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K. Rüdiger Durth
Spannung unter dem roten Adler
Vor den Landtagswahlen in Brandenburg
"Es ist Zeit für eine andere Politik",
finden die Grünen im Blick auf die Landtagswahl am 19.
September. Und die PDS ist überzeugt: "Eine bessere Zukunft
ist möglich." So unterschiedlich die beiden Parteien auch
sind, so sind sie in einem einig: Jörg Schönbohm, der
Spitzenkandidat der CDU, soll nicht neuer Ministerpräsident
werden. Doch das zu verhindern, dürfte nach dem
gegenwärtigen Stand der Stimmung im Land gar nicht so einfach
sein - obwohl nach wie vor der amtierende Ministerpräsident
Matthias Platzeck (SPD) der populärste Politiker im Land ist.
Freilich stehen Platzeck und Schönbohm nur indirekt zur Wahl.
Gewählt werden auch in Brandenburg Parteien. Und von diesen
liegt seit einiger Zeit die CDU vorn. Bei der letzten Kommunalwahl,
aber auch in den jüngsten Umfragen.
Die Wahl unter dem roten Adler (dem
Landeswappen) wird spannend, zumal die SPD seit 1990 ununterbrochen
den Ministerpräsidenten stellt. 2002 machte dann Stolpe dem
Potsdamer Oberbürgermeister Matthias Platzeck Platz. Seit 1999
ist Schönbohm stellvertretender Ministerpräsident und
Innenminister des Landes. Das hat seinen Bekanntheitsgrad in dem
Flächenland mit rund zwei Millionen Wahlberechtigten erheblich
vergrößert.
Ein Blick zurück auf die Landtagswahl
1999: Die SPD verlor die absolute Mehrheit und kam nur noch auf 37
der 88 Sitze. Sie war entweder auf die CDU (25 Sitze) oder die PDS
(21 Sitze) als Koalitionspartner angewiesen. Die DVU, die
überraschend fünf Sitze und damit Fraktionsstärke
errang, wurde von allen anderen Parteien gemieden. Ihre Chancen bei
der Septemberwahl werden allgemein mit "gleich Null" angegeben.
Dafür bereitet den beiden großen Partein (aber auch den
kleinen) eine andere Gruppe erhebliche Sorgen, nämlich die
"Allianz Unabhängiger Bürger" (AUB). Dabei handelt es
sich um ein Zusammenschluss von unterschiedlichen
Bürgerinitiativen und Freien Wählergemeinschaften, die
bereits bei den letzten Kommunalwahlen große Erfolge erzielen
konnten. Sie machen den etablierten Parteien das Leben schwer, vor
allem dann, wenn die Wahlbeteiligung gering ist (1999 betrug sie
54,3 Prozent).
Die PDS unter ihrem Landesvorsitzenden Ralf
Christoffers hat Dagmar Enkelmann als Spitzenkandidatin nominiert.
Die Mutter von drei Kindern gehört dem brandenburgischen
Landtag seit 1999 an. Insgeheim hatte die PDS, die bei der letzten
Landtagswahl 23,34 Prozent der Stimmen erreicht hatte, öfter
auf einen Bruch der Großen Koalition gehofft - zumal diese in
der SPD nicht sonderlich beliebt ist und bereits 1999 dazu
geführt hatte, dass die (inzwischen gestorbene) in der
Bevölkerung sehr populäre Regine Hildebrandt nicht mehr
dem Landeskabinett als Sozialministerin angehören wollte.
Allerdings geht die PDS davon aus, dass am 19. September die CDU
stärkste Partei werden könnte. Da die SPD nicht als
Juniorpartner in eine CDU-geführte Großen Koalition
eintreten wird, könnte es dann für eine rot-rote
Regierung reichen. Da Rot-Rot allerdings nicht sonderlich
populär ist, könnte es für eine solche Konstellation
eng werden. Vor allem dann nicht, wenn den Grünen die
Rückkehr in den Landtag gelingen sollte. Ihnen gehörte ja
in der 1. Legislaturperiode ab 1990 auch der jetzige
Ministerpräsident Matthias Platzeck als Umweltminister an.
Nach dem Bruch der Ampel-Koalition blieb Platzeck im Kabinett und
trat später zur SPD über, deren Landesvorsitzender er
zwischenzeitlich auch ist.
Die Grünen (die bei der Landtagswahl
1999 auf 1,94 Prozent der Stimmen kamen) haben sich für die
Landtagswahl 2004 Verstärkung aus Berlin geholt. Von dort
kommt der männliche Spitzenkandidat Wolfgang Wieland, der im
Berliner "Sommersenat" aus SPD und Grünen für wenige
Wochen Justizsenator war. Weibliche Spitzenkandidatin ist Cornelia
Behm. Der FDP (1999 1,86 Prozent der Stimmen) werden für eine
Rückkehr in den Landtag kaum Chancen
eingeräumt.
Letztlich wird die Wahl zwischen SPD, CDU und
PDS entschieden, wobei es nicht unerheblich ist, wie die
Grünen abschneiden und ob es der "Allianz Unabhängiger
Bürger" gelingt, tatsächlich in den Landtag einzukehren.
Von Siegeszuversicht ist in der SPD gegenwärtig nicht viel zu
spüren. Sie weiß um die Umfragezahlen auf Bundes- und
Landesebene. Partei- und Regierungschef Matthias Platzeck kann
gegenwärtig nicht mehr von einer "eigenen Mehrheit"
träumen. Dafür ist die CDU zu stark geworden. Für
die SPD wäre es eine Katastrophe, wenn Platzeck auf die
Oppositionsbank verbannt würde. Schließlich zählt er
zu den Hoffnungen der Gesamtpartei.
Die SPD, die am 9. Mai ihren Landesparteitag
in Potsdam abhält (nach Redaktionsschluss), wird auf ihrer
Landesliste nach Platzeck wahrscheinlich Finanzministerin Dagmar
Ziegler nominieren, gefolgt von Gunter Fritsch, dem Vorsitzenden
der Landtagsfraktion. Für Platz 7 ist Udo Folgart vorgesehen,
der Vorsitzende des Landesbauernverbandes. Die CDU wird den
gesamten Wahlkampf auf ihren Spitzenkandidaten Schönbohm
abstellen. Aber auch die anderen CDU-Minister sollen eine wichtige
Rolle spielen, allen voran Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns.
Doch dieser steht immer im Schatten von Schönbohm und hat kaum
Möglichkeiten zur Profilierung - zumal es um die Wirtschaft
des Landes Brandenburg nicht sonderlich gut steht.
In den Entwürfen der beiden großen
Parteien für die künftige Legislaturperiode bekennt sich
die CDU eindeutig zur geplanten Länderfusion mit Berlin,
während dies die SPD nicht mehr tut. Intern heißt es,
Berlin müsse erst seine Schulden in den Griff bekommen. Beide
Parteien legen in ihren Wahlprogrammen ein Schwergewicht auf die
Bildungspolitik, die durch rapide abnehmende Schülerzahlen
geprägt wird. Deshalb soll es nach dem Willen der SPD
künftig nach der sechsjährigen Grundschule nur noch
Sekundarschulen (Real-und Gesamtschulen) sowie Gymnasien geben.
Versprochen wird eine gute Schulversorgung auch in den dünn
besiedelten Regionen. Die Union macht sich für ein Abitur nach
zwölf Jahren stark und will in Kernfächern wie Deutsch,
Mathematik und Fremdsprachen mehr Unterrichtsstunden durchsetzen.
Zugleich soll der Religionsunterricht zu einem "echten" Wahlfach
werden.
Auch Brandenburg ist hochverschuldet und muss
sparen. Das setzt den Wahlversprechen der Parteien enge Grenzen.
Nach wie vor gilt das brandenburgische Kita-System bundesweit als
das beste. Daran will die SPD auch in Zukunft nicht sparen. Im
Gegenteil. Brandenburg soll zu einem der kinderfreundlichsten
Länder überhaupt werden und das letzte Kita-Jahr will man
beitragsfrei stellen. Die CDU plant keinen weiteren Kita-Ausbau. In
der Wirtschaft will die CDU vor allem mehr Infrastruktur
fördern. Besondere Förderung wird den kleinen und
mittleren Betrieben versprochen. Die SPD wendet sich ab von der
speziellen Förderung einzelner Unternehmen. Dafür soll
eine branchenorientierte Wirtschaftspolitik neue Arbeitsplätze
schaffen. Dazu gehören Medien, Tourismus, Energie und
Luftfahrt. Auch die Sozialdemokraten wollen kleine Unternehmen
besonders fördern.
Beide Koalitionspartner hatte in der zu Ende
gehenden Legislaturperiode erhebliche Probleme mit einzelnen
Ministern. Einige von ihnen auf SPD-Seite wollten gegen den Willen
von Landeschef Platzeck erneut für den Landtag kandidieren.
Dies konnte verhindert werden. Die CDU möchte am liebsten die
Namen ihrer zurückgezogenen Minister gar nicht mehr
erwähnt wissen. Vorerst steht die Europawahl im Mittelpunkt
der Arbeit in den Parteizentralen - doch das eigentliche Interesse
richtet sich auf den 19. September.
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