Volksseele schmücken. Da verwundert es nicht, wenn der
CSU-Bundestagsabgeordnete Johannes Singhammer die Gelegenheit
nutzte, um die Betrachter der Pin-ups in "Bild" daran zu erinnern,
dass Sex gefälligst auch mit Kindermachen zu tun haben
müsse. Die Kinderarmut in Deutschland sei "auch ein
Armutszeugnis für viele Männer". Singhammer nutzte
womöglich den nicht gerade "erhebenden" Auftritt von Rudi
Völlers Truppe in Portugal, um die Gefahr
heraufzubeschwören, "dass deutsche Männer im Ausland als
Schlappschänze verspottet werden".
Da regt sich was. Und zwar nicht nur in der Hose, sondern auch
Widerspruch. Berechtigt? Das müssen andere entscheiden. Der
hessische CDU-Landtagsabgeordnete Armin Klein hat allerdings bei
"Bild" in das selbe Horn gestoßen wie Singhammer und von
seinen männlichen deutschen Landsleuten "mehr Mut zum Sex mit
Folgen" gefordert. Ob Frauen über dieses
"Überraschungsei" genau so glücklich sind, steht auf
einem anderen Blatt. "Tina, wat kosten de Kondome?" Klein
fügte übrigens noch einen mehr als bildhaften Satz hinzu:
"Die Selbstverwirklichung, die bei vielen zum Leben ohne Kinder
geführt hat, ist in die Hose gegangen." Das lassen wir jetzt
mal unkommentiert so stehn.
Armin Klein hat zwar mit vier Kindern sein Soll erfüllt,
aber der Rentenexperte Bernd Raffelhüschen hat einer
Nachrichtenagentur mitgeteilt, dass eine höhere Zahl von
Kindern die demographische Entwicklung in diesem, unseren Lande
nicht aufhalten könne. "Die Kinder kommen zu spät." In
blumiger Sprache setzte er fort, selbst wenn die "Umkehr des
Pillenknicks" geschafft werde, sei "das Kind bereits in den Brunnen
gefallen".
Was tun, hätte Lenin gefragt. Hatte der eigentlich Kinder?
Wir erinnern uns an den Titel "Die Revolution entlässt ihre
Kinder". Führt also auch nicht weiter. Apropos Kommunismus.
Unverheiratete Paare im deutschen Osten haben deutlich mehr Mut zu
Kindern als im Westen der Republik, wie uns das Statistische
Bundesamt in Wiesbaden dieser Tage mitteilte. Rund 44 Prozent der
Paare ohne Trauschein haben dort Kinder unter 14 Jahren. Ob Klaus
von Dohnanyi weiß, dass der Aufbau Ost wenigstens in den
Betten klappt? Und das alles ohne Clusterbildung.
In Israel hat gerade eine 64-Jährige einen Jungen bekommen.
Sein Zustand wurde von den Ärzten als "gut und stabil"
beschrieben. Über den Zustand der Frau im Mutterglück
wurde nichts bekannt. Ist sowieso kein Beispiel für
Deutschland, denn hier ist die Eizellspende streng verboten.
Vielleicht hilft ja "Bildzeitung" lesen beim Produzieren von
zukunftsfähigem Nachwuchs. Oder lieber Kinder machen, anstatt
zum bunten Blatt zu greifen? Eine rundum sympathische Lösung
des Problems. Im Notfall hilft, wie immer in Deutschland, ein Griff
zu den Klassikern. In seinem 1829 geschriebenen Gedicht
"Vermächtnis" sagt Goethe: "Was fruchtbar ist, allein ist
wahr." Ende der Durchsage.
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