Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe stößt auf Kritik
Berlin: (hib/RAB) Die von der Koalition mit dem Entwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (15/1516) geplante Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe (Hartz IV) stößt bei Experten auf Kritik. In einer Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit ging es am Mittwochmittag vor allem um die Frage der Höhe des künftigen Arbeitslosengeldes II, die Anrechnung von Vermögen sowie um die Zuständigkeit. Auf der Tagesordnung standen mit dem Existenzgrundlagengesetz der CDU/CSU (15/1523), einem weiteren Entwurf der Union (15/1527) sowie einem Antrag der FDP (15/1531) drei weitere Anliegen. Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Ursula Engelen-Kefer, begrüßte grundsätzlich das Vorhaben, die beiden Hilfesysteme zusammenzuführen. Es sei aber nicht richtig, Ansparungen und Vermögen bei der Berechnung des künftigen Arbeitslosengeldes II zu berücksichtigen. So müssten die Freibeträge für Vermögen deutlich angehoben werden. Weiter kritisierte die Sachverständige, dass die Initiative keine unteren Grenzen für die Höhe der Einkommen vorsehe. Um Lohndumping zu verhindern, solle in einzelnen Branchen über einen Mindestlohn nachgedacht werden. Der Vertreter des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft stimmte den Kritikpunkten zu. Es sei nicht richtig, nur die Riester-Rente von der Anrechnung des Vermögens auszunehmen. Insgesamt sollten Vermögen in Höhe von 50 000 Euro keine Auswirkungen auf die Höhe der künftigen Hilfeleistungen haben. Für die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände ist das Hilfeniveau ausschlaggebend für das Ausmaß der Anreize, eine Arbeit anzunehmen. Hier stelle das Existenzgrundlagengesetz der Union eine bessere Grundlage dar. Das Hilfeniveau von Hartz IV sei höher und somit nicht so effektiv bei der Schaffung von Anreizen. Ingesamt werde die Reform enorme Auswirkungen auf die Bundesanstalt für Arbeit haben, die sich zudem derzeit in einem Umstrukturierungsprozess befindet. Ziel müsse es sein, erwerbsschwache Familien zielgenauer zu unterstützen und Lohnsubventionierungen zu vermeiden.
Auch das Dritte Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, Hartz III (15/1515) von SPD und Bündnis 90/Die Grünen findet ein unterschiedliches Echo bei Sachverständigen. Mit dem Entwurf will die Koalition die Bundesanstalt für Arbeit (BA) zu einem leistungsfähigen kundenorientierten Dienstleister umgestalten. Auf der Tagesordnung stand auch ein Antrag der FDP (15/1576) zur Neuordnung der Bundesanstalt für Arbeit. Nach Einschätzung des Vorsitzenden der Bundesanstalt, Florian Gerster, können die neuen Aufgaben der Arbeitsvermittlung durch Umschichtungen innerhalb des Hauses bewältigt werden. Die Anreize seien gut, so dass die Dynamik am Arbeitsmarkt zunehmen werde. Mit dem vorliegenden Entwurf könne es gelingen, die Dauer der Arbeitslosigkeit zu verringern und die Integration zu verbessern. Nach Ansicht eines Vertreters des Instituts zur Zukunft der Arbeit ist es nötig, die BA auf die Versicherungsaufgaben zu beschränken. Obwohl die Ergebnisse bei der Vermittlung nicht schlecht seien, könnten die Beitragsmittel auf diese Weise effektiver verwendet werden. Der Experte empfahl, die Vermittlung über unabhängige Jobcenter zu organisieren. Das Institut kritisierte außerdem die drittelparitätische Kontrolle der BA durch Arbeitgeber, Arbeitnehmer und die öffentliche Hand. Es wäre ratsam, die notwendige Kontrolle unabhängigen Sachverständigen zu überlassen. Für Professor Werner Jann von der Universität Potsdam geht der Gesetzentwurf in die richtige Richtung. Die vorgesehenen Jobcenter könnten nur durch die Bundesanstalt für Arbeit bereitgehalten werden, da die Kommunen nicht über das notwendige "Know-How" verfügten. Auch der Vertreter vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit hält die Jobcenter für sinnvoll. Die Einrichtung von einheitlichen Anlaufstellen für Arbeitssuchende sei richtig und durch langjährige Modellversuche wissenschaftlich untermauert.