Deutscher und Polnischer Auswärtiger Ausschuss trafen sich erstmals in Warschau
Eine hochrangige Delegation des Auswärtigen Ausschusses
unter Leitung des Vorsitzenden, Volker Rühe, ist am 1.
Dezember 2004 mit dem Auswärtigen Ausschuss des Sejm in
Warschau zu einer Sitzung zusammen gekommen. Der Delegation
gehörten darüber hinaus die Abgeordneten Weisskirchen,
Meckel (beide SPD), Pflüger, Polenz, (beide CDU/CSU), Volmer
(Bündnis 90/Die Grünen) und Stinner (FDP) an. Es handelte
sich um die erste Begegnung der beiden Ausschüsse
überhaupt.
Das in sehr offener und sachlicher Atmosphäre verlaufene
Gespräch zeigte einen großen Konsens auf deutscher Seite
und ein breites Meinungsspektrum auf polnischer Seite. Es hat
sichtlich zur Vertrauensbildung beigetragen, was nicht zuletzt
darin deutlich wird, dass beide Seiten überein gekommen sind,
diese Form des Meinungsaustauschs zu institutionalisieren. Damit
soll dem deutsch-polnischen Verhältnis eine starke
parlamentarische Dimension beigefügt werden. Der
Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages hat eine derart
intensive Form der Zusammenarbeit nur noch mit dem Auswärtigen
Ausschuss der französischen Nationalversammlung.
Die beiden Ausschüsse wollen durch die regelmäßige
Form des Kontakts auch als Frühwarnsystem funktionieren um
damit Vorsorge dafür zu treffen, dass sich die beiden Seiten
mit parlamentarischen Initiativen oder Beschlüssen nicht
überraschen.
Bei der Erörterung der bilateralen Themen (Frage der
Reparationen, Zentrum gegen Vertreibungen, Rechte deutscher
Minderheiten) wurde klar, dass die Erwartung, dass es keine
Probleme mehr geben würde, wenn Polen erst einmal EU- und
NATO-Mitglied sei, trügerisch war. Von deutscher Seite konnte
verdeutlicht werden, dass das deutsch-polnische Verhältnis
viel weiter entwickelt sei, als es oft den Anschein habe. Rühe
machte klar, dass viele Irritationen auf einer asymmetrischen
Wahrnehmung, zum Beispiel in Bezug auf den Bund der Vertriebenen
oder die "Preußische Treuhand" und der offenkundigen
Unfähigkeit auf der polnischen Seite beruhten, diese
Wahrnehmungen zu einem Gesamtbild zusammen zufügen.
Die Teilnehmer waren sich darin einig, dass die Beschäftigung
mit der Vergangenheit wichtig sei, dass die Politik aber eine
gemeinsame Verantwortung für die Zukunft habe.
Ausfluss dieser gemeinsamen Verantwortung, darin waren sich alle
Teilnehmer einig, könnte auch eine gemeinsame kohärente
Politik gegenüber der Ukraine sein. Hier haben der Bundestag
und der polnische Sejm in nahezu inhaltsgleichen Resolutionen
deutlich gemacht, dass große Gemeinsamkeiten bestehen. Bei
aller Übereinstimmung darin, dass die EU in der Ukraine zu
spät gehandelt habe, war man sich auch darüber einig,
dass die EU im Falle eines erfolgreichen Demokratisierungsprozesses
in der Ukraine über das Instrument der Nachbarschaftspolitik
hinausgehen müsse. Die Ukraine-Politik biete nicht nur Raum
für gemeinsame deutsch-polnische Initiativen im Rahmen der EU,
sie eröffne auch Möglichkeiten, dadurch deutsch-polnische
bilaterale Probleme leichter eine Lösung zu zuführen.
3.094 Zeichen