vom
Marshallplan-Gelder sollen zur KfW gehen
Experten sehen Übernahme
skeptisch
Wirtschaft und Arbeit/Finanzen. Auf
überwiegend zurückhaltendes bis kritisches Echo ist die
geplante Übertragung des ERP-Sondervermögens (European
Recovery Program) an die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)
in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für
Wirtschaft und Arbeit am 25. Oktober gestoßen. Das
ERP-Vermögen geht auf die Wiederaufbauhilfe der Nachkriegszeit
durch den Marshallplan der USA zurück. Mit ERP-Mitteln wurde
der deutsche Wiederaufbau gefördert und werden heute noch
zinsverbilligte Kredite zur Wirtschaftförderung sowie
Stipendien vergeben.
Die KfW bezog sich in ihrer schriftlichen
Stellungnahme auf den Kabinettsbeschluss der Bundesregierung,
wonach die aus dem ERP-Sondervermögen finanzierte
Wirtschaftsförderung neu geordnet werden solle. Zweck der
Übertragung des Vermögens auf die KfW sei es,
Synergieeffekte zu nutzen und 2 Milliarden Euro an den
Bundeshaushalt abzugeben, sagte der KfW-Vorstandssprecher Hans W.
Reich in der Anhörung. Mit den übrigen 8,4 Milliarden
Euro würde dieselbe Mittelstandsförderung betrieben wie
bisher. Mit den 2 Milliarden Euro könne die KfW bei 4,1
Prozent Zinsen 82 Millionen Euro im Jahr erwirtschaften. Dabei
bleibe die bisherige ERP-Wirtschaftsförderung in Volumen und
Intensität gesichert; die Förderprogramme würden
fortgesetzt.
Dagegen hielt der Bundesverband Deutscher
Banken die Übertragung für nicht erforderlich, um der KfW
zusätzlichen Spielraum für ihre Förderaufgaben zu
geben. Zu prüfen wäre, hieß es in der schriftlichen
Stellungnahme, ob eine optimierte Vermögensverwaltung nicht
besser durch eine Übertragung auf ein Fi-nanzunternehmen
gewährleistet werden könnte.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag
vermutete, dass die Übertragung vom "starken Motiv" des
Bundesfinanzministeriums geleitet ist, auch künftig auf die
KfW als Financier in der Haushaltsnot zurückgreifen zu
können. Das Effizienzargument der Regierung sei nicht
stichhaltig. Das operative Fördergeschäft werde ohnehin
längst von der KfW im Auftrag und gegen Entgelt vorgenommen.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks stellte fest, dass die
KfW-Förderinstrumente beim Mittelstand nur zurückhaltend
ankommen, weil die Hausbanken wenig Interesse hätten, die
KfW-Mittel "durchzuleiten".
Professor Christian Waldhoff aus Bonn stellte
die Frage nach einem "demokratischen Defizit" aufgrund einer
Übertragung an die KfW. Die "Entpolitisierung" und
"Entparlamentarisierung" der Verwaltung des Vermögens
könnte zu einer Situation führen, in der die politische
und rechtliche Verantwortung des Bundes gegenüber den USA als
ursprünglichem Spenderland nicht mehr wahrgenommen wird. In
dem Abkommen mit den USA aus dem Jahr 1949 gebe es einen Artikel
über die Unterrichtung der Öffentlichkeit. Die
Einwirkungsmöglichkeiten seien "eher begrenzt", so Waldhoff.
Der Verwaltungsrat sei politisch nicht direkt steuerbar, der Bund
würde auf Einwirkungsmöglichkeiten verzichten.
Waldhoffs Kollege Andreas Pfingsten vom
Institut für Kreditwesen der Universität Münster
hielt Effizienzgewinne für denkbar. Bei einer geeigneten
Umsetzung der Übertragung muss sich seiner Ansicht nach der
Einfluss des Gesetzgebers auf die Förderpolitik nicht
verringern.
Der Vizepräsident des
Bundesrechnungshofes, Norbert Hauser, bewertete die Pläne
kritisch, weil das Substanzerhaltungsgebot des ERP-Vermögens
aufgehoben werden müsste. Die langfristigen Erträge des
ERP mit der Möglichkeit der Mittelstandsförderung
würden einem kurzfristigen Staatsverbrauch
geopfert.
Kredite standardisieren
Im Finanzausschuss sagte KfW-Sprecher Reich
am 29. Oktober, die KfW könne ihre Programme zur
Mittelstandsförderung nur betreiben, wenn ihr die Erträge
aus dem Geschäft mit Exportfinanzierungen zur Verfügung
stehen. Er bezog sich damit auf die neue IPEX-Bank der
KfW-Bankengruppe, die als Spezialbank die Projekt- und
Exportfinanzierung übernimmt. Banken haben nach den Worten des
Vorstandssprechers durch ihre Informationstechnik heute die
Möglichkeit, ihre Produktkosten zu definieren. Sie
müssten zu einer Standardisierung ihrer Kredite und zu einer
Vereinfachung ihrer Risikoanalyse kommen.
Zur aktuellen Situation sagte Reich, die Bank
habe 2003 260 Millionen Euro Gewinn gemacht. Die
Eigenkapitalsituation sei hervorragend. "Wir sind eine gesunde, gut
aufgestellte und starke Bank", betonte er. Die KfW sei
verpflichtet, ihre Gewinne dem Eigenkapital zuzuführen. Als
Wunsch an die Politik merkte Reich an, sie solle die KfW
unterstützen und dafür werben, dass die anderen Banken
bei der Fördertätigkeit mitwirken. Ein Direktvertrieb der
KfW sei rechtlich nicht möglich. Die KfW wolle auch nicht am
Bankensektor vorbei am Markt agieren. Dies würde zu einer
Wettbewerbssituation zwischen Förderbanken und
Geschäftsbanken führen. vom
Zurück zur Übersicht
|