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Karl-Otto Sattler
Auf dem Weg nach Luxemburg kommt man am Geld
nicht vorbei
Grenzbesuch
Grenzbesuch
Auf dem Weg nach Luxemburg kommt man am Geld nicht vorbei
Politisch stehen die Ampeln zwischen Luxemburgern und Deutschen
meist auf Grün. Dass die Finanzminister einst in Bonn und
jetzt in Berlin traditionell einen gewissen Groll gegen das
Großherzogtum hegen wegen des dortigen Bankgeheimnisses und
der niedrigen Steuern, steht auf einem anderen Blatt. Die
Zusammenarbeit zwischen den Regierungen in Saarbrücken, Mainz
und Luxemburg verläuft jedenfalls seit Jahren recht
reibungslos. Mit Erfolg machten etwa deren Umweltminister
jüngst gemeinsam Front gegen Pläne des Atomkraftwerks
Cattenom in Lothringen, die radioaktiven Ableitungen in die Mosel
zu erhöhen - selbstverständlich sorgte diplomatisches
Geschick dafür, dass die Franzosen nicht nachhaltig
verärgert wurden.
Luxemburger sind, in der Regel jedenfalls, offene und
umgängliche Zeitgenossen. Kommunikationsfähigkeit liegt
ihnen sozusagen im Blut: Sie wachsen dreisprachig auf, beherrschen
Französisch, Deutsch und ihren Dialekt, das Letzeborgerische.
Das ist für Deutsche (wie für Franzosen) sehr angenehm:
Der Smalltalk beim Kaffee, beim Bier, bei einer Zigarette
läuft bar der Gefahr sprachlicher Missverständnisse.
Weltläufigkeit und Jovialität verbinden sich, und diese
Eigenschaft hat Regierungschef Jean-Claude Juncker in hiesigen
Gefilden zum personifizierten Luxemburger werden lassen. Der
Hansdampf in ziemlich vielen europäischen Gassen ist ein
beliebter Gast in deutschen TV-Talkshows, wo er schlagfertig die
Klingen kreuzt. Auch Ehrenbürger von Trier ist er inzwischen.
Diese Huldigung der Dom-Stadt konterte der Auserkorene mit einem
Kompliment: Für ihn als junger Bub sei Trier "das Tor zur
Welt" gewesen. Ausgerechnet Trier? Aber wenn das der
Repräsentant eines internationalen Banken- und Finanzstandorts
so sagt ...
Die westlichen Nachbarn sind beliebt. Wahre Pilgerströme
aus saarländischen und trierischen Landstrichen belagern die
luxemburgischen Tankstellen und Tabakläden. Auf die satten
Einnahmen angesprochen, meint ein Händler entwaffnend: Tja,
was könne man denn dafür, wenn in Deutschland die Steuern
auf Benzin und Zigaretten so hoch seien ... An die 15.000
Rheinland-Pfälzer und Saarländer pendeln täglich zur
Arbeit in das Fürstentum, etwa 1.000 deutsche
Handwerksbetriebe tätigen ihre Umsätze jenseits der
Grenze in Junckers Reich. Die Luxemburger ihrerseits exportieren
Kosten: Jahrzehntelang unterhielten sie keine Universität, der
akademische Nachwuchs studierte im Ausland. Erst im vergangenen
Wintersemester begann man mit dem Aufbau eines eigenen Campus'.
Zuweilen sind kritische Zungen zu vernehmen, die guten
Beziehungen zwischen Deutschen und Luxemburgern hätten weniger
mit zwischenmenschlicher Verständigung und
europäisch-kulturell-politischer Ambition, sondern mehr mit
dem Geld zu tun. Gern wird dabei auch auf die vielen deutschen Euro
verwiesen, die fernab hiesiger Finanzämter in
großherzoglichen Banken gebunkert sind. Aber muss man diese
Sichtweise unbedingt vertiefen? Die offene Freundlichkeit der
Luxemburger und der Reiz dieses kleinen Sprengels bieten sich doch
als schönere Begründung für die recht problemlose
Nachbarschaft an. Von solchen Motiven ließ man sich bestimmt
auch bei der Deutschen Bank leiten, als man für den Fall einer
Fusion mit einer europäischen Bank die Verlagerung der
Konzernspitze in ein Land nach dem Muster Luxemburgs ins Spiel
brachte. Karl-Otto Sattler
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