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Das Parlament
Nr. 45 / 01.11.2004

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Martin Peter

Nicht länger in "Bruchbude" tagen

Neues Parlamentsgebäude für Brandenburg in Potsdam

Der Landtag ist marode", sagt Brandenburgs neuer Finanzminister Rainer Speer (SPD). Obwohl er von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) dazu ausersehen ist, der SPD/CDU-Regierungskoalition eisernes Sparen beizubringen, steht er einem Neubau des Landtagsgebäudes auf dem Potsdamer Brauhausberg nicht ablehnend gegenüber: "Ein Neubau muss nicht teurer sein." Ähnlich denkt auch Landtagspräsident Gunter Fritsch, bis zur Wahl im September Vorsitzender der SPD-Fraktion.

Dort, wo seit 1990 das Parlament der mehr als 2,5 Millionen Brandenburger tagt, residierte vor der Wende die Bezirksleitung Postdam der SED. Doch diese Vergangenheit ist es nicht, die zunehmend die Abgeordneten stört, sondern die Unmöglichkeit, in diesem eigentlichen Verwaltungsgebäude ordentliche Parlamentsarbeit zu leisten. Für den neuen Vorsitzenden der CDU-Franktion, Thomas Lunacek, handelt es sich beim Landtagsgebäude schlicht und einfach um eine "Bruchbude". In der Vergangenheit dachte die Baubehörde des Landes schon einmal darüber nach, bestimmte Teile des Gebäudes auf dem Brauhausberg zu schließen. Abgesehen davon, dass längst Wasser in den Keller sickert und auch sonst die Verhältnisse für einen Landtag kaum mehr zumutbar sind.

Aber warum haben sich die Brandenburger nicht längst ein neues Landtagsgebäude gegönnt - wie beispielsweise die Sachsen ganz im Osten oder die Nord-rhein-Westfalen ganz im Westen? Weil man Angst vor der öffentlichen Meinung hatte. Schließlich ist Brandenburg bei einem Jahresetat von 10 Milliarden Euro inzwischen mit 17 Milliarden Euro verschuldet - Tendenz steigend. Doch das ist nur die eine Seite. Die andere heißt Stadtschloss. Die DDR konnte mit dem Potsdamer Stadtschloß nichts anfangen und ließ es wie die Garnisonskirche vollständig abreißen. Seit langem gibt es nun den Plan, das Stadtschloss im Zentrum der Landeshauptstadt wieder aufzubauen. Und da die Befürworter nicht recht wussten, was man mit einem solchen Gebäude heute machen soll oder kann, kam schnell der Gedanke auf, dass ein solcher Wiederaufbau ideal für den Landtag sei. Man schreck-te vor den Kosten zurück. Bei einer solchen Planung wäre es nicht allein mit dem Bau getan. Vielmehr müssten auch zahlreiche Straßen verlegt werden, um für eine reibungslose Zu- und Abfahrt zu sorgen.

Doch nun hat das neue SPD/CDU-Bündnis in ihr Koalitionspapier geschrieben, dass bis zum Frühjahr nächsten Jahres Pläne für eine Sanierung des Brauhausberges und alternativ einen Neubau in der Stadt vorgelegt werden sollen. Man spricht nicht mehr gern vom Wiederaufbau des Schlosses, sondern lieber von einem neuen Landtag. Das hat offensichtlich Wunder bei der PDS bewirkt. Plötzlich kann sie sich einen Neubau vorstellen. Bislang hat sie alle Pläne für den Wiederaufbau des Schlosses strikt abgelehnt. Manchmal muss man eben nur den richtigen Namen finden.

So ist für den Finanzminister noch längst nicht ausgemacht, dass eine Sanierung des Brauhausbergs billiger kommt als ein Neubau. Vorsichtig sollen die Brandenburger an ein repräsentatives Landtagsgebäude herangeführt werden, das sich wahrscheinlich hinter der Fassade des wiederaufgebauten Stadtschlosses verbergen wird. Zusätzlicher Vorteil: Ein solcher Neubau lässt sich von Anfang an so gestalten, dass auch die künftigen Berliner Vertreter dort genug Platz finden - und sei es um den Preis einer Erweiterung.

Obwohl CDU und SPD einen festen Fusionstermin zwischen Brandenburg und Berlin aus der Koalitionsvereinbarung gestrichen haben, geht man davon aus, dass dieser kommen wird. Wenn auch nicht mehr in diesem Jahrzehnt. Und wenn man schon einen neuen Landtag baut, dann eben so, dass er die Fusion schon einplant. Das spart Kosten. Und übt Druck auf die Berliner aus, nicht auf einem gemeinsamen Landtagsgebäude im alten Preußischen Landtag, dem jetzigen Berliner Abgeordnetenhaus, zu bestehen.

Wie auch immer: Insgeheim ist die Entscheidung für einen Neubau hinter der Fassade des aus dem 17. Jahrhundert stammenden - im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigten und 1960 gesprengten - Stadtschlosses entschieden. Dieser wird auch von den gewählten Stadtvätern und -frauen Potsdams befürwortet. Im Gegensatz zu den Befürwortern des Wiederaufbaus des Berliner Stadtschlosses haben die Potsdamer kein Problem mit der Verwendung. Wenn das Schloss wieder aufgebaut wird (wie in Berlin geht es in Potsdam dabei in erster Linie um die Wiedererrichtung der historischen Fassade), dann eben als Sitz des Landtags. So lassen sich Monarchie und Demokratie miteinander vereinbaren.

Aus der Sicht der Landtagsverwaltung haben es Grüne und FDP im September zum Glück wieder nicht in den Landtag geschafft - denn sonst hätte man kaum gewusst, wohin mit den zusätzlichen Fraktionen. Sie hätten in Container untergebracht werden müssen. Doch das ist für ein Parlament auch nicht ganz ungewöhnlich. Nach der deutschen Einheit war das Bundeshaus in Bonn zu klein geworden und man stellte Container auf. Wie die Entscheidung in Potsdam auch ausfallen wird - Sanierung des Brauhausbergs oder Wiedererrichtung des Stadtschlosses -, Finanzminister Speer verspricht eine "verträgliche Belastung für den Haushalt".

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