Über die mögliche Verwendung von embryonalen Stammzellen informiert
Berlin: (hib/MIK) Über die mögliche Verwendung von embryonalen Stammzellen in Medizin und Forschung informierten die Sachverständigen zu Beginn einer sechsstündigen Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am Montagvormittag. Grundlage der Anhörung war ein Gesetzentwurf von 115 Abgeordneten von SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen zur Sicherstellung des Embryonenschutzes im Zusammenhang mit der Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen (14/8394).
Bei der Anhörung ging es zunächst um die Abgrenzung zwischen "Stammzellen" und "Stammzell-Linien" sowie um die im Gesetzentwurf vorgesehen "Stichtagsregelung". Professor Bärbel Friedrich von der Berliner Humboldt-Universität führte dazu aus, dass zumindest in der amerikanischen Literatur nicht streng unterschieden werde zwischen Stammzellen und Stammzell-Linien. Streng genommen handele es sich bei Stammzell-Linien um Stammzellen, die bereits in Kultur vermehrt und charakterisiert worden seien. Diese strengen Kriterien träfen "sehr wahrscheinlich" nicht für alle 72 im NIH-Stammzellregister aufgeführten Linien zu. Aus wissenschaftlicher Sicht sei deshalb davon auszugehen, dass weniger Linien in ihrem Potenzial charakterisiert seien und dass die Anzahl der für die Forschung verwendbaren Linien sehr wahrscheinlich geringer sein werde als die in den Registern genannte. Exakte Angaben hierüber seien bei dem derzeitigen Forschungsstand jedoch nicht möglich. Sie gehe aber davon aus, dass es genügend seien. Auch Professor Rüdiger Wolfrum, Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg, geht davon aus, dass für die Forschung genügend Linien zur Verfügung stehen. Nach seiner Ansicht werden aber für die Therapie nicht genügend Stammzell-Linien vorhanden sein.
Wolfrum kritisierte die Stichtagsregelung. Diese Regelung befestigt nach seiner Meinung Monopole. Ziel und Zweck der Regelung, keine Nachfrage des Embryonenverbrauchs von Deutschland aus zu veranlassen, könnte auch durch eine flexiblere Form der Stichtagsregelung erreicht werden, heißt es in seiner Stellungnahme. Andernfalls könne es sein, dass nicht genügend Material zur Verfügung stehen würde. Der Gesetzgeber müsse sich fragen, was er wie lange mit diesem Gesetz regeln wolle. Auch nach Meinung von Friedrichs würde die Stichtagsregelung den therapeutischen Anwendungsbereich von embryonalen Stammzellen erheblich einschränken, wenn nicht ganz ausschließen. Professor Peter Gruss vom Max-Planck-Institut in Göttingen schlug in diesem Zusammenhang in seiner Stellungnahme vor, einen so genannten nachlaufenden Stichtag von etwa sechs Monaten vor Antragstellung in das Gesetz einzuarbeiten.
Professor Augustinus Bader von der Tübinger Universität sagte in seiner schriftlichen Stellungnahme voraus, dass die Entwicklung eines systembiologischen Ansatzes, der einen Brückenschlag zwischen der Grundlagenforschung, den technologischen und klinischen Disziplinen ermöglicht, zunehmend an Bedeutung gewinnen werde. Nur hierdurch könne eine zielorientierte und damit am therapeutischen Erfolg zu messende Entwicklung ermöglicht werden.