"Miles & More": Thierse schreibt an Lufthansa-Vorsitzenden
Der Vorsitzende des Vorstandes der Deutschen Lufthansa
Aktiengesellschaft, Jürgen Weber, hat heute folgendes
Schreiben von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse
erhalten:
"Sehr geehrter Herr Weber,
in den letzten Tagen sind einzelne Abgeordnete von Journalisten
eines Boulevardblattes unter Benennung detaillierter, interner
Angaben über Flugdaten und Flugziele um Auskunft gebeten
worden, ob sie dienstlich erworbene Bonusmeilen privat genutzt
haben.
Bei den gegenwärtigen in der Presse behandelten Fällen
hat die Bundestagsverwaltung keinen Einblick in die Miles and
More-Konten der betreffenden Abgeordneten. Da eine zeitgleiche
widerrechtliche Weitergabe dieser Daten aus den betroffenen
Abgeordnetenbüros jenseits jeglicher Wahrscheinlichkeit liegt,
können die entsprechenden Daten nur aus Ihrem Hause an die
"Bild"-Zeitung weitergegeben worden sein.
In der Ausgabe der Frankfurter Rundschau vom 30. Juli 2002 werden
Äußerungen des Datenschutzbeauftragten der Lufthansa,
Herrn Hans-Jürgen Kranz, wiedergegeben, wonach dieser
versichert habe, Ihr Unternehmen gebe die Daten nicht preis, es sei
denn, der Betroffene stimme ausdrücklich zu oder es liege ein
richterlicher Beschluss vor. Gleichwohl wollte Herr Kranz
"kriminelles Handeln" nicht ausschließen. Die Lufthansa
könne aber feststellen, ob ein Mitarbeiter Ihres Hauses
unbefugt Daten abrufe.
Ich gehe davon aus, dass Ihnen entsprechende Informationen nunmehr
vorliegen. Seitens der Fraktionen des Deutschen Bundestages bin ich
dazu angehalten worden, von Ihnen den Informationsstand
anzufordern, der - im übrigen unter Missachtung
datenschutzrechtlicher Vorschriften - aus Ihrem Hause der
"Bild"-Zeitung übermittelt wurde.
Ich fordere Sie deshalb dringend auf, mir bis morgen, Donnerstag,
den 1. August, 14.00 Uhr eine Liste derjenigen Abgeordneten zu
übermitteln, die innerhalb Ihres Bonus-Programms "Miles and
More" Bonusflüge wahrgenommen haben, damit ich diese an die
Fraktionen weitergeben kann. Nur so kann gewährleistet werden,
dass sich einzelne Abgeordnete gegen öffentliche Vorwürfe
wehren können, sie hätten Bonuspunkte aus dienstlich
veranlassten Flügen zu privaten Zwecken verwendet.
Abschließend wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie
Ihren Einfluss dahingehend geltend machen könnten, dass den
Mitgliedern des Deutschen Bundestages neben der Senatorkarte eine
weitere Karte für private Flugbuchungen zur Verfügung
gestellt werden kann. Meine Verwaltung hatte hierzu bereits Anfang
des Monats mit Ihrem Hause Kontakt aufgenommen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Thierse"
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