Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (F.D.P.): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um es vorweg zu sagen: Hans Haackes Projekt überzeugt mich nicht in seiner Ästhetik und schon gar nicht in seiner politischen Symbolik und deswegen möchte ich es nicht in unserem Hause haben. In den Erläuterungen zu seinem Projekt bezeichnet Hans
Haacke die Giebelaufschrift "Dem Deutschen Volke" als eine
nationalistische, exklusive Parole. Das ist nichts weniger als eine
Geschichtsklitterung. In Wahrheit wurde die Widmung in einem Akt
republikanischer Emanzipation 1915 gegen den Widerstand des Kaisers
durchgesetzt und hat deswegen einen verfassungspatriotischen,
geradezu partizipatorischen Ursprung. Mein schwerster Vorwurf: Haackes Projekt leidet unter einer
höchst widersprüchlichen Symbolik. Wenn er den
Volksbegriff durch Hitler als dauerhaft besudelt ansieht, dann gilt
dies mindestens in gleichem Maße für das von ihm
beabsichtigte Ritual der Erdbeschaffung. Einen weiteren Widerspruch in Haackes Projekt sehe ich darin,
dass die von ihm ausdrücklich angestrebte Provokation die
gleichzeitig geforderte Partizipation möglichst aller
Abgeordneten verhindert: Wie viele von uns, frage ich Sie, werden
wohl ihr Eimerchen Heimaterde herschaffen, wenn wir hiermit zu
einer Umwidmung des Parlaments beitragen sollen, die zwar dem
Wunschbild des Künstlers, nicht aber unserem Grundgesetz
entspricht? Hier liegt der entscheidende Unterschied zu Christos
Projekt der Reichstagsverhüllung, dem ich seinerzeit mit
großer Begeisterung zugestimmt habe: Christo hatte ein
überzeugendes, ein tragfähiges, ästhetisches Konzept
entwickelt. |
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