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Martin Peter
Nicht länger in "Bruchbude" tagen
Neues Parlamentsgebäude für
Brandenburg in Potsdam
Der Landtag ist marode", sagt Brandenburgs neuer Finanzminister
Rainer Speer (SPD). Obwohl er von Ministerpräsident Matthias
Platzeck (SPD) dazu ausersehen ist, der SPD/CDU-Regierungskoalition
eisernes Sparen beizubringen, steht er einem Neubau des
Landtagsgebäudes auf dem Potsdamer Brauhausberg nicht
ablehnend gegenüber: "Ein Neubau muss nicht teurer sein."
Ähnlich denkt auch Landtagspräsident Gunter Fritsch, bis
zur Wahl im September Vorsitzender der SPD-Fraktion.
Dort, wo seit 1990 das Parlament der mehr als 2,5 Millionen
Brandenburger tagt, residierte vor der Wende die Bezirksleitung
Postdam der SED. Doch diese Vergangenheit ist es nicht, die
zunehmend die Abgeordneten stört, sondern die
Unmöglichkeit, in diesem eigentlichen Verwaltungsgebäude
ordentliche Parlamentsarbeit zu leisten. Für den neuen
Vorsitzenden der CDU-Franktion, Thomas Lunacek, handelt es sich
beim Landtagsgebäude schlicht und einfach um eine "Bruchbude".
In der Vergangenheit dachte die Baubehörde des Landes schon
einmal darüber nach, bestimmte Teile des Gebäudes auf dem
Brauhausberg zu schließen. Abgesehen davon, dass längst
Wasser in den Keller sickert und auch sonst die Verhältnisse
für einen Landtag kaum mehr zumutbar sind.
Aber warum haben sich die Brandenburger nicht längst ein
neues Landtagsgebäude gegönnt - wie beispielsweise die
Sachsen ganz im Osten oder die Nord-rhein-Westfalen ganz im Westen?
Weil man Angst vor der öffentlichen Meinung hatte.
Schließlich ist Brandenburg bei einem Jahresetat von 10
Milliarden Euro inzwischen mit 17 Milliarden Euro verschuldet -
Tendenz steigend. Doch das ist nur die eine Seite. Die andere
heißt Stadtschloss. Die DDR konnte mit dem Potsdamer
Stadtschloß nichts anfangen und ließ es wie die
Garnisonskirche vollständig abreißen. Seit langem gibt es
nun den Plan, das Stadtschloss im Zentrum der Landeshauptstadt
wieder aufzubauen. Und da die Befürworter nicht recht wussten,
was man mit einem solchen Gebäude heute machen soll oder kann,
kam schnell der Gedanke auf, dass ein solcher Wiederaufbau ideal
für den Landtag sei. Man schreck-te vor den Kosten
zurück. Bei einer solchen Planung wäre es nicht allein
mit dem Bau getan. Vielmehr müssten auch zahlreiche
Straßen verlegt werden, um für eine reibungslose Zu- und
Abfahrt zu sorgen.
Doch nun hat das neue SPD/CDU-Bündnis in ihr
Koalitionspapier geschrieben, dass bis zum Frühjahr
nächsten Jahres Pläne für eine Sanierung des
Brauhausberges und alternativ einen Neubau in der Stadt vorgelegt
werden sollen. Man spricht nicht mehr gern vom Wiederaufbau des
Schlosses, sondern lieber von einem neuen Landtag. Das hat
offensichtlich Wunder bei der PDS bewirkt. Plötzlich kann sie
sich einen Neubau vorstellen. Bislang hat sie alle Pläne
für den Wiederaufbau des Schlosses strikt abgelehnt. Manchmal
muss man eben nur den richtigen Namen finden.
So ist für den Finanzminister noch längst nicht
ausgemacht, dass eine Sanierung des Brauhausbergs billiger kommt
als ein Neubau. Vorsichtig sollen die Brandenburger an ein
repräsentatives Landtagsgebäude herangeführt werden,
das sich wahrscheinlich hinter der Fassade des wiederaufgebauten
Stadtschlosses verbergen wird. Zusätzlicher Vorteil: Ein
solcher Neubau lässt sich von Anfang an so gestalten, dass
auch die künftigen Berliner Vertreter dort genug Platz finden
- und sei es um den Preis einer Erweiterung.
Obwohl CDU und SPD einen festen Fusionstermin zwischen
Brandenburg und Berlin aus der Koalitionsvereinbarung gestrichen
haben, geht man davon aus, dass dieser kommen wird. Wenn auch nicht
mehr in diesem Jahrzehnt. Und wenn man schon einen neuen Landtag
baut, dann eben so, dass er die Fusion schon einplant. Das spart
Kosten. Und übt Druck auf die Berliner aus, nicht auf einem
gemeinsamen Landtagsgebäude im alten Preußischen Landtag,
dem jetzigen Berliner Abgeordnetenhaus, zu bestehen.
Wie auch immer: Insgeheim ist die Entscheidung für einen
Neubau hinter der Fassade des aus dem 17. Jahrhundert stammenden -
im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigten und 1960 gesprengten
- Stadtschlosses entschieden. Dieser wird auch von den
gewählten Stadtvätern und -frauen Potsdams
befürwortet. Im Gegensatz zu den Befürwortern des
Wiederaufbaus des Berliner Stadtschlosses haben die Potsdamer kein
Problem mit der Verwendung. Wenn das Schloss wieder aufgebaut wird
(wie in Berlin geht es in Potsdam dabei in erster Linie um die
Wiedererrichtung der historischen Fassade), dann eben als Sitz des
Landtags. So lassen sich Monarchie und Demokratie miteinander
vereinbaren.
Aus der Sicht der Landtagsverwaltung haben es Grüne und FDP
im September zum Glück wieder nicht in den Landtag geschafft -
denn sonst hätte man kaum gewusst, wohin mit den
zusätzlichen Fraktionen. Sie hätten in Container
untergebracht werden müssen. Doch das ist für ein
Parlament auch nicht ganz ungewöhnlich. Nach der deutschen
Einheit war das Bundeshaus in Bonn zu klein geworden und man
stellte Container auf. Wie die Entscheidung in Potsdam auch
ausfallen wird - Sanierung des Brauhausbergs oder Wiedererrichtung
des Stadtschlosses -, Finanzminister Speer verspricht eine
"verträgliche Belastung für den Haushalt".
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