Experten begrüßen Stärkung des Opferschutzes in Strafverfahren
Berlin: (hib/HAU) Die Rechte von Verletzten in Strafverfahren sollen besser geschützt werden. Darüber waren sich Experten und Sachverständige anlässlich einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses am Mittwochnachmittag weitgehend einig. Sowohl der Entwurf der Regierungskoalition für ein Opferrechtsreformgesetz (15/1976), als auch der von der CDU/CSU Fraktion eingebrachte Entwurf eines 2. Opferschutzgesetzes (15/814) böten hierzu sinnvolle Voraussetzungen. Beide Vorlagen sehen durch Erweiterung der Nebenklagebefugnisse eine Verstärkung der Teilnahme des Verletzten am Strafverfahren vor sowie eine verbesserte Möglichkeit, Schadenersatzansprüche gleich im Strafverfahren zu erlangen und durchzusetzen.
Heinz Frese vom Arbeitskreis der Opferhilfen in Deutschland (ado) begrüßte die angestrebte Erweiterung der Nebenklage und die Möglichkeit der Beiordnung eines Opferanwalts sowie die Hinzuziehung von Dolmetschern im Erwachsenenstrafrecht. Der ado fordert allerdings ein Zeugnisverweigerungsrecht für Mitarbeiter anerkannter Opferhilfeeinrichtungen. Zum Standard einer professionellen Opferberatung müsse gehören, den Geschädigten Vertraulichkeit über den Inhalt von Beratungsgesprächen zusichern zu können. Oberstaatsanwältin Ulrike Stahlmann-Liebelt von der Staatsanwaltschaft Flensburg unterstützte die Vorlagen aus der Sicht der Praxis ebenfalls. Neben der Erweiterung der Nebenklagebefugnis sei die Verbesserung der Vermittlung von Informationen an Verletzte über ihre Rechte und den Ablauf und den Stand der Verfahren eine deutliche Verbesserung. Als "hervorragend geeignet, die Stellung des verletzen Zeugen im Strafverfahren zu stärken" bezeichnete Siegfried Bielefeld, Amtsgerichtspräsident a.D. die Entwürfe. Besonders wichtig seien die vorgesehenen umfangreichen Belehrungs- und Informationspflichten. Nur so könne der Verletzte in den Stand versetzt werden, seine Rechte wahrzunehmen, erläuterte Bielefeld. Im Übrigen plädiere er für die vorgesehene Stärkung des Adhäsionsverfahrens, welches die Möglichkeit eröffne, dem geschädigten Opfer für die Geltendmachung seiner vermögensrechtlichen Ansprüche den zusätzlichen Gang vor das Zivilgericht zu ersparen, indem die zivilrechtlichen Ansprüche im Strafverfahren "miterledigt" würden.
Professor Bernd-Dieter Meier von der Universität Hannover begrüßte die Initiativen ebenfalls. Die Rolle des Verletzten dürfe sich nicht auf die des Beweismittels als Zeuge und Augenscheinsobjekt beschränken. Die unmittelbare Betroffenheit des Verletzten mache es erforderlich, ihn aus dem Rang des bloßen Beweismittels herauszuheben und ihm eine eigenständige Position im Strafverfahren zuzuerkennen. Dieser Forderung kämen die Entwürfe durchaus nach. Aus der Sicht von August-Wilhelm Marahenz vom Deutschen Richterbund enthielten die Entwürfe "sehr viel Sinnvolles". Allerdings dürfe die Stärkung der Opferrechte nicht die Kernaufgabe der Strafjustiz beeinträchtigen, schnellstmöglich in eigener Überzeugungsbildung zu Entscheidungen zu gelangen. Schließlich sei, so Marahenz, die konsequente und zeitnahe Durchsetzung des staatlichen Strafanspruches der beste Opferschutz. Der Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins e.V. Georg Prasser betonte, es sei in den letzten Jahren viel für den Opferschutz getan worden. Dies sei auch gut so. Prasser gab jedoch zu bedenken, dass zuviel Opferrechte auch eine gerechte Urteilsfindung behindern könnten. So gäbe es Fälle, in denen sehr lange nicht klar sei, wer nun Opfer oder Täter ist.