Bundestagspräsident Thierse zum 60. Jahrestag des 20. Juli 1944:
Am 20. Juli jährt sich zum 60. Mal das gescheiterte
Attentat auf Hitler, für das die Männer um Graf
Stauffenberg und Julius Leber mit dem Leben bezahlen mussten. Wir
ehren sie, die für ihre tapfere und aufrechte Haltung und
Entscheidung von den Nazis ermordet wurden, als Helden des
Widerstandes gegen die menschenverachtende Diktatur.
Ihr Beispiel steht für viele, die ? in hoffnungsloser
Minderheit ? danach strebten, der Diktatur, dem Rassismus und dem
Krieg ein Ende zu machen. Die "Weiße Rose" der Geschwister
Scholl und die Kölner "Edelweißpiraten", der "Kreisauer
Kreis", aus dem einige sich Graf Stauffenberg anschlossen, und das
"Nationalkomitee Freies Deutschland", der "Bund deutscher
Offiziere" ebenso wie Deserteure; Georg Elser, die "Rote Kapelle";
Kardinal von Galen und Dietrich Bonhoeffer, die Aufständischen
im Warschauer Ghetto und diejenigen, die Hitler aus dem Exil
bekämpften. Männer und Frauen, die Widerstand leisteten,
kamen aus allen Schichten, aus allen weltanschaulichen
Gruppierungen, allen Altersgruppen. Auch viele immer noch nicht
prominente Heldinnen und Helden des Alltags, die Juden und andere
von den Nazis Verfolgte schützten und versteckten, haben
dafür mit Zuchthaus, KZ und dem eigenen Leben bezahlt.
Die Männer des 20. Juli haben das Schlimmste verhüten
wollen, als die meisten NS-Verbrechen schon geschehen und viele
Opfer des Krieges schon zu beklagen waren. Diese Tragik ihrer
Gewissensentscheidung führt zur wohl wichtigsten Lehre, die
sie allen folgenden Generationen hinterlassen haben: Wehret den
Anfängen! Diktatoren müssen auf Widerstand stoßen,
bevor sie die Macht ergreifen können; die Demokratie muss
verteidigt werden, bevor ihre Feinde sie zerstören.
Nicht zuletzt für diese Mahnung müssen wir den Helden des
20. Juli 1944 dankbar sein und bleiben, uns ihrer erinnern und
ihrer gedenken.
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