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Das Parlament
Nr. 45 / 01.11.2004

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Volker Koop

Humanitärer Umgang mit Illegalen ja - aber wie?

Trotz Zuwanderungsgesetz: Noch viele Fragen offen
Annähernd 100.000 Menschen wurden laut Polizeistatistik im Jahr 2003 aufgegriffen, weil sie sich ohne rechtliche Grundlage in der Bundesrepublik aufhielten, im Jahr zuvor waren es noch rund 114.000 gewesen. Die Dunkelziffer dürfte noch weitaus höher liegen. Bei den Illegalen handelt es sich um Menschen, die vor Verfolgung in ihrem Heimatland oder aus wirtschaftlicher Not geflohen sind, um Schwarzarbeiter, um Zwangsprostituierte und um Kriminelle. Es gibt viele Gründe, die damit verbundenen Probleme nicht aus dem Auge zu verlieren, die auch mit einem neuen Zuwanderungsgesetz nicht gelöst werden konnten.

Ziel müsse es sein, die illegale Zuwanderung im Rahmen der rechtsstaatlichen Möglichkeiten zu begrenzen, sagt der FDP-Bundestagsabgeordnete Max Stadler, und dabei den bereits illegal in Deutschland lebenden Menschen ein Mindestmaß an humanitärer Grundversorgung zu sichern. Er verweist im Zusammenhang mit illegalen Zuwanderern vor allem auf humanitäre Belange wie ärztliche Versorgung, Schulbildung für Kinder oder rechtlichen Schutz in Zwangssituationen. Illegale Migranten nähmen ihre Rechte oftmals aus Angst vor Entdeckung nicht wahr, während auf der anderen Seite, wie zum Beispiel bei Ärzten, Unsicherheit über eine mögliche Strafbarkeit ihrer Handlungen herrsche.

Um diese Probleme zu lösen, seien differenzierte politische Antworten und ein breiter gesellschaftlicher Diskurs unter Einbeziehung aller relevanten Gruppen und Verbände notwenig. So müsse nach Ansicht des FDP-Parlamentariers über eine grundsätzliche Legalisierung humanitär motivierter Hilfe nachgedacht werden, wie zum Beispiel über die Straffreiheit von medizinischer Hilfe von Ärzten für ohne Aufenthaltsberechtigung in Deutschland lebende Personen. Das neue Zuwanderungsrecht ermögliche den Ländern Härtefallkommissionen zu bilden, welche im einzelnen begründeten Härtefall die oberste Landesbehörde um ein zeitlich begrenztes Bleiberecht ersuchten könnten. Die Reichweite der Härtefallregelung hänge wesentlich von de Ausgestaltung durch die Länder ab. Hierbei wäre es nach Max Stadler wünschenswert, wenn sich der Schutzumfang dieser Regelung auch auf "Illegale" beziehen würde.

Medizinische Versorgung

Dass mit dem neuen Zuwanderungsgesetz zahlreiche Fragen unbeantwortet blieben, sieht auch Christa Nickels, Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen. Im Rahmen einer Veranstaltung der Katholischen Akademie Berlin verwies sie darauf, dass Menschen in der Illegalität keinen geregelten Zugang zu medizinischer Versorgung hätten und für ihre Kinder nicht die Schulpflicht gelte. Hier würden Einzelpersonen und Organisationen immer wieder als "Ausfallbürgen" für fehlendes staatliches Handeln einspringen. Das Gesetz zur Steuerung und Regelung der Zuwanderung lasse den humanitären Bereich der illegalen Zuwanderung und des illegalen Aufenthaltes weiterhin ungeregelt. Dies sei im Gesetz kein Thema, obwohl auch nach der aufenthaltsrechtlichen Legalisierung vieler tausender Menschen durch den EU-Beitritt der zehn ost- und mitteleuropäischen Länder schätzungsweise immer noch zwischen 500.000 und einer Million Menschen in Deutschland in einem rechtlosen Zustand leben müssten. Eindringlich verlangt Christa Nickels. "Wer humanitäre Hilfe leistet, sollte nicht Gefahr laufen, sich damit zu kriminalisieren."

Für den CSU-Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Uhl ist es vorrangig, das Problem der "Illegalen" bereits im Vorfeld, das heißt für ihn im Ausland zu lösen. Dies sei der für die Betroffenen humanste Weg. Insofern sei die Anregung von Innenminister Schily, so genannte Anlaufstellen in Nordafrika zu schaffen, eine überlegenswerte Idee. Sie müsse von der EU - in welcher Form auch immer - umgesetzt werden. Der Kampf gegen kriminelle Schlepperbanden, die beispielsweise Flüchtlinge auf seeuntüchtigen Booten ihr Leben riskieren ließen, müsse früher aufgenommen werden. Denn letzten Endes müssten diese Menschen dann doch wieder abgeschoben werden, sofern sie nicht in ihren Zielländern zeitweise untertauchen könnten. Darüber hinaus müssten die Außengrenzen entsprechend dem Schengener Abkommen konsequenter überwacht werden Schließlich müsse - so Uhl weiter - die "unverantwortliche" Visapolitik des Auswärtigen Amtes beendet werden, die dazu geführt habe, dass Hunderttausende von Schwarzarbeitern, aber auch Kriminelle, Prostituierte und vereinzelt sogar Terroristen sich Jahr für Jahr die Einreise nach Deutschland hätten erschleichen können.

Jeden Einzelfall prüfen

Diese Forderungen änderten allerdings nichts daran, dass mit den Menschen, die sich illegal in Deutschland aufhielten, human umgegangen werden müsse. Auch wenn sie grundsätzlich in ihre Heimatländer abgeschoben werden müssten, sei jeder Einzelfall zu prüfen, um humanitäre Härten möglichst zu vermeiden. Selbstverständlich dürfe kein Flüchtling abgeschoben werden, wenn ihm in seinem Herkunftsland Folter und Tod drohten. Auch dürften Familien nicht auseinander gerissen werden. Uhl: "Deutschland war nie ein Einwanderungsland, es drohte ihm aber auf dem Umweg der illegalen Zuwanderung dazu zu werden. Die politisch Verantwortlichen - derzeit die rot-grüne Koalition - müssen ihr Augenmerk stärker auf die Vermeidung des illegalen Zuzugs richten, und dies nicht nur im Interesse der Illegalen, sondern vor allem zum Schutz der sich in Deutschland legal aufhaltenden Ausländer."

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