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Bernd Castell
Mit dem Fahrrad aus eigener Tasche in Nepal
Als die Jugend auszog, um zu helfen - wie vor 40
Jahren alles begann
Deutsche Entwicklungshilfe vor 40 Jahren war oft mit großen
Abenteuern verbunden. Dies haben vor allem die ersten Freiwilligen
des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED) erlebt. Die am 24. Juni
1963 in Anwesenheit von US-Präsident John F. Kennedy,
Bundespräsident Heinrich Lübke und Bundeskanzler Konrad
Adenauer gegründete Organisation ist heute zu einer der
führenden internationalen Einrichtungen geworden. Im Jahr 2004
sind 1.017 Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfer in
über 40 Ländern tätig. Der Anteil der Frauen ist
inzwischen auf 42 Prozent gestiegen.
Als der DED laufen lernte, war die Entsendung nach Afrika, Asien
und Lateinamerika vor allem Männersache. Die ersten Gruppen
wurden in der Bundeshauptstadt Bonn noch von Politikern feierlich
verabschiedet. Lange Zeit waren auch Familienangehörige mit
Kind und Kegel zum Flugplatz gekommen, um die jungen Leuten zu
verabschieden. Mit der Zeit wurden derartige Hilfseinsätze zur
Routine.
"Seit der Gründung haben sich mehr als 13.000
Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfer dafür
eingesetzt, die Lebensbedingungen von Menschen in Afrika, Asien und
Lateinamerika zu verbessern", sagt DED-Pressesprecherin Maria
Weitz. 1964 reisten die ersten 110 Jungen und Mädchen des
Entwicklungsdienstes nach Tansania, Libyen, Afghanistan und Indien
aus. 1965 folgten weitere Freiwillige, um in Nepal, Afrika und
Südamerika zu wirken. Im Himalaya-Königreich Nepal
erlebten die Freiwilligen jedoch keine Märchenwelt. Im
Gegenteil! Ihre Arbeit war damals wie in den übrigen
Einsatzländern durch strenge Bestimmungen aus dem Heimatland
geregelt worden. Aus heutiger Sicht war das Privatleben der jungen
Leute durch die Bestimmungen oft erschwert worden.
Die Praxis war: Entwicklungshelfer sollten so einfach leben, wie
die Mittelschicht oder gar die ärmeren Bürger im Land.
Für die deutschen Freiwilligen waren Autos oder
Motorräder für die außerdienstliche Fortbewegung
tabu. Und wer mit einem aus eigener Tasche bezahlten privaten
Fahrrad die weiten Strecken zurücklegen wollte, musste diesen
für einheimische Verhältnis meist als "Luxus" geltenden
Besitz von der deutschen Einsatzzentrale genehmigt erhalten.
Jäger, Helfer und Freunde
Die ersten Entwicklungshelfer fühlten sich nach eigenen
Angaben als "Pioniere für eine gute Sache". Im
Entwicklungsland waren sie weitgehend auf sich selbst gestellt. Die
junge Organisation hatte noch keine Erfahrung für solche
Auslandseinsätze. Was sie von den USA erfuhr, war Theorie. In
der Praxis war es zum Beispiel im heißen Tansania so, dass man
durch jagen zur Bereicherung des Speisezettels beitrug. So wurde
manche selbst gejagte Gazellen zu Gulasch und "Wiener Schnitzel"
verarbeitet. Je schneller sich die Freiwilligen den Sitten und
Essgewohnheiten im Gastland anpassen konnten, desto erfolgreicher
waren sie damals in ihrer Mission.
Auch heute gilt der Pioniergeist vieler junger Deutscher
ungebrochen. Die Einsatzbedingungen sind jedoch besser, die soziale
Sicherung umfassender. Der Entwicklungshelfer muss nicht mehr
Single sein. Auch verheiratete haben eine Chance gemeinsam im
Ausland zu wirken. Verändert hat sich im Laufe der Jahrzehnte
auch das Einsatzkonzept. Während früher vor allem
handwerkliche Fähigkeiten zur Lebensverbesserung in der
Dritten Welt gefragt waren, gehören mehr und mehr globale
Themen zum Hilfsprogramm.
AIDS-Prävention
Schwerpunkte des DED-Einsatzes sind nach Angaben der
Organisation derzeit Demokratieförderung, zivile
Konfliktbearbeitung und Friedensförderung. Fest im
Hilfsprogramm verankert sind Projekte der ländlichen
Entwicklung, Ressourcenschutz sowie Wirtschafts- und
Beschäftigungsförderung. Immer aktueller in der Dritten
Welt wird auch für den DED die AIDS-/HIV-Prävention.
Junge Deutsche wirken derzeit als DED-Helfer auf drei
Kontinenten. In Südamerika sind es die Länder Bolivien,
Brasilien, Chile, Dominikanische Republik, Ecuador, Guatemala,
Honduras, Nicaragua, Peru. Einsatzländer in Westafrika sind
Benin, Burkina Faso, Ghana, Kamerun, Mali, Niger, Togo, Tschad.
Hinzu kommen im östlichen und südlichen Afrika
Äthiopien, Botswana, Kenia, Lesotho, Malawi, Mosambik,
Namibia, Ruanda, Sambia, Simbabwe, Sudan, Südafrika, Tansania,
Uganda. In Asien kommen hinzu: Afghanistan, Jemen, Kambodscha,
Laos, Mongolei, Nepal, Palästinensische Gebiete,
Papua-Neuguinea, Philippinen, Tadschikistan, Usbekistan,
Vietnam.
Nachwuchs-Sorgen hat der DED nicht. Das Interesse sich zu
engagieren, ist weiterhin groß. Die Entwicklungshelfer sind
heute keine Freiwilligen mehr im Sinne von Ehrenamt. Es handelt
sich vielmehr um hoch qualifizierte Fachkräfte mit
Berufserfahrung, die ein Unterhaltsgeld und "attraktive
Sozialleistungen" erwarten. So bietet der DED qualifizierten
Berufsanfängern bis zu einem Alter von 28 Jahren im Rahmen des
Nachwuchsförderungsprogramms die Möglichkeit, durch einen
einjährigen Aufenthalt in einem Partnerland des DED
entwicklungspolitische, berufliche, persönliche und
interkulturelle Erfahrungen zu sammeln. Darüber hinaus
vermittelt der DED deutsche Entwicklungshelferinnen und
Entwicklungshelfer in das Freiwilligenprogramm der Vereinten
Nationen United Nations Volunteers (UNV).
Der DED hat die Rechtsform einer gemeinnützigen
Gesellschaft mbH. Gesellschafter sind die Bundesrepublik
Deutschland, vertreten durch die Bundesministerin für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, sowie der
Arbeitskreis "Lernen und Helfen in Übersee" e.V.
Geschäftsführer des DED ist Jürgen Wilhelm.
Seine finanziellen Mittel erhält der DED aus dem
Bundeshaushalt. Die DED-Führung ist angesichts sinkender
Finanzmittel bemüht, die Arbeit der Hilfsorganisation weiter
effektiv zu gestalten. Für das Jahr 2004 stehen knapp 79
Millionen Euro zur Verfügung. Im Vorjahr waren es noch rund 83
Millionen Euro.
Der DED hat keine eigenen Projekte. Er wird erst auf Anfragen
von Organisationen der Partnerländer hin aktiv. Er arbeitet
inhaltlich in den Bereichen: Wirtschafts- und
Beschäftigungsförderung, Demokratieförderung und
kommunale Selbstverwaltung, ländliche Entwicklung und
Ressourcenschutz, zivile Konfliktbearbeitung und
Friedensförderung sowie Gesundheit.
In seinen Partnerländern unterhält der DED, meist in
der Hauptstadt, ein Büro, das von einem Landesdirektor
geleitet wird. Dieser vertritt die Organisation gegenüber den
einheimischen Partnern und steuert das Landesprogramm.
Der DED unterstützt einheimische Organisationen und
Selbsthilfe-Initiativen durch fachliche Beratung, Finanzierung
kleinerer Programme und Förderung einheimischer
Fachkräfte. Um sein Wirken transparent zu machen wirbt der DED
für eine weltoffene und tolerante Gesellschaft durch
entwicklungspolitische Bildungsarbeit. Er will nach eigenen Angaben
"für die gemeinsamen Interessen und Probleme der Einen Welt
sensibilisieren". Bernd Castell
Weitere Informationen: www.ded.de
Der Autor arbeitet als freier Journalist in Bonn.
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