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Das Parlament
Nr. 45 / 01.11.2004

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Susanne Kailitz

Demokratie ist kein Nescafé

Bundestag gestaltet Lehrmaterial für den Politik-Unterricht mit

Ein bisschen klang es, als wollte Schulsenator Klaus Böger von den Schülern der Menzel-Oberschule getröstet werden: Stressig sei sein Job, es fehle Zeit für die Familie und überhaupt stelle sich gelegentlich Resignation ein, wenn man immer für alles den Kopf hinhalten müsse. Weitaus fröhlicher beschrieb Bundestagspräsident Wolfgang Thierse seine Tätigkeit: Er habe trotz 80-Stunden-Woche viel Freude an seinem Amt - und es sei ihm ein Anliegen, Vorurteile gegenüber Abgeordneten abzubauen. Momentan schlage der Politik eine "Atmosphäre der Verachtung" entgegen, die nur durch mehr Information und Aufklärung abgebaut werden könne. Dazu beitragen sollen neue Unterrichtsmaterialien der Reihe "Bundestag macht Schule", die in einer Kooperation des Deutschen Bundestags und des Berliner Landesinsitituts für Schule und Medien entwickelt wurden und die Thierse und Böger in der Menzel-Oberschule gemeinsam vorstellten.

Demokratie lasse sich nicht so einfach zubereiten wie Nescafé, so Böger. Vielmehr sei die demokratische Erziehung ein elementarer Bestandteil der Bildung. Dazu gehöre auch ein Verständnis für die Abläufe und Funktionsweisen der parlamentarischen Demokratie. Das Heft "Unsere Abgeordneten", entwickelt von zwei Politik- und Deutschlehrern, soll Schüler der Sekundarstufe deshalb über die Arbeit der Parlamentarier informieren. Am Beispiel der vier Abgeordneten Jörg Tauss, Katherina Reiche, Peter Hettlich und Christoph Hartmann erfahren die Schüler, wie man als Parlamentarier in den Bundestag gelangt, wie abgestimmt wird und ob das Abgeordnetendasein ein "Traumjob" ist. Ergänzt werden diese Informationen durch diverse Arbeitsblätter und Darstellungen zum Wochenablauf der Abgeordneten.

Das zweite Heft der Reihe richtet sich an Schüler der Primarstufe und ist Begleitmaterial zur Fernsehreihe "Politibongo" des Kinderkanals. Darin dreht sich alles um die Außerirdischen Käpt'n Mosch, Siri und Lomo, die nach Deutschland kommen, um sich darüber zu informieren, wie sie auf ihrem Planeten Bongo demokratische Strukturen einrichten können. Thierse erklärte, die Resonanz auf die Sendereihe im Kinderkanal habe gezeigt, "dass das Konzept aufgegangen" sei und "das Verständnis der Demokratie als Angebot nicht früh genug unterbreitet werden" könne.

Nach der Pressekonferenz konnten Thierse und Böger sich in einer Diskussionsrunde mit Schülern der der Menzel-Oberschule ein Bild davon machen, mit welchem Erfolg das Heft für die Sekundarstufe eingesetzt wird. Die Zehntklässler hatten im Unterricht als Erste mit den Materialien gearbeitet.

Konkrete Informationen gewünscht

Doch während Politiker und Lehrer das bunte Heft als gelungen und sinnvoll lobten, waren die "Anwender" nicht wirklich überzeugt. Besonders Johanna hätte sich mehr konkrete Informationen gewünscht: "Mir fehlt hier ein Überblick über das, was die einzelnen Parteien konkret wollen. Um mich politisch zu informieren und zu entscheiden, wen ich einmal wählen soll, bringt es mir nichts, wenn ich weiß, wieviele Stunden ein Abgeordneter in der Woche arbeitet oder ob er ein Haustier hat." Auch Julia war nicht überzeugt: "Wirklich gearbeitet haben wir mit den Materialien gar nicht, sondern nur mit ein paar kopierten Blättern. Und das, was da drinstand, wussten wir schon längst aus dem Unterricht. Für Schüler unseres Alters ist das Niveau einfach zu niedrig."

Ohnehin waren die Menzel-Schüler wohl deutlich informierter, als ihr Besuch anfangs vermutet hatte. Auf die Frage Thierses, ob die Schüler sich vorstellen könnten, künftig schon im Alter von 16 zu wählen, antwortete die Klasse geschlossen mit Nein - und Julia lieferte dem verblüfften Bundestagspräsidenten gleich die schlüssige Erklärung mit: "Ich bin mit 16 einfach noch nicht bereit, eine Regierung zu wählen. So viel Verantwortung will ich jetzt nicht übernehmen." Was die Schüler hingegen wollten, waren klare Aussagen ihres Schulsenators zu konkreten Problemen der Schule wie etwa dem Wegfall der Chinesisch-Arbeitsgruppe. Die Antwort darauf entsprach wohl ziemlich genau dem, was die Schüler von einem Politiker erwartet hatten. Die finanziellen Mittel seien knapp, erklärte Böger. "So ist das leider."

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