Egon C. Heinrich
Obergrenze der Ausgaben wird 2005 nicht voll
ausgeschöpft
Erster Haushaltsplan für das Europa der
25
Wenige Tage vor dem offiziellen Beitritt von
zehn neuen Mitgliedstaaten zur Europäischen Union hat die
Europäische Kommission in Brüssel den Haushaltsvorentwurf
der Union für das Jahr 2005 angenommen. Es ist der erste
Haushaltsplan für ein volles Jahr der erweiterten Union. Der
Entwurf der Kommission muss nun vom Rat, also von den 25
Regierungen, und vom Europäischen Parlament beraten werden.
Mit der endgültigen Verabschiedung wird erst für November
oder Dezember dieses Jahres gerechnet.
Im Vorfeld kommt es meist zu
Auseinandersetzungen zwischen Rat und Parlament über die
Höhe einiger Ausgabenposten. Dabei fordert das EP meist
höhere Ausgaben, was auf den Widerstand des Rates oder
zumindesten derjenigen Länder stößt, die Nettozahler
zum EU-Haushalt sind. Die für den EU-Haushalt zuständige
deutsche EU-Kommissarin Michaele Schreyer konnte bei der
Präsentation des Entwurfs in Brüssel darauf hinweisen,
dass die Kommission in ihrem Entwurf den Finanzrahmen nicht voll
ausgeschöpft habe; das im Entwurf vorgesehene Ausgabenvolumen
von 109,5 Milliarden Euro entspricht 1,03 Prozent des
Bruttonationaleinkommens (BNE) der 25 EU-Länder. Der in der
Agenda 2000 festgelegte Finanzrahmen hätte jedoch einen
Höchstwert von 1,08 Prozent des BNE erlaubt. Der Mittelansatz
des Entwurfs liegt damit um 4,7 Prozent unter der vereinbarten
Obergrenze. Die Erhöhung der Ausgaben um 9,7 Mrd. Euro oder
rund 9 Prozent ist vor allem bedingt durch folgende
Faktoren:
- Die vollständige Integration der zehn
neuen Mitgliedstaaten in die EU 3,9 Milliarden Euro);
- Reform der gemeinsamen Agrarpolitik (1,3
Milliarden Euro) ;
- verstärkte Inanspruchnahme der
EU-Strukturfonds (2,7 Milliarden Euro).
Auf diese drei Faktoren entfallen rund 80
Prozent der Aufstockung bei den Zahlungsermächtigungen.
Daneben gibt es in der EU einen Haushaltsplan für sogenannte
Verpflichtungsermächtigungen. Dabei handelt es sich um die
effektiven jährlichen Ausgaben sowie um die sich auf mehrere
Jahre erstreckenden Zahlungsverpflichtungen. Im Haushaltsjahr 2005
kann die EU Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von
117,2 Milliarden Euro eingehen; dies enspricht einem Anstieg um
5,22 Prozent gegenüber 2004; damit verbleibt ein Spielraum von
2,4 Milliarden Euro bis zur Obergrenze 2004. Von den 117,2
Milliarden Euro wird die Kommission rund 114,87 Milliarden
verwalten, 2,35 Milliarden sind für die übrigen Organe
der EU vorgesehen.
Mit 50,7 Milliarden Euro ist die
Landwirtschaft wieder der Sektor mit den höchsten Ausgaben im
EU-Haushalt. Der Anstieg der Agrarausgaben um 4,42 Milliarden Euro
oder 8,3 Prozent ist größtenteils bedingt durch die
Erweiterung und durch die Reform der Agrarpolitik. Rund 240
Millionen Euro enstehen durch den Euro-Dollar-Umrechnungskurs von 1
Euro = 1,25 US-Dollar. Der tatsächliche Kurs des Dollars an
den Devisenmärkten ist bekanntlich niedriger. Für die
Entwicklung des ländlichen Raums sind 6,8 Milliarden Euro
vorgesehen. Für die Strukturfonds der EU (Regional- Sozial und
Kohäsionsfonds ) sind Verpflichtungsermächtigungen von
insgesamt 42,4 Milliarden Euro und Zahlungsermächtigungen von
35,4 Milliarden Euro eingeplant. Die Erhöhung bei den
Zahlungen um 14,8 Prozent wird verursacht durch die Verdoppelung
der Aufwendungen zugunsten der neuen Mitgliedstaaten. Aufgrund
seiner günstigen wirtschaftlichen Entwicklung wird Irland
künftig nicht mehr aus dem Kohäsionsfonds gefördert.
Für den Forschungsbereich sind Zahlungsverpflichtungen in
Höhe von rund 5 Milliarden Euro veranschlagt . Für
Bildung und Kultur sind 885 Millionen Euro eingeplant. Im Bereich
der Außenbeziehungen ist ein Finanzierungsvolumen von 5,2
Milliarden Euro vorgesehen, was dem Niveau des Haushalts 2004
entspricht. Unter den vielfältigen Hilfen der EU sind
besonders zu erwähnen:
- 200 Millionen Euro für den
Irak,
- 554 Millionen Euro für den
Wiederaufbau im Balkan,
- 436 Millionen Euro für
Nahrungsmittelhilfe,
- 259 Millionen Euro für Nordzypern
für einen Zeitraum von drei Jahren; es handelt sich um jene
Summe, die bei einem Beitritt beider Landesteile zur
Unterstützung der nördlichen Region vorgesehen
war.
- Zur Unterstützung von Afghanistan sind
193 Millionen vorgesehen. Zum Aufbau dieses Landes hat die EU
für einen Zeitraum von fünf Jahren Hilfen in Höhe
von einer Milliarde Euro zugesagt.
- Im Rahmen der sogenannten
Nachbarschaftspolitik enthält der EU-Haushalt 1,07 Milliarden
für den Mittleren Osten und die südlichen Anrainerstaaten
des Mittelmeers (Programm MED).
Zu erwähnen wäre noch, dass die
Türkei im Rahmen der "Heranführungsstrategie" eine Hilfe
von 300 Millionen Euro erhält. Für Bulgarien und
Rumänien sind 1,5 Milliarden vorgesehen sowie 50 Millionen
für den Abbau von Atomkraftwerken.
Die zehn neuen Mitgliedstaaten werden 2005
finanzielle Leistungen aus dem EU-Haushalt von insgesamt 10,3
Milliarden Euro erhalten. Dies entspricht 9,4 Prozent des
Ausgabenvolumens. Andererseits leisten die Länder Zahlungen
zum EU-Haushalt von rund 5,5 Milliarden Euro, so dass sie netto
rund 5 Milliarden aus Brüssel bekommen werden. Auf die neuen
Länder entfallen von den 450 Millionen Einwohnern der
erweiterten EU 75 Millionen oder knapp 17 Prozent.
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