Petitionsausschuss
Bilanz der 14. Wahlperiode
In der 14. Wahlperiode erreichten den Petitionsausschuss 69.421 Zuschriften. Davon waren 65.358 Petitionen. 34,26 % davon entfielen auf den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, 12,13 % auf das Bundesministerium der Justiz und 12,04 % auf das Bundesministerium des Innern.
Der Anteil der Petitionen, die von Männern eingereicht wurden, betrug 59,42 %; der von Frauen 29,21 %. Von juristischen Personen, Organisationen und Verbänden stammten 11,37 % der Petitionen.
15,05 % der Petitionen stammten aus dem Bundesland Nordrhein-Westfalen, 10,72 % aus Berlin. Die wenigsten Petitionen kamen aus Bremen.
Die Zahl der Sammelpetitionen, also der Petitionen, die mit einer Unterschriftenliste eingereicht werden, betrug in der 14. Wahlperiode 4.629 Eingaben. 203.579 Massenpetitionen, also Eingaben in größerer Zahl mit demselben Anliegen, deren Text ganz oder im Wesentlichen übereinstimmt (z. B. Postkartenaktionen), erreichten den Petitionsausschuss. Die Anzahl der Bitten zur Gesetzgebung, in denen die Bürgerinnen und Bürger dem Parlament die Einführung oder Änderung gesetzlicher Bestimmungen vorschlagen, betrug in der 14. Wahlperiode 30.753.
In den 76 Sitzungen des Petitionsausschusses in der 14. Wahlperiode wurden 1.634 Petitionen zur Einzelberatung aufgerufen. Die Ergebnisse dieser Einzelberatungen legte der Ausschuss dem Bundestag als Beschlussempfehlungen zur Erledigung der Petitionen in Form von 435 Sammelübersichten vor.
Im Rahmen der Möglichkeiten, die nach den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zur Erledigung einer Petition in Betracht kommen, sind die Berücksichtigungs- und Erwägungsbeschlüsse von besonderer Bedeutung. Ein Beschluss, die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, ist ein Ersuchen des Deutschen Bundestages an die Bundesregierung, dem Anliegen des Petenten zu entsprechen. Lautet der Beschluss, die Petition der Bundesregierung zur Erwägung zu überweisen, so handelt es sich dabei um ein Ersuchen des Deutschen Bundestages an die Bundesregierung, das Anliegen des Petenten noch einmal zu überprüfen und nach Möglichkeiten der Abhilfe zu suchen. 59 mal wurden in der 14. Wahlperiode Petitionen zur Berücksichtigung an die Bundesregierung überwiesen und 666 mal zur Erwägung. Zu 24 Berücksichtigungsbeschlüssen antwortete die Bundesregierung positiv und zu 15 Berücksichtigungsbeschlüssen negativ. 20 Petitionsverfahren sind diesbezüglich noch nicht abgeschlossen. In 128 Erwägungsbeschlüssen folgte die Bundesregierung dem Votum des Petitionsausschusses, in 66 Erwägungsbeschlüssen war ihr eine Abhilfe nicht möglich und 472 Vorgänge sind noch in Bearbeitung. Beschlüsse des Petitionsausschusses entfalten zwar rechtlich keine Bindungswirkung gegenüber der Bundesregierung, dennoch achtet der Petitionsausschuss darauf, dass die Bundesregierung alle Mittel und Möglichkeiten ausschöpft, um ihr zur Berücksichtigung oder Erwägung überwiesenen Petitionen nachzukommen.
Im Berichtszeitraum machte der Ausschuss insgesamt 44 mal von den ihm nach dem Gesetz nach Art. 45c des Grundgesetzes eingeräumten Befugnissen Gebrauch (Gesetz über die Befugnisse des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages), indem er Befragungen von Regierungsvertreterinnen und -vertretern durchführte. Darüber hinaus fanden zahlreiche erweiterte außerordentliche Obleutebesprechungen des Petitionsausschusses und Gespräche von Berichterstattern mit Vertretern der Bundesministerien statt.
Einen Höhepunkt besonderer Art stellte im Verlauf der 14. Wahlperiode die Feier des 50-jährigen Bestehens des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages dar, die am 27. Oktober 1999 in einer Feierstunde auf Einladung des Bundestagspräsidenten im Reichstagsgebäude in Berlin begangen wurde. Eingebettet in die musikalische Umrahmung des Kammerorchesters des Stabsmusikkorps der Bundeswehr würdigten der Präsident des Deutschen Bundestages Thierse, die ehemalige Präsidentin des Deutschen Bundestages, Frau Professor Dr. Süssmuth, und Herr Dr. Vogel, der früher selbst Vorsitzender des Petitionsausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses war, das Wirken des Petitionsausschusses in eindrucksvollen Worten.
Im Mai 1999 und Juni 2001 trafen sich die Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Deutschen Bundestages und der Länderparlamente zu Tagungen in Düsseldorf bzw. Magdeburg, an denen auch die Bürgerbeauftragten der Länder Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein, sowie im Jahr 2001 erstmals der neu bestellte Bürgerbeauftragte des Landes Thüringen teilnahmen. Als Gäste waren in Düsseldorf der Präsident des Europäischen Ombudsmann-Instituts und in Magdeburg der Vorsitzende des Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments sowie der Europäische Bürgerbeauftragte anwesend.
Die Schwerpunkte der Beratungen lagen bei der Tagung in Düsseldorf in den Bereichen des Ausländer- und Asylrechts, des Petitionsrechts und des Vertriebenenzuwendungsgesetzes. In Magdeburg stand in Anbetracht der Teilnahme des Vorsitzenden des Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments und des Europäischen Bürgerbeauftragten die Entwicklung des Petitionsrechts auf europäischer Ebene im Mittelpunkt der Beratung. Weitere Schwerpunkte bildeten Einzelfragen zu den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen und zur Altfallregelung für Asylbewerber und andere Flüchtlinge aus dem Kosovo. Die Einsicht in die Petitionsakte durch Petenten, das Petitionsrecht von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und die Abgrenzung der Arbeit der Petitionsausschüsse gegenüber den zahlreichen in den letzten Jahren entstandenen privaten, nicht staatlichen Stellen für Bürgerbeschwerden rundeten die Tagesordnung ab. Im Übrigen fand bei beiden Tagungen ein Erfahrungsaustausch über die Behandlung von Eingaben durch den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages und die Landesvolksvertretungen statt. Im Zusammenhang mit der Erörterung der Möglichkeiten des Einsatzes neuer Medien kam man überein, insbesondere die Entwicklungen der Einführung elektronischer Signaturen zu beobachten und sich gegenseitig auf dem Laufenden zu halten. Leitende Beamte aus den zuständigen Bundesministerien führten in die Tagesordnungspunkte ein und standen zur Verfügung, um in der Debatte Fragen zu beantworten.
Auch auf internationaler Ebene war in der 14. Wahlperiode das Interesse an der Arbeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages deutlich ausgeprägt. Begegnungen mit Delegationen des Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments, der Nationalversammlung von Aserbaidschan, dem schottischen Parlament, der bulgarischen Nationalversammlung und dem tschechischen Abgeordnetenhaus standen auf dem Programm. Darüber hinaus traf sich die Vorsitzende des Petitionsausschusses mit dem Europäischen Bürgerbeauftragten, dem Ombudsmann des ungarischen Parlaments, dem Ombudsmann von Indonesien und dem Beauftragten für Bürgerrechtsfragen (Ombudsmann) der Republik Polen.
Im September 2000 unternahm eine fünfköpfigen Delegation des Petitionsausschusses eine Reise nach Stockholm/Schweden. Dabei traf die Delegation mit den schwedischen Ombudsleuten des Reichstags und weiteren staatlichen Einrichtungen zusammen, um sich umfassend über das Ombudsmann-Wesen in Schweden zu informieren und Fragen des Petitionswesens zu besprechen. Ein Besuch im schwedischen Reichstag wurde verbunden mit einem Zusammentreffen mit dem Vorsitzenden und weiteren Mitgliedern des konstitutionellen Ausschusses des schwedischen Reichstags.
Hervorzuheben ist zudem die Teilnahme einer siebenköpfigen Delegation des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages unter Leitung der Vorsitzenden an der VII. Internationalen Ombudsmann-Konferenz, die vom 30. Oktober bis 2. November 2000 in Durban/Südafrika stattfand und an der Vertreter aus mehr als 70 Staaten aus aller Welt teilnahmen. Hauptthema der Konferenz war "Das Gleichgewicht von Regierungsgewalt und Rechenschaftspflicht - die Rolle des Ombudsmanns". Im Verlauf der Tagung wurde deutlich, welche besondere Rolle Ombudsleute und Einrichtungen wie Petitionsausschüsse zur Durchsetzung von Menschenrechten in den Staatswesen einnehmen und auf welch unterschiedliche Art und Weise sie zur Entwicklung der Demokratie und Zivilgesellschaft beitragen. In diesem Zusammenhang konnte sich der Petitionsausschuss einerseits mit seiner langjährigen Erfahrung in der Entwicklung des Petitionswesens in der Bundesrepublik Deutschland einbringen, andererseits wurde deutlich, dass er zur Weiterentwicklung seiner Arbeit auch Erfahrungen anderer im Umgang mit den Bürgerinnen und Bürgern, staatlichen Stellen und den Medien einbeziehen kann. In der einvernehmlich verabschiedeten Schlusserklärung der Konferenz unterstrichen die Tagungsteilnehmer das grundlegende Menschenrecht, in einer Gesellschaft leben zu können, die von guter Staatsführung geprägt ist und in der die Bürger ein Anrecht auf Rechenschaftslegung der verantwortlichen Regierungen und ihrer Verwaltungen haben. Es wurde zudem herausgearbeitet, welch eine wichtige ausgleichende Funktion in diesem Gefüge der Ombudsmann und vergleichbare Einrichtungen wahrnehmen.
Die Vorsitzende des Petitionsausschusses nahm zudem im Jahr 1999 an einem Seminar des französischen Ombudsmanns in Paris und im Jahr 2001 an einem Seminar der föderalen Ombudsmänner Belgiens in Brüssel teil. Letztere Tagung befasste sich mit der besonderen Stellung der Arbeit der Ombudsleute und Petitionsausschüsse im Zusammenhang mit der Wahrung der Grundrechte und der Einhaltung des Prinzips des Diskriminierungsverbots. Eine ähnliche Fragestellung war auch Gegenstand eines vom Kollegium der schweizerischen Ombudsleute in Zusammenarbeit mit dem Menschenrechtskommissar des Europarates Ende November 2001 in Zürich veranstalteten 'Roundtable', an dem ebenfalls die Ausschussvorsitzende teilnahm.
Im Juli 2001 und im Mai 2002 reiste eine siebenköpfige Delegation des Petitionsausschusses nach Warschau bzw. Krakau in die Republik Polen. Im Mittelpunkt der Informationsreise im Juli 2001 stand ein Besuch der Stiftung "Deutsch-Polnische Aussöhnung" und ein Gespräch mit dem Beauftragten für Bürgerrechtsfragen (Ombudsmann) der Republik Polen. Ferner umfasste das Besuchsprogramm Gespräche mit dem Leiter des Büros für Briefe und Beschwerden beim polnischen Parlament (Sejm), sowie eine Unterredung mit den Sejm-Abgeordneten der deutschen Minderheit. Die Reise im Mai 2002 diente der Teilnahme an der vierten internationalen Konferenz der Ombudsleute und Petitionsausschüsse, die Mitglied im Europäischen Ombudsmann-Institut sind.
Mindestens zwei Mal jährlich veranstaltete der Petitionsausschuss in der 14. Wahlperiode Pressekonferenzen, um über aktuelle Fragen des Petitionswesens und seine Tätigkeit zu berichten. Besonderes Medieninteresse fand das 50-jährige Jubiläum des Petitionsausschusses im Oktober 1999.
Im Berichtszeitraum erschien eine CD-ROM, die unter dem Titel "Bundestag Magazin 2/2000", ausführlich über die Mitglieder, die Arbeitsweise und die Organisation des Petitionsausschusses berichtete und diese mit zahlreichen Bildern und Videosequenzen für jedermann veranschaulichte.
Einen festen Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit bildet traditionell die Dokumentation des Tätigkeitsberichts, der Medienresonanz und der Debatte im Plenum, die alljährlich als eigenständige Broschüre erscheint. Daneben stellt die Informationsbroschüre "Stichwort Petitionen" die Grundlage der Öffentlichkeitsarbeit im Bereich der Printmedien dar.
Darüber hinaus wurden die im Internet-Angebot des Deutschen Bundestages über den Petitionsausschuss eingestellten Informationen kontinuierlich aktualisiert, die jährlichen Tätigkeitsberichte und ihre Beratung im Plenum mit aufgenommen. Ferner wurde auf der Startseite www.bundestag.de unter der Rubrik "Kontakt" eine Hilfestellung zur Einreichung einer Petition eingestellt und ein Formular zum Herunterladen aus dem Netz zur Verfügung gestellt, das dem potenziellen Petenten die Einreichung einer Petition erleichtert. Durch die Integration des Petitionsausschusses in den Informationsdienst "heute im bundestag (hib)" wurde zudem eine aktuelle Berichterstattung über die Arbeit des Petitionsausschusses im Internetangebot erreicht.
Ein besondere Herausforderung war für den Petitionsausschuss die zweimalige Beteiligung an den "Tagen der Ein- und Ausblicke" im August 2000 und April 2002 vor und im Reichstagsgebäude des Deutschen Bundestages in Berlin. Die Mitglieder des Petitionsausschusses konnten bei dieser Gelegenheit die Arbeitsweise und Organisation des Ausschusses umfassend darstellen und den interessierten Bürgerinnen und Bürgern unmittelbar und persönlich zu Informationen zur Verfügung stehen.