Geteiltes Echo auf Koalitionsentwurf zur Reform des Schuldrechts
Berlin: (hib/BOB) Zustimmung, aber auch teils massive Kritik hat am Montagmorgen ein Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (14/6040) erfahren, mit dem das deutsche Schuld- und Verjährungsrecht umfassend modernisiert werden soll. So erklärte bei einer bei Redaktionsschluss noch andauernden öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses Professor Claus-Wilhelm Canaris, es sei "wenig realistisch", eine EU-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf - wie von Brüssel gefordert - bis Jahresende in deutsches Recht umzusetzen, mit einer großen Reform des Schuldrechts aber zu warten. Für eine Verschiebung dieser Reform zu plädieren, hieße ihr Scheitern in Kauf zu nehmen, so Canaris an die Adresse der Kritiker des Entwurfs. Ähnlich argumentierte auch Carsten Harms als Vertreter der Bundesrechtsanwaltskammer. Das Konzept der Koalitionsfraktionen sei "geglückt", es jetzt statt in einem Rutsch gestaffelt umzusetzen, würde nur zu "Chaos" führen. Auch die beabsichtigte Umsetzung der Reform zum 1. Januar 2002 stellt aus Sicht des Sachverständigen dann kein großes Problem dar, wenn der Praxis der im wesentlichen fertige Gesetzestext im Herbst dieses Jahres bekannt sei.
Mit wesentlichen Erleichterungen für die praktische Arbeit rechnet auch der Kölner Notar Professor Günter Brambring. Der vorliegende Gesetzentwurf übernehme die Ergebnisse der höchstrichterlichen Rechtssprechung in das Bürgerliche Gesetzbuch und trage zudem dem Anspruch, übersichtlich und zeitgemäß zu sein "voll Rechnung". Zu einem ähnlich positiven Fazit kam auch Professor Helmut Heinrichs aus Kellenhusen. Vor allem mit Blick auf das Verjährungsrecht könne jedes Gesetz nur besser werden als die geltenden Vorschriften, so der Experte.
Kritische Stimmen gab es dem gegenüber von Vertretern der Wirtschaft. So wandte sich Armin Busacker vom Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) etwa gegen eine "uferlose Ausweitung" der Haftungsklauseln. Sigrid Hintzen vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) monierte, die gegenwärtige Fassung des Schuldrechtentwurfs trage dem angemessenen Interessenausgleich der Betroffenen nicht Rechnung. Wie BDI und HDE kritisierten auch Christian Groß vom Deutschen Industrie- und Handelstag sowie Martin Fricke vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft das geplante In-Kraft-Treten der Reform am 1. Januar 2002. Dieser Termin sei "nicht akzeptabel", so Groß. Es werde große Schwierigkeiten machen, bis dahin Hunderttausende von Verträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem neuen Recht anzupassen, meinte auch Hintzen. Erforderlich seien deshalb ausreichende Übergangsfristen, die laut Fricke zwei bis drei Jahre betragen sollten.
Nicht einverstanden mit dem Entwurf zeigte sich bei der Anhörung auch Professor Holger Altmeppen von der Universität Passau. Noch nicht einmal drei Prozent der geplanten Neuregelungen seien infolge der umzusetzenden EU-Verbrauchsgüterrichtlinie erforderlich. Insofern würden die Bundestagsabgeordneten über die Dringlichkeit des Vorhabens "gezielt irregeführt". Auch Professor Ulrich Huber von der Universität Bonn sprach sich dafür aus, Praxis und Wissenschaft mehr Gelegenheit zu einer vorbereitenden Diskussion, gerade im Hinblick auf das Verjährungsrecht, zu geben.