Petitionsausschuss - Jahresbericht 2001
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Deutscher Bundestag, Drucksache 14/9146
14. Wahlperiode, 05. Juni 2002
Bericht
des Petitionsausschusses (2. Ausschuss)
Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag
Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 2001
K u r z f a s s u n g
1.1. Anzahl und Schwerpunkte der Eingaben
15.765 Eingaben gingen im Jahr 2001 beim Petitionsausschuss ein. Durchschnittlich 63 Eingaben erreichten den Petitionsausschuss mithin pro Arbeitstag (250) in Berlin. Gegenüber 20.666 Eingaben im Vorjahr ist eine Abnahme der Neueingänge um 4.901 in Prozentzahlen ausgedrückt, um 23,7 v. H. zu verzeichnen.
Die Gesamtzahl der abschließend behandelten Petitionen betrug im Jahr 2001 17.550 gegenüber 13.344 im Jahr 2000, was einer Zunahme um 31 v. H. entspricht.
12.533 Nachträge der Bürgerinnen und Bürger, Schreiben, in denen das Anliegen präzisiert oder erweitert wird, erreichten den Petitionsausschuss im Berichtszeitraum. Ferner 9.085 Stellungnahmen und Schreiben der Bundesregierung, sowie 2.488 Schreiben von sonstiger Seite. Die Behandlung und Beantwortung all dieser Posteingänge und der Schriftverkehr zwischen dem Ausschussdienst und den Mitgliedern des Petitionsausschusses führte dazu, dass der gesamte amtliche Schriftverkehr des Petitionsausschusses immerhin 64.129 Postausgänge umfasste.
Betrachtet man die Verteilung der Petitionen auf die einzelnen Bundesministerien, so ist nach wie vor das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung mit 5.029 Petitionen das Ressort mit den bei weitem meisten Eingaben. Gemessen am Gesamtvolumen der eingegangenen Petitionen entfallen nahezu 32 v. H. der Eingaben, im Vorjahr immerhin noch über 44 v. H., auf das BMA. Über das zweithöchste Aufkommen verfügt das Bundesministerium der Justiz mit 2.443 Eingaben, gefolgt vom Bundesministerium für Gesundheit mit 1.452 und dem Bundesministerium der Finanzen mit 1.447 Eingaben, was jeweils einen etwa gleich hohen prozentualen Anteil am Gesamtaufkommen der Eingänge mit 9 v. H. ausmacht.
Bei Massen- und Sammelpetitionen dominierten die Themenbereiche rentenrechtliche Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der DDR, Forderung nach dem Atomausstieg, Forderung nach Herabsetzung des im Ozongesetz festgelegten Grenzwertes und verfassungsmäßige Sonderstellung des Sonntags.
Die Anzahl der Bitten zur Gesetzgebung beläuft sich auf 6.466 gegenüber 11.251 im Jahr 2000. Im Verhältnis zu den Beschwerden, also den Eingaben, die sich gegen das konkrete Handeln einer Behörde richten, deren Zahl im Jahr 2001 9.299 betrug, hat wieder eine Umkehrung des im Jahr 2000 festgestellten Trends stattgefunden, als die Legislativpetitionen überwogen. Die Bitten zur Gesetzgebung machen im Berichtszeitraum 41 v. H. der Neueingänge aus, die Beschwerden 59 v. H.
Wenn man die Anzahl der Petitionen ermittelt, die auf eine Million Einwohnerinnen und Einwohner des jeweiligen Landes durchschnittlich entfällt, so erhält man einen aussagekräftigen Vergleich der Anzahl der Petitionen, die aus den einzelnen Bundesländern kommt. Das Land mit den wenigsten Eingaben, nämlich mit 101, ist im Jahr 2001 der Freistaat Bayern. Am eingabefreudigsten haben sich auf Bundesebene die Berliner mit 532 Eingaben pro eine Million der Bevölkerung gezeigt.
Aufgegliedert nach Geschlechtern kann der Statistik entnommen werden, dass über 58 v.H. der Eingaben von Männern eingereicht werden. Knapp unter 30 v.H. der Eingaben stammen von Frauen, der Rest von Organisationen und Verbänden.
Insgesamt 594 Vorgänge erreichten den Petitionsausschuss, ohne die Voraussetzungen für eine parlamentarische Behandlung zu erfüllen. Es sind dies Eingaben, für die nach der verfassungsmäßigen Ordnung die Zuständigkeit der Landesvolksvertretungen gegeben ist. Beispielsweise handelt es sich dabei um Beschwerden über Landeseinrichtungen. Aufgrund der richterlichen Unabhängigkeit ist der Petitionsausschuss nicht befugt, Beschwerden über gerichtliche Entscheidungen zu überprüfen, sie aufzuheben oder abzuändern. Auch im Berichtsjahr war vielen Petentinnen und Petenten deshalb mitzuteilen, dass der Deutsche Bundestag aufgrund der Gewaltenteilung keine parlamentarische Prüfung von Gerichtsverfahren vornehmen kann. Zu den Eingaben, die der Deutsche Bundestag nicht parlamentarisch behandeln kann, gehören auch solche, die bloße Mitteilungen, Belehrungen, Vorwürfe, Anmerkungen und Meinungsäußerungen ohne materielles Verlangen (Petitum) enthalten. Sie bildeten im Berichtsjahr wieder die häufigste Kategorie der nicht als Petitionen behandelbaren Eingaben. In der überwiegenden Mehrzahl wurden zivilrechtliche Angelegenheiten vorgetragen, Bitten um Rechtsauskünfte geäußert aber auch allgemeinmenschliche Probleme sowie Fragen und Meinungsäußerungen vorgetragen. Diese Eingaben boten einen Querschnitt der Themen, die die Bürgerinnen und Bürger beschäftigen. Es gab kaum einen Bereich des Alltagslebens und der Politik, der nicht zur Sprache kam.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ausschussdienstes, die mit der Beantwortung dieser Eingaben betraut sind, legten Wert darauf, nahezu alle Zuschriften umfassend zu beantworten. Diese ?Dienstleistung? des Petitionsausschusses kommt teilweise den Diensten eines Bürgerbüros sehr nahe. Es ging um mehr, als nur den Versuch zu vermitteln, den Bürgerinnen und Bürger eine passende Antwort zu geben, sondern ihnen das Gefühl zu geben, mit ihren Problemen ernst genommen zu werden. Dieses Gefühl zu vermitteln, war auch die Devise, die der Beantwortung der zahlreichen, den Petitionsausschuss erreichenden telefonischen Anfragen zugrunde lag.
Eine große Anzahl der sonstigen Eingaben stand im Berichtsjahr im Zusammenhang mit den Terroranschlägen auf die Vereinigten Staaten von Amerika in New York und Washington am 11. September 2001. Viele besorgte Bürgerinnen und Bürger beanstandeten die vom Deutschen Bundestag beschlossene politische, wirtschaftliche und militärische Unterstützung der USA zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Sie befürchteten eine Eskalation der Gewalt, der viele unschuldige Menschen zum Opfer fallen könnten. Der Deutsche Bundestag wurde deshalb aufgefordert, sich bei seinen weiteren Entscheidungen über konkrete Maßnahmen des Beistands künftig vom Willen der Bürgerinnen und Bürger leiten zu lassen.
Das Sekretariat des Petitionsausschusses verwies in seiner Antwort auf die gemäß den verfassungsrechtlichen Vorgaben erfolgten Beschlüsse des Deutschen Bundestages, mithin dem von den gewählten Volksvertretern geäußerten Willen des Volkes im Anti-Terror-Kampf.
Im Jahr 2001 erreichten den Petitionsausschuss auch zunehmend Eingaben per E-Mail. Nach der geltenden Rechtslage genießen Petitionen den Schutz des Artikels 17 Grundgesetz nur, wenn sie schriftlich eingereicht werden, worunter die eigenhändige Namensunterschrift oder Unterzeichnung mittels notariell beglaubigten Handzeichens zu verstehen ist. Eingaben ohne Unterschrift sind nach ganz herrschender Meinung vom Grundrechtsschutz ausgespart. Dementsprechend hat der Petitionsausschuss auf der Grundlage des § 110 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages in seinen Verfahrensgrundsätzen auch vorgesehen, dass Petitionen schriftlich einzureichen sind und die Schriftform nur bei Namensunterschrift gewahrt ist. Die Einsender von E-Mails wurden daher, sofern es sich um neue Eingaben handelte, gebeten, die Eingabe unter vollständiger Angabe ihrer Anschrift unterschrieben erneut an den Petitionsausschuss zu senden. Um sich dem Trend der stärkeren Nutzung der neuen Kommunikationstechnologien nicht zu verschließen, hat der Petitionsausschuss allerdings im Dezember 2001 eine Änderung des Internetangebots des Deutschen Bundestages dahingehend veranlasst, dass auf der Startseite www.bundestag.de unter der Rubrik ?Kontakt? eine Hilfestellung zur Einreichung einer Petition gegeben und ein Formular zum Herunterladen aus dem Netz zur Verfügung gestellt wird. Dieses Formular soll dem potenziellen Petenten die Einreichung einer Petition erleichtern. Deshalb sieht das Formular ein Grundgerüst an strukturierten Angaben zur Person und zu dem Anliegen vor. Die den Petitionsausschuss seit Aufnahme dieses Angebots erreichenden Eingaben lassen eine positive Resonanz erkennen.
1.2. Sitzungen des Petitionsausschusses
Im Jahr 2001 fanden 19 Sitzungen des Petitionsausschusses statt, in denen 219 Petitionen beraten wurden. Der Petitionsausschuss legte dem Deutschen Bundestag im Berichtszeitraum 103 Sammelübersichten mit Beschlussempfehlungen zur Erledigung der Petitionen vor.
Der Bericht des Petitionsausschusses über seine Tätigkeit im Jahr 2000 (BT-Drs. 14/5882) erschien am 9. Mai 2001. Er wurde am 30. Mai 2001 von der Vorsitzenden des Petitionsausschusses im Beisein der Obleute der Fraktionen im Petitionsausschuss an Bundestagspräsident Thierse übergeben und am 13. Dezember 2001 im Plenum des Deutschen Bundestages beraten (Plenarprotokoll 14/208).
Die Fraktion der PDS brachte im Jahr 2001 zwei Gesetzentwürfe zur Reform des Petitionsrechts ein, die u.a. von der Vorsitzenden und der Abgeordneten Heidemarie Ehlert getragen wurden. Es handelt sich dabei um den ?Entwurf eines Gesetzes über die Behandlung von Petitionen und über die Aufgaben und Befugnisse des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages ? Petitionsgesetz ? (vgl. Bundestagsdrucksache 14/5762) und einen ?Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 45 c) [vgl. Bundestagsdrucksache 14/5763].
Inhalt der Gesetzentwürfe ist die Schaffung eines Petitionsgesetzes, in dem die Regelungen des Petitionsrechts zusammengefasst und aus Sicht der PDS-Fraktion erforderliche Reformen vorgenommen werden, sowie eine Anpassung des Art. 45 c GG.
Die erste Beratung der Gesetzentwürfe fand am Donnerstag, dem 31. Mai 2001 in der 173. Sitzung des Deutschen Bundestages statt.
Nach eingehender Diskussion wurde die weitere Beratung der Gesetzentwürfe federführend an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung sowie mitberatend an den Petitionsausschuss, den Innenausschuss und den Rechtsausschuss überwiesen, so dass in dem Tätigkeitsbericht für das Jahr 2002 darüber zu berichten sein wird.
Im Berichtszeitraum machte der Petitionsausschuss insgesamt zehn mal von den ihm aufgrund des Gesetzes nach Artikel 45c des Grundgesetzes eingeräumten Befugnissen Gebrauch, indem er sieben Befragungen von Regierungsvertreterinnen und -vertretern und drei Ortstermine durchführte.
Ein Ortstermin fand in Wien/Österreich statt, bei dem die Petenten, Ortskräfte der deutschen Vertretungen in Wien angehört wurden, die sich gegen die Kündigung der Tarifverträge für nicht entsandte deutsche Angestellte/Arbeiter im Ausland gewandt hatten. Zwei Ortstermine fanden in Norddeutschland statt. Berichterstatter des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages führten diese gemeinsam mit Berichterstattern in den Petitionsausschüssen der Landtage von Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern durch, um sich zu Petitionen, die sich auf eine Ortsumgehung im Bereich der Stadt Ratzeburg und Lärmschutz an Autobahnen im Bereich Wittenburg bezogen und sowohl Landes- als auch Bundesrecht berührten, vor Ort zu informieren und mit den Beteiligten zu sprechen.
Darüber hinaus fanden drei erweiterte außerordentliche Obleutebesprechungen des Petitionsausschusses mit Vertretern der Bundesministerien statt.
1.4. Überweisung an die Bundesregierung zur Berücksichtigung oder Erwägung
Im Rahmen der Möglichkeiten, die nach den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zur Erledigung einer Petition in Betracht kommen, sind die Berücksichtigungs- und Erwägungsbeschlüsse von besonderer Bedeutung. Ein Beschluss, die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, ist ein Ersuchen des Deutschen Bundestages an die Bundesregierung, dem Anliegen des Petenten zu entsprechen. Lautet der Beschluss, die Petition der Bundesregierung zur Erwägung zu überweisen, so handelt es sich hierbei um ein Ersuchen des Deutschen Bundestages an die Bundesregierung, das Anliegen des Petenten noch einmal zu überprüfen und nach Möglichkeiten der Abhilfe zu suchen. Auch wenn der Bundesregierung eine vergleichsweise kurze Frist gesetzt wird, in der der Petitionsausschuss eine Antwort auf die Berücksichtigungs- und Erwägungsbeschlüsse erwartet, bedeutet dies nicht, dass die Petitionen nach der Beschlussfassung auch zügig erledigt und abgeschlossen werden können. In vielen Petitionsverfahren gibt sich der Petitionsausschuss mit der Antwort der Bundesregierung nicht zufrieden und sieht sich zu weiterem Nachfragen beziehungsweise zum Gespräch mit einem Regierungsvertreter veranlasst. Derartige Ladungen von Regierungsvertretern fanden im Berichtszeitraum, wie unter Ziffer 1.3 berichtet, sieben mal statt.
Im Jahr 2001 überwies der Deutsche Bundestag der Bundesregierung 11 Petitionen zur Berücksichtigung und 458 zur Erwägung.
Von diesen zur Berücksichtigung beziehungsweise zur Erwägung überwiesenen Petitionen wurden im Berichtsjahr positiv erledigt 1 Berücksichtigungsfall und 7 Erwägungsfälle. In einem Berücksichtigungsfall und einem Erwägungsfall wurde dem Anliegen nicht entsprochen.
Nicht erledigt, insofern noch offen sind am Ende des Berichtsjahres insgesamt 18 Berücksichtigungsfälle, die nach dem 1. Januar 1999 vom Deutschen Bundestag an die Bundesregierung überwiesen worden waren und 456 Erwägungsfälle, die nach dem 1. Januar 2000 vom Deutschen Bundestag an die Bundesregierung überwiesen worden waren. Eine nähere Aufstellung der Einzelheiten ist der Anlage 3 zu diesem Tätigkeitsbericht zu entnehmen.
1.5. Zusammenarbeit mit den Petitionsausschüssen der Landesvolksvertretungen
Am Sonntag, dem 17. Juni 2001 und am Montag, dem 18. Juni 2001 trafen sich die Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Deutschen Bundestages und der Länderparlamente zu einer Tagung in Magdeburg, an der auch die Bürgerbeauftragten der Länder Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Thüringen, sowie als besondere Gäste der Vorsitzende des Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments und der Europäische Bürgerbeauftragte teilnahmen. Zu der Tagung, die im Landtag von Sachsen-Anhalt stattfand, hatte der Bundestagspräsident eingeladen. Das Zusammentreffen reihte sich ein in eine Tradition derartiger Tagungen, die in einem zweijährigen Rhythmus stattfinden und dem Zweck dienen, den Meinungs- und Erfahrungsaustausch der voneinander unabhängigen Gremien zu fördern. Die letzte derartige Tagung fand im Mai 1999 in Düsseldorf statt.
In Anbetracht der Teilnahme des Vorsitzenden des Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments und des Europäischen Bürgerbeauftragten stand die Entwicklung des Petitionsrechts auf europäischer Ebene im Mittelpunkt der Beratung. Weitere Schwerpunkte bildeten Einzelfragen zu den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen und zur Altfallregelung für Asylbewerber und andere Flüchtlinge aus dem Kosovo. Leitende Beamte aus den zuständigen Bundesministerien führten in die Tagesordnungspunkte ein und standen zur Verfügung, um Fragen zu beantworten.
Weitere Themen der Veranstaltung waren die Einsicht in die Petitionsakte durch Petenten, das Petitionsrecht von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und die Abgrenzung der Arbeit der Petitionsausschüsse gegenüber den zahlreichen in den letzten Jahren entstandenen privaten, nicht staatlichen Stellen für Bürgerbeschwerden.
Im Übrigen fand ein Erfahrungsaustausch über die Behandlung von Eingaben durch den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages und die Landesvolksvertretungen statt. In diesem Zusammenhang wurde auch erörtert, wie die einzelnen Gremien den Einsatz neuer Medien bewerten und mit Eingaben umgehen, die per E-Mail an sie gerichtet werden. Zu letzterer Frage kam man überein, insbesondere die Entwicklungen der Einführung elektronischer Signaturen zu beobachten und sich gegenseitig auf dem Laufenden zu halten.
1.6. Zusammenarbeit auf internationaler Ebene
Auch auf internationaler Ebene trifft die Arbeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages auf reges Interesse.
Im Juni 2001 besuchte der Europäische Bürgerbeauftragte den Deutschen Bundestag und wohnte der 53. Sitzung des Petitionsausschusses in der laufenden Wahlperiode bei. Es fand ein Meinungsaustausch über die jeweiligen Kompetenzen und Arbeitsweisen statt und es wurde über die Grundrechtecharta der Europäischen Union diskutiert.
Von Mittwoch, 17. bis Freitag, 19. Juli 2001 reiste eine siebenköpfige Delegation des Petitionsausschusses nach Warschau in die Republik Polen. Die von der Vorsitzenden, Frau Heidemarie Lüth, geleitete Delegation setzte sich im Einzelnen zusammen aus den Abgeordneten Christel Deichmann, Jutta Müller, Dr. Carola Reimann (SPD), Hubert Deittert, Anton Pfeifer (CDU), Helmut Wilhelm (Bündnis 90/Die Grünen).
Am 26. September 2001 erhielt der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages Besuch von einer vierköpfigen Delegation des Petitionsausschusses des schottischen Parlaments unter Leitung des Ausschussvorsitzenden, Herrn John McAllion. Die Gäste nahmen an der 56. Sitzung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages teil und konferierten anschließend über Fragen des Petitionswesens und einzelne Themen, die die Agenden der Ausschüsse derzeit prägen. Ferner wurde über die Wahrnehmung der jeweiligen Tätigkeit im parlamentarischen Geschehen und die Weiterentwicklung des Petitionswesens zu mehr Öffentlichkeit und Transparenz gesprochen. Man kam überein, die Vernetzung und Zusammenarbeit der Petitionsausschüsse im bilateralen und internationalen Rahmen zu verbessern.
Im September 2001 nahm die Vorsitzende des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages an einer Konferenz der Ombudsleute und Petitionsausschüsse auf europäischer Ebene in Brüssel teil. Die vom Kollegium der Ombudsmänner des Königreichs Belgien und den regionalen Ombudsleuten Belgiens in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Bürgerbeauftragten ausgerichtete Tagung befasste sich mit der besonderen Stellung der Arbeit der Ombudsleute und Petitionsausschüsse im Zusammenhang mit der Wahrung der Grundrechte und der Einhaltung des Prinzips des Diskriminierungsverbots. In zahlreichen Sitzungen wurden die verschiedenen Aspekte der Themenstellung erörtert und am Ende der Tagung einvernehmlich eine Entschließung angenommen, in der die Beachtung des Gleichheitsgebots und des Verbots der Diskriminierung unterstrichen und zum Kampf gegen jegliche Form der Ungleichheit und gegen jedwede Ansätze von Diskriminierung aufgerufen wurde.
Eine ähnliche Fragestellung war auch Gegenstand eines vom Kollegium der schweizerischen Ombudsleute in Zusammenarbeit mit dem Menschenrechtskommissar des Europarates Ende November 2001 in Zürich veranstalteten 'Roundtable?, an dem die Vorsitzende des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages teilnahm.
Am 13. Dezember 2001 traf eine vierköpfige Delegation des Senatsausschusses für Bildung, Wissenschaft, Kultur, Menschenrechte und Petitionen des Tschechischen Abgeordnetenhauses unter Leitung des Ausschussvorsitzenden, Herrn Franti¨ek Mezihorák, in Berlin ein und nahm an der 62. Sitzung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages teil. In einem anschließenden Gespräch wurden neben grundsätzlichen Fragen der Behandlung von Eingaben und Petitionen auch Aspekte der Wahrnehmung der jeweiligen Tätigkeit im parlamentarischen Geschehen und die Weiterentwicklung des Petitionswesens erörtert.
Wie auch in den Vorjahren konnte der Petitionsausschuss im Rahmen von Informationsprogrammen, die von den politischen Stiftungen und der Bundestagsverwaltung durchgeführt wurden, interessierten Gästen aus Polen und Bulgarien ausführlich über seine Arbeit berichten.
Als Mitglied im Vorstand des Europäischen Ombudsmann-Instituts (EOI) nahm die Vorsitzende an den Vorstandssitzungen teil, die im Frühjahr 2001 in Berlin und im November 2001 in Zürich/Schweiz stattfanden. Bei diesen Sitzungen ging es unter anderem um eine Weiterentwicklung der Statuten des in Vereinsform geführten Instituts, das den Zweck verfolgt, Fragen des Ombudsmann- und Petitionswesens wissenschaftlich zu behandeln und Forschung auf diesem Gebiet zu betreiben, die Ombudsmann-Idee zu verbreiten und zu fördern, sowie die in diesem Zusammenhang aktiven Mitglieder mit Mandat zu unterstützen und ihre Zusammenarbeit zu fördern.
Im Übrigen arbeitete die Vorsitzende kontinuierlich und intensiv sowohl mit den im Europäischen Ombudsmann-Institut als auch im Internationalen Ombudsmann-Institut vertretenen Organen und Institutionen zusammen.
Anlässlich der Übergabe des Tätigkeitsberichts für das Jahr 2000 fand am 30. Mai 2001 eine Pressekonferenz statt, in der die Vorsitzende begleitet von den Obleuten der Fraktionen den Vertretern von Presse, Rundfunk und Fernsehen im Rahmen der Bundes-Pressekonferenz e.V., Berlin Rede und Antwort stand.
Im Berichtszeitraum wurden die im Internet über den Petitionsausschuss eingestellten Informationen fortlaufend aktualisiert. Eine Verknüpfung der Berichterstattung im Informationsdienst heute im bundestag (hib) über die Sitzungen des Petitionsausschusses mit dem Infoteil über den Petitionsausschuss ermöglicht den interessierten Internetnutzern seit Mitte 2001 eine unmittelbare und zeitnahe Information über die Arbeit des Petitionsausschusses. Ergänzend dazu wurden auch der Bericht des Petitionsausschusses über seine Tätigkeit im Jahre 2000 sowie die Beratung in der 208. Sitzung des Deutschen Bundestages am 13. Dezember 2001 in die Homepage integriert. Schließlich wurde der Kontakt der Bürgerinnen und Bürger mit dem Petitionsausschuss erleichtert, indem nunmehr bereits auf der Startseite des Internetangebots des Deutschen Bundestages unter der Rubrik ?Kontakt? Hinweise zur Einreichung einer Petition eingestellt sind und ein Formular aus dem Netz gezogen werden kann, um eine Petition einzureichen. Bei Neueingaben versendet der Ausschussdienst zudem mit der ersten Eingangsbestätigung seit November 2001 ein Informationsblatt, das Hinweise über den Ablauf und den Inhalt des Petitionsverfahrens gibt. In der Praxis hat sich die Übersendung des Informationsblattes bewährt, weil dadurch häufig auftretende Fragen der Petentinnen und Petenten beantwortet werden können.
2 Die Ressorts im Einzelnen
2.1 Auswärtiges Amt
Mit 477 Eingaben aus dem Zuständigkeitsbereich des Auswärtigen Amtes verzeichnete der Petitionsausschuss einen leichten Anstieg zum Vorjahr. Wie bereits in der Vergangenheit bildeten Eingaben zu abgelehnten Visaanträgen für Besuchsreisen oder zur Familienzusammenführung einen Schwerpunkt, wenngleich diese mit insgesamt 164 Fällen gegenüber 196 im Vorjahreszeitraum eine fallende Tendenz aufwiesen. Dies ist sicherlich auch auf die neue Visapolitik des Auswärtigen Amtes zurückzuführen. Wie bereits im Vorjahr, konnte sich der Petitionsausschuss auch im Jahr 2001 durch Teilnahme an einem Regionalseminar des AA - diesmal in Istanbul/Türkei - von der Umsetzung der neuen Visapolitik überzeugen. In diesem vorerst letzten von fünf Regionalseminaren wurden den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Botschaften und Konsulaten der Türkei und weiterer Länder in der Region die Grundsätze der neuen Visapolitik erläutert (siehe Jahresbericht 2000, S.11, Ziff. 2.1.1.). Die Besichtigung der Visastelle der Botschaft in Istanbul - die drittgrößte Visastelle der Bundesrepublik Deutschland ? und die Berichte aus den anderen Auslandsvertretungen verdeutlichten, welchen Belastungen und welchem Zeitdruck die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Botschaften bei der Entscheidung der Visaanträge unterliegen.
Darüber hinaus haben Fragen der Außenpolitik und insbesondere des Einsatzes deutscher Streitkräfte im Ausland nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 viele Bürgerinnen und Bürger veranlasst, sich mit ihren Vorschlägen zur Gestaltung der deutschen Außen und Sicherheitspolitik an den Petitionsausschuss zu wenden. Auch wenn diese Petitionen im Berichtszeitraum noch nicht abschließend beraten werden konnten, hat sich hieran gezeigt, dass das Petitionsrecht intensiv genutzt wird, um sich auch als Einzelner auf diesem Weg in die politische Diskussion einzubringen.
Der Petitionsausschuss hat im Übrigen auch in diesem Berichtszeitraum seine Befugnisse genutzt, um Regierungsvertreter anzuhören und in geeigneten Fällen das Gespräch mit den Petenten vor Ort zu suchen.
2.2. Bundesministerium des Innern
Die Anzahl der Eingaben im Geschäftsbereich des BMI beläuft sich im Jahr 2001 auf 1.847 gegenüber 2.225 im Jahr davor.
Der Schwerpunkt der Eingaben bezog sich auf den Bereich des Ausländer- und Asylrechts mit ca. 550 Eingaben, gefolgt von rund 480 Eingaben zum Themenkreis ?allgemeine innere Verwaltung, insbesondere Personalwesen des öffentlichen Dienstes? und etwa 340 Eingaben aus dem Bereich ?Vertriebene, Flüchtlinge, Aussiedler, politische Häftlinge?.
Im Zusammenhang mit der öffentlichen Debatte um die Entschädigung für in Deutschland geleistete Zwangsarbeit und der Stiftungsinitiative der deutschen Unternehmen ?Erinnerung, Verantwortung und Zukunft? gab es auch in diesem Berichtszeitraum über 100 Eingaben deutscher Zwangsarbeiter, die eine Wiedergutmachung für die von ihnen, insbesondere in der Sowjetunion geleistete Zwangsarbeit, forderten.
Der Petitionsausschuss konnte leider keine Hilfe in Aussicht stellen, da die Petenten weder zu dem Kreis der Begünstigten der Stiftungsinitiative gehören, noch eine Entschädigung durch eventuelle Forderungen gegenüber dritten Staaten oder deren Rechtsnachfolgern möglich ist.
Die Zahl der Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern, die Aufnahme als Spätaussiedler nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG) suchten, blieb weiterhin hoch. Wie in den Jahren zuvor, konnte nur in sehr wenigen Fällen das Petitionsverfahren positiv abgeschlossen werden. Dies betraf vor allem Eingaben, in denen die Petenten aufgrund des Vorliegens von Härtegründen um eine Beschleunigung des Aufnahmeverfahrens baten, die Aufnahmebedingungen, wie z.B. ausreichende Deutschkenntnisse, Bekenntnis zum deutschen Volkstum aber schon geklärt waren.
Fehlende deutsche Sprachkenntnisse führten nach wie vor zu einem Großteil der ablehnenden Bescheide des für das Anerkennungsverfahrens zuständigen Bundesverwaltungsamtes. Eine Gesetzesänderung zu § 6 Abs. 2 BVFG vom 30. August 2001 (BGBl. I 2001, S. 2266) stellt nun eindeutig klar, dass deutsche Sprachkenntnisse im Regelfall auch noch im Zeitpunkt der Aussiedlung vorliegen müssen.
An den Petitionsausschuss wandten sich auch in diesem Berichtszeitraum wieder viele abgelehnte Asylbewerber, die ein Aufenthaltsrecht