Einigung mit Toll Collect über Änderungen am Mautvertrag umstritten
Berlin: (hib/POT) Für Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) stellt die mit dem Maut-Konsortium Toll Collect erzielte Einigung über Änderungen am geltenden Betreibervertrag ein "verantwortbares Ergebnis" dar. Dies erklärte der Minister bei seinem Bericht zum Stand der Einführung der Lkw-Maut am Mittwochmittag im Verkehrsausschuss. Das erzielte Ergebnis zeige, dass die Konsortialpartner DaimlerChrysler und Deutsche Telekom nunmehr an den Erfolg des Projektes glaubten. Dies drücke sich in der akzeptierten Erhöhung der Vertragsstrafen von 40 Millionen Euro ab dem ersten Monat steigend auf bis zu 80 Millionen Euro im weiteren Verlauf des Jahres aus, sollte der Termin für die abgespeckte Version ab dem 1. Januar 2005 nicht eingehalten werden. Zudem habe sich Toll Collect im Falle von Pannen und Ausfällen zu Schadenersatzzahlungen in Höhe von 1 Milliarde Euro im Jahr 2005 und zu einer unbeschränkten Betriebshaftung für sonst anfallende Verkehrsinvestitionen im Bundeshaushalt ab Beginn der zweiten Systemausbaustufe ab dem 1. Januar 2006 bereit erklärt. Mit dem gefundenen Kompromiss sei ein Zwischenergebnis erreicht, dass die Verkehrsinvestitionen der Zukunft sichere, so Stolpe weiter.
Die Oppositionsfraktionen bemängelten übereinstimmend, dass sich der Minister völlig unzureichend über die Finanzierung der Mautausfälle dieses Jahres geäußert habe. Die CDU/CSU kritisierte die den Presseberichten zu entnehmende geplante Finanzierung zum einen Teil aus zu erwartenden Schadenersatzleistungen durch Toll Collect aus dem vereinbarten Schiedsverfahren und zum anderen Teil aus vorzeitig zurückzuzahlenden Darlehen der Deutschen Bahn AG (DB AG) als "völlig unseriös". Eine Umschichtung der Kreditaufnahme zu Lasten der DB AG käme einem "Schattenhaushalt" gleich. Zudem bemängelte die Union, dass die Konsortialpartner nicht bereit gewesen seien, bereits ab 2005 die vollständige Haftung für mögliche Mautausfälle zu übernehmen. Dies legen den Schluss nahe, dass die Industriepartner offenbar doch noch letzte Zweifel an der Funktionstüchtigkeit des Systems hegten. Nach Ansicht der FDP bleiben nach der Einigung weiterhin viele Fragen offen. So sei unklar, ob der Beginn der ersten Stufe ab dem 1. Januar 2005 auf "Glauben auf einem höheren Niveau" oder auf gesicherten Erkenntnissen beruhe. Zudem bezweifelten auch die Liberalen die Seriosität der geplanten Kompensation der Mautausfälle dieses Jahres an. Beide Oppositionsfraktionen verlangten Klarheit darüber, ob die Vertragsanpassung so formuliert ist, dass im Ausschreibungsverfahren unterlegene Mitbewerber wegen des möglichen Verstoßes gegen vergaberechtliche Richtlinien bei einem eventuellen Gang vor ein Gericht nur wenig Aussicht auf Erfolg hätten.
Die Sozialdemokraten begrüßten, dass die Konsortialpartner konstruktiv auf die Kündigungsanzeige reagiert hätten. Die vorgelegte Stufenlösung sei akzeptabel, da dadurch zu erwarten sei, dass ab 2005 Mauteinnahmen fließen werden. Allerdings seien Skepsis und Zweifel mit der gefundenen Lösung nicht schlagartig ausgeräumt. Toll Collect müsse das Vertrauen erst noch zurückgewinnen. Zudem sei ein starkes Kontrollregime von Seiten des Ministeriums weiterhin zwingend notwendig, um nicht Ende des Jahres erneut von mißlichen Ausfällen überrascht zu werden. Bündnis 90/Die Grünen bezeichneten das Ergebnis unter den gegebenen Umständen als "rundum erfreulich". Der Bund habe sich in den Verhandlungen mit seinen Positionen weitgehend durchgesetzt. Man erwarte, dass durch das verstärkte Engagement der Deutschen Telekom und von Siemens mehr Kompetenz und Konsequenz zum Tragen komme. Die Koalitionsfraktionen begrüßten, dass trotz der Mautausfälle in diesem Jahr die Verkehrsinvestitionen in der geplanten Höhe realisiert werden sollen.