FISCHER: BALKANSTAATEN LANGFRISTIG AUCH BEITRITTSPERSPEKTIVE ZUR EU GEBEN
Berlin: (hib) In Europa gibt es nach Ansicht von Bundesaußenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) keine geteilte, sondern nur eine gemeinsame Sicherheit. Dies habe der Krieg auf dem Balkan erneut klar vor Augen geführt, unterstrich Fischer am Dienstag vormittag in Berlin. Der Minister bekräftigte deshalb erneut die Notwendigkeit eines Stabilitätspaktes für die Krisenregion, um langfristig Frieden und Sicherheit, marktwirtschaftliche Entwicklung und innere Demokratisierung in allen Staaten dort zu gewährleisten. Dazu gehöre auch eine Beitrittsperspektive zur EU, auch wenn sich das für manchen heutzutage noch utopisch anhöre. Diese langfristig angelegte Strategie, die sich an dem Beispiel des Helsinki-Prozesses der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) seit 1975 orientieren solle, ist laut Fischer alternativlos. Der Minister sprach vor etwa 200 Delegierten der Konferenz der parlamentarischen Europaausschüsse in den EU-Mitgliedstaaten und den Bewerberländern (COSAC), die gegenwärtig im Reichstagsgebäude in der Bundeshauptstadt tagt.
Fischer plädierte zudem dafür, den anstehenden Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs in Köln auch dafür zu nutzen, einen weiteren Schritt zu gehen, um eine europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität zu entwickeln. Nach den großen Integrationsfortschritten in der Wirtschafts- und Finanzpolitik sei dies unbedingt erforderlich. Ansonsten, so der deutsche Außenminister, laufe Europa Gefahr, auf diesem Politikfeld "fremdbestimmt" zu werden und abhängig von Entscheidungen zu sein, "die andernorts gefällt werden". Der Vorsitzende der Europaausschusses in der französischen Nationalversammlung, Alain Barrau, ergänzte zustimmend, die EU müsse die Beziehungen zum amerikanischen Partner gestalten, da man in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik nicht immer die gleichen Interessen verfolge.
Barraus finnischer Kollege Esko Aho sprach sich dafür aus, in sicherheitspolitischen Bemühungen nicht allein auf die militärische Dimension zu setzen. Ökonomische und weitere Aspekte, wie etwa Umwelt- und Menschenrechtspolitik, dürften nicht vernachlässigt werden. Der Vorsitzende des Europaausschusses des polnischen Sejm, Tadeusz Mazowiecki, forderte die EU auf, beim Gipfel Ende dieses Jahres in Helsinki ein konkretes Datum für den Beitritt Polens zu nennen.
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