Keine Sondersitzung von Ausschüssen
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat eine von der
CDU/CSU-Fraktion für Donnerstag, 22. Juli, beantragte
gemeinsame Sondersitzung des Haushalts-, des Finanz- und des
EU-Ausschusses abgelehnt. In der Sitzung sollte der
Bundesfinanzminister zur Entscheidung des Europäischen
Gerichtshofs zum Defizitverfahren gegen Deutschland und den sich
daraus ergebenden Konsequenzen für den Bundeshaushalt
berichten. Zu Begründung der ablehnenden Entscheidung teilte
Bundestagspräsident Thierse dem Parlamentarischen
Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion heute mit:
"Die Fraktion der FDP hat mitgeteilt, dass sie Ihren Antrag
unterstützt. Die Koalitionsfraktionen haben widersprochen,
weil aus ihrer Sicht aus dem Urteil des Europäischen
Gerichtshofs keine unmittelbaren Auswirkungen auf den
Bundeshaushalt 2005 abzuleiten seien. Sie weisen darauf hin, dass
die Entscheidungen im Rahmen des im November 2002 eingeleiteten
Defizitverfahrens rechtlich Bestand hätten, so dass sich
gegenwärtig keinerlei zusätzliche Verpflichtung zum
Ergreifen weiterer Maßnahmen ergebe, da das Verfahren
insgesamt ruhe. Weitere Verpflichtungen könnten sich wegen des
Initiativmonopols der EU-Kommission nur aus allein durch diese
einzuleitende neue Verfahrensschritte ergeben. Die EU-Kommission
habe aber bisher nicht bekundet, ob und wann sie solche Schritte
ergreifen wolle.
Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich eine Genehmigung
gemäß § 60 Abs. 3 der Geschäftsordnung nicht
erteile; die Entscheidung, ob eine gemeinsame Sitzung der drei
Ausschüsse durchzuführen wäre, läge ohnehin
nicht bei mir.
Wie Sie wissen, habe ich bei Widerspruch einer großen oder
mehrerer Fraktionen dem Gesichtspunkt, sitzungsfreie Wochen nach
Möglichkeit für andere Verpflichtungen der Abgeordneten
freizuhalten und ihnen Planungssicherheit zu gewährleisten
einerseits und das geltend gemachte Beratungsinteresse andererseits
gegeneinander abzuwägen. Eine Genehmigung von Sitzungen kommt
nach ständiger Praxis vor allem bei zeitlich vorgegebener
Planung von Gesetzgebungsverfahren oder aber bei einem zwingenden
Beratungs- und Handlungsbedarf in Betracht. Beides vermag ich hier
nicht zu erkennen.
Falls die EU-Kommission auf Grund des Urteils des Europäischen
Gerichtshofs Verfahrensschritte einleiten sollte und als Konsequenz
Änderungen im Haushaltsentwurf 2005 erforderlich würden,
könnte einem Beratungs- und Entscheidungsbedarf noch nicht
durch eine Sondersitzung zum gegenwärtigen Zeitpunkt Rechnung
getragen werden. Im Übrigen können etwaige
Veränderungen im Haushalt im Rahmen des parlamentarischen
Haushaltsverfahrens beraten und vollzogen werden, falls sich die
Notwendigkeit von Konsolidierungsmaßnahmen im Hinblick auf
die Defizitquote des Stabilitätspaktes ergeben sollte. Die
Haushaltsberatungen bieten darüber hinaus auch ausreichende
Gelegenheit zur politischen Auseinandersetzung über weitere
von Ihnen angesprochene Fragen im Zusammenhang mit
Privatisierungseinnahmen.
Über diese generell gegen eine Sitzung der drei
Ausschüsse sprechenden Gründe hinaus habe ich bei meiner
Entscheidung berücksichtigt, dass zu dem von Ihnen
gewünschten Sitzungstermin der Vorsitzende und weitere
wichtige Mitglieder des Haushaltsausschusses wegen einer
unaufschiebbaren Dienstreise nicht in Berlin sein werden. Ich rege
an, unmittelbar vor den im September beginnenden
Haushaltsberatungen im Hinblick auf einen etwaigen aktuellen
Unterrichtungsbedarf der Fraktionen Ausschusssitzungen vorzusehen,
und stelle die erforderliche Genehmigung in Aussicht."
3.560 Zeichen