Ein besonderes Kapitel: Sammel- und Massenpetitionen
Das Petitionsrecht kann nach Artikel 17 Grundgesetz auch "in Gemeinschaft mit anderen" ausgeübt werden. Hierbei unterscheidet man Sammel- und Massenpetitionen. Sammelpetitionen sind Unterschriftensammlungen mit demselben Anliegen; Massenpetitionen sind Eingaben in größerer Zahl mit demselben Anliegen, deren Text ganz oder im wesentlichen übereinstimmt.
Sieht man einmal von denjenigen Sammelpetitionen ab, in denen ein Anliegen nur durch eine oder einige wenige weitere Unterschriften aus dem näheren Umfeld (z. B. von Familienmitgliedern) unterstützt wird, so läßt sich zu Sammel- und Massenpetitionen folgendes feststellen:
Während die Petition einzelner Bürger in aller Regel ein individuelles Begehren enthält, haben Sammel- und Massenpetitionen fast durchweg ein in der Öffentlichkeit besonders beachtetes Thema zum Inhalt. Jedenfalls sind es Themen, die - meist organisierte - Gruppen von Bürgerinnen und Bürgern zum Gegenstand der öffentlichen Diskussion machen wollen. In ihnen spiegeln sich häufig bestimmte politische Tendenzen wieder.
Vor einigen Jahren war das Problem der Reform des § 218 des Strafgesetzbuches (Abtreibung) Anlass für Hunderttausende, die Parlamentarier zum Handeln zu drängen. Ein ähnlich gewaltiges Ausmaß erreichten in den fünfziger Jahren die "Kampf-dem-Atomtod"-Initiativen und die Kampagnen gegen die Wiederbewaffnung, später auch die Petitionen gegen die Stationierung von Mittelstreckenraketen. Tierschützer erreichten durch Massen- und Sammelpetitionen ein Verbot des Imports von Robbenfellen aus Kanada und forderten ein Verbot des Transports von lebendem Schlachtvieh.
Über eine Million Bürgerinnen und Bürger unterstützten mit ihrer Unterschrift im Jahr 1994 eine Sammelpetition, mit der die generelle Zulassung einer doppelten Staatsbürgerschaft gefordert wurde. Aus der jüngeren Vergangenheit sind außerdem Sammel- und Massenpetitionen zum Asylrecht hervorzuheben, bei denen es zum einen um die Änderung des Asylrechts und zum anderen um den Verbleib von bestimmten abgelehnten Asylbewerbern im Bundesgebiet ging. Schließlich wurden Vorschläge zur Verfassungsreform häufig in Form von Massen- und Sammelpetitionen unterbreitet.
Zirka 3.700 Eingaben erreichten den Petitionsausschuss nach der Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes im Jahre 1996, das eine Neuordnung der Bestimmungen des Rentenüberleitungsrechts vorsah. In diesen Eingaben wurde zum einen beanstandet, dass die Einkommensbegrenzungen bei der Rentenberechnung nicht rückwirkend aufgehoben worden seien und die bisherigen Einschränkungen bei Personen mit hohem Einkommen weiter gelten würden. Zum anderen führten zahlreiche ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) Beschwerde darüber, dass es durch das neue Recht für sie zu keinen rentenrechtlichen Verbesserungen gekommen sei.
Entsprechend den Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses beschloss der 13. Deutsche Bundestag in diesen Fällen, das Petitionsverfahren abzuschließen.
Auch in der 14. Wahlperiode wandten sich - vielfach unter Hinweis auf den Regierungswechsel - zahlreiche Bürgerinnen und Bürger mit vorgenannten Anliegen an den Ausschuss, der jedoch unter Berücksichtigung eines hierzu ergangenen Urteils des Bundesverfassungsgerichts empfahl, das Petitionsverfahren erneut abzuschließen.